Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Sehr geehrter Herr Merz, in Ihrer Kurzintervention haben Sie bestätigt, was ich gesagt habe, nämlich dass Ihr Antrag nichts mit den Inhalten der qualifizierten Schulvorbereitung zu tun hat. Sie sprechen vielmehr überhaupt nicht über die Finanzierung des qualifizierten Schulvorbereitungskonzepts. Sie haben mit keinem Wort erwähnt, dass die Landesregierung 5 Millionen €, eine erhebliche Summe, für die Erprobung dieses Verfahrens und dessen Evaluierung zur Verfügung stellt.

(Gerhard Merz (SPD): Frau Kollegin, das habe ich alles in meiner Rede gesagt!)

Sie haben auch nicht darüber gesprochen, wie wichtig es ist, dass es sich hier um ein Konzept handelt.

Das gilt jetzt auch für Frau Schott: Wir sind offen für die Ergebnisse. Wir nehmen die Ergebnisse heute nicht vorweg, sondern wir schauen, ob das Konzept, das wir jetzt haben, das wohlvorbereitet und wissenschaftlich begleitet ist und das dann noch einmal überprüft wird, inklusive der Beobachtungsverfahren und der Sprachstandserhebung, auch trägt. Dann sprechen wir weiter.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Ich bin davon überzeugt, dass uns die Wähler und Wählerinnen auch in der nächsten Legislaturperiode wieder den Regierungsauftrag erteilen werden. Dann sprechen wir über die Umsetzung.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Herr Grüttner. – Bitte seien Sie ganz ruhig, damit man verstehen kann, was er sagt.

Frau Präsidentin, das fällt schwer. Das weiß ich. Ich versuche es trotzdem. Das Thema ist zu ernsthaft, um die Rede – das könnte man auch machen – zu Protokoll zu geben, unabhängig davon, dass in der Debatte eine Reihe von Aussagen getätigt worden ist, auf die es sich lohnt einzugehen.

Ich finde es ausgesprochen erstaunlich, dass Redner der Oppositionsfraktionen so tun, als ob sie den Bildungsund Erziehungsplan erfunden hätten. Sie haben mit Recht

gesagt, 2007 haben wir ihn implementiert. Das war zu einer Zeit, als Sie bereits acht Jahre in der Opposition waren. Es sind jetzt weitere fünf Jahre zu diesem Dutzend dazugekommen.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Damals war Frau Lautenschläger Ministerin!)

Ein weiteres Dutzend wird hinzukommen. Insofern brauchen wir uns keine Gedanken über die Umsetzung unserer Politik zu machen.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Ha, ha, ha!)

Herr Spies, Sie brauchen nicht zu lachen. Das Lachen wird Ihnen vergehen. – Das Entscheidende in einem solchen Zusammenhang ist: Wir sind in der Zwischenzeit weit von dem entfernt, was im SPD-Antrag steht, dass weitere Modellprojekte dazukommen. Der Bildungs- und Erziehungsplan ist schon lange kein Projekt mehr. Seit 2007 sind wir dabei, ihn flächendeckend zu implementieren. Er ist ein pädagogischer Rahmen für inzwischen alle Einrichtungen geworden.

Sie müssen sich vorstellen, dass wir in diesen fünf Jahren 23.000 Fachkräfte auf der Grundlage des Bildungs- und Erziehungsplans fortgebildet haben. Das ist ein Fortschritt für unsere Kinder, die in den Genuss von fortgebildeten Erzieherinnen und Erziehern, aber auch von den Tandems mit den Grundschulen kommen. Das kann sich sehen lassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

An der Stelle will ich zu der Fragestellung noch einmal sehr deutlich Position beziehen, weil ich dabei war, als es um die Verankerung eines speziellen Gedankens in den Koalitionsvereinbarungen gegangen ist. Ob er Kinderschule oder qualifizierte Schulvorbereitung heißt, das ist egal. Bei den Koalitionsfraktionen stand im Vordergrund die Fragestellung: Wie können wir Kindern am besten helfen, den Übergang von der Kindertagesstätten in die Schule zu schaffen, und zwar aufbauend auf dem BEP, den wir in der Zwischenzeit gehabt haben? – Diese Frage hat uns beschäftigt.

Uns hat auch die Frage beschäftigt: Wie schaffen wir es, dem einen Viertel der Kinder, die aus prekären sozialen Verhältnissen kommen, eine bessere Chance für einen Schulstart zu geben? Das Kind und das Kindeswohl standen an dieser Stelle im Vordergrund. Da haben wir natürlich auch um den besten Weg gerungen. Wir haben gesagt: Wir brauchen uns mit den Maßnahmen, die wir bereits ergriffen haben, nicht zu verstecken – sei es der Bildungsund Erziehungsplan, sei es KiSS, seien es Sprachstandserhebungen, sei es die Sprachförderung.

Jetzt kommt zusätzlich noch etwas darauf. Herr Merz, es ist in der Tat ein neues Modell, das kommen wird. Es ist eben nicht so, dass es Standard ist, sondern es sind neue innovative Wege, die insbesondere die letzten beiden Kindergartenjahre in Anspruch nehmen, nämlich die Vier- bis Sechsjährigen.

In der Frage der Kinderbetreuung ist es konstitutiv für hessische Politik bzw. Sozialpolitik, dass hier neue Wege gegangen werden. Wir müssen sie erproben, und wir erproben sie an 30 Modellstandorten, aber mit immerhin 1.200 Kindern pro Durchlauf, die wir dadurch erreichen. Deswegen werden später auch alle Kinder davon profitieren, wenn wir es evaluiert haben und umsetzen können.

Weil es ein neuer Antrag gewesen ist, den die SPD-Fraktion kurzfristig eingebracht hat, will ich an dieser Stelle noch einmal auf die Frage der Finanzierung und auf das zu sprechen kommen, was Sie den Kern nennen, Herr Merz. Ich habe es übrigens bedauert, dass nur so wenige Abgeordnete – ich habe am Montag nur eine gesehen – von dem Angebot Gebrauch gemacht haben, an der Auftaktveranstaltung zu qualifizierter Schulvorbereitung teilzunehmen.

(Gerhard Merz (SPD): Dann hätten Sie mal früher einladen müssen!)

Die Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses hatten auch Einladungen, insofern war das relativ einfach. Man hätte ins Biebricher Schloss kommen können.

(Gerhard Merz (SPD): Sie hätten nur rechtzeitig einladen müssen! – Günter Rudolph (SPD): Wenn Sie rufen, sollen alle hüppen!)

Was denn? Entweder gibt es eine Einladung, und man kann ihr Folge leisten, oder man muss hüppen. Nach meiner Auffassung ist das so.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD)

Herr Merz, wenn Sie das Engagement gesehen hätten, mit dem dort Einrichtungen ihre Konzeptionen dargestellt haben, hätten Sie hier heute eine andere Rede gehalten. Dann hätten Sie deutlich gemacht, dass qualifizierte Schulvorbereitung weitaus mehr ist als das, was wir mit dem BEP als Grundlage geschaffen haben.

Jetzt bin ich in einer Situation, in der ich noch ein bisschen zurückschauen kann, wie Sie auch. Ich war Sozialdezernent in einer Zeit, als der Rechtsanspruch auf den Kindergartenplatz eingeführt worden ist. Da gab es eine andersfarbige Landesregierung. Ich hätte mich als Sozialdezernent glücklich gezeichnet, hätte ich eine Landesregierung gehabt, die bei dem Ausbau der Kommunen zur Umsetzung eines Rechtsanspruches so viele Mittel in die Hand genommen hätte, wie es diese Landesregierung jetzt tut.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist einfach nur falsch! – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie bitte?)

Herr Wagner, schütteln Sie nicht den Kopf. Das weiß ich noch, deswegen sage ich das.

(Fortgesetzte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit 114 Millionen € nehmen wir als Land viel Geld in die Hand. Über das BAMBINI-KNIRPS-Programm werden im U-3-Bereich die Betriebskosten mitfinanziert. Wir haben in der Zwischenzeit eine Situation, in der wir fast alle Bundesmittel für Investitionsmaßnahmen weitergeleitet haben, 50 % der entsprechenden Landesmittel werden bedient. Wir wünschen uns, dass die Kommunen das sehr schnell machen. Es werden in diesem Haushaltsjahr nahezu 350 Millionen € für diesen Bereich verausgabt.

Auch wenn man in die Kantine gehen und Hähnchen essen will: Ich finde, das muss man immer wieder sagen. 350 Millionen € sind eine nicht unbeträchtliche Größenordnung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

An der Stelle ein letzter Satz. Was hierbei auch neu ist, ist, dass die Zusammenarbeit zwischen Kultusministerium und Sozialministerium im Hinblick auf die Vorbereitung von qualifizierter Schulvorbereitung und – ich gehe davon aus – letztendlich auch bei der Umsetzung vorbildlich ist und wir dem Ziel gerecht werden können, das sich CDU und FDP vorgenommen haben: den Kindern den bestmöglichen Start in die Schulzeit zu ermöglichen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.

Ich gehe davon aus, dass die beiden Anträge in den Sozialpolitischen Ausschuss gehen.

Dann können wir in die Mittagspause eintreten. Ich unterbreche die Sitzung für eine Stunde. Wir sehen uns wieder um 14:30 Uhr.

(Unterbrechung von 13:25 bis 14:31 Uhr)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach der wunderbaren Mittagspause bei dem noch herrlichen Wetter sind wir sicherlich alle guter Stimmung und froh gelaunt, froh gelaunt hier miteinander weiter zu diskutieren. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 42 auf, den Setzpunkt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend statt „Postengeschachere“ in der Landesregierung: Was jetzt für Hessen zu tun wäre – Drucks. 18/5591 –

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Fraktionsvorsitzende, Herr Al-Wazir. Zehn Minuten Redezeit ist vereinbart worden. Herr Al-Wazir, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist eigentlich in dieser Landesregierung los? – Der 20. April war ein erstaunlicher Tag: Wirtschaftsminister Dieter Posch hat seinen Rücktritt angekündigt – offensichtlich vorzeitig, zur Überraschung der allermeisten. Dorothea Henzler als Kultusministerin hat am selben Tag eine Pressemitteilung veröffentlicht, dass sie gerne gemeinsam mit ihrem Staatssekretär weitermachen würde.

Da war schon den meisten klar, dass auch heftig an ihrem Stuhl gesägt wurde. Die Frage, wo Bouffier ist, war an diesem Tag auch schnell beantwortet: in der Türkei, wie die gesamte CDU-Landtagsfraktion. Also tolle Terminplanung, liebe FDP. Und es traf sich sehr gut, dass am nächs ten Tag FDP-Bundesparteitag war. Dort hatte man gleich alle beisammen, um Dorothea Henzler nach allen Regeln der Kunst erfolgreich aus dem Amt zu mobben.

Natürlich hat sich der Herr Kollege Hahn dann hingestellt und mit treuherzigem Augenaufschlag versichert, dass die FDP den bald Exministern Posch und Henzler für ihre total erfolgreiche Arbeit, die natürlich in der Sache genauso fortgesetzt würde, ausdrücklich dankt.

Die spannende Frage, warum dann bei dieser tollen Arbeit die beiden eigentlich gehen müssen, hat gebetsmühlenhaft

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

der Parteivorsitzende Hahn mit dem Wort „Generationenwechsel“ erklärt, Herr Kollege Rentsch. Herr Hahn, wissen Sie, wenn Dieter Posch und Dorothea Henzler normale Arbeitnehmer wären, würden sie jeden Prozess wegen Altersdiskriminierung gewinnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))