Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Energiepolitik, in der nicht die Profite der Energiekonzerne, sondern die Gesundheit der Menschen und der Erhalt der Umwelt im Vordergrund stehen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Nächste Wortmeldung, Herr Kollege Boddenberg, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon bei den ersten zwei oder drei Redebeiträgen deutlich geworden, dass wir nach dieser Auseinandersetzung im Landtagswahlkampf die Chance haben, auch über die Umwelt- und Energiepolitik wieder ergebnisorientiert zu streiten und, was die Sprache anbelangt, ein wenig abzurüsten, so, wie es hier an vielen anderen Stellen schon passiert ist.

(Beifall bei der CDU)

Noch etwas will ich ausdrücklich sagen.Herr Al-Wazir,ich glaube, wir sollten uns für die nächsten Tage und Wochen einfach einmal darauf verständigen: In den vergangenen Monaten haben wir alle uns nichts geschenkt.

Ich schlage vor, dass wir uns jetzt all den Aspekten der Energiepolitik zuwenden, die heute angedeutet worden sind, wobei ich das, was hier eben vorgetragen worden ist, deutlich ausklammern möchte;denn hier geht es um einen Systembruch, nicht nur bei der Energiepolitik, sondern auch die Frage soziale Markwirtschaft versus Staats- und Planwirtschaft betreffend. Ich glaube, diesen Weg wollen die anderen demokratischen Parteien in diesem Haus ebenfalls nicht gehen, auch nicht in der Energiepolitik. Reden wir also über die Sache.

Frau Apel hat an vielen Stellen nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, dass wir in Hessen eine andere Situation haben als in vielen anderen Bundesländern. Auch das ist in den letzten Monaten und Jahren häufig diskutiert worden. Herr Grumbach, ich glaube, man kann eine hessische Volkswirtschaft nicht mit Sachsen-Anhalt vergleichen, wie Sie das getan haben, weil wir völlig andere Basisdaten haben. Sie wissen das auch. Insofern gehört es auch zur Versachlichung der Debatte,

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

dass wir die Strukturen einer Volkswirtschaft,Topografie, die Rand- oder Mittellage,die Frage,ob man Anrainer der Nordsee oder Anrainer der Alpen ist, sehen müssen. All diese Dinge, die sich auf den ersten Blick recht banal anhören, spielen, wie Sie sehr gut wissen, am Ende eine wichtige Rolle in der Frage, was die zu bevorzugenden Energieträger für unser Bundesland sind, um einen deutlichen Schritt nach vorne zu tun.

Frau Hammann, was wir im Wahlkampf bekämpft haben, war beispielsweise das Konzept von Herr Scheer, das im Grunde genommen sagt: In fünf Jahren verzichten wir auf 90 % der derzeitigen Träger der Stromproduktion zugunsten regenerativer Energie.–Wir sagen nach wie vor – übrigens auch in diesem Antrag, wie Sie gesehen haben –, dass wir das für völlig aussichtslos halten.Wir sagen aber auch, dass diese 40 %, die wir dort formuliert haben, eine Signalwirkung haben – das sage ich sehr offen und deutlich – in unsere eigene Partei, aber auch in eine Öffentlichkeit,

die von uns daran erinnert worden ist, dass manches zwar schön wäre, aber auch dort die Frage, welchen Weg man geht, viele Facetten hat.

Herr Grumbach, was mich schon ein wenig berührt, ist, dass beispielsweise auch Sie als Sozialdemokrat die Frage der Bezahlbarkeit von Energie in Ihrer Rede, wenn ich das richtig gehört haben, nicht einmal angesprochen haben. Ich rede nicht nur von den Industrieunternehmen – auch eine wichtige Frage –, sondern ich rede beispielsweise von Verbrauchern, die jeden Monat ihre Stromrechnung bezahlen müssen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Ganz genau!)

Ich finde, dieser Wirtschaftsminister, um ein Beispiel aus der vergangenen Legislaturperiode zu nennen, hat viel dazu beigetragen,

(Zurufe von der SPD)

zumindest Schlimmeres zu verhindern. Ich sage ja nicht: alles zu verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ypsilanti, insofern gehört beispielsweise die Frage der Bezahlbarkeit für – darf ich das so sagen? – die kleine Frau und den kleinen Mann dazu. Ich sehe mir jeden Monat Nebenkostenabrechnungen von Mieterinnen und Mietern an.Wir alle wissen doch,dass das mittlerweile der Hauptpreis- und -kostentreiber für das Wohnen in diesem Land geworden ist.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist das Ergebnis eurer neun Jahre!)

Herr Grumbach, also sage ich doch nur, wir dürfen diesen Aspekt nicht außer Acht lassen. Wir müssen ihn in dieser Debatte, die vor uns liegt, ganz nach vorne stellen. Es ist angeklungen, und durch Frau Apel ist von uns vorgeschlagen worden: Lassen Sie uns einmal all diese Dinge in sehr konzentrierter Form diskutieren – anhand von Vorträgen von Menschen, die aus den jeweiligen Bereichen nicht nur der Energieträger und Produzenten, sondern auch der Verbraucher und des Klimaschutzes kommen.

(Zurufe von der SPD)

Herr Grumbach, lasst uns das in einer Form tun, wie wir es seinerzeit beispielsweise in – wie ich finde – sehr vorbildlicher Weise gemacht haben,als es um den Ausbau des Frankfurter Flughafens ging. Ich glaube, es war im Jahre 2000, als wir einen ersten großen Komplex der Anhörung im Zuge des Mediationsverfahrens hatten und uns drei Tage mit allen Facetten – der gesamte Landtag, nicht nur die Wirtschaftspolitiker, nicht nur die Umweltpolitiker – der negativen und positiven Folgen für jeden einzelnen der von uns zu ziehenden Schlüsse beschäftigt haben.

Ich habe das deshalb bis heute in guter Erinnerung, weil ich mich daran erinnere, dass es damals eine gute Streitund Diskussionskultur gab. Frau Hammann, unsere herzliche Bitte und unser Vorschlag wäre: Lasst uns jetzt nicht in den nächsten vier Wochen irgendwelche Entscheidungen treffen, von denen wir vielleicht in drei Jahren sagen, ein etwas anderer Schritt, ein nuanciert anderer Schritt oder vielleicht ein ganz anderer Schritt oder Weg wäre besser gewesen.

(Gernot Grumbach (SPD): Heißt das Moratorium?)

Herr Grumbach, lassen Sie uns nach der Sommerpause in einer sehr konzentrierten Form der Interaktion zwischen

Gegenrede und Rede und den unterschiedlichen politischen Auffassungen, die jeweils hinter den einzelnen Gutachtern und den einzelnen Investoren und vielen anderen, die wir zu berücksichtigen haben, stehen, in dieser Form der sachlichen Auseinandersetzung die richtigen Wege suchen.

Frau Präsidentin, letzter Satz. Ich finde, das Thema eignet sich durchaus – wie wir alle wissen – zum Populismus.

Ich habe eben da oben einzelnen Zuschauerinnen zugehört, die applaudiert haben, als Herr Grumbach forderte, auf regenerative Energie umzustellen, aber den anderen Teil,den ich eben angesprochen habe,wegließ.Ich will das niemandem vorwerfen. Aber auch dort gehört es zu der Debatte und zur Streitkultur, dass wir aufhören, dem jeweils anderen im Parlament vorzuwerfen, ihm seien die negativen Folgen von Ökonomie im Bereich der Ökologie egal.

Niemand von uns will höhere Staubentwicklung. Niemand von uns will mehr CO2 im Klima.

(Gernot Grumbach (SPD): Aber Sie machen es doch!)

Niemand von uns will mehr Schadstoffe durch den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Es ist immer eine Abwägung zwischen vielen Interessenlagen und zwischen vielen Bedürftigkeiten im Bereich der Energie,

Herr Boddenberg, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

in der Frage der Arbeitsplätze, die davon abhängen, in der Frage der Bezahlbarkeit – noch einmal – für den kleinen Mann. Ich glaube, alles das zusammengefasst können wir im Herbst beginnen, auf einen gemeinsamen guten Weg zu gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Boddenberg.

Ich begrüße zunächst auf der Besuchertribüne die Delegation aus Wisconsin. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Nun hat sich Herr Kollege Grumbach zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Boddenberg, es ist relativ schlicht. Es geht nicht um die Frage, dass wir erklären, was wir wollen. Es geht um die Frage, was wir tun. Das ist mein ganz simpler Punkt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der zweite Punkt, wo wir sicherlich eine unterschiedliche Einschätzung haben, ist: Sie glauben, dass Ihr Weg mit Kohle, Gas und allem anderen die Preise für die Verbraucher niedrig hält. – Ich sage Ihnen: Langfristig machen Sie die Preise für die Verbraucher genau in den Bereichen hö

her und höher und höher, weil Sie den Ausstieg verpasst haben, und ein Ausstieg, je früher Sie ihn machen, nichtsdestotrotz kostengünstiger für diejenigen ist, die die Preise zahlen müssen. Das ist Ihr Denkfehler.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie glauben, mit Warten diesen Prozess aufhalten zu können. Die Ölpreisentwicklung und die Kohlepreisentwicklung haben Sie längst Lügen gestraft.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Herr Boddenberg hat Gelegenheit zur Antwort.

Herr Grumbach, genau das ist einer der Punkte, von denen ich eben gesprochen habe und die genau auch zu dieser Debatte gehören. Das hätte ich nämlich gern von Leuten gehört, die nicht mit einer politischen Brille, wie Sie und ich das häufig tun, durch die Gegend laufen.

(Gernot Grumbach (SPD): Solche Leute gibt es nicht!)

Machen wir uns doch nichts vor.Bei uns ist häufig das Erste, was wir vor Augen haben, unsere eigene Ideologie, die wir teilweise über Jahrzehnte – auch Sie werden sich davon nicht freimachen können – haben.

(Gernot Grumbach (SPD): Das ist vielleicht Selbstkritik!)