Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Hofmann zu Wort gemeldet. Ich gehe davon aus, dass der Minister der Justiz, für Integration und Europa ebenfalls kommt.– Dort ist er. Frau Hofmann, Sie haben das Wort.
(Günter Rudolph (SPD): Ja, das wäre für die Diskussion hilfreich, wenn er kommt! – Gegenruf des Abg. Peter Beuth (CDU): Ich finde, ihr müsstet euch zurückhalten! Der Kollege Schäfer-Gümbel wurde nach seiner Rede überhaupt nicht mehr gesehen! Eine Ungezogenheit ohnegleichen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man dem Justizhaushalt – dem Einzelplan 05 – für das Jahr 2009 eine Überschrift geben müsste, würde Folgendes ganz gut passen: Es gibt viel Schatten und ein wenig Licht. – Trotz dieser vielleicht etwas ernüchternden Überschrift wissen wir alle, eine bürgernahe, leistungsfähige und unabhängige Justiz ist ein konstitutives Element unseres Rechtsstaats und für die Herstellung und den Erhalt des Rechtsfriedens in unserem Land unverzichtbar.
Dazu gehört nicht nur eine sächlich gut ausgestattete Justiz, sondern auch eine Justiz, die genügend Personal hat. Insbesondere bei der Internet- und Wirtschaftskriminalität steht die Justiz angesichts der Masse von Verfahren, aber auch der Komplexität der Verfahren vor neuen Herausforderungen.
Deshalb hat die SPD-Landtagsfraktion bereits im Jahr 2007 neben einer generellen Personalverstärkung in der Justiz vorgeschlagen, vier Wirtschaftsstaatsanwaltschaften einzurichten,die mit einem entsprechenden Unterbau
und einer Verzahnung mit den polizeilichen Ermittlungsgruppen aktiv werden können. Sie hat sich dafür ausgesprochen, dass man in diesem Bereich, in der Wirtschaftskriminalität, neue Akzente setzt und das auch durch die Verstärkung des Personals darstellt.
Nicht zuletzt ist es so, dass wir durch die Wirtschaftskriminalität jährlich bundesweit einen Schaden von über 4 Milliarden c zu verzeichnen haben. Wir haben bereits im Jahr 2007 gesagt, hier müsse man etwas tun, hier müsse der Staat aktiver werden. Das vollziehen Sie jetzt teilweise nach.
Auch im Zusammenhang mit der Jugendkriminalität haben Sie etwas gemacht. Ich möchte daran erinnern, dass Ministerpräsident Koch dieses Thema im vorletzten Wahlkampf populistisch und effekthascherisch genutzt und an einem schrecklichen Einzelfall medial hochgezogen hat. Schlecht ist nur, dass Sie in diesem Bereich bis zum heutigen Tag Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.
Nach den letzten repräsentativen Erhebungen in den Bundesländern ist Hessen nämlich bei den Jugendgerichtsverfahren immer noch das Schlusslicht unter allen Flächenländern. So liegt Hessen bei der Erledigung von Jugendgerichtsverfahren vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts mit einer Erledigungsdauer von neun Monaten auf Platz 16 in der Rangfolge der Bundesländer.
Bei den amtsgerichtlichen Verfahren vor dem Jugendrichter liegt Hessen auf Platz 15, bei den Verfahren vor dem Jugendschöffengericht auf Platz 14. Das ist beschämend.
Jetzt haben Sie sozusagen etwas reagiert. Zu dem „etwas“ gehört, dass Sie endlich auch in Hessen die Häuser des Jugendrechts – in Frankfurt am Main und in Wiesbaden – implementieren wollen. Die Häuser des Jugendrechts leisten einen entscheidenden Beitrag zur Vernetzung aller an Jugendstrafverfahren Beteiligten. Dadurch tragen sie dazu bei, dass Jugendstrafverfahren zügiger und effektiver abgearbeitet werden können.
Aber, meine Damen und Herren, auch bei den Häusern des Jugendrechts mussten Sie zum Jagen getragen werden. Wir, die SPD, haben bereits im Jahr 2006 einen entsprechenden Antrag in diesem Haus eingebracht. So lange hat er leider hier gelegen.
Wir haben auch bereits im Jahr 2007 einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Jugendkriminalität vorgelegt, ein Bündel von Maßnahmen und Vorschlägen, wie man die Jugendkriminalität tatsächlich effektiv bekämpfen und die Rückfallquoten bei jugendlichen Straftätern senken kann.
Negativ ist auch anzumerken, dass es sich bei den Stellenmehrungen, die Sie jetzt in einzelnen Bereichen zum Teil vornehmen, gar nicht um neue, originäre Stellen handelt, sondern dass das Verschiebebahnhöfe zulasten zukünftiger Juristengenerationen sind. Sie gehen nämlich zulasten der Rechtsreferendare.Hier werden 47 Stellen gestrichen, um in anderen Bereichen etwas finanzieren zu können. Das ist der falsche Weg, der falsche Ansatz.
Lassen Sie mich einen weiteren Bereich aufgreifen, der leider oft nicht so sehr im Fokus der öffentlichen Wahr
nehmung steht, nämlich die Bewährungshilfe und die Gerichtshilfe. Es ist nicht nur so, dass die Landesregierung die Zahl der Stellen bei der Gerichtshilfe im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ um ein Drittel gekürzt hat, nein, jetzt will sie ihr praktisch ganz den Garaus machen. Jetzt wird die Katze richtig aus dem Sack gelassen. In Frankfurt hat man sich im Rahmen eines Modellversuchs erst einmal angeschaut, wie man das machen kann, und jetzt, mit diesem Haushalt, soll der Kernbereich der Zuständigkeit der Gerichtshilfe, nämlich die Vermittlung gemeinnütziger Arbeit, auf freie Träger übertragen werden.
Wir erwarten von Ihnen eine Antwort darauf, wie Sie die Zukunft der Gerichtshilfe und der Bewährungshilfe überhaupt sehen. Sie haben vor einigen Jahren mit vollmundigen Worten eine Kommission ins Leben gerufen. Sie hat sogar einen Abschlussbericht verfasst. Es fragt sich jetzt nur, wie die Zukunft der Gerichtshilfe zu sehen ist. Ich muss sagen, auch die Bewährungshilfe muss hier Federn lassen. Sie hat immerhin eine Belastungsquote von über 160 %.
Um noch einmal auf diesen Bereich zu sprechen zu kommen: Aus unserer Sicht leistet die Gerichtshilfe eine hervorragende Arbeit. Gerade was gemeinnützige Tätigkeiten und die Vermittlung von gemeinnütziger Arbeit betrifft, leisten ihre Mitarbeiter mit großem Engagement eine hervorragende Arbeit. Deswegen ist es nicht einzusehen, warum gerade dieser Teil ihrer Zuständigkeit auf freie Träger übertragen werden soll.
Lassen Sie mich zum Justizvollzug kommen. Im Erwachsenenvollzug – das haben wir leider schon erwartet – bleibt die dringend erforderliche personelle Verstärkung im allgemeinen Vollzugsdienst nach wie vor aus. Für den Jugendstrafvollzug – klar, da muss man jetzt etwas machen, nachdem man ein eigenes Gesetz verabschiedet hat – werden im Stellenplan, entgegen der kursorischen Lesung, nur 12,5 neue Stellen ausgewiesen. In der kursorischen Lesung war noch von 21 zusätzlichen Stellen der Besoldungsgruppe A 11 die Rede. Mitnichten ist das so.
Im Übrigen ist auch in diesem Bereich Fehlanzeige angesagt. Wir hatten das befürchtet und hatten das schon in Presseerklärungen angekündigt gehabt. Unsere Befürchtung bestand darin, dass in dem Entwurf dieses Haushalts nach wie vor keine Mittel für die Einrichtung des Jugendstrafvollzugs in freien Formen vorgesehen ist. Eine solche Einrichtung wäre auch in Hessen dringend erforderlich. Sie kennen viele Einrichtungen dieser Art. Es gibt sie z. B. in Baden-Württemberg oder in der Schweiz.
Ich komme gleich zum Ende meiner Rede. – Sie können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die hohe Rückfallquote bei den jugendlichen Straftätern, die bei über 70 % liegt, gesenkt werden kann.Wir brauchen eine solche Einrichtung auch in Hessen, um neue Wege erproben zu können,um neue Wege zu gehen,damit wir auch in Hessen diese hohe Rückfallquote endlich absenken können.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. Zusammenfassend kann ich sagen,dass es bei diesem Haushalt zumindest beruhigend ist, dass er nur eine kurze Halbwertszeit haben wird.Wie Sie wissen, werden wir in nur wenigen Monaten über den Entwurf des neuen Haushalts beraten. – Vielen Dank.
Frau Kollegin Hofmann, vielen Dank. – Für die CDUFraktion erhält nun Herr Honka das Wort.Auch hier sind siebeneinhalb Minuten Redezeit vereinbart.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Hofmann, vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie den Entwurf für den Haushalt des Jahres 2010 auch noch haben. Dann werden Sie den Weg erkennen, den wir mit dem Haushalt für das Jahr 2009 in der schwarz-gelben Koalition in den kommenden fünf Jahren beschreiten werden. Dann werden Sie nicht nur den ersten Schritt sehen, der nur bis zum Ende des Jahres dauert, sondern dann werden Sie das auch für das nächste Jahr sehen. Dann schauen wir einmal, ob Ihnen vielleicht angesichts des Schattens, von dem Sie vorhin gesprochen haben, ein wenig mehr Licht aufgehen mag.
Da die Redezeit begrenzt ist, will ich nur einige Stichworte nennen. Ich denke, es ist in den vergangenen Debatten schon vieles gesagt worden, auch schon am Anfang während der Grundsatzaussprache.
Ich will zunächst einmal mit dem Thema Justiz beginnen. Das ist eben ein bisschen untergegangen: Wir haben in diesem Einzelplan inzwischen auch Integration und Europa ressortierend. Es mag so sein, dass man in der SPD auf diese beiden Bereiche nicht sonderlich viel Wert legt. Das kann man nach dieser Rede zumindest feststellen.
Zur Justizpolitik. Sie haben zu Recht vom Jugendstrafvollzug gesprochen. Sie haben dabei von den Stellen gesprochen, die wir in diesem Jahr schaffen wollen. Sie sagen, das seien zu wenige. Ich sage Ihnen:Wir befinden uns damit genau in dem Plan,den wir aufgestellt haben,als wir das Jugendstrafvollzugsgesetz verabschiedet haben.
(Günter Rudolph (SPD): Der muss nicht richtig sein! – Marius Weiß (SPD): Planwirtschaft ist immer gefährlich!)
Lassen Sie sich von Ihren Kollegen links von Ihnen einmal die Planwirtschaft erklären.Vielleicht funktioniert es dann bei Ihnen besser. Das ist mir aber egal.
Wir halten diesen Plan für richtig. Die Mehrheit dieses Hauses hat dieses Gesetz verabschiedet. Sie hat diesen Plan für richtig gehalten. Ich denke, wir sind da auf dem richtigen Weg. Der Plan ist so, wie er dort aufgestellt wurde, richtig.
Ich habe es zu Anfang bereits gesagt: Spätestens mit dem Entwurf des Haushaltsplans für das Jahr 2010 werden Sie
den nächsten Schritt sehen. Sie werden dann sehen, dass das weitergeführt wird, dass die nächsten Stellen geschaffen werden und dass wir damit das Ziel erreichen, das wir uns mit der Einführung des Hessischen Jugendstrafvollzuggesetzes gesetzt haben.
Wir haben bereits etwas in der Pipeline, was aber noch nicht originär in dem Entwurf dieses Haushalts steht, weil es da auch noch nicht hineingehört. Sie können das aber in unserem Koalitionsvertrag nachlesen. Das betrifft die Themen Erwachsenenstrafvollzug und das Untersuchungshaftgesetz. Nachdem das Land die Kompetenzen dafür bekommen hat, werden wir Ihnen die entsprechenden Vorlagen dafür liefern. Wir werden Ihnen zwei gute Gesetzentwürfe vorlegen. Am Ende werden wir mit Herrn Rudolph, der im Moment noch gerade darüber diskutiert, warum im Redebeitrag der SPD-Fraktion Integrationspolitik und Europapolitik keine Themen waren, sicherlich auch wieder darüber diskutieren, ob Ihnen der Plan, den wir Ihnen damit vorlegen, gefällt. Sicherlich werden Sie auch da wieder anderer Ansicht sein. Aber auch das wird mich überhaupt nicht stören.
Auch die Schwerpunktstaatsanwaltschaften wurden bereits angesprochen. Wir befinden uns dort auf dem Weg, den wir vereinbart haben. Wir wollen dabei in zwei Richtungen agieren. Auch dafür haben wir das notwendige Personal in den Entwurf des Haushalts eingestellt.
Das eine betrifft die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität. Dafür soll es eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Frankfurt geben. Zum anderen betrifft das das Thema Internetkriminalität. Dazu soll es etwas in Gießen geben.