(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Jetzt soll dann also der Florian Rentsch den Philipp Rösler von Wiesbaden geben. Mal sehen, ob es genauso hilft wie in Berlin.
Der Herr Hahn hält eine Verjüngung der FDP-Minister für unbedingt erforderlich. Dabei hat sich das vor noch nicht einmal einem Jahr ganz anders angehört. Damals hatte Florian Rentsch schon einmal versucht, Dieter Posch aufs Altenteil zu schieben. In der „Frankfurter Rundschau“ vom 7. Juni 2011 ist zu lesen:
Den Spekulationen über einen möglichen Rücktritt von Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch entzieht FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn den Boden. Posch bleibe definitiv bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt.
Er fügte hinzu: „Klar ist und bleibt: Die drei FDPMinister sind als Team vor zweieinhalb Jahren gestartet. Wir haben bisher als stabiler Teil der Koalition gearbeitet.
Aha, jetzt wissen wir es. Aber wir müssen noch nicht einmal auf den letzten Juni zurückschauen. Ein Blick in die FDP-Presseerklärung vom 29. Oktober letzten Jahres ist auch aufschlussreich. Da wurde der neue Kultusstaatssekretär Dr. Herbert Hirschler nach einer Sitzung des FDPLandesvorstandes präsentiert und geradezu hymnisch gelobt, man hole sich auf diesem Gebiet bestmöglichen Sachverstand ins Ministerium. Der letzte Satz der Presseerklärung lautet wörtlich:
Abschließend erklärte der FDP-Landesvorsitzende Hahn: „Mit der Diskussion im Landesvorstand ist die Personaldiskussion um die Führung des Kultusministeriums beendet.“
Aha. Wir stellen also mit Rainer Brüderle fest: Wer hat Unsinn erzählt? Jörg-Uwe Hahn hat Unsinn erzählt.
Staatssekretär Herbert Hirschler kennt die interne Arbeit der designierten Kultusministerin Nicola Beer offensichtlich sehr gut und ergreift darum konsequenterweise nach einem halben Jahr im Amt lieber die Flucht. Nicola Beer wiederum will die auch so erfolgreiche Arbeit fortsetzen,
versetzt aber erst einmal vier ranghohe Mitarbeiter aus dem Ministerbüro, um eigene Leute einzustellen. Liebe Kollegen von der FDP, wenn das all so toll war, warum ist das dann eigentlich nötig, von den Posten ganz zu schweigen?
Andere potenzielle Staatssekretärskandidaten der FDP kennen die designierte Kultusministerin offensichtlich auch in ihrer internen Arbeit sehr gut. Deswegen wird konsequenterweise ein CDU-Staatssekretär ins Amt gesetzt, weil sich offensichtlich keiner mehr gefunden hat.
Der Ministerpräsident – übrigens Stichwort: Wo ist Bouffier? – hat Freitagmittag, den 20. April, bis Montag, den 23. April, gebraucht, um dann kraftvoll zu erklären, dass auf CDU-Seite nur die fähigsten Minister auf der Regierungsbank sitzen. Wir haben uns schon gefragt, warum ihm das nicht sofort am Freitagmittag aufgefallen war.
Liebe Kollegen von der Koalition, was in Ihrem ganzen Postengeschacher überhaupt nicht aufgefallen ist: Sie haben keinen einzigen Sachpunkt, keinen einzigen inhaltlichen Punkt vorgestellt, der eine Neuausrichtung nötig gemacht hätte. Es ging immer nur um Personen und die angeblichen Wahlchancen der FDP.
Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger, Ihr Auftrag als gewählte Landesregierung – das alles hat keine Rolle gespielt. Aber nicht die Personen sind Ihr Problem, sondern die Politik, die besonders im Kultusministerium und Wirtschaftsministerium gemacht wird.
Deswegen einmal ein paar Stichworte, was zu tun wäre. Sie haben 105 % Lehrerversorgung bis übernächstes Schuljahr versprochen. Sie sind nach vier Jahren bei 101 %. In dem Tempo würde es noch 16 Jahre dauern. Sie haben einen Ausbau der Ganztagsschulen versprochen. Es ist in dieser Legislaturperiode kaum eine echte Ganztagsschule in Hessen dazugekommen.
Bei der Neuordnung der Lehrerausbildung ist der gegenwärtige Zustand mit „Chaos“ fast schon verniedlichend beschrieben. Das Kultusministerium ist nicht willens oder nicht in der Lage, die Verordnung zum Thema Inklusion grundlegend zu überarbeiten.
Ihr geplantes Landesschulamt ist eine zentralistische Monsterbehörde. Alle Bundesländer, außer Bayern und Hessen, haben sich auf den Weg zur Zweigliedrigkeit des Schulsystems begeben. Nur Hessens FDP mit Herrn Irmer ist in den Schützengräben des Schulkampfes des vergangenen Jahrhunderts gefangen.
Da hilft kein Austausch der Köpfe. Da hilft nur bessere Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie können oder wollen kein transparentes und rechtlich sicheres Planergänzungsverfahren beim Flughafen Frankfurt einleiten. Sie sind auch über drei Jahre nach Übernahme der Verantwortung nicht in der Lage, die HessenAgentur endlich einmal ihre Arbeit in der Sache machen zu lassen, sondern sind auch da in einem Postengeschachere nach dem anderen gefangen.
Sie haben bis heute nicht verstanden, dass die Betonmischerpolitik des letzten Jahrhunderts das Gegenteil von moderner Wirtschaftspolitik ist. Das beste Beispiel – Sozialdemokraten nicht klatschen – ist übrigens der Flughafen Kassel-Calden. Die machen schon eine Pressekonferenz, wenn sich zwei Flüge angesagt haben, aber nicht zwei Flüge am Tag oder in der Woche oder im Halbjahr, sondern zwei Flüge nach Nordzypern.
Sie haben keine Vorstellung davon, wie moderne Mobilitätskonzepte jenseits des Individualverkehrs in Ballungsräumen aussehen könnten. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Sie kürzen dem Rhein-Main-Verkehrsverbund trotz wachsender Bevölkerung im Ballungsraum. Das ist Ihr Problem. Dabei geht es nicht um die Frage, welcher Kopf die falsche Politik nach außen verkauft. Um es mit den Worten Rainer Brüderles zu sagen: Wer hat es nicht verstanden? – Die FDP hat es nicht verstanden.
Die FDP hat ein inhaltliches Problem. Sie hat aber auch ein anderes Problem. Ihre Politik wird insgesamt als zu wenig seriös und als zu arrogant wahrgenommen. Liebe Kollegen, lieber Jörg-Uwe Hahn, warum Sie dann ausgerechnet mit Florian Rentsch und Wolfgang Greilich antworten, wird ein ewiges Geheimnis der hessischen Landespolitik bleiben.
Herr Kollege Hahn hat im Habitus eines spätrömischen Kaisers seinen Daumen über einzelne Kabinettsmitglieder gesenkt und sich zugleich in spätrömischer Dekadenz zum Spitzenkandidaten ausgerufen. Ich zitiere aus der Presseerklärung der FDP. Das ist wörtlich zitiert. Der Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn sagt:
Mit der personellen Neuaufstellung geben die hessischen Liberalen den Bürgern ein klares Signal für die Zukunft. Da ich meine Partei wieder als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen werde, setzen wir auch ein Zeichen der Kontinuität.
Ich hatte eigentlich gedacht, dass der Spitzenkandidat bei Ihnen immer noch auf einem Parteitag gewählt wird und sich der Vorsitzende nicht selbst ausruft. Aber man lernt jeden Tag etwas dazu.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Günter Rudolph und Brigitte Hof- meyer (SPD))
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben ein Problem in der Sache. Sie können noch so oft die Köpfe austauschen: Wenn Sie in den eineinhalb Jahren, die Ihnen noch bleiben, Ihre Politik nicht ändern, wird Ihnen alles Postengeschachere nichts nützen. Das Grundproblem besteht
darin, dass die Politik falsch ist. Daran müssen Sie etwas ändern, und nicht an den Personen. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Herr Kollege Al-Wazir, schönen Dank. – Für die CDUFraktion spricht jetzt deren Vorsitzender, Herr Dr. Wagner. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rolle der Opposition in der Demokratie besteht darin, die Regierung kritisch zu begleiten. Darin sind wir uns alle einig. Hierbei wird natürlich häufig übertrieben und auch zugespitzt. Das gilt für alle Parteien. Das will ich ausdrücklich sagen.