Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Forderung der FDP nach der Wahlmöglichkeit der kooperativen Gesamtschulen für oder gegen G 8 stammt aus dem Jahre 2004. Aber gut Ding will bekanntlich Weile haben. Also hat es vier Jahre gedauert, bis wir alle Fraktionen von der Richtigkeit dieses Vorhabens überzeugt hatten.
Da die FDP der festen Meinung war und ist, dass die Umsetzung bei so viel grundsätzlicher Einigkeit im Interesse der Schulen bis zum nächsten Schuljahr möglich sein muss, haben wir in der letzten Plenarwoche den Antrag eingebracht, der die Landesregierung auffordert, die nötigen Schritte schnell einzuleiten.
Das sind schnelle Informationen an die Schulen, z. B. per E-Mail, Neueröffnung der Anmeldeverfahren, Nachsteuerung der Lehrerzuweisung. Parallel dazu haben die GRÜNEN dankenswerterweise den nötigen Gesetzentwurf eingebracht.
Im Ausschuss haben wir uns dann über ein sicher nicht ganz einfaches, aber engagiertes Verfahren verständigt. Die organisatorische Umsetzung sollte möglichst schnell beginnen, und sie sollte parallel zum Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden, da es für dieses Gesetz eine breite Mehrheit geben wird. Ganz persönlich habe ich Herrn Minister Banzer aufgefordert, dieses Vorhaben mit Begeisterung und Engagement anzugehen und umzusetzen.
Was ist nach dem einstimmigen Beschluss vom 30. April bis heute passiert? – Die Schulen sind bis zum heutigen Datum nicht vom Kultusministerium informiert worden.
Der Brief, der gestern an sie herausging, hatte wohl auch etwas mit dieser heutigen Aktuellen Stunde zu tun,weil er genau gestern herausging.
Die FDP hat die Schulen sofort nach dem Beschluss informiert, und die Reaktionen waren äußerst positiv, besonders von den Schulen, die verändern wollen. Es geht hier nicht um einen Zwang, sondern es geht um ein Angebot an die Schulen, die verändern wollen. Insbesondere die kooperativen Gesamtschulen mit noch existierenden Förderstufen begrüßen den Beschluss außerordentlich, weil die Kinder dort erst in der Klasse 6 der Förderstufe sind und so problemlos ab jetzt in den Gymnasialzweig ab Klasse 7 wieder nach G 9 wandern können.
Auch haben diese Eltern ihre Kinder bewusst an einer Förderstufe angemeldet. Für die ändert sich nichts, denn sie sind weiterhin in einer Förderstufe. Die Schulen haben zum Teil bereits einstimmige Beschlüsse aller schulischen Gremien mit der Rückkehr zu G 9 gefasst. Ich habe bereits vorher darauf hingewiesen, Schulen leben nicht im politikfreien Raum.Sie haben also rechtzeitig gemerkt,da ändert sich etwas, und wollen dabei sein.
Ich darf aus dem Brief einer kooperativen Gesamtschule zitieren: „Wir können sofort und ohne Probleme den Wünschen unserer Eltern und Schüler entsprechen und ab dem neuen Schuljahr problemlos nach der Stundentafel und den Bildungsplänen von G 9 unterrichten. Bitte verwenden Sie sich dafür, dass dies möglich sein wird und nicht die ewigen Bedenkenträger die Oberhand gewinnen.“
Wie verhält sich aber die Schulverwaltung, die nach unserem Beschluss die Anweisung haben müsste, das alles schnellstmöglich umzusetzen? – Ein Staatliches Schulamt lädt für 14 Tage nach unserem Beschluss zu einer Dienstversammlung ein, in der man über das Thema reden will, und beendet die Einladung mit folgendem Satz: „Das Staatliche Schulamt erwartet, dass die Schulen bis zur Dienstversammlung und“ – das „und“ ist dick unterstrichen – „dem Vorliegen der rechtlichen Grundlage keine Schritte in dieser Angelegenheit unternehmen.“
Meine Damen und Herren, es ist ein klares Verbot an die Schulen, irgendeine Art von Beschlüssen zu fassen, bevor die gesetzlichen Grundlagen da sind.
Sie wissen sehr genau, die gesetzlichen Grundlagen können erst mit Beginn der Sommerferien vorliegen. – Ich stelle jetzt drei Fragen an den amtierenden Kultusminister:
Herr Minister, haben Sie das Vorgehen dieses Staatlichen Schulamtes angewiesen? Wenn ja, dann haben Sie bewusst einen einstimmigen Beschluss des Kulturpolitischen Ausschusses boykottiert.Wenn nein, dann ignoriert dieses Staatliche Schulamt in empörender Weise die Beschlüsse des Parlaments, was schnellstmöglich geahndet und geändert werden muss.
Frage zwei. Herr Minister, hatten Sie von dem Vorgehen dieses Staatlichen Schulamtes Kenntnis? Wenn ja, dann haben Sie bewusst zugelassen, dass ein Landtagsbeschluss untergraben wird.Wenn nein, dann führt Ihre Verwaltung ein merkwürdiges Eigenleben, und die Hausspitze hat sie nicht im Griff.
Frage drei. Herr Minister, was gedenken Sie jetzt zu tun, um das Verhalten dieses Staatlichen Schulamtes und vielleicht noch anderer schnellstmöglich zu korrigieren und den Beschluss bis zu den Sommerferien umzusetzen?
Noch einen Satz. Diese Situation erinnert mich fatal an das Verhalten der Kultusbürokratie gegenüber dem Schulversuch „Selbstverantwortung plus“. Ich denke, es wird Zeit, dass Beschlüsse der ersten Gewalt auch von der Kultusverwaltung ernst genommen und umgesetzt werden.
Vielen Dank, Frau Kollegin Henzler. – Nächster Redner ist Herr Kollege Weinmeister für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Prinzipiell steht die CDU auch weiterhin zu G 8. Die Verkürzung auf acht Jahre ist und bleibt die Grundlage für die gymnasiale Bildung in diesem Bundesland.
Aber wir sind auch mit der Mehrheit in diesem Hause der Meinung, dass wir G 8 in Teilaspekten verändern müssen. Darüber haben wir in den letzten Wochen in diesem Hause ausführlich gesprochen.Ein Teilaspekt ist dabei die Wahlfreiheit der kooperativen Gesamtschulen zwischen G 8 und G 9.
Ich glaube, wir müssen uns als CDU nichts vorwerfen lassen. Wir haben bereits mit der Bad Wildunger Erklärung im Februar dieses Jahres deutlich gemacht, dass wir uns dies vorstellen können. Wir haben das mit unserer Initiative Anfang April dieses Jahres in diesem Landtag noch einmal deutlich gemacht.
Wir haben uns für diese Wahlfreiheit ausgesprochen. Liebe Frau Kollegin Henzler, deswegen sind wir uns im Ziel einig. Wir streiten auch nicht über den grundsätzlichen Weg.Die einzige Frage ist,ob wir es organisatorisch und zeitlich so hinbekommen, dass die Einführung der Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 an den kooperativen Gesamtschulen möglichst ohne große Verwerfung bei den Schülerinnen und Schülern, den Eltern oder den Schulen vonstatten geht.
Das sage ich ganz ehrlich: Da haben wir unsere Zweifel. Das haben wir im Ausschuss bereits formuliert.
Es wird uns immer vorgeworfen: „Was habt ihr denn aus den Wahlergebnissen gelernt?“ – Ich denke, dass wir mit der Bad Wildunger Erklärung einiges gesagt haben. Woran ich mich in den Diskussionen erinnern kann – ich bin nun ein paar Tage in diesem Haus mit dabei –, ist, dass die Schulen gesagt haben: Ihr macht zu viel auf einmal, und ihr macht es zu schnell. Gebt uns doch ein bisschen mehr Ruhe und Möglichkeiten,die Veränderungen umzusetzen.
Jetzt kommen gerade die – liebe Frau Kollegin Henzler, Sie waren auch jemand –,die in den letzten fünf Jahren gesagt haben, wir sollten es nicht so schnell machen. Gerade die, die diese schnellen Veränderungen in den letzten fünf Jahren moniert haben, beschleunigen jetzt in einer Weise, wo wir uns überlegen, ob das wirklich im Sinne der Schule ist.
Sie haben es selber gesagt: Die rechtliche Grundlage haben wir noch nicht.Wir peitschen sie jetzt bis zu den Sommerferien durch, damit wir das dann umsetzen können. Da sind wir dabei.Wir wollen diese rechtliche Grundlage. Trotzdem bedeutet das, dass wir eine neue Abfrage bei den Eltern brauchen. Wir brauchen die Konferenzen, die Schul- und die Gesamtkonferenz. Wir brauchen ein Verfahren, das rechtlich einigermaßen sicher ist. Daraus ergeben sich neue Klassenbildungen. Sie haben es selbst gesagt: Die Förderstufen könnten dann so weitergeführt werden. Die Klassenbildung ist dann natürlich auch eine Frage der Lehrerzuweisung. Was es bedeutet, Lehrerzuweisungen im Nachhinein noch einmal zu verändern, wissen auch Sie.
Der Kollege Wagner hat gestern in der Debatte und auch in seiner Pressemitteilung zum Thema G 8 und G 9 auf die Frage, warum er bei den LINKEN oder der SPD nicht mitmacht, gesagt: Wir wollen keine unzureichend vorbereiteten Schnellschüsse. – Ich habe ein bisschen die Angst, dass das bei dem Thema Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 bei den kooperativen Gesamtschulen auch so ist.
Wir müssen uns noch einmal ganz kurz an unser eigenes Selbstverständnis erinnern. Wir haben gemeinsam in diesem Landtag beschlossen, dass wir eine große Anhörung machen wollen. Wir waren uns alle einig, und wir haben gesagt, dass wir alle an einen Tisch bringen. Diese Anhörung findet am 16.06. statt. Bis dahin sind die parlamentarischen Beratungen schon komplett abgeschlossen. Deswegen sagen wir:Wir haben zugestimmt.Wir wollen, dass das umgesetzt wird.Wir glauben aber, dass es dort auch in einigen Schulen zu Verwerfungen kommen wird. – Zu mir sind schon Schulleiter gekommen, die genau das gesagt haben, was ich gerade vorgetragen habe. Sie sagen: Warum wird das schon wieder so schnell gemacht?
Frau Henzler, es ist gar keine Frage, dass es auch andere gibt, die das gern wollen. Deswegen sind wir auch mit dabei. Wir wollen nur Folgendes sagen. Ich weiß schon, was hinterher wieder kommt.Wenn es dann nicht so gelaufen ist,wie es sollte,war wieder das Kultusministerium schuld, weil da nicht ordentlich gearbeitet worden ist.
Ihren Vorwürfen von eben sollte man nachgehen. Aber, Frau Henzler, der Kultusminister hat doch im Ausschuss gesagt – und da waren wir uns alle einig –, er werde alles tun, damit diese Umsetzung bis zum August vonstatten
geht. Das Schuljahr fängt nun einmal schon am 4. August an. Das ist sehr, sehr früh.Wir sollten uns alle darüber im Klaren sein, dass es da zu Verwerfungen kommen wird. Es soll nicht hinterher heißen: Wir haben das Beste gewollt, aber das Kultusministerium hat es falsch gemacht. – Wir wollen das so.Wir haben dem zugestimmt, weil wir grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 für die kooperativen Gesamtschulen wollen. Aber wir wollen, dass es ein ordentliches und fehlerloses Verfahren ist – ohne Holprigkeiten und ohne Steine auf dem Weg. Das wollen wir hoffen. Aber ich glaube eher, dass das im Endeffekt schwierig sein wird. Darüber sollten wir uns alle im Klaren sein und nicht hinterher auf das Kultusministerium schimpfen, sondern wir haben das alles so gewollt. – Herzlichen Dank.