Dorothea Henzler
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Cárdenas, in der Kopfnote Fleiß würde ich Ihnen mindestens ein Gut geben, falls Sie die Kopfnoten nicht abschaffen wollen. Denn Sie haben sehr fleißig die Wahlprogramme der einzelnen Parteien gelesen und haben sie auch sehr schön hier zitiert. Wenn es allerdings um das Fachwissen in Finanz- und Steuerpolitik geht, dann reicht höchstens ein Mangelhaft.
Ganz besonders haben Sie das in der letzten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses demonstriert, als es darum ging, auf die Abgeltungssteuer die Kirchensteuer abzuführen. Das war für Sie ganz schrecklich, weil Sie für die Trennung von Kirche und Staat sind. Sie haben gar nicht gemerkt, dass man damit, mit der Abgeltungssteuer auf Vermögen, den Kirchen, die schließlich auch soziale Einrichtungen haben, Geld von den bösen Kapitalisten zuführt. Ich denke, was die Finanz- und Steuerpolitik angeht, sollten Sie noch ein bisschen nachlernen.
Zum Thema Ausstattung der Schulen und Bildungseinrichtungen mit Personal. Ich denke, wir sind uns alle darüber einig, dass die Qualität der Schulen sehr von der Qualität des Lehrpersonals und der Lehrer abhängig ist, dass es aber auch darauf ankommt, dass die Quantität des vorhandenen Personals mit der Anzahl der Schülerinnen und Schüler stimmig ist, die unterrichtet werden müssen. Ich glaube, darüber gibt es zwischen uns allen keinerlei Dissens.
Das Gleiche muss auch für die vorschulischen Einrichtungen gelten, wenn wir es mit dem Gedanken wirklich ernst meinen, dass Kindertagesstätten eben nicht nur Betreuungseinrichtungen, sondern in erster Linie Bildungseinrichtungen sind. Das müssen wir dann allerdings auch nach außen demonstrieren. Deshalb sollten wir die Kindertagesstätten in die Zuständigkeit des Kultusministeriums überführen. Denn das Kultusministerium ist für Bildung zuständig. Demzufolge müsste es auch für die vorschulischen Bildungseinrichtungen zuständig sein.
Dann wäre es mit Sicherheit auch einfacher, Berichtsanträge zum Thema Bildungs- und Erziehungsplan schneller zu beantworten. Unser liegt bereits seit 1. Juli auf Halde. Ich vermute, dass es auch deshalb etwas länger dauert, weil es einer genauen Abstimmung zwischen zwei Ministerien bedarf.
Bei der Vorlage des Bildungs- und Erziehungsplans hat die FDP sehr deutlich gesagt, dass das nicht zum Nulltarif umzusetzen ist.
Ich kann heute in einem Kindergarten mit 25 Kindern in einer Gruppe mit einem Betreuungsschlüssel von 1,5 keine individuelle Förderung durchziehen. Die Kinder sind heute anders, als es noch die Kinder vor fünf oder zehn Jahren waren. Sie bedürfen sehr viel mehr erzieherischer Tätigkeiten der Erzieher. Um dann noch individuelle Bildung in Kleingruppen durchzuführen, brauche ich schlicht und ergreifend mehr Personal.
Allerdings kann die Lösung dieses Bedarfs nicht sein,dass ich mich hierhin stelle und sage: Ich verkleinere die Klassengrößen, ich verkleinere die Gruppengrößen in den Kindertagesstätten. – Das ist nicht ausreichend. Wir fordern, dass wir den Schulen und den vorschulischen Bildungseinrichtungen ausreichend finanzielle Rahmenbedingungen geben und sie dann aber in sehr viel mehr Eigenverantwortung und Flexibilität entlassen, damit sie ihren Betrieb sehr viel besser selbst organisieren können.
Sie kennen unsere Forderung nach einer 105-prozentigen Lehrer- bzw. Geldzuweisung für die Schulen. Mit dieser veränderten Berechnung muss aber auch eine grundlegende Überarbeitung der Lehrerzuweisung für die einzelnen Schulen einhergehen.
Das kann ich Ihnen sagen. Unserer 105-prozentige Abdeckung kostet 100 Millionen c. Wenn Sie davon die 42 Millionen c für die Unterrichtsgarantie plus abziehen, bleiben genau 58 Millionen c. Das haben wir schon immer gesagt. Zu diesen Zahlen stehen wir auch.
Die Lehrerzuweisungen richten sich nach der Zahl der zu bildenden Klassen mit sehr starren Schülerzahlen: 25 + 3. Das haben wir gehört. Das führt dazu, dass es in verschiedenen Regionen zu sehr, sehr unterschiedlichen Klassengrößen kommt. Frau Habermann hat schon darauf hingewiesen: In Frankfurt und auch im umliegenden RheinMain-Gebiet sind die Grundschulklassen mit 28 Kindern vollgestopft. Das ist von den Räumen her schlicht und ergreifend zu viel. Das ist auch von der Anzahl der Kinder her zu viel.
Im Schnitt liegt die Klassengröße an den Grundschulen in Hessen bei 22 Kindern. Man kann sich also ausrechnen, dass es Regionen gibt, wo z. B. 29 Kinder eingeschult werden. Das bedeutet, die Klassen werden geteilt, und Sie haben Klassengrößen von 14 oder 15 Kindern. Das ist insgesamt gesehen nicht gerecht. Deshalb müssen sich die Zuweisungsfaktoren völlig ändern.
Zusätzlich zu dieser starren Lehrerzuweisung kommen bestimmte Faktoren, die nicht immer nachvollziehbar sind. Das führt zu einer sehr großen Intransparenz bei der Lehrerzuweisung für die einzelnen Schulen. Das führt auch zu Neid zwischen den einzelnen Schulen, weil sie nicht nachvollziehen können, warum die eine Schule mehr Lehrerstellen hat als andere. Deshalb sagen wir: Die grundsätzliche Zuweisung von Lehrerstellen muss sich an der Anzahl der Schülerköpfe pro Schule orientieren und nicht an der Anzahl der zu bildenden Klassen. – Frau Habermann, ich bin sehr überrascht. So, wie ich Sie eben verstanden habe, gehen auch Sie diesen Weg plötzlich mit und fordern das Gleiche.
Wir sagen: Die Schulen müssen dann selbst entscheiden können, wie groß sie ihre Klassen machen. Sie müssen sowieso generell über ihre innere Organisation entscheiden können.
Zusätzlich zu dieser grundsätzlichen Lehrerzuweisung wollen wir drei einfache Faktoren. Das eine ist die Schulform, das andere ist der schulbezogene Sozialindex, und
das Dritte ist das regionale Umfeld der Schule. Frau Habermann, ich sage Ihnen eines: Sie kennen den Hochtaunuskreis augenscheinlich sehr schlecht. Ich kann Ihnen sehr viele Gebiete im Hochtaunuskreis, Stadtteile und Orte, zeigen, wo es sehr große soziale Probleme gibt. Ich denke, gerade an dem Mix im Hochtaunuskreis kann man den Sozialindex sehr genau berechnen.
Aber nicht nur in den Schulen brauchen wir eine veränderte Lehrerzuweisung, Stellenzuweisung, Personalzuweisung.Wir haben mittlerweile alle erkannt, dass es sehr wichtig ist,dass in den Schulen eben nicht nur Lehrer sind, sondern dass wir einen Personalmix brauchen, dass wir andere Berufe brauchen, dass wir Schulassistenten brauchen.
Das Gleiche gilt schlicht und ergreifend auch für die vorschulischen Bildungseinrichtungen. Die Kinder im Kindergarten werden immer jünger. Das wollen wir auch.Wir wollen die Kindergärten für die jüngeren Jahrgänge öffnen, auch schon für Kinder mit eineinhalb Jahren. Demzufolge brauchen wir auch eine andere Personalstruktur in den Kindertagesstätten.
Wir brauchen hier Personal für einfache Tätigkeiten. Die Kinder müssen gewickelt werden. Die Kinder müssen aus- und angezogen werden.Es muss ein Erwachsener dabei sein, wenn sie mittags schlafen. Das muss keine ausgebildete Erzieherin sein. Dafür kann ich genauso gut anderes Personal verwenden.
Auf der anderen Seite brauche ich für Bildungsaufgaben in den Kindertagesstätten Grundschullehrerinnen, die die Kinder in Kleingruppen auf die Schule vorbereiten. Ich brauche Kinderpsychologen und Förderschullehrerinnen in den Kindertagesstätten. Denn nur wenn ich sehr, sehr früh feststelle, wo Defizite bei den Kindern sind und dann hoch fachkompetent mit den Eltern reden kann, kann ich solche Defizite früher ausbügeln, bevor die Kinder überhaupt in die Schule kommen,wo sich solche Defizite sonst erst feststellen lassen.
Die FDP will Kindertagesstätten zu Familienzentren ausbauen,wo Eltern Rat und Hilfe finden,wo sie kompetente Ansprechpartner für kleine, einfache Probleme finden – und sei es, dass die Kinder nicht einschlafen wollen, sei es, dass die Kinder nicht durchschlafen wollen. Dafür brauchen sie Ansprechpartner aus verschiedenen Berufsfeldern, die die Kinder den Tag über in der Einrichtung beobachten können und den Eltern konkrete Hilfestellung leisten können.
Meine Damen und Herren, deshalb fordern wir ein Gesamtkonzept zur vorschulischen Bildung, das folgende Punkte umfasst: Wir wollen die Kindertagesstätten in das Kultusministerium umressortieren.Wir wollen einen Personalmix in den Kindertagesstätten, und wir wollen unsere Kinderschule verpflichtend für alle Fünfjährigen.
Wir fordern aber genauso ein Gesamtkonzept für die schulischen Einrichtungen.Wir wollen mehr Eigenverantwortung für die Schule, eine 105-prozentige Lehrerzuweisung, außerdem einen Personalmix nach Entscheidung der Schule und eine Lehrerzuweisung nach der Kinderzahl und nicht nach Klassengröße.
Wir wollen einen Systemwechsel. Wir wollen neue Dinge für die Schulen. Dieses Problem kann man nicht mit einem Herumdoktern an Klassengrößen und Verordnungen lösen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will uns gar nicht lange von der Mittagspause abhalten.
Bei der Rede von Herrn Minister Banzer ist mir eines sehr deutlich geworden. Er hat zum einen daran erinnert, dass sich viele Dinge in den Elternhäusern verändert haben
und dort vieles nicht mehr gemacht wird, wodurch Probleme in der Schule auftreten. Das zeigt doch sehr deutlich, dass wir Schule nicht ohne die vorschulischen Bildungseinrichtungen betrachten können.
Entscheidend ist: Was tun wir in den Kindertagesstätten? Sehen wir sie in einem Komplex mit den Schulen verbunden? Wir müssen sehr viel früher anfangen, die Eltern in die Erziehung einzubinden. Wenn wir es erst dann tun, wenn die Kinder sechs Jahre alt sind, ist es einfach schon zu spät. Das muss sehr, sehr viel früher geschehen. Deshalb noch einmal mein Appell, Schule nicht alleine, sondern Schule und vorschulische Bildung als zusammengehörig zu betrachten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich nicht so ganz einfach.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir wollen jetzt zu einem Sachthema zurückkommen, das mit Schule und Bildung zu tun hat. Ich glaube, es passt danach ganz gut. Herr Kollege Schmitt, es ist unhöflich und ungebildet, mir so ins Wort zu fallen und darüber den Herrn Minister anzuschreien. Ich denke, ein bisschen Gerechtigkeit und Ausübung von Rechtsstaatlichkeit ist auch etwas ganz Wichtiges, was zum Thema Bildung gehört.Wir sollten uns ernsthaft überlegen, ob das Thema Rechtsstaat in unseren Schulen nicht doch sehr viel mehr zum Thema gemacht werden muss – nach dem, was wir hier erlebt haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich begrüße außerdem auf der Tribüne die Vertreter von Privatschulverbänden.
Ja,Herr Schmitt,immer mit der Ruhe,eins nach dem anderen. Es geschieht schon alles. Hören Sie mir nur ruhig zu, dann können Sie ihren Puls wieder runterfahren, und es geht alles in bester Ordnung.
Also: Ich begrüße auf der Tribüne die Vertreter der Privatschulen, der Freien Alternativschulen, die Liga der Waldorfschulen, die Montessori-Schulen und das Kommissariat der Katholischen Bischöfe. Ich bin sehr froh, dass sie hierher gekommen sind, um dieser Debatte zu lauschen, denn es geht um ein sehr wichtiges Thema.
Drei Punkte haben uns bewogen, das Thema Privatschulen – oder wie es eigentlich ganz korrekt heißt: Schulen in freier Trägerschaft – in dieser Plenarsitzung zum Setzpunkt zu machen und damit diesen äußerst wichtigen Bereich der hessischen Schullandschaft der Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rücken.
Der Grund Nummer eins ist: Wir wollen den Privatschulen Gehör verschaffen, da sie dieses Gehör nicht mehr im Ministerium erhalten.
Heute konnten wir in einer Pressemitteilung der Freien Waldorfschulen lesen:
Wir bedauern, dass die Einrichtung eines runden Tisches mit allen Betroffenen, den wir seit über sechs Jahren fordern, vom Kultusministerium noch immer abgelehnt wird.
Grund Nummer zwei ist: Bei der Plenardebatte zur Novellierung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes im November 2006 haben alle Fraktionen, die damals im Parlament vertreten waren, gefordert – und das Ministerium hat das damals zugesagt –, so schnell wie möglich einen Entwurf für das Ersatzschulfinanzierungsgesetz vorzulegen, und zwar mit dem Inhalt einer grundlegenden Umstellung der Finanzierung. Bis heute ist dazu nichts geschehen.
Grund Nummer drei: Wir sehen eine ernsthafte Bedrohung der Privatschulen von links.
Bei einer rot-grün-roten Koalition in Hessen ist die Zukunft der Privatschulen massiv gefährdet. Die sehr klaren Äußerungen der Abg. Cárdenas von der LINKEN gegen die Existenz aller Privatschulen lassen das Schlimmste befürchten, nämlich einen Kahlschlag in diesem Bereich.
Die schulpolitische Sprecherin der LINKEN hat sich im Ausschuss und auch auf schulpolitischen Diskussionsveranstaltungen sehr dezidiert gegen Schulen und gegen vorschulische Einrichtungen in privater Trägerschaft ausgesprochen.
Im Forderungskatalog der LINKEN steht sehr deutlich die Forderung nach Abschaffung von gewinnorientierten vorschulischen Einrichtungen.
Damit stellt sich die Frage – sie klatscht jetzt auch noch, wunderbar –: Was haben die LINKEN mit der traditionsreichen und gewachsenen Trägerschaft privater Betreuungseinrichtungen in Hessen eigentlich wirklich vor?
Ich darf hier Herrn van Ooyen zitieren, vom Landesparteitag der LINKEN in Lollar:
Auch unser Wunsch,
Wunsch der LINKEN –
die staatliche Einheitsschule, wird mit den GRÜNEN
Herr Wagner –
nicht so schnell umsetzbar sein. Die haben da noch Gruppen, die gefühlsmäßig der Privatschulidee nahestehen. Also können wir uns da nicht gleich durchsetzen.
Die FDP hofft sehr, dass die GRÜNEN ihre bisher positive Haltung gegenüber den Privatschulen nicht im Hinblick auf ein unsicheres rot-rot-grünes Experiment über Bord werfen.
Ich darf einmal aus einem Parlamentsantrag der GRÜNEN vom 19.April 2006 zitieren.
Die Finanzierung der Ersatzschulen muss sich an dem orientieren, was auch ein Schüler einer staatlichen Schule insgesamt an tatsächlichen Kosten verursacht.... Dafür ist zum einen eine – gegebenenfalls schrittweise – Annäherung der derzeit erstatteten Kosten an 100 % der tatsächlichen Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule vorzusehen.
Wenn Sie noch heute dazu stehen, dann kann ich Ihnen nur sagen:Dann wird es nichts mit den Dunkelroten,denn die wollen die Privatschulen abschaffen. Das ist also ein großer Spagat.
Wir wollen die drohende Verschlechterung der Situation der Privatschulen verhindern. Deshalb fordern wir alle demokratischen Fraktionen in diesem Hause auf,sich klar zu dem Privatschulwesen in Hessen als einer wichtigen Ergänzung für das hessische Bildungssystem zu bekennen, und dass wir uns alle für eine angemessene Unterstützung der privaten Schulen einsetzen – alle demokratischen Fraktionen hier im Hause.
Die Bedeutung der Privatschulen wächst, und es wächst auch ihre Vielfalt.Das beginnt auf der einen Seite mit dem Angebot der Waldorfschulen mit einem sehr anthroposophischen Ansatz und geht mittlerweile bis hin zu den europäischen Schulen, die mit einem bilingualen Ansatz bereits im Kindergarten beginnen. Das alles sind wichtige Ansätze und eine wichtige Bereicherung. Staatliche Schulen sollten sich das genauer anschauen und das Beste davon zum Vorbild nehmen und dem nacheifern.
Die Bedeutung der Privatschulen ist gewachsen, und auch die Anzahl der Privatschüler ist gewachsen.
Im letzten Jahr betrug der Anstieg 3,2 %, das ist der stärkste Anstieg der letzten Jahre. Dennoch liegt Hessen mit 5,7 % Schülern an privaten Schulen unter dem Bundesdurchschnitt von 7 % und weit hinter sämtlichen europäischen Ländern.
Wir haben gerade erlebt,dass aus der Großen Koalition in Berlin ein Angriff auf Privatschulen in der Weise stattfand, dass man das Schulgeld nicht mehr steuerlich absetzen können sollte. Das ist bei den allgemeinbildenden Schulen gestoppt worden. Zum Glück haben wir uns in Hessen – natürlich bis auf DIE LINKE – darauf verständigt, dass diese steuerliche Absetzbarkeit wenigstens für die beruflichen Schulen ebenfalls erhalten bleibt.
Die hessische Privatschulfinanzierung kann sich im Großen und Ganzen sehen lassen.
Sie wurde in den letzten Jahren erhöht, insbesondere seit 1999, seitdem die FDP mit der CDU zusammen regiert hat.
Das wurde kontinuierlich weitergeführt. Trotzdem besteht dringender Handlungsbedarf, zum einen in der
Höhe der Förderung, zum anderen bei der Transparenz der Förderung.
Die Finanzierung der Privatschulen hängt sehr eng mit unserer Debatte über die eigenverantwortliche Schule zusammen. Aber die Finanzierung der Privatschulen geht noch sehr viel weiter. Zurzeit wollen wir für alle staatlichen Schulen ein Budget, in dem die verschiedenen Beträge, die aus den staatlichen Schulämtern kommen, vom Schulträger und vom Land,zusammengeführt werden,um die Schulen dieses Budget selbst verwalten zu lassen.
Der langfristig richtige Schritt – das wäre wirklich ein großer Schritt – wäre es aber, jeder Schule pro Schüler einen angemessenen Betrag zur Verfügung zu stellen und sie damit frei wirtschaften zu lassen, gebunden an die Bildungsstandards und gemessen in einheitlichen Abschlussprüfungen. Dieses System gibt es in vielen Ländern der Welt, und alle diese Länder sind bei Pisa besser als wir.
Ein besonderes Beispiel dafür ist Schweden. Schweden ist das Land der Sozialdemokratie – und da sollten die Sozialdemokraten einmal sehr gut zuhören. Schweden hat nämlich eines der liberalsten Schulsysteme der Welt. Dort kann der Schüler zwischen allen Schulen wählen,ob staatlich, kirchlich oder privat: Immer bezahlt der Staat das gleiche Geld pro Schüler an die jeweilige Schule. Die Finanzierung der Schule ist also von der Anzahl der Schüler abhängig, die sie besuchen, und die Schule muss sich entsprechend verhalten. Ich empfehle allen die Lektüre der „FAZ Sonntagszeitung“, allerdings den Wirtschaftsteil: „Wenn Schüler ihre Lehrer wählen – das Beispiel Schweden“. Dort kann man wirklich sehr viel lernen.
Einer der privaten Schulträger aus Schweden sagt: Die Schüler sind unsere Kunden. Auf die Frage: „Wieso verdienen Sie Geld, wenn Sie genauso viel bekommen wie die staatlichen Schulen?“, antwortet er: „Bei uns bereitet nicht jeder Lehrer seine Schulstunde vor, sondern die besten Lehrer tun das für alle. Die anderen haben dann Zeit, nicht nur 20 Stunden pro Woche mit den Schülern zu arbeiten – wie Lehrer an der staatlichen Schule –, sondern 30 Stunden.“
Hier haben Sie ein Beispiel für das, was wir als Team-Teaching bezeichnen, dass sich nämlich die Lehrer eines Jahrgangs das aufteilen und einer den Unterricht für die anderen mit vorbereitet. Dazu muss ich nur sagen: Hier stehen die hessischen Schulen noch sehr weit am Anfang. Wenn man das anregt, sieht man häufig große Augen.
In Schweden funktioniert dies alles schon längst. Diese Ideen kann man von den Privatschulen abschauen und übernehmen.
Schweden hat also das, was wir immer gesagt haben, bewiesen: dass Wettbewerb auch im Bildungswesen zu besseren Ergebnissen führt. Wir sollten die Fesseln an hessischen Schulen wenigstens in kleinen Schritten lösen. Wir sollten den Mut zu Eigenverantwortung und Freiheit an staatlichen Schulen haben, denn sonst werden diese im Wettbewerb mit den privaten Bildungseinrichtungen niemals die gleichen Chancen haben.
Das alles will DIE LINKE nicht. Da Sie entgegen dem Grundgesetz die Bedingungen für die privaten Einrichtungen erschweren wollen, sage ich Ihnen: Diese werden
Sie niemals abschaffen können. Alle Eltern wollen für ihre Kinder das Beste – und manche fordern dies ausschließlich vom Staat, indem sie ihn für jeden Misserfolg verantwortlich machen und die Schuld niemals bei sich selbst suchen.
Ich weiß nicht, ob Sie das Interview mit Herrn Baumert in der „Zeit“ gelesen haben. Dieser sagt über die Rolle der Eltern, wenn es darum geht, wie Schulkarrieren später aussehen:
Denn bereits am ersten Tag nach der Geburt vergrößern sich die in die Wiege gelegten Unterschiede.Wie liebevoll Eltern für ihre Kinder sorgen, wie sie mit ihnen reden und spielen, wie sie zuhören, ob und was sie vorlesen: Alles wirkt sich im Wechselspiel mit der natürlichen Mitgift auf die Lebenschancen des Kindes aus.
Meine Damen und Herren, das kostet überhaupt kein Geld.
Wenn man sich Kindern zuwendet und ihnen vorliest, dann kostet das überhaupt kein Geld. Das ist überhaupt nicht abhängig vom Einkommen der Eltern.
Andere Eltern sind bereit, sich persönlich einzubringen und zum Wohle der Kinder auf vieles zu verzichten. An dieser Stelle geht es wiederum nicht nur ums Geld. Es geht wiederum um Zeit und Zuwendung. Gerade diese Eltern, die sich für ihre Kinder Zeit nehmen und für diese Opfer bringen, werden weiterhin, gerade wenn die linke Einheitsschule kommen wird, den Weg in die Privatschulen suchen – dann wird es in der Schullandschaft eine perfekte Selektion geben. Das will die FDP nicht.
Wir wollen einen Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Schulsystemen, und zwar – ich betone – auf Augenhöhe. Beide Systeme sind wichtig und in diesem Land unverzichtbar.
Meine Damen und Herren, wir fordern, zum Thema Privatschulen im Landtag ein Anhörungsverfahren durchzuführen, um deren Bedeutung Rechnung zu tragen, deren Zukunft zu sichern und unser gemeinsames Versprechen aus dem Jahre 2006 einzuhalten.
Der Kulturpolitische Ausschuss hat sich intensiv mit den Problemen der staatlichen Schulen beschäftigt. Nun sollten wir einem anderen Teil der Schullandschaft, der nach unserer Meinung für Hessen unverzichtbar ist, unsere Zeit widmen, und zwar den Schulen in freier Trägerschaft. Ich bitte daher um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Habermann, sind Sie bereit, anzuerkennen, dass in den Wahlprogrammen der LINKEN und auch in den Aussagen von Frau Cárdenas sehr deutlich zum Ausdruck kommt, dass sie Privatschulen abschaffen wollen, und würden Sie uns dann bitte einmal erklären, wie die Verhandlungen mit dieser Fraktion aussehen, wenn Sie jetzt behaupten, die Gefährdung bestehe überhaupt nicht?
Herr Präsident! Liebe Kollegin Cárdenas,das,was Sie hier vorgetragen haben, hat genau das bestätigt und unterstützt, was ich eingangs in meiner Rede gesagt habe.
Dass eine Privatschule namens Phorms als eine Aktiengesellschaft organisiert ist, ist für Sie natürlich vom Grundsatz her schon gleich ein rotes Tuch.
Sie beschäftigen sich nicht einmal mit den Inhalten dieser Schule.Diese Schule erhebt Schulgeld,abhängig vom Einkommen der Eltern. Diese Schule beachtet, dass sehr viele verschiedene Eltern mit sehr vielen verschiedenen Einkommen ihre Kinder zu dieser Schule schicken. Sollte diese Schule dann trotzdem noch Gewinne machen, dann investiert sie sie in die Schule und hat damit noch mehr Chancen, Kinder aufzunehmen, deren Eltern keinen so hohen Beitrag zahlen können. Das zum einen.
Zum Zweiten haben Sie heute eine Zensur in der Zulassung privater Schulen fertiggebracht. Sie geben die pädagogischen Inhalte vor, wenn sie zugelassen werden will. Und dann darf die Schule auch entsprechend gefördert werden. So was Ähnliches hatten wir schon einmal, dass nämlich nur d i e mehr bekommen haben, deren pädagogische Konzepte der Regierung gepasst haben. Sie geben vor, wie die Schule aufgebaut sein muss. Sie geben vor, wo diese Schulen überhaupt errichtet werden dürfen. Sie geben vor, welche Art von Schule das sein muss, und Sie geben vor,dass sie auf gar keinen Fall in irgendeiner Form in Wettbewerb zu den staatlichen Schulen treten dürfen.Damit machen Sie das Privatschulwesen und das Schulwesen in freier Trägerschaft in diesem Land kaputt.
Herr Präsident, alle Fraktionen sind sich darin einig, dass die Anhörung wichtig und richtig ist. Deswegen bitte ich, dass wir über Tagesordnungspunkt 42, den Antrag der FDP betreffend Durchführung einer Anhörung,sofort abstimmen.
Ich frage die Landesregierung, wo die Antwort auf unsere Kleine Anfrage Drucks. 17/397 bleibt. Hier ist keine Fristverlängerung beantragt worden. Unsere Kleine Anfrage stammt vom 3. Juli.Wenn das jetzt nicht sofort beantwortet werden kann, was ich annehme, bitte ich, meine Frage schriftlich zu beantworten.
Ich frage die Landesregierung:
Welchen Inhalt hatte der Vortrag von Kultusminister Banzer vor dem Arbeitskreis Christlich-Demokratischer Lehrer Anfang September in Lauterbach-Maar, der die Anerkennung als Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte rechtfertigte?
Ich frage die Landesregierung:
Wann setzt sie den entsprechenden einstimmigen Landtagsbeschluss vom 27. Mai 2008 um, wonach befristet angestellte Lehrkräfte ganzjährige Verträge erhalten sollen?
Herr Minister, bedeutet das, dass diejenigen, die jetzt Verträge bekommen haben, die nur bis zu den Sommerferien laufen, von den Staatlichen Schulämtern automatisch andere Verträge zugestellt bekommen?
Herr Minister, werden die Aufgaben, deren Inhalte nicht unter diese gesetzlichen Vorgaben fallen, wieder ins Internet eingestellt, bzw. warum werden sie nicht eingestellt? Es werden schließlich keine Aufgaben mehr eingestellt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da Herr Kollege Wagner mich direkt aus der Ausschusssitzung aus dem Jahr 2007 zitiert hat, möchte ich darauf reagieren. Es war im April 2007, es ist also fast eineinhalb Jahre her, als wir dieses Thema diskutiert haben. Damals lag die Studie noch nicht vor. Ich möchte bemerken: Alle Parteien, die damals im Hessischen Landtag vertreten waren, haben dieses Thema als nicht so wichtig empfunden, es wurde nämlich ohne Aussprache an den Ausschuss überwiesen.
Wir haben im Plenum nicht darüber gesprochen, sondern haben im Ausschuss abschließend darüber beraten. Von daher gesehen, haben wir uns alle darüber verständigt, dass wir das nur im Ausschuss besprechen.
Die Situation war damals eine ganz andere.Wir hatten an den Schulen ein ganz anderes Problem, nämlich G 8.
Wir hatten eine Überfrachtung der Lehrpläne.Wir haben alle gesagt, selbst der Ministerpräsident: entrümpeln, entschlacken, herausnehmen. Dann kam der Antrag der CDU,dieses Thema wieder neu aufzunehmen.Daher kam die Entscheidung der FDP, in diesem Moment dem nicht zuzustimmen. Übrigens hat auch die SPD nicht zugestimmt, also seien Sie einmal ganz ruhig.
Die damalige Kultusministerin, Frau Wolff, hat im Ausschuss gesagt, die Aufbereitung der Zeit der DDR sei bereits Bestandteil der Lehrpläne. Sie werde dafür sorgen, dass durch Handreichungen diese Lehrpläne ergänzt würden. Danach ist nichts mehr geschehen.
Nun liegt die Studie vor. Diese Studie zeigt sehr bedenkliche Ergebnisse, darauf hat mein Kollege Wolfgang Greilich sehr deutlich hingewiesen. Das heißt, heute besteht Handlungsbedarf.
Jetzt sind die Lehrpläne verkürzt. Jetzt muss genau darauf geachtet werden, dass in den verkürzten Lehrplänen genau dieser Themenbereich Diktatur – Demokratie, DDR – BRD nicht zu kurz kommt. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt und werden auch den Ergänzungen der GRÜNEN zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Jahre 2005 wurde das Lehrerbildungsgesetz verabschiedet. Es war das erste Mal, dass wir ein Lehrerbildungsgesetz hatten, das alle drei Phasen umfasst hat: von der Studienzeit über die Referendariatszeit bis zur dritten Phase, dem Unterricht.
Relativ schnell nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hat sich herausgestellt, dass die Lehrer im Vorbereitungsdienst – wie die ehemaligen Referendare heute heißen – während des Referendariats überfordert sind, weil sie eine sehr hohe Unterrichtsbelastung haben, die Zahl der Module sehr groß ist und auch der Inhalt dieser Module sehr umfangreich ist.
Es ist lieb,dass ihr immer so lange klatscht,aber ich habe nur fünf Minuten Redezeit, und das ist angesichts dieses umfangreichen Gesetzentwurfs ein bisschen wenig.
In den Podiumsdiskussionen während des Wahlkampfs ist uns von allen Seiten gesagt worden, dass dieses Gesetz so schnell wie möglich geändert werden sollte. Deshalb legt die FDP-Fraktion Ihnen jetzt einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lehrerbildungsgesetzes vor. Im Einzelnen wollen wir Folgendes verändern:
Erstens. Zukünftig sollen die zwei Jahre nicht mehr in vier Semester, sondern in drei Phasen gegliedert werden: eine dreimonatige Einführungsphase, dreimal sechs Monate Hauptphase und eine dreimonatige Prüfungsvorbereitungsphase.
In der Einführungsphase soll kein eigenverantwortlicher Unterricht stattfinden, damit sich die Lehrer im Vorbereitungsdienst erst einmal an den Schulalltag gewöhnen können. Das Gleiche gilt für die letzten drei Monate, also für die Prüfungsvorbereitungsphase. Auch dann soll kein eigenverantwortlicher Unterricht mehr stattfinden, sondern es soll sehr viel Unterricht in der Prüfungsgruppe abgehalten werden, in der hinterher die Lehrerprüfungen abgenommen werden.
Zweitens wollen wir den Umfang des eigenverantwortlichen Unterrichts verringern: von zwölf auf zehn Wochenstunden. Hessen ist das Land mit der höchsten Stundenanzahl beim eigenverantwortlichen Unterricht. In Nordrhein-Westfalen unterrichten die Lehrerinnen und Lehrer im Vorbereitungsdienst nur neun Wochenstunden.
Drittens.Wir wollen eine Flexibilisierung und eine Reduzierung des Modulumfangs. Die starre Unterscheidung zwischen Pflicht- und Wahlmodulen wollen wir aufheben und stattdessen eine Unterscheidung zwischen bewerteten und nicht bewerteten Modulen einführen. Insbesondere die nicht bewerteten Module sollen von den Studienseminaren sehr viel unabhängiger gestaltet werden können. Hier können sie Schwerpunkte setzen.
Die Zahl der bewerteten Module wird von zwölf auf zehn gesenkt.In der Einführungsphase sollen die Module überhaupt nicht bewertet werden.Der Arbeitsumfang wird bei den bewerteten Modulen auf 600 Wochenstunden und bei den nicht bewerteten Modulen auf 300 Wochenstunden reduziert. Die nicht bewerteten Module werden zur besseren Vorbereitung auf die Schulpraxis inhaltlich um allgemeine Ausbildungsthemen ergänzt:z.B.das Führen von Beratungsgesprächen, eine verbesserte Diagnosekompetenz und Elternarbeit.
Wir wollen auch eine Veränderung in der Leistungsbewertung haben.Die Qualität des Unterrichts soll eine größere Bedeutung bekommen. Schlechten Unterricht kann man künftig nicht mehr durch die Mitarbeit in Modulveranstaltungen, durch Referate oder durch die Übernahme von Sonderaufgaben an einer Schule kompensieren.
Das Wichtigste für einen zukünftigen Lehrer ist, dass er gut unterrichten kann. Darauf sollte in der Ausbildung mehr Wert gelegt werden. Auch bei einer Bewertung durch Punkte wollen wir einen etwas strengeren Maßstab anlegen. So gilt jemand bereits als durchgefallen, wenn er
in einem Modul weniger als vier Punkte erreicht hat. Bisher war das nur bei null Punkten der Fall.
Auch die Verordnung über die Punktzahl der Bewertung – bei der z. B. in der Gesamtsumme nur die Note 2,5 herauskommt, selbst wenn man überall die Höchstpunktzahl erreicht hat – muss geändert werden. Das ist aber eine Verordnung. Das kann man nicht direkt durch eine Gesetzesänderung erreichen.
Wir wollen auch, dass die zweite Staatsprüfung verändert wird, was die Zusammensetzung betrifft. Bisher wurden die bewerteten Module mit 60 % angerechnet, während die Arbeit in der Schule überhaupt nicht in die Note einging.Wir wollen Anteile von 50 % für die bewerteten Module und von 10 % für die Arbeit in der Schule einführen. Wir halten das Engagement eines Referendars in der Schule für sehr wichtig. Also muss es auch in die Prüfungsnote eingehen.
Die schriftliche Arbeit soll weiterhin Bestandteil der Note sein. Sie soll aber nicht mehr über das Bestehen des zweiten Staatsexamens entscheiden. Der zukünftige Lehrer soll hauptsächlich gut unterrichten können. Ich denke, es ist nicht unbedingt wichtig für die spätere Ausübung des Berufs, dass seine große Hausarbeit so gut ist.
Wir wollen die Einstellungstermine auf den 1.Mai und auf den 1. November zurückverlegen. Die bisherigen Termine haben sich auch für die Universitäten als sehr ungünstig erwiesen; denn sie wurden mit der Ausfertigung der Prüfungsunterlagen nicht fertig, sodass die Referendare eine ziemlich lange Wartezeit hatten, bevor sie mit dem Referendariat beginnen konnten.
Die Vorbereitungszeit wird insgesamt besser gegliedert. Wir wollen die Modulinhalte abspecken. Wir wollen den Arbeitsaufwand bei den Modulen verringern. Wir wollen mehr Flexibilität bei den Modulen haben. Wir denken, dass damit die dringend notwendige Entlastung der Lehrer im Vorbereitungsdienst herbeigeführt wird.
Der Fokus soll stärker auf den Unterricht gelegt werden. Ich denke,mit unserem Gesetzentwurf tragen wir zu einer Verbesserung des Lehrerbildungsgesetzes bei. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung ist mit den Worten überschrieben: „Neue Wege finden – gemeinsam für Hessens Schulen“. Dieser Titel bezeichnet ein sehr hehres Ziel, ein sehr großes Ziel. Allerdings muss ich sagen: Die gestrige Debatte zum Thema Schulgesetzentwürfe von SPD und GRÜNEN zeigt die Realität, dass wir von diesen hehren Zielen noch sehr weit entfernt sind.
Ein gemeinsamer Weg zum Wohle der Schulen in Hessen ist leider noch Wunschdenken.Die FDP schätzt die offene Art, mit der Kultusminister Banzer die Probleme in der Schulpolitik angeht. Mich persönlich wundert seine offene Art nicht sehr, denn wir kennen uns schon seit 1985 aus dem Stadtparlament von Oberursel.
Wir haben damals eine sehr gut geführte Koalition miteinander gehabt.
Wir unterstützen den Kultusminister beim Löschen der akuten Brandherde an den Schulen, damit sich die Schulen wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Das Kerngeschäft von Schulen ist, Schüler optimal zu fördern und guten Unterricht zu gestalten. Gemeinsam neue Wege für die hessischen Schulen zu finden, darf nach unserer Auffassung aber nicht bedeuten, dass jede Fraktion ihre Wunschvorstellungen hier in Einzelanträgen vorträgt, die mit irgendwelchen Zufallsmehrheiten beschlossen werden.
Dadurch entsteht ein Flickenteppich, aber keine Verlässlichkeit für die Schulen. Die CDU-Regierung hat in den letzten Jahren in der Schulpolitik viele Fehler gemacht.
Das Wahlergebnis spricht dafür Bände, lieber Herr Irmer. Das können Sie schlecht verleugnen. – Dabei sind diese Reformen in die richtige Richtung gegangen. Nach der neuesten Schulstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft liegt Hessen auf Platz 2 und hat damit einen Spitzenplatz.
Da wurde bestätigt, dass die Reformen in Hessen eigentlich die richtige Zielrichtung hatten, dass sie aber bei der Umsetzung ständig von handwerklichen Fehlern begleitet worden sind und deshalb nur Ärger an die Schulen gebracht haben.Schulpolitik nach dem Motto:„Gut gedacht und schlecht gemacht“, das waren die letzten fünf Jahre. Hätte man Initiativen anderer Fraktionen, insbesondere der FDP, früher aufgenommen, dann würde die schulpolitische Bilanz deutlich besser aussehen.
Zum Thema G 8.G 8 wurde den Schulen übergestülpt,anstatt das schrittweise und behutsam einzuführen. Die Proteste seitens der Schulen wurden schlichtweg überhört. Man hat auf sie keine Rücksicht genommen. Dabei hätte man nur dem Beschluss folgen müssen, den der Landtag am 27. Mai 2003 gefasst hat. Damals hat der Landtag beschlossen, dass die Verkürzung des gymnasialen Bildungsgangs abgestimmte und deutlich schlankere Lehrpläne erforderlich macht, dass eine flexible Stundentafel eingeführt werden muss, dass Anteile freier Unterrichtszeiten für die Entwicklung schuleigener Curricula genutzt werden müssen, damit Schwerpunktsetzungen der Schulen möglich sind. Erforderlich sind nach diesem Beschluss auch die Einführung fächerübergreifenden Unterrichts und die Angleichung der Wissensvermittlung in den Kernfächern an den Grundschulen als Voraussetzung für den gymnasialen Bildungsgang. Alle diese Punkte finden sich jetzt in dem Elf-Punkte-Programm des Kultusministers wieder. Am 27. Mai 2003 wurden diese Punkte von der CDU und der FDP im Hessischen Landtag gemeinsam beschlossen – gegen die Stimmen von SPD und GRÜNEN.
Aber wie es anscheinend oft der Fall ist, hat das Kultusministerium auch diesen Beschluss nicht umgesetzt, obwohl das eigentlich richtig gewesen wäre, denn es ist mit Mehrheit im Landtag so beschlossen worden. Herr Minister, Sie sollten künftig sehr genau aufpassen, wie das Ministerium mit Beschlüssen des Hessischen Landtags umgeht. Augenscheinlich herrscht da die Devise: Augen zu und durch, wir sitzen das alles aus, irgendwann wird sich das schon wieder ändern.
Das Gleiche gilt für einen Antrag der FDP vom 9. März 2004. Damals hat die FDP ausgeführt, dass der Weg zu G 8 zu einer Bedrohung der Schulvielfalt in Hessen und insbesondere der kooperativen Gesamtschulen führen kann. Wir haben damals unterstrichen, dass die kooperativen Gesamtschulen ein wichtiger Bestandteil der Schulvielfalt sind,und wir haben kritisiert,dass die Einführung von G 8 den kooperativen Gesamtschulen die Möglichkeit nehmen würde, ihre Förderstufen weitgehend so zu belassen, wie sie sind. Diesem Teil des Antrags haben SPD und GRÜNE zugestimmt. Die CDU hat auch das abgelehnt. Jetzt lese ich Ihnen den letzten Absatz vor:
Der Landtag fordert die Landesregierung in diesem Zusammenhang jedoch auf, dass die Umsetzung der Schulzeitverkürzung für kooperative Gesamtschulen mit Förderstufen derart ausgestaltet wird,
dass diese Schulen selbst darüber entscheiden können, ob sie eine Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges vornehmen.
Leider hat diesem Absatz im Jahr 2004 nur die FDP zugestimmt.
Auch SPD und GRÜNE haben also insgesamt vier Jahre gebraucht, um diese vernünftigen Vorschläge anzuerkennen und sie jetzt mit uns gemeinsam umzusetzen. Schulpolitik bedeutet leider das Bohren dicker Bretter.
Insgesamt gesehen begrüßen wir aber, dass der Brandherd G 8 zum neuen Schuljahr gelöscht wird und dass die kooperativen Gesamtschulen endlich die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 haben.
Liebe Frau Habermann, mit Wahlfreiheit und mit Freiheit überhaupt hat die SPD gar nichts am Hut.
Sie stellen sich hierhin und sagen, es gebe Kinder, die langsamer lernen, und es gebe Kinder, die schneller lernen. Deshalb brauche man eine flexible Schulzeit für diese Kinder. Genau das Gleiche sagen auch wir.
Wir sagen: Es gibt Kinder, die langsamer lernen, und es gibt Kinder, die schneller lernen. Deshalb brauchen wir verschiedene Schulen für verschiedene Kinder, damit die Kinder entweder langsamer oder schneller lernen können.
Der Unterschied besteht darin: Sie wollen alle Kinder in die gleiche Schule schicken und dann schauen, wie langsam oder wie schnell sie lernen. Das ist für uns keine Wahlfreiheit. Wir wollen verschiedene Schulen mit verschiedenen Schnelligkeiten und mit verschiedenen Angeboten für verschiedene Kinder.Das bedeutet Wahlfreiheit für die Eltern.
Zwei Punkte des Elf-Punkte-Programms des Kultusministeriums sehen wir kritisch. Zum einen will sich das Ministerium in die Hausaufgabengestaltung einmischen. Ich denke, es ist eine Kernaufgabe eigenverantwortlicher Schule, zu prüfen, ob man zusätzlich Hausaufgaben geben kann bzw. welche Art von Hausaufgaben man trotz Nachmittagsunterrichts noch aufgeben kann. Es gibt ja auch Hausaufgaben in Form des Lesens eines Kapitels oder des Sehens eines interessanten Fernsehfilms. Ich denke, da sollte man den Schulen nicht hineinreden.
Zweitens. Die Begrenzung der Klassengrößen auf 30 Schüler in Klasse 5 an den Gymnasien ist zwar sicherlich sehr wünschenswert, wird aber Unruhe an den Schulen verursachen, da das eine deutliche Bevorzugung der gymnasialen Schulform ist. Auch die Schulträger sehen sich bereits vor Probleme gestellt. Wenn die Schulen nämlich sehr voll sind – und die Gymnasien sind sehr voll, da es einen Run auf sie gibt –, werden sie eben in die Klasse 5 nicht mehr so viele Kinder aufnehmen können, wie sie ei
gentlich aufnehmen sollten, weil sie nur noch 30 Kinder pro Eingangsklasse haben dürfen. Daher ist zwar das Ziel richtig, aber ob das schon im nächsten Schuljahr umzusetzen ist, wage ich zu bezweifeln.
Gute Bildung ist teuer, schlechte Bildung ist teurer. Deshalb ist es auch richtig, dass wir uns heute auf einen Antrag einigen, der die Zahl der Referendarstellen erhöht. Wir müssen an der Stelle investieren. Wir brauchen mehr Lehrerinnen und Lehrer. Lehrer werden in den nächsten Jahren Mangelware.
Auch der Umgang mit den BAT-Lehrern hat sich verändert. Zum Glück haben wir hierzu einen einstimmigen Beschluss gefasst.Auch das hätte schon seit dem Jahr 2004 so erfolgen können, als unser Antrag eingebracht wurde, BAT-Verträge auf zwölf Monate auszudehnen und die jungen Lehrer in den Ferien nicht mehr in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Die Begründung des Kultusministeriums für diese Kehrtwende ist wirklich bemerkenswert. Jetzt heißt es plötzlich,es gebe keine Kettenverträge,auch wenn man Zwölfmonatsverträge hintereinanderreihe. Dazu muss ich sagen: Der Jurist Banzer hat den Juristen im Kultusministerium augenscheinlich die aktuelle Rechtslage erklärt. Wenn dem so ist, dann würde ich vorschlagen,die Juristen des Kultusministeriums sollten dringend eine Fortbildung besuchen, dass sie in Rechtsdingen auf den neuesten Stand kommen, insbesondere was die Vertragsgestaltung bei Lehrern betrifft.
Allerdings gibt es noch weitere Brandherde, die dringend gelöscht werden müssen. Die LUSD hat in den vergangenen Jahren die Schulen und die Schulsekretariate zur Verzweiflung gebracht. Wir haben darüber sehr intensiv diskutiert. Für Mitte dieses Jahres ist vom Staatssekretär die Einführung einer neuen Version versprochen worden.Wir haben jetzt Juni. Ich bin gespannt, wann diese neue Version kommt,und vor allen Dingen gespannt darauf,wie sie eingeführt wird: ob Stück für Stück oder wieder gleich für alle, sodass die Gefahr eines erneuten Versagens besteht.
Die NVS stellt eine deutliche zusätzliche Erschwernis für die Schulen und die Schulämter dar.Anstatt die Schulverwaltung zu unterstützen, die Vorgänge zu vereinfachen und effizienter zu machen, bewirkt die jetzige Form des Rechnungswesens genau das Gegenteil. Es wird Bürokratie aufgebaut, es wird ein Datenfriedhof angelegt. Das ist eine Belastung der Mitarbeiter ohne eine klare Zielvorgabe. Deshalb ist eine Evaluation der NVS zum jetzigen Zeitpunkt dringend erforderlich.
Wir wollen die NVS nicht stoppen, aber wir wollen prüfen, was sie bisher gebracht hat, ob es sinnvoll war, diese vielen Daten zu erheben, ob es sinnvoll ist, dass eine Balanced Scorecard mit 29 Einzelfaktoren belastet wird. Wir wollen sehen, was sie bisher gebracht hat, und hören, was man für die Zukunft verbessern kann.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass man die Mitarbeiter in der Kultusverwaltung und in den Schulen davon überzeugt, dass die Erhebung von Daten wichtig und richtig ist, aber man muss ihnen sehr deutlich machen: Die Datenerhebung,das Controlling sind dafür da,die Dinge voranzubringen. Controlling ist keine Kontrolle bis auf den letzten Cent.
Das war die alte Verwaltung.
Lassen Sie mich ein paar grundsätzliche Positionen der FDP zur Schulpolitik erläutern. Ziel von Schule muss es sein – darüber sollten wir uns alle einig sein –, die Schüler auf ein eigenverantwortliches, auf ein eigenständiges Leben und auf den Eintritt in den Beruf vorzubereiten. Deshalb muss Schule ihren Schülern das Bestmögliche mitgeben. Das muss ein Dreiklang aus Vermittlung von Fachwissen, sozialer Kompetenz und Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Schüler sein.
Das gelingt am besten durch individuelle und begabungsgerechte Förderung, durch Bildungsgänge, die klar definiert sind, durch Bildungsabschlüsse, die landesweit einheitlich anerkannt sind. Jeder Bildungsabschluss muss eine Tür in einen weiteren Bildungsweg öffnen.
Die Schule kann das am besten durch mehr Eigenverantwortung leisten. Eigenverantwortung ist nichts Beliebiges. Herr Banzer, Eigenverantwortung wird sehr deutlich, wenn sie dem Ziel untergeordnet ist, das ich eben definiert habe, nämlich junge Menschen gut vorbereitet ins Leben zu entlassen.
Die Eigenverantwortung von Schule bedeutet für uns einen Freiraum in der Unterrichtsgestaltung und auch einen Freiraum in der inneren Schulorganisation.Das heißt, wenn an einer Schule Haupt- und Realschüler lernen, es aber nur sehr wenige Hauptschüler gibt, ist es der Schule überlassen, zu entscheiden, ob sie die Schüler gemeinsam unterrichtet oder eine eigene Hauptschulklasse gründet. Das Einzige ist, dass die Schüler gut auf die Bildungsabschlüsse vorbereitet sein müssen. Dazu kann man sie in den Einzelfächern trennen. Aber man kann sie sehr gut gemeinsam in einer Klasse unterrichten.
Zur eigenverantwortlichen Schule gehört auch die Personal- und Budgethoheit. Das ist etwas ganz Wichtiges. Die Schulen müssen endlich in die Lage versetzt werden, sich ihr Personal selbst auszusuchen und auch über die Personalzusammensetzung selbst zu bestimmen.
Deshalb ist es wichtig, dass sie für die pädagogische Mittagsbetreuung Geld bekommen. Es geht nicht unbedingt um Stellen. Stellen sind nicht das Einzige.Wichtig ist, dass die Schulen Freiheit haben. Das bedeutet Geld. Dann kann die betreffende Schule Schulassistenten und Schulverwaltungskräfte einstellen, damit die Lehrer das machen können, was sie am besten können: gut unterrichten.
Auch der Bericht der Schulleiter aus Frankfurt,die jetzt in Finnland waren, hat sehr eindeutig und – wie ich sagen muss – nach einer differenzierten Beurteilung gezeigt: Das Entscheidende an den finnischen Schulen ist der Personalmix, sodass sich die Lehrer wirklich intensiv auf das vorbereiten können,was sie machen sollen,nämlich guten Unterricht abzuhalten. Für alle anderen Probleme, die an einer Schule entstehen, gibt es dort Fachkräfte, die einspringen und helfen können.
Die Politiker müssen die Rahmenbedingungen für die eigenverantwortliche Schule schaffen. Das heißt, wir müssen den Schulen genügend Personal und Mittel zur Verfügung stellen. Dazu befindet sich ein FDP-Antrag auf der
Warteliste, den wir vielleicht irgendwann einmal abarbeiten werden. Darin geht es um eine 105-prozentige Lehrerzuweisung, wobei die Möglichkeit besteht, 20 % in Form von finanziellen Mitteln zu erhalten, um den eigenverantwortlichen Mitteleinsatz der Schulen zu gewährleisten. Sie können entscheiden, ob sie Lehrer, andere Kräfte oder Sachmittel haben wollen. Das ist eine bedarfsgerechte Ausstattung der Schulen mit Personen und Mitteln.
Dafür ist es erforderlich, das Lehrerzuweisungsverfahren zu ändern. Das Lehrerzuweisungsverfahren nach Klassengrößen mit einzelnen Faktoren führt dazu – das haben wir in der Fragestunde wieder gehört –, dass nachgefragt wird, wie viele Lehrer im gemeinsamen Unterricht sind; denn plötzlich werden dort die Zahlen verändert.
Dieses Lehrerzuweisungsverfahren ist vor allem für die Schulen völlig undurchsichtig. Das muss vereinheitlicht werden. Es muss sich an der Zahl der Köpfe, an einem Sozialindex, an den Bildungsgängen und an dem Umfeld der Schule orientieren. Ferner muss es so transparent sein, dass jede Schule in Hessen genau weiß: Diese Zahl an Lehrerstellen steht mir zu, und die andere Schule hat aus diesem und jenem Grund eine andere Zahl an Lehrerstellen.
Aber die Eigenverantwortung der Schule bedeutet auch, dass es neue Anforderungen an die Schulaufsicht gibt.Die Schulämter müssen die Schulen auf dem Weg in die Eigenverantwortung unterstützen. Sie müssen sie beraten. Sie müssen ihnen helfen. Das heißt, sie müssen sich zu Serviceeinrichtungen wandeln. Sie müssen die Schulen auf dem Weg der Qualitätsentwicklung begleiten. Das sind viele neue Aufgaben, die auf die Schulämter zukommen.
Die FDP-Fraktion hat daher vorgeschlagen, dass wir die Staatlichen Schulämter – die Schulverwaltung – anders organisieren, um sie für die neuen Aufgaben, die auf sie zukommen, wirklich fit zu machen.
Die eigenverantwortliche Schule bedeutet aber auch eine sehr viel stärker eigenverantwortlich arbeitende Schulaufsicht. Die Schulämter müssen eigenverantwortlich organisieren können, wie sie ihre Schulen betreuen. Man kann ihnen nicht vorschreiben, dass ein Gymnasiallehrer nur Gymnasien und ein Hauptschullehrer nur Hauptschulen betreuen kann. Es kann durchaus so organisiert werden, dass ein Schuldezernent für einen Bereich und somit für alle Schulen in diesem Bereich verantwortlich ist. Das ist sehr sinnvoll; denn dann kann er sich auf die Schnittstellen zwischen den einzelnen Schulen besser konzentrieren und die Zusammenarbeit viel stärker fördern.
Es ist höchst kontraproduktiv, wie es jetzt wieder gemacht worden ist, nämlich dass man den Staatlichen Schulämtern genau vorschreibt, wie sie sich zu organisieren haben und wie sie ihre Schulen betreuen müssen.
Ich denke, das Kultusministerium muss endlich lernen, dass man bei den Verwaltungen und bei den Schulen einfach Leine lassen muss.Das Kultusministerium muss seine Haltung im Grundsatz ändern. Die Schulen müssen vom Gängelband gelassen werden. Sie müssen sich zur Eigenverantwortung bekennen. Vonseiten des Kultusministeriums muss die Eigenverantwortung für die Schulen in Rechtsform gegossen werden.
Wir fordern den Herrn Kultusminister auf, diesen Weg zu gehen. Es ist ein mutiger Weg. Sie müssen die gesamte Kultusverwaltung umkrempeln. Sie müssen die Kultusverwaltung zu einem Dienstleister für die Schulen machen.
Sie haben in Ihrer Rede die Schulen in den Mittelpunkt gestellt.Wir werden Sie auf diesem Weg unterstützen. Gehen Sie mutig voran. – Vielen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank,Frau Henzler.– Herr Dr.Spies hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte.
Sehr geehrter Herr Dr. Spies, wenn Sie das Dreiklassenwahlrecht mit einem sogenannten Dreiklassenschulrecht gleichsetzen, zeigt mir das sehr deutlich, dass Sie von den Schulen in Hessen überhaupt keine Ahnung haben.
Wir haben in Hessen nämlich nicht nur drei Schulformen. Vielmehr hat Hessen so viele verschiedene Schulformen wie kein anderes Land in der Bundesrepublik. Das fängt mit den integrierten Gesamtschulen an, die Sie, die SPD, früher präferiert haben, weil alle Kinder dorthin gehen, weil dort binnendifferenziert wird und weil dort sehr leistungsorientiert gearbeitet wird, was Ihnen heute nicht mehr passt.
Außerdem haben wir die kooperativen Gesamtschulen. Wir haben verbundene Haupt- und Realschulen. Wir haben Grundschulen mit Förderstufen und Grundschulen mit Hauptschulen. Hessen hat alles. Es kann also überhaupt nicht von irgendeinem Dreiklassensystem die Rede sein.
Ich will Ihnen noch etwas sagen. Die Eltern sollen die Wahl haben, zu sagen: Ich will mein Kind auf diese Schule schicken.
Ich bin als Mutter genau der Prototyp dafür. Ich habe meine drei Kinder auf Schulen verschiedener Schulformen geschickt; denn meine drei Kinder sind sehr unterschiedlich.In diesen drei verschiedenen Schulen waren sie alle sehr erfolgreich. Dieses Wahlrecht möchte ich den Eltern zugestehen. Ich möchte es ihnen nicht nehmen.
Lieber Herr Dr. Spies, deshalb sind Freiheit und Wahlfreiheit in den Händen der FDP immer besser aufgehoben als bei Ihnen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Danke, Frau Henzler. – Nunmehr hat Herr Wagner die Möglichkeit, die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darzulegen. Bitte schön.
Herr Kollege Wagner, stimmen Sie mit mir überein, dass die GRÜNEN im Abschreiben auch ganz gut waren? Denn Sie haben gerade gesagt, dass Sie das die letzten Monate gefordert haben. Das Gleiche stand aber in unse
rem Antrag vom Mai 2003. Den haben Sie damals abgelehnt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wagner,Sie haben behauptet,es handele sich um wichtige Korrekturen in der Schulpolitik und am Schulgesetz. Es tut mir sehr leid: Diese Meinung kann ich nicht teilen. Es sind nicht wichtige Korrekturen – im Gegenteil. Das, was Sie mit diesen Gesetzesänderungen vorlegen, täuscht Hilfe vor, tut nach außen so, als würde sich wirklich sehr viel ändern, aber im Grunde ändert sich nicht sehr viel.
Das,was hier gemacht werden soll,sind Absichtserklärungen, denen aber der Boden fehlt und denen die Taten nicht folgen – z. B. beim Thema Durchlässigkeit.Alle Anzuhörenden waren sich einig, es nützt nichts, wenn Durchlässigkeit in das Schulgesetz geschrieben wird, aber keinerlei Hilfsmaßnahmen eingeführt werden, um diese Durchlässigkeit in irgendeiner Form voranzutreiben. Das tun Sie. Es wird Durchlässigkeit hineingeschrieben, aber es passiert nichts, um in irgendeiner Form als Stützmaßnahmen diese Durchlässigkeit herzustellen.
Da sage ich Ihnen sehr klar und sehr deutlich: Der Begriff der Anschlussfähigkeit ist ehrlicher, und er muss mit Leben gefüllt werden. Es muss wirklich so sein, dass, wenn ich eine Abschlussprüfung mache, sofort die Tür zum nächsthöheren Bildungsabschluss offen steht. Das ist ehrlicher den Schulen und den Eltern gegenüber, anstatt das Wort „Durchlässigkeit“ einzufügen, was früher unter Holzapfel auch drin war. Die Durchlässigkeit war von oben nach unten und nicht von unten nach oben.
Beide Gesetzentwürfe sind inhaltlich ideologisch motiviert. Sie beziehen sich auf kleine Teilbereiche des hessischen Schulwesens und lassen dadurch einen Flickenteppich entstehen. Außerdem werden sie noch mit Zufallsmehrheiten beschlossen, die dann vielleicht einmal im Ausschuss hierhin und einmal im Ausschuss dahin und im Plenum schon wieder in irgendeiner Form korrigiert werden. Auf jeden Fall lässt sich keine klare Linie in der Schulpolitik erkennen.Das ist etwas,was in der Anhörung und gestern beim Verband der Schulaufsichtsbeamten bemängelt wurde.
Frau Habermann, ich fordere die SPD auf, wirklich endlich einmal klar zu sagen, was sie eigentlich will. Wollen Sie das Gymnasium durch die Hintertür auflösen und zu einer Gesamtschule machen? Was wollen Sie mit den integrierten Gesamtschulen machen? Wollen Sie auch mit ihrer Binnendifferenzierung aufhören? Wie soll es mit den kooperativen Gesamtschulen weitergehen? Wollen Sie alles in ein Haus der Bildung: alle Kinder rein, keiner kann mehr raus, keiner kann sitzen bleiben? Die Frage ist: Wo endet das Ganze? Sie sagen nicht sehr deutlich, was Sie da wollen.
Sämtliche Anzuhörende haben sehr klar gesagt, es wäre sinnvoller, man macht ein Schulgesetz aus einem Guss. Dann ist die Haltung besser, erst einmal die Brandherde zu löschen, die den Schulen momentan auf den Nägeln brennen, und dann in aller Ruhe zu überlegen, wohin die Reise gehen soll. Das könnten Sie dann mit eventuell irgendwie zusammengesetzten Mehrheiten machen.
Bei der Abstimmung im Kulturpolitischen Ausschuss haben Sie ein Waterloo erlebt.Das ist ja typisch bei der SPD. Wenn man Mehrheiten haben will, muss man sie organisieren. Das müssen Sie augenscheinlich noch lernen. Erst haben Sie die Querversetzung gestrichen, ohne die GRÜNEN zu fragen,ob sie damit einverstanden sind.Dann haben Sie mit den GRÜNEN einen Kompromissvorschlag eingebracht, ohne die LINKE zu fragen, ob sie damit einverstanden ist.
Das führte dann zu einer äußerst chaotischen Abstimmung im Kulturausschuss. Im Grunde genommen kommen Sie jetzt mit dem Antrag wieder. Ich weiß nicht, was Sie der LINKEN versprochen haben,damit sie diesem zustimmt.
Im Grunde genommen sage ich Ihnen ehrlich, wenn Sie das hier alles ernst nehmen würden, dann würden Sie selber sagen: Wir brauchen noch eine dritte Lesung; wir brauchen noch einmal eine Runde im Kulturpolitischen Ausschuss. – Das wäre wirklich ein ernsthafter Umgang mit diesem Schulgesetz.
Sie ändern hier bestimmte Dinge,die keine klare Linie erkennen lassen und die wirklich einen Flickenteppich zurücklassen. Zum Antrag betreffend Querversetzung sage ich Ihnen:Dass Sie das nur noch in Klasse 5 und 6 machen, passt nicht damit zusammen, dass Sie die zweite Fremdsprache in Klasse 5, 6 oder 7 – wie insbesondere es die GRÜNEN wollen – einführen.
Wir haben damals gesagt: Klasse 5 und 6 – Klasse 6 ist richtig, weil die zweite Fremdsprache beginnt. Die zweite Fremdsprache kann in Klasse 7 beginnen oder soll nach den GRÜNEN in der Klasse 7 beginnen. Dann gibt es aber keine Querversetzung mehr.
Dass die IGS zweizügig sein soll, ist in sich auch nicht schlüssig.Wenn wir eine integrierte Gesamtschule haben, wie wir sie auch fordern, dann muss sie Gymnasialschüler und Realschüler und auch Hauptschüler haben. Das heißt, man muss dreierlei differenzieren können. Deshalb ist es nicht sinnvoll und logisch, wenn Sie plötzlich eine zweizügige IGS zulassen.
Das Gleiche gilt für die Forderung der GRÜNEN nach der Durchlässigkeit der Lehrpläne. Sie ist in sich auch nicht schlüssig. Sie ist vor allen Dingen kontraproduktiv zu der Entwicklung von Bildungsstandards und Kerncurricula. Wenn wir sagen, wir wollen Kerncurricula haben – darauf haben wir uns beim Thema G 8 verständigt –, dann können wir nicht Lehrpläne haben, die für G 8 und G 9 gleich sind. Auch das ist in sich nicht schlüssig. Sie wollen abgespeckte Lehrpläne für G 8. Sie wollen aber auch die gleichen Lehrpläne für G 9, damit die Durchlässigkeit gewährleistet werden kann.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
Beim Thema Eigenverantwortung sieht man bei der SPD, dass sie Eigenverantwortung nur ein bisschen will, anstatt dass sie den Schulen freistellt, was für sie verlässliche Schule ist. Was für Sie verlässliche Schule ist, das schreiben Sie ihnen wieder vor. Einen bestimmten Zeitrahmen muss es geben.Wenn man Eigenverantwortung will, dann muss man diesen Schritt richtig gehen.
SPD und GRÜNE setzen die Schulen in eine Achterbahnfahrt,wo während der Fahrt nicht einmal klar ist,wohin die Richtung geht. Wir werden nur dem Gesetzentwurf zustimmen, der den kooperativen Gesamtschulen die Wahlfreiheit gewährt.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Frau Henzler. – Ich darf für die Landesregierung Herrn Staatsminister Banzer das Wort erteilen.
Herr Präsident,ich bitte darum,dass wir getrennt über die Nrn.4, 5 und 7 abstimmen – also über diese drei genannten gemeinsam, getrennt von den anderen.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Es geht also um die Nrn. 4, 5 und 6 im Gesetzentwurf. Es geht nicht um die Beschlussempfehlung, sondern um den Gesetzentwurf.
Dann müssen Sie eine andere Fassung haben als ich – mir liegt keine Nr. 7 vor. In meiner Fassung gibt es nur die Nrn. 4, 5 und 6.
Ah, ich sehe, das ist nochmals geändert worden. Jetzt liegt mir die Anlage dazu vor, und dort gibt es tatsächlich eine Nr. 7. Es geht also um Art. 1 und darin die Nrn. 4, 5 und 7 des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes, Drucks. 17/51.