Protokoll der Sitzung vom 29.03.2012

Das Wort hat Herr Abg. Merz für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Staatssekretärin, Sie haben sich wirklich mit keinem einzigen Wort auf die Kritik bezogen, die landauf, landab aus allen Lagern – ich habe vergessen, hinzuzufügen: auch aus den Gewerkschaften, den Kirchen, den Wohlfahrtsverbänden und der Fachwelt – gegen die Idee des Betreuungsgeldes

vorgebracht wird. Kein Wort haben Sie zur Entkräftung der Kritik vorgebracht. Sie haben hier wieder einmal – das ist eine der Lieblingsdisziplinen in diesem Haus – die hessischen Meisterschaften im Offene-Türen-Einrennen bestritten. Das ist das, was Sie gemacht haben. Sie haben Respekt vor der Erziehungsleistung der Eltern eingefordert. Wer hätte den hier jemals verweigert?

(Beifall bei der SPD)

Das gilt auch für den Bildungsort Familie. Frau Kollegin Wiesmann, ich will dazu sagen: In der Hinsicht haben Sie recht. Natürlich ist die Familie auch ein Bildungsort. Aber wer hätte jemals den Respekt davor verweigert? Wer hätte das jemals getan?

(René Rock (FDP): Na ja!)

Dann sagen Sie es mir, Kollege Rock. Stellen Sie sich hierhin, und sagen Sie es uns. – Daraus folgt aber nicht, dass man einen sozialpolitischen Rückschritt macht: dass man die Errungenschaften des Elterngeldes außer Acht lässt und so sehr hinter alle Erkenntnisse der Arbeitsmarkt-, der Frauen- und der Familienpolitik zurückfällt, wie es der Fall wäre, wenn es ein solches Betreuungsgeld gäbe.

Natürlich ist es ein schreiender Widerspruch – da hat Kollege Al-Wazir völlig recht –, wenn man einerseits sagt, man möchte die Bildungs- und Erziehungsleistung von Eltern anerkennen, sie ermutigen und stärken, und andererseits ausgerechnet denen das Geld verweigern will, die es am nötigsten haben. Das ist ein schreiender Widerspruch, genauso wie es einen Widerspruch gibt – zu dem hätte ich vorhin, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, gern noch etwas gesagt; dankenswerterweise wurde er hier erwähnt – zwischen der Philosophie des Bildungs- und Erziehungspaketes und dem, was hier passiert. Den einen will man das Geld bar auszahlen – obwohl übrigens Ihre Ministerin Schröder, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gesagt hat, eine Barauszahlung gebe es mit ihr nicht –, und den anderen kommt man entweder mit einem Bildungs- und Erziehungspaket oder, wie die Kollegen von der FDP, mit Betreuungsgutscheinen.

Auch da findet sich ein Widerspruch, den hier natürlich niemand außer uns thematisiert hat. Sie haben dazu ebenfalls nichts gesagt. Natürlich gibt es einen Widerspruch. Allerdings ist das jetzt ein bisschen unscharf geblieben. Kollegin Wiesmann hat dazu gesagt, man könne das so machen und könne es klug ausgestalten. Kollege Mick hat sich vorsichtshalber auf gar nichts festgelegt, außer dass er gesagt hat, es gebe vielleicht eine Chance, etwas Vernünftiges daraus zu machen. Den Satz hebe ich mir auf; den tue ich in mein Schatzkästlein.

(Heiterkeit des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ja, der war hübsch. Wenn ich wieder einmal eine gute Ausrede brauche, hole ich ihn hervor.

Es gibt einen Widerspruch, wenn man auf der einen Seite sagt, das Betreuungsgeld ist für die Eltern, die keinen öffentlich subventionierten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen, und sich auf der anderen Seite alle Hintertüren offen hält, um genau das mit zu subventionieren. Das sind doch Widersprüche, die mit Händen zu greifen sind. Deswegen müssen Sie uns hier noch einmal erklären, wie Sie eigentlich mit der Kritik umgehen, die – abgesehen von der CSU und der hessischen CDU – unisono aus allen Lagern, unabhängig vom politischen Standort, erschallt. Dazu haben Sie kein Wort gesagt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Wiesmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich plädiere an dieser Stelle ganz kurz dafür, dass wir die Dinge ein bisschen auseinanderhalten. Ich finde es nicht redlich, wie hier diskutiert wird. Es fing schon vorhin bei den Ganztagsangeboten an. Da wurde das Thema Bildung sehr stark mit den Betreuungsanliegen vermischt. Beides kann man separat wichtig finden; aber es hat unterschiedliche Adressaten, und es ist nicht immer zielführend, Anliegen aus dem einen Bereich mit einer Motivation, die dem anderen Bereich zugehört, zu rechtfertigen.

Genauso finde ich es nicht in Ordnung, dass wir, wenn wir hier über die frühkindliche Bildung und die Entwicklung unserer Kinder im familiären Kontext oder darüber hinaus sprechen, plötzlich die ganze Welt zitieren. Das ist Ihr gutes Recht; aber man muss sehen, diese Leute haben in Wahrheit völlig andere Belange im Auge, die aus ihrer Sicht berechtigt sind, z. B. den Arbeitsmarkt, den Fachkräftemangel oder die demografische Entwicklung in unserem Land.

Mein nächster Punkt ist: Der Respekt, den Sie den Eltern gegenüber zum Ausdruck bringen – das will ich Ihnen gar nicht absprechen –, ist kostenlos. Wir dagegen sagen, die Anerkennung der Eltern und ihrer Leistungen muss da und dort auch einmal spürbar werden. Wir wollen kein Elterngehalt; das ist etwas ganz anderes. Aber eine Anerkennung muss mehr sein als gute Worte zum Sonntag. Es muss dort, wo wir sehr viel machen, um den Eltern mithilfe der Infrastruktur die Wahlfreiheit zu ermöglichen, eine im Familienportemonnaie spürbare Würdigung derjenigen geben, die sagen, sie wollten aus persönlichen Gründen – die wir gar nicht zu bewerten haben – einen anderen Weg gehen.

Ich will einen letzten Punkt hinzufügen: Hier ist viel über ein sehr ernst zu nehmendes Argument gesprochen worden. Es geht um die Frage: Was ist mit den Kindern, für die es möglicherweise besser wäre – deren Eltern das aber nicht erkennen –, wenn sie früher als andere in eine außerfamiliäre Betreuung kämen? Ich habe vorhin schon gesagt, dass wir vor den Problemen dieser Gruppe nicht die Augen verschließen. Das sind Familien, die unter schwierigen Bedingungen leben. Es handelt sich z. B. auch um Familien, die das sprachliche Umfeld, das man in diesem Land braucht, um erfolgreich zu sein, nicht bieten können.

All das ist richtig. Es stellt sich nur immer die Frage, ob man wegen eines spezifischen Problems, für das es auch andere Lösungen gibt – das betrifft diesen Punkt, aber auch die Rückkehr der Frauen in den Beruf, Frauen in Führungspositionen und den Arbeitsmarkt –, sozusagen das Kernanliegen über Bord wirft. Wir wollen das nicht.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir finden es richtig, das Bemühen der Eltern anzuerkennen, wenn sie sich für die familiäre Betreuung der Kleinsten entscheiden. Wir halten es für richtig, es so zu gestal

ten, dass es keine übermäßige Gefährdung der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern bedeutet. Wir wollen das an die Instrumente des bisherigen Elterngelds und an das, was für den Übergang in den Kindergarten notwendig ist, anpassen. Wir wollen das auch nicht als eine ideologisch motivierte Gegenmaßnahme zur Betreuung in den Einrichtungen gestalten, die wir überall mit Macht und Überzeugung ausbauen.

Deshalb bin ich der Meinung, wir können mit Fug und Recht sagen, die Vorschläge zur Ausgestaltung des Elterngelds II, die wir vorgelegt haben und um die wir uns bemühen werden – das wird diese Landesregierung machen –, dienen dem Wohle der Familien insgesamt: der Kleinen, die wir schützen müssen, und der Eltern, die jeden Tag unseren Respekt, aber auch unsere Unterstützung und Anerkennung verdienen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag unter Tagesordnungspunkt 23. Wer diesem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Ich stelle fest, dass der Antrag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE und bei Ablehnung der Fraktionen der CDU und der FDP abgelehnt worden ist.

Tagesordnungspunkt 28 wird im nächsten Plenum aufgerufen.

Tagesordnungspunkt 29 wird ebenfalls im nächsten Plenum aufgerufen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Unterausschusses Datenschutz zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Datenschutzniveau in Hessen erhalten – Drucks. 18/5403 zu Drucks. 18/5396 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Heinz. – Wir verzichten auf die Berichterstattung.

Ich lasse über die Beschlussempfehlung abstimmen. Wer ihr zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Ich stelle fest, dass bei Zustimmung der Fraktionen der CDU und der FDP und bei Enthaltung der übrigen Fraktionen des Hauses der Beschlussempfehlung zugestimmt worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 49 auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Fraktion der SPD betreffend über-zogene Kürzung der Einspeisevergütung für Fotovoltaik gefährdet dezentrale Energiewende und Tausende hessischer Arbeitsplätze – Drucks. 18/5439 zu Drucks. 18/5324 –

Berichterstatter ist der Abg. von Zech. – Wir verzichten auf die Berichterstattung.

Ich lasse abstimmen. Wer kann der Beschlussempfehlung zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle fest, dass bei Zustimmung der Fraktionen der CDU und der FDP und bei Ablehnung der übrigen Fraktionen des Hauses diese Beschlussempfehlung angenommen worden ist.

Wir rufen Tagesordnungspunkt 62 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend erneuten Vertragsschluss über die Erbringung von Teilbetriebsleistungen für die JVA Hünfeld – Druck. 18/5480 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Das Wort hat Herr Kollege Weiß für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will gern die Gelegenheit nutzen, um unseren Antrag zu begründen bzw. um die Hintergründe darzulegen, warum wir ihn hier noch aufrufen und behandeln. Vorab war zweierlei bekannt: Zum einen war bekannt, dass das Ausschreibungsverfahren für die teilprivatisierte JVA Hünfeld läuft, und zum anderen war bekannt, dass der Hessische Rechnungshof das erste Verfahren und die erste Ausschreibung untersucht hat und seine Anmerkungen in den Bericht für dieses Jahr einfließen lassen wird.

Da hat es für uns auf der Hand gelegen, dass wir im Ausschuss nachfragen, wie der Stand der Untersuchungen des Rechnungshofs und der Stand der Ausschreibung sind und ob die Ergebnisse der Untersuchung des Rechnungshofs auch in die erneute Ausschreibung einfließen werden oder bereits eingeflossen sind.

Diese Nachfrage haben wir in der letzten Sitzung des Unterausschusses Justizvollzug gestellt. Darauf haben wir Antworten bekommen, die uns skeptisch gemacht und zu weiteren Nachfragen veranlasst haben. Zum einen hat Herr Staatssekretär Dr. Kriszeleit im Unterausschuss Justizvollzug gesagt, dass die Bemerkungen des Rechnungshofs in die Ausschreibung eingeflossen seien, soweit Konsens bestanden habe. Das hat uns natürlich direkt skeptisch gemacht, weil wir gesagt haben: Wir würden gerne wissen, wo denn da der Dissens liegt.

Zweitens haben wir gefragt: Wie ist denn der Stand der Ausschreibung? – Dazu haben wir im Unterausschuss Justizvollzug zur Antwort bekommen, es sei noch ungewiss, wann die Entscheidung über die Vergabe falle; es könne bis Ostern oder Pfingsten passieren. – Bei dieser Aussage liegen acht Wochen dazwischen. Ostern ist nächste Woche, Pfingsten ist in zwei Monaten.

(Holger Bellino (CDU): Das wissen wir doch! Und Weihnachten ist am 24. Dezember!)

Wir haben das für nicht besonders glaubhaft gehalten und haben deshalb in der letzten Woche im Haushaltsauschuss nähere Nachfragen zum Stand des Ausschreibungsverfahrens und zu den Bemerkungen des Hessischen Rechnungshofs gestellt. Ich habe mich am Tag zuvor – das war reine Nettigkeit, ich hätte auch unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ nachfragen können – beim Büro des Finanzministers gemeldet und gesagt, dass ich beabsichtige, in der Sitzung des Haushaltsauschusses am nächsten Tag genau danach zu fragen.

(Zuruf von der CDU: Oh, das war aber lieb!)

Ich habe danach gefragt und von der Staatssekretärin – der Minister war nicht anwesend – die Auskunft bekommen, dass sie dazu nichts sagen könne und dass wir unsere Fragen bitte schriftlich stellen sollen. Wir haben die Fragen dann noch am gleichen – –

(Minister Dr. Thomas Schäfer: Sie haben unsere Bitte um Konkretisierung, die wir Ihnen geschrie- ben haben, vor der Sitzung gar nicht gelesen!)

Die E-Mail von Ihrem Büro ist am Tag vor der Sitzung des Haushaltsausschusses, nach 18 Uhr, gekommen. Wir haben dann am nächsten Tag die Fragen, die wir hatten, konkretisiert. Wir haben sie in Schriftform zu Ihnen rübergefaxt, mit der Bitte um Beantwortung. Sie haben sie nicht beantwortet, obwohl uns von der Staatssekretärin im Haushaltsauschuss zugesagt wurde, dass wir die Antworten schriftlich bekommen, wenn wir sie schriftlich einreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe davon aus, dass wir alle ein Interesse daran haben, zu klären, worin denn bei den Ausführungen des Rechnungshofs, was das Ausschreibungsverfahren angeht, dieser Dissens besteht.

(Beifall bei der SPD)