Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Die Position der LINKEN ist ganz klar.Wir stehen an der Seite der Bürgerinitiativen. Wir wollen den Stopp des geplanten Baus von Block 6 und eine deutliche Verringerung des CO2-Ausstoßes des Steinkohlekraftwerks Staudinger.

Der von E.ON geplante Block 6 würde über Jahrzehnte – die geplante Laufzeit beträgt 40 Jahre – eine veraltete und kontraproduktive Kraftwerkstechnologie zementieren. Anstelle von fossilen Brennstoffen müssen verstärkt regenerative Energieträger eingesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Der Klimawandel und internationale Konflikte um knappe Ressourcen erfordern aber auch einen umfassenden Strukturwandel in der Energiepolitik. Der massenhaften Verbrennung fossiler Brennstoffe müssen klare Grenzen gesetzt werden. Es ist eine Verharmlosung, wenn statt von einer sich abzeichnenden Klimakatastrophe

fortlaufend entschärfend von einem Klimawandel gesprochen wird.

Die Atomkraft ist für DIE LINKE keine Option. Sie ist nicht beherrschbar und führt zu Missbrauch durch das Militär. Eine sichere Endlagerung ist kaum realisierbar. Die Atomenergie ist in keiner Weise geeignet, Versorgungssicherheit, Preisgestaltung und Klimaschutz zu verbessern. Vielmehr birgt sie hohe Risiken für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt in sich.

Daher fordert DIE LINKE die sofortige Stilllegung von Biblis A. Am Atomausstieg ist festzuhalten. Eine Verlängerung der Laufzeiten lehnen wir ab. Im Gegenteil, der Ausstieg aus der Atomenergie muss beschleunigt werden.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Boddenberg, hören Sie gut zu. – Umwelt- und Energiepolitik dürfen nicht dem Markt überlassen werden; denn der sorgt nur dafür, dass der CO2-Ausstoß, ebenso wie die Energiepreise, weiter steigt.

(Michael Boddenberg (CDU): Diese saubere DDR hatte auch keine Privatwirtschaft in diesem Bereich! Superergebnis! – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Herren, ich empfehle – –

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren – nein, in dem Fall: meine Herren –, ich bitte Sie, Ihre Zwischenrufe so zu gestalten, dass die Rednerin weiterhin zu Wort kommt. Herzlichen Dank. – Frau Wissler hat das Wort.

Es gibt auch gar keinen Grund, an dieser Stelle hysterisch zu werden. Ich empfehle Ihnen, einmal einen Blick in die Hessische Verfassung zu werfen: Art. 41 Abs. 1 Nr. 1. Ich weiß nicht, ob Ihnen dieser Artikel auf Anhieb etwas sagt. Ich sage Ihnen das noch einmal. In Art. 41 der Hessischen Verfassung steht wörtlich „Betriebe der Energiewirtschaft“ werden „in Gemeineigentum überführt“. Was ich hier erzähle,ist also kein bodenloser Quatsch,sondern hat die Hessische Verfassung als Grundlage.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Im Übrigen habe ich langsam sowieso keine Lust mehr, mir von Ihnen Verfassungsfeindlichkeit vorwerfen zu lassen.

(Michael Boddenberg (CDU): Da haben Sie aber ganz schön etwas vor!)

Der erhoffte Wettbewerb durch die Liberalisierung – –

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal: Zwischenrufe werden in einer demokratischen Debatte immer gern gestattet – aber nur, solange die Rednerin weiterhin zu Wort kommt. Ich bitte Sie, sich mit den Zwischenrufen zurückzuhalten. Herzlichen Dank.

Ich denke, das geht nicht von meiner Redezeit ab.

Frau Wissler, ganz kurz noch: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wintermeyer?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. Ich bitte den Kollegen Wintermeyer, mir zuzuhören. Dann würden sich vielleicht manche Fragen erübrigen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Frau Kollegin Wissler, die Todesstrafe steht auch noch in der Hessischen Verfassung!)

Ansonsten bitte ich die Herren von der CDU, wenigstens heute, am Girls’ Day, einmal von ihrem männlich-autoritären Diskussionsverhalten Abstand zu nehmen, einfach zuzuhören und die Zwischenrufe zu unterlassen.

(Beifall bei der LINKEN – Axel Wintermeyer (CDU): Ich komme mir vor wie im Studentenparlament! – Weitere Zurufe von der CDU)

Der erhoffte Wettbewerb durch die Liberalisierung des Energiemarkts ist ausgeblieben. Vielmehr hat die Marktöffnung eine enorme Konzentration in der Energieversorgungswirtschaft nach sich gezogen. Vier Verbundunternehmen beherrschen den Strom- und Gasmarkt, erzeugen 80 % des Stroms, besitzen und betreiben 100 % des Höchstspannungsnetzes und kontrollieren mittels Tochter- und Beteiligungsgesellschaften etwa zwei Drittel der Stromverteilung und -belieferung der Endverbraucher.

(Zuruf von der CDU:Wie in Russland!)

Wie es in Russland ist, müssen Sie Herrn Schröder fragen. Das kann ich Ihnen nicht sagen. – Diese Unternehmen erzielen aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung erhebliche Gewinne, die die Hauptursache für die stark überhöhten Energiepreise in Deutschland sind. Deshalb muss man die Energiepreise wirksam kontrollieren, und die maßlosen Gewinne der Konzerne müssen besteuert werden.

DIE LINKE fordert eine effektive Preisaufsicht bei Strom und Gas und verpflichtende Sozialtarife für Haushalte mit kleinem Einkommen.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Die Verbraucher mussten im Jahr 2005 rund 7 Milliarden c mehr für Energie aufwenden als im Jahr zuvor.Allein die Kosten für den Strom sind für die Verbraucher seit dem Jahr 2000 um 40 % gestiegen und liegen heute höher als vor der Strommarktliberalisierung 1998.

Die Liberalisierung des Energiemarkts hat nicht nur steigende Energiepreise zur Folge: Sie behindert die Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung mithilfe von erneuerbaren Energien sowie Energieeffizienz und Energieeinsparung. Dabei – das hat auch mein Vorredner schon gesagt – ist ein Umstieg auf erneuerbare Energien nicht nur dringend notwendig, sondern auch möglich.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es gibt genaue Studien, die belegen, dass in einem Jahrzehnt eine 100-prozentige Versorgung mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien möglich ist.

Damit ein solcher Umstieg nicht an der Blockade von Konzernen scheitert, die auf fossile Brennstoffe setzen, benötigen wir eine öffentliche, demokratische Kontrolle der Energieversorgung.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU):Was heißt das?)

Das sage ich Ihnen jetzt, wenn Sie mir zuhören. – DIE LINKE fordert deshalb die Rekommunalisierung privatisierter Stadtwerke. Wir fordern die Überführung der Strom- und Gasnetze in die öffentliche Hand;

(Axel Wintermeyer (CDU): Wir fordern bei Ihnen ein bisschen mehr Realismus!)

denn die Energie muss dem Gemeinwohl dienen. Sie darf aber nicht den Profitinteressen einzelner Konzerne dienen.

Die Hessische Landesregierung betreibt eine rückwärtsgewandte Energiepolitik. Frau Apel, die Erreichung aller drei Ziele, die Sie anfangs genannt haben, sehe ich in weiter Ferne. Sie setzen auf Kohlekraftwerke und die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.

(Zurufe von der CDU)

DIE LINKE steht für eine soziale und ökologische Erneuerung Hessens.Wir unterstützen daher die beiden Anträge der GRÜNEN zu diesem Thema und werden ihnen zustimmen.

Der Einsatz für eine lebenswerte Umwelt, der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen sowie eine ökologische, nachhaltige und gerechte Nutzung der Ressourcen sind für DIE LINKE untrennbar mit der sozialen Gestaltung unserer Gesellschaft verbunden. Wir fordern konkrete politische Maßnahmen für neue Beschäftigungsmöglichkeiten, wirksamen Klimaschutz und bezahlbare Energie.

(Beifall bei der LINKEN)

Öffentliche Gebäude müssen regenerative Energieträger nutzen. Forschungs- und Förderungsinitiativen für eine verbesserte Energieeffizienz müssen verstärkt und unbedingt unterstützt werden.

Auch das möchte ich an dieser Stelle sagen – es steht auf der Tagesordnung –: Wer den CO2-Ausstoß senken, wer jetzt handeln und die Verkehrspolitik steuern will, muss die Bahnprivatisierung, egal in welcher Form, ablehnen. DIE LINKE ist die einzige Partei, die die Bahnprivatisierung, egal in welcher Form, konsequent ablehnt.Wir wollen bezahlbare Preise und eine gute Beschäftigungspolitik bei der Bahn. Das sehen wir durch eine Privatisierung, in welcher Form auch immer, gefährdet.

DIE LINKE ist auch der Meinung: Wem die Umwelt am Herzen liegt, der muss jeden weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens ablehnen. Das ist für die Region nicht mehr zu verkraften. Die Lärmbelastung und die Schadstoffbelastung sind zu hoch. Deshalb lehnen wir den Ausbau des Frankfurter Flughafens konsequent ab.

(Beifall bei der LINKEN – Elisabeth Apel (CDU): Und die Erde ist eine Scheibe! – Weitere Zurufe von der CDU)

Die Luft anzuhalten würde Ihnen jetzt ganz gut tun. – DIE LINKE will eine grundsätzlich andere Umwelt- und

Energiepolitik, in der nicht die Profite der Energiekonzerne, sondern die Gesundheit der Menschen und der Erhalt der Umwelt im Vordergrund stehen. – Ich danke Ihnen.