Lassen Sie mich ein Zweites sagen. Herr Staatsminister Schäfer hat vorgetragen, dass die Sparkassen in unserem Land sehr daran interessiert seien, in diesen Bereich einen Teil ihres Kapitals und ihrer Erfahrung mit einzubringen. Wenn ich Ihre Kommentare manchmal so höre, dann könnte man den Eindruck gewinnen, als seien die Sparkassen in Hessen kommunale Heuschrecken und nicht geeignet, in diesem Thema auch nur ansatzweise ihren ordentlichen Beitrag zu leisten. Es ist geradezu aberwitzig, wie Sie es sich in Ihrer Argumentation so hinbiegen, wie Sie es eigentlich haben wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Schauen wir jetzt einmal auf den Wohnungsbestand der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt. Ich habe mir das einmal besorgt:
Wir haben in der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt drei Standorte mit über 5.000 Wohnungen. Wir haben acht Standorte mit über 1.000 bis 3.000 Wohnungen. Wir haben sechs Standorte mit über 500 Wohnungen. Wir haben 130 Standorte unter 500 Wohnungen – das sind 130 Standorte von 148 Standorten. Das heißt also, wir haben nur 18 Standorte, die – auch wirtschaftlich – wahnsinnig interessant zu betreuen sind.
Schauen Sie mal hinein: Wir haben etwa in Lich 24 Wohneinheiten. Wir haben in Alsbach-Hähnlein fünf Wohneinheiten. Wir haben in Wohlsborn zwei Wohneinheiten. Wir haben in Naumburg 23 Wohneinheiten. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Siebel, lassen Sie uns doch einmal darüber reden, wie wir beispielsweise diese Wohneinheiten an die interessierten örtlichen Wohnbaugenossenschaften und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften übergeben, damit sie auch wirtschaftlich sind.
Dann haben wir doch einen vernünftigen Beitrag dazu geleistet, dass auf der einen Seite die Nassauische Heimstätte kostenmäßig entlastet wird und auf der anderen Seite unter Umständen kommunale und auch genossenschaftlich organisierte Wohnbaugesellschaften vor Ort einen zusätzlichen Optimierungsgrad erreichen können; das muss doch unser Ziel sein.
Hören Sie doch einmal zu. – Es kann doch nicht das Ziel sein, zu sagen: Wir haben 61.000 Wohnungen, und diese 61.000 Wohnungen müssen so bleiben, und daran darf sich nichts ändern.
Aus meinem persönlichen Bereich sage ich Ihnen: Wir haben in Dillenburg 197 Wohnungen der Nassauischen Heimstätte. In Wetzlar haben wir 127. Wenn Sie nach Dillenburg oder Wetzlar fahren und die eben genannten Wohneinheiten der Nassauischen Heimstätte mit den Dillenburger und Wetzlarer öffentlichen Wohnbaugesellschaften und genossenschaftlich organisierten Wohnbaugesellschaften vergleichen, dann müssen Sie feststellen: Der Zustand der nassauischen Wohnungen ist der schlechteste überhaupt. Die Leute würden sich danach sehnen, dass die beiden Wetzlarer Wohnbaugesellschaften oder die Dillenburger Wohnbaugenossenschaft diese 126 Wohnungen übernehmen und sie auf den gleichen Stand oder einen vergleichbaren modernen Stand bringen würden, wie die anderen ihn haben.
Was Sie bei diesen Wohnungen sehen, ist ein Wust an Satellitenschüsseln, an teilweise innerer und äußerer Verkommenheit.
Ich sage Ihnen, es wäre besser, wir würden Synergien schaffen, wir würden eine Zusammenarbeit mit öffentlichen und genossenschaftlich organisierten Wohnungsbaugesellschaften hinbekommen, als hier eine unnütze Diskussion zu führen, die in die Irre führt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die FDPFraktion gilt, dass wir nach einem starken Partner für die Nassauische Heimstätte suchen,
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er sagt jetzt wieder: „ein“ starker Partner! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Glockenzeichen des Präsidenten)
der hilft, den Investitionsstau aufzulösen und Synergien zu heben. Wer wie ich im Beirat der Nassauischen Heimstätte ist und sich die Zahlen vor Augen führt, weiß, dass 30 Jahre nötig wären, um den Wohnungsbestand der Nassauischen Heimstätte komplett zu sanieren. Das ist das, was die Nassauische Heimstätte im Moment investieren kann. 30 Jahre bräuchte sie, um bei der letzten Wohnung angekommen zu sein.
Meine Damen und Herren, wenn Sie der Nassauischen Heimstätte keinen starken Partner an die Seite stellen, der das auflöst, dann fangen Sie in 30 Jahren bei der ersten Wohnung wieder an. Sie werden den notwendigen Investitionen nicht gerecht.
Für uns als FDP-Fraktion ist klar, dass wir keine Zerschlagung des Konzerns wollen. Wir wollen, dass die Nassauische Heimstätte in Gänze erhalten bleibt.
Wir wollen mit den Erlösen die Zukunft gestalten. Wir wollen mit den Erlösen aus der Nassauischen Heimstätte in Bildung investieren, den kommunalen Schutzschirm ausstatten. Das sind alles Ziele, die Sie nicht in Abrede stellen wollen, meine Damen und Herren.
Sie machen mittlerweile, politisch motiviert, sämtliche Wege zu, ob das ein starker Partner wie die GWH oder die Frankfurter Wohnungsbaugesellschaft ist. Sie führen auch die Sparkassen in eine Sackgasse, sodass diese Wege zu sind. Sie versündigen sich an den Mieterinnen und Mietern, weil Sie ihnen zumuten, dass am Ende Ihrer Politik Mieterhöhungen stehen werden, weil sie dann unausweichlich werden.
Zum Schluss noch etwas, was mich sehr geärgert hat. Ich habe jetzt die Gelegenheit, darauf einzugehen. Lieber Kollege Kai Klose, ausgerechnet Sie haben hier als Vorwurf den Begriff Leichtmatrose in den Mund genommen. – Sie sollten sich dafür entschuldigen, sich davon distanzieren.
Auf jeden Fall sollten gerade aus Ihrem Munde solche Dinge nicht genannt werden, weil Sie genau wissen, welchen Hintergrund dieser Begriff des Leichtmatrosen in der Politik hat. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Al-Wazir hat mit Recht eingefordert, vom Finanzminister Antworten zu erhalten zur Situation bzw. zum Fortbestand der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt. Nun ist die gesamte Diskussion weiter und breiter
geworden; denn sie geht generell um das Thema Wohnungsbaupolitik und darum, wie das Land in diesem Feld tätig wird.
Hier muss ich leider gestehen, dass der Herr Finanzminister natürlich nicht der richtige und geeignete Ansprechpartner ist, weil es gar nicht in seinem Zuständigkeitsbereich liegt. Das Thema Wohnungspolitik liegt zweifelsohne im Zuständigkeitsbereich des Wirtschafts- und Verkehrsministers. Der ist nicht da bzw. im Abgang begriffen und kann und will dazu offensichtlich nichts sagen. Auch das muss man an dieser Stelle zumindest zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das drückt natürlich aus, welchen Stellenwert Wohnungspolitik und insbesondere der soziale Wohnungsbau für Sie haben.
Herr Lenders, ich will mich direkt an Sie wenden; denn wie Sie argumentieren, erinnert mich das sehr an meine frühen Jahre in der kommunalen Wohnungsvermittlungsstelle des Amts für Wohnungswesen in Frankfurt, wo ständig genau mit den gleichen Argumenten, wie Sie sie hier gebracht haben, der Haus- und Grundbesitzerverband dagegen argumentiert hat, überhaupt eine kommunale Wohnungsvermittlung auf- und auszubauen.
Ihre Position ist und bleibt, dass sozialer Wohnungsbau nicht notwendig ist und dass der Markt das letztlich regeln werde. So habe ich das verstanden.
Dieser Auffassung sind wir ganz und gar nicht, Herr Lenders. Wir brauchen eine verstärkte Investition in den sozialen Wohnungsbau. Da reichen auch 60 Millionen € Investitionsmittel des Landes Hessen pro Jahr nicht aus, um zumindest den Bestand an sozialen Wohnungen, den wir derzeit haben, zu erhalten, geschweige denn, auszubauen.
Wenn Herr Minister Schäfer als Finanzminister mit Recht darauf verweist, dass es bei der Nassauischen Heimstätte – ich habe genau hingehört – einen Investitionsstau gebe und dieser Investitionsstau nur aufgelöst werden könne, indem man die gesamte Gesellschaft verkaufe, dann erinnert mich das sehr an die Leuchtturmprojekte dieser Regierung. Ich habe es vorhin schon gesagt: Die gleiche Argumentation hatten wir bei den Universitätskliniken Gießen und Marburg: Investitionsstau, der aufgelöst werden musste, und den Schaden haben wir, haben die Bewohnerinnen und Bewohner der Region und letztlich die Beschäftigten.
Bei der Nassauischen Heimstätte wird das mitnichten anders werden, wenn Sie diese Politik so weiterbetreiben. Es ist genau die gleiche Argumentation.
(Beifall bei der LINKEN – Clemens Reif (CDU): Wenn Sie so weiterschreien, platzt Ihnen noch eine Ader!)
Vielen Dank für Ihre Fürsorge, Herr Reif. – Zu Ihnen wollte ich auch noch kommen. Sie hatten davon gesprochen, dass es in 130 der 148 Gemeinden weniger als 500 Wohnungen gebe. Gleichzeitig haben Sie eine Zusammenarbeit und entsprechende Synergien eingefordert. Aber warum haben Sie das die ganzen Jahre nicht gemacht?
Die Frage muss doch berechtigt sein. Dann tun Sie es doch bitte. Niemand hat etwas dagegen, dass es eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften gibt, die zu Synergieeffekten führt.
Aber unser Credo ist: Die Zerschlagung, wie auch immer, der Nassauischen Heimstätte, die Aufteilung in Teile, das Herauslösen der großen Brocken in einzelnen Großstädten, sei es bei der ABG, sei es in Wiesbaden, in Darmstadt, in Kassel, wo auch immer, führt letztlich dazu, dass Sie ein Instrument einer landesweiten sozialen Wohnungspolitik aufgeben werden und offensichtlich auch aufgeben wollen, weil – das war die Aussage – sozialer Wohnungsbau nach dem Verständnis dieser Landesregierung nicht zu den Kernaufgaben gehört. – Das kritisieren wir auf das Schärfste.