Protokoll der Sitzung vom 06.09.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung, begrüße Sie alle sehr herzlich – bei bestem Wetter. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung habe ich mitzuteilen, dass noch eine Reihe von Punkten offen ist: 8 bis 14, 16 bis 26, 28 bis 30, 32, 34, 35, 38 bis 40, 42, 46 bis 50, 58 bis 62, 66 bis 69, 71 und 72.

Es ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Steuerabkommen ratifizieren – SPD schadet hessischen Interessen, Drucks. 18/6137, eingegangen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Wort „schadet“ muss in Anführungszeichen gesetzt werden! Können Sie das einmal klären?)

Halten wir erst einmal fest: Der Dringliche Entschließungsantrag wird Tagesordnungspunkt 73 und kann nach Tagesordnungspunkt 58 aufgerufen und abgestimmt werden.

(Günter Rudolph (SPD): „Schaden“ ist eine Bewertung!)

Meine Damen und Herren, Sie wissen: Bei den Aktuellen Stunden schadet es uns allen nicht, wenn wir das ein bisschen lockerer sehen. Im ersten Antrag meint die SPD, der Justizminister schadet, im dritten Antrag meinen CDU und FDP, die SPD schadet. – Vielleicht kann man sich im Anschluss an diese Sitzung einmal über die Schadensbegrenzung unterhalten. Jetzt lassen wir das heute einmal so und nehmen das mit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie wissen, wie das ist: Insbesondere donnerstags bitte ich Sie, mich nicht zu ärgern. Sie wissen auch, es steht noch viel vor uns.

Der Ablauf der Sitzung: Wir tagen heute bis zur Erledigung der Gesetzeslesungen bei einer Mittagspause von einer Stunde. Erst kommen die Aktuellen Stunden. Nach § 32 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung beträgt die Aussprache für jeden zulässigen Antrag auf Abhaltung einer Aktuellen Stunde fünf Minuten je Fraktion; bei gemeinsamem Aufruf verlängert sich diese Redezeit um die Hälfte.

Wir sind uns hier auch alle einig, dass wir nicht passgenau an der Geschäftsordnung entlanggehen. Dort heißt es nämlich, jeder Abgeordnete kann nur fünf Minuten sprechen. Ich glaube, wir sind uns da alle einig. Wir haben das auch schon öfter so gehandhabt. Von einem Kollegen wurde das gelegentlich angesprochen, aber das haben wir einfach zur Kenntnis genommen und abgelegt. Deshalb bleibt es so: 7,5 Minuten für alle, solange hier niemand nachdrücklich widerspricht.

Nach Tagesordnungspunkt 58 werden die Tagesordnungspunkte 25 und 73 usw. behandelt. Es wird, wie üblich, ohne Aussprache abgestimmt. Nach dem Tagesordnungspunkt 60 wird der Tagesordnungspunkt 32, ein Entschließungsantrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt. Nach der Aktuellen Stunde geht es mit Tagesordnungspunkt 30 weiter.

Es fehlen heute der Kollege Hans-Christian Mick und Frau Abg. Lisa Gnadl. – Darauf wurde schon hingewiesen:

Staatsminister Hahn ist ab 12:30 Uhr entschuldigt. – Was haben wir noch?

(Günter Rudolph (SPD): Frau Ypsilanti ist für heute auch zu entschuldigen!)

Gut, auch Frau Ypsilanti ist für heute entschuldigt. Ich bitte, das im Protokoll festzuhalten.

Will sonst noch jemand gehen? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 58 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kein Rabatt für Steuerhinterzieher – Hessens Justizminister Hahn schadet den Interessen der hessi- schen Bürgerinnen und Bürger) – Drucks. 18/6103 –

anschließend Tagesordnungspunkt 25:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend geplantes Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat ablehnen – Drucks. 18/6028 –

Tagesordnungspunkt 73:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Steuerabkommen ratifizieren – SPD schadet hessischen Interessen – Drucks. 18/6137 –

sowie Tagesordnungspunkt 59:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Minister Hahn beschützt hessische „Steu- erhinterzieher“) – Drucks. 18/6104 –

und wenn Sie wollen: alles in Anführungszeichen.

Der erste Redner ist der Kollege Rudolph, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Bitte sehr.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anführungszeichen hin oder her – dieses Thema ist viel zu ernst. Wir reden hier nicht über Falschparken, sondern über ein gesellschaftliches Problem, das wir ernsthaft angehen müssen.

(Unruhe)

Deshalb ist es egal, ob Sie das in Anführungszeichen setzen:

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wer in Deutschland meint, Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt behandeln zu müssen, der irrt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Meine Damen und Herren, das als Eingangsbemerkung. – Ich nehme den Beifall der Kolleginnen und Kollegen – nicht von der FDP, das ist mir klar, sondern von der CDU – gerne auf, aber dann müssen Sie Ihren Worten auch Taten folgen lassen.

Experten schätzen das in der Schweiz liegende unversteuerte Vermögen auf etwa 150 Milliarden € bis 180 Milliarden €. Würde man dieses Geld ordnungsgemäß – wie es von vielen Millionen Steuerzahlern erwartet und auch praktiziert wird, etwa bei Lohnsteuerzahlern – versteu

ern, dann könnte der Staat viel Geld einnehmen und beispielsweise in Bildung investieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer kann dagegen etwas haben?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sehen Sie, da wird der Beifall schon weniger.

Stattdessen wollen CDU und FDP ein Steuerabkommen mit der Schweiz ratifizieren, das nach wie vor wesentliche Konstruktionsfehler und Schlupflöcher enthält. Sie wissen: Es wird nicht zur Ratifizierung kommen, denn RotGrün hat im Bundesrat eine Mehrheit, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei jeder Landtagswahl wird ein weiteres Land rotgrün/grün-rot, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Wobei: Die GRÜNEN, Mathias Wagner, haben ja ein Bundesland; jetzt sind wir wieder dran.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Steuersatz für die Nachversteuerung bliebe nach diesem Abkommen für etwa 80 % der Steuerzahler nur bei 20 % Steuerbelastung. Die Festschreibung der Anonymität der Steuerhinterzieher und blindes Vertrauen in die Schweizer Banken wären das Ergebnis. Die Begrenzung der Möglichkeit für Nachfragen durch deutsche Steuerbehörden käme hinzu, und es gäbe viel zu lange Fristen.

Dass dieses Abkommen falsch ist, sieht man daran, dass durch den Ankauf von Steuer-CDs in den letzten Jahren viele Hunderte Millionen Euro Steuermehreinnahmen zu verzeichnen sind. Allein seit Anfang 2010 hat es laut Aussagen von Finanzminister Schäfer über 4.100 Selbstanzeigen gegeben. Die Steuermehreinnahmen 2010 und 2011 haben sich auf 419 Millionen € belaufen – eine stolze Summe, die wir für das Allgemeinwohl sehr gut gebrauchen und verwenden. Wer kann dagegen etwas haben?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Finanzminister Schäuble hat im „Deutschlandfunk“ darauf verwiesen, dass der Datenankauf rechtlich gerechtfertigt sei; daran habe sich auch die schwarz-gelbe Bundesregierung beteiligt. – Ja, recht hat Herr Schäuble.

Jetzt kommt Frau Leutheusser-Schnarrenberger.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Uiuiui!)