Beide Anträge, d. h. der Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Rüstungsexporte unterbinden – Konversion einleiten sowie der Dringliche Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend fragwürdige Exporterfolge der Rüstungsindustrie widersprechen friedenspolitischen Zielen Deutschlands, werden an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen.
Wir treten dann in die Mittagspause ein. Um 14 Uhr geht es weiter. Ich unterbreche hiermit die Sitzung und danke Ihnen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen. Ich bitte das Kamerateam darum, die Saalmitte zu verlassen. – Vielen Dank dafür. Ich begrüße die Zuschauerinnen und Zuschauer am heutigen Nachmittag herzlich zu unserer Sitzung.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend den Wettbewerb stärken: faire und transparente Treibstoffpreise gewährleisten – Drucks. 18/5452 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Ölkonzerne streichen 100 Millionen € pro Monat extra ein – Verkehrswende jetzt – Drucks. 18/5488 –
Setzpunkt der FDP. Ich erteile das Wort Herrn Müller für die FDP-Fraktion. Zehn Minuten Redezeit, Herr Müller.
(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Eingriff in die Marktwirtschaft, und das von der FDP! Ludwig Erhard würde sich im Grab umdrehen! – Gegenruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP) – Weiterer Zuruf)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Staatssekretär, ich werde es Herrn Rudolph auch noch einmal erklären, vielleicht versteht er es beim zweiten Mal.
Wir alle haben gemerkt, dass der Benzinpreis in den letzten Monaten stark gestiegen ist und so hoch liegt wie nie zuvor.
Wenn man es genau betrachtet, hat er sich seit 1999 verdoppelt. Das hat drei Gründe: zum einen den riesigen Steueranteil, der die Preise in die Höhe treibt – die Mineralölsteuer, die Ökosteuer von den grünen Freunden und auch die Mehrwertsteuer. Zum Zweiten liegt es auch am gestiegenen Ölpreis.
(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Sie müssen mir nicht vorschreiben, was ich zu tun habe!)
Zum Dritten – und das ist das Entscheidende – liegt es am fehlenden Wettbewerb an den Tankstellen, aber auch der dahinterstehenden Raffinerien, wodurch sich zeigt, dass Marktwirtschaft an dieser Stelle nicht funktioniert.
Die vom hessischen Verkehrsminister Posch ergriffene Initiative widmet sich gerade der Frage des fehlenden Wettbewerbs. Die Bürger haben zu Recht das Gefühl, dass etwas nicht richtig läuft und der Wettbewerb in diesem Bereich an den Tankstellen und auch zwischen den Raffinerien nicht funktioniert.
Das Bundeskartellamt hat im Übrigen in einer umfassenden Untersuchung ein Oligopol der großen Benzinanbie
ter festgestellt, also eine marktbeherrschende Stellung. Aufgrund dieser Marktstruktur kommt es auch dazu, dass von den fünf großen Konzernen keiner aus dem Preisgefüge ausbricht und über einen längeren Zeitraum einmal die Preise senkt. Einzige Ausnahme sind hier die freien Tankstellen, aber diese sind ihrerseits beim Benzinbezug wiederum von den Multis abhängig.
Sie über den Markt und die Marktwirtschaft zu informieren ist mir jede Mühe wert. – Es gibt keinen funktionierenden Markt bei den Benzinpreisen. Deswegen ist es im Interesse gerade liberaler Politik, einen Markt zu schaffen, den Wettbewerb zu beleben und damit die besten Preise für die Verbraucher zu erreichen.
Die Analyse des Bundeskartellamts ist die erste systematische und objektive Untersuchung, mit der die Preise bei den Tankstellen in Deutschland verfolgt worden sind. Dazu kommt eine weitere Studie des ADAC, deren Ergebnisse die Erkenntnisse des Bundeskartellamts nachdrücklich unterstützen.
Was wir ändern müssen und was die Menschen ganz besonders stört, sind die unabsehbaren und nicht nachvollziehbaren Preissprünge und Preisschwankungen innerhalb kürzester Zeiträume. Diese Schwankungen haben nichts mit einem veränderten Ölpreis zu tun; denn dieser kann gar nicht so schnell steigen oder sinken. Die fünf großen Anbieter Aral, Esso, Jet, Shell und Total haben bei den Preiserhöhungen ein festes Verhaltensmuster entwickelt: In 90 % der Fälle sind es Aral und Shell, die vorpreschen, und die anderen ziehen innerhalb von drei Stunden nach. Das sind übrigens Feststellungen des Bundeskartellamtspräsidenten Mundt.
Schließlich liegt genau hier das Problem: Dem Bundeskartellamt fehlen wirksame Eingriffsmöglichkeiten. Aufgrund der jederzeit offenen Preisgestaltung, die über die Kennzeichnungstafeln an den Tankstellen sehr deutlich machen, wie die Preise angehoben oder gesenkt werden, ist eine geheime Absprache für die Ölmultis gar nicht erforderlich, was wiederum den Nachweis von Kartellrechtsverstößen extrem schwierig macht.
Genau da setzt die Initiative des Landes Hessen an. Für all die aufgezeigten Probleme liegen Lösungsmöglichkeiten parat. Wir versprechen keine Wunderheilung, aber sehr wohl deutliche Verbesserungen. Das australische Modell sieht vor, dass bis 14 Uhr am Vortag gemeldet werden muss, welcher Benzinpreis am nächsten Tag gelten soll. Dieser Preis gilt dann auch von 6 Uhr morgens bis zum nächsten Tag um 6 Uhr morgens. Damit ist auch für die Verbraucher sehr transparent, wie hoch der Preis liegt. Die Schwankungen werden aufhören.
Meine Damen und Herren, dies betrifft alle drei Bereiche: Zum einen wird der Wettbewerb angeregt. Wer beim Benzinpreis zu hoch pokert, hat am nächsten Tag das Nachsehen.
Zweitens. Die Mineralölkonzerne müssen ihre Preise gleichzeitig beim Bundeskartellamt melden. Wenn es dann weiterhin zu Auffälligkeiten kommt und sich Preis
absprachen zwischen den Ölmultis nachweisen lassen, kann das Bundeskartellamt einschreiten. Auch hier wirkt das australische Modell.
Drittens. Die Bürger können sich darauf verlassen, dass die Preise auch länger Bestand haben, sodass sie – nachdem sie im Internet geschaut haben, wo sie tanken sollen –, wenn sie nach einer halben Stunde an der Tankstelle ankommen, auch noch den gleichen Preis vorfinden und er nicht schon wieder 10 Cent teurer oder billiger geworden ist.
Wir können uns sehr gut vorstellen, dies über verschiedene Apps oder andere Möglichkeiten sehr transparent zu gestalten, sodass sich die Menschen informieren und auch schauen können, wo sie am günstigsten tanken können, während sie noch unterwegs sind. Darüber wird Wettbewerb angeregt.
Ich will noch kurz auf die Kritikpunkte an dem Modell eingehen. Der Hauptvorwurf lautet, dass das Modell in Westaustralien nicht funktioniert habe. Der „Spiegel“ hat als Beispiel für die Untauglichkeit des Modells in einem Artikel tatsächlich die Pilbara-Wüste aufgeführt. Dort habe sich der Markt trotz des Modells nicht entwickelt. – Ich weiß nicht, ob dem „Spiegel“ entgangen ist, dass die Pilbara-Wüste etwa eineinhalbmal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland ist und dass in der PilbaraWüste sage und schreibe 40.000 Einwohner leben.
Dass, wenn im Umfeld von 200 km nur eine Tankstelle steht, auch kein Wettbewerb entstehen kann, das muss man hier wohl nicht weiter ausführen. Genauso muss man nicht weiter ausführen, dass wir in Deutschland eine ganz andere Struktur haben, wenn man Mecklenburg-Vorpommern einmal außen vor lässt.
Meine Damen und Herren, der ADAC begründet seine skeptische Haltung zum einen damit, dass er sagt, man könne sich die Spritpreise schon heute im Internet anschauen. – Das ist richtig. Aber wenn man eine halbe Stunde später an der Tankstelle steht, weiß man nicht, ob dieser Spritpreis dann auch noch aktuell ist; der kann dann nämlich sehr wohl schon wieder 10 Cent teurer oder auch einmal 5 Cent billiger sein. Das muss sich ändern.
Wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Wettbewerb nicht vorhanden ist, werden die Tankstellen im Umfeld auch regelmäßig den gleichen Preis haben. Dann gibt es auch keine große Wahlmöglichkeit. Auch das wird sich ändern, wenn keine Absprachen mehr möglich sind, sondern die einzelnen Tankstellen im Vorfeld kalkulieren müssen, wie sie mit den Spritpreisen umgehen.
Meine Damen und Herren, mit dem hessischen Vorstoß von Wirtschaftsminister Posch im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates – morgen steht die Abstimmung zum australischen Modell an, das Hessen vorgeschlagen hat – werden wir Klarheit bekommen, ob die anderen Bundesländer weiter mitmachen und dabei sind bzw. sich der Initiative anschließen. Wir können damit in ganz Deutschland ein Vorgehen gegen das Oligopol an den Tankstellen erreichen und für eine Entwicklung hin zu einem funktio
Ich hoffe ganz ehrlich, dass wir eine breite Unterstützung für unseren Antrag erhalten werden, auch heute in diesem Parlament in Hessen und morgen hoffentlich im Bundesrat. Ich bin ganz hoffnungsfroh. Die GRÜNEN haben auch einen Antrag eingebracht, in dem sie die Initiative der Landesregierung ausdrücklich loben, wobei ich zur Haltung der GRÜNEN sagen muss: Das ist schon ein bisschen neunmalklug, und man versucht schon, die Menschen ein bisschen an der Nase herumzuführen.
Ich erinnere daran, was die GRÜNEN mit der Ökosteuer gemacht haben: 18 Cent gehen bei den Benzinpreisen auf Kosten der GRÜNEN. Sich dann hinzustellen und den Ölkonzernen vorzuwerfen, sie zockten die Bürger um 4,7 Cent ab – das ist richtig, das werfen wir den Ölkonzernen auch vor, aber die GRÜNEN stehen für 18 Cent Preiserhöhung an den Tankstellen. Das werfen wir Ihnen vor, und das ist Ihre Verantwortung.
(Beifall bei der FDP und des Abg. Holger Bellino (CDU) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer regiert denn momentan, Herr Kollege?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist relativ klar, das wir unserem Antrag zustimmen werden. Wir hoffen, dass Sie das auch tun werden. Sie haben in Ihrem Antrag relativ viele Allgemeinplätze. Es ist richtig, dass Ihnen das nicht gefällt. Das ist mir klar. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als seien Sie gegen die hohen Benzinpreise.