(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Um die Polemik einzusammeln, die Sie hier gestreut haben: Ich finde es spannend, dass bei SPD und GRÜNEN die Männer für die Frauenquote eintreten, dass es nicht die Frauen machen, und dass es in der CDU eine Frau ist, die dafür eintritt. Von daher sind wir in einer guten Gemeinschaft, Herr Al-Wazir.
Ich stehe ja hier. – Herr Al Wazir, ich möchte vorsichtig sagen: Diese Debatte gewinnen Sie nicht. Ich schaue mir gerade die GRÜNEN an. Der Großteil Ihrer Wähler bei der letzten Landtagswahl waren Frauen. Aber wenn ich
(Janine Wissler (DIE LINKE): Und bei Ihnen in der letzten Reihe! – Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)
Der Präsident sitzt hinter mir und sieht es auch. Bei den GRÜNEN, obwohl die allermeisten Wähler bei Ihnen Frauen sind, sitzen die Frauen in der zweiten Reihe, und wenn es richtige frauenpolitische Themen gibt, dann schicken Sie Herrn Al-Wazir vor. Das ist die Realität. Deuten Sie doch nicht mit Fingern auf andere Leute, sondern räumen Sie erst einmal bei sich auf.
Bei den LINKEN wird es besonders witzig, wenn man sich die Statistik der letzten Wahl anschaut. Liebe Kollegen von den LINKEN, wenn nur Frauen gewählt hätten, hätten Sie keine 5 % geschafft. Sie sind eine Partei, die eindeutig von Männern gewählt wird. Das können Sie statistisch nachvollziehen. Da nützt Ihnen auch Ihre Quote nichts.
Das sind doch Gespensterdiskussionen. Es geht um politische Inhalte, und ich glaube, die Geschlechter können die politischen Inhalte genauso unterscheiden. Sie gucken vielleicht nicht danach, ob es ihnen ein Mann oder eine Frau sagt. Sie gucken, ob es gut oder schlecht ist, ob es vernünftig ist. Daher glaube ich, wir sollten mit diesen Schuldzuweisungen und diesen Statistiken und diesem – aus meiner Sicht – Geschwätz aufhören und uns mit dem Thema beschäftigen, weil das heute noch nicht so viel passiert ist.
Ich kann nichts dafür, es ist halt so. Es ist die Realität. Die wollen Sie nicht hören. Aber die Fakten kann sich hier jeder anschauen.
Wenn ich dann immer diese Diskussion zur Quote in Aufsichtsräten, diese Elitediskussion höre: Das geht voll am Thema vorbei. Sie beschäftigen sich mit Symptomen und nicht mit der Ursache. Sie müssen an die Ursache gehen, und da sind wir nicht weit auseinander. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Thema, und da müssen Sie einmal diejenigen fragen, die heute studieren. Sie müssen fragen, ob die Frauen, die heute z. B. studieren, eine Quote toll finden.
Ich habe eine Studie vorliegen, in der 1.190 Studierende befragt wurden. Davon waren 61 % Frauen. Da gab es keine Mehrheit für die Frauenquote, sondern da war ein wichtiges Thema, dass Forderungen von Frauen an die Firmen gestellt werden, dass sie eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinbekommen. Das war die zentrale Forderung und nicht die Forderung nach der Quote.
Nur weil Sie Ihr politisches Modell, das Sie aus Ihren Parteien kennen, mit der Quote auf die Wirtschaft übertragen wollen, muss es kein Erfolgsmodell sein.
Wir lehnen es grundsätzlich ab. Das mag aus Ihrer Sicht nicht richtig sein, aber wir stehen dazu. Wir haben dazu Mehrheiten auf unseren Parteitagen. Wir diskutieren das Thema offen, und da muss sich auch keiner aufregen.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Weil er der Chef ist! – Sabine Waschke (SPD): Chefsache!)
Frau Schulz-Asche, ich glaube, Ihre Rede wäre sachlicher gewesen, sie hätte Inhalte gehabt. Da hätte ich an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch einmal geklatscht.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Warum redet bei Ihnen nicht Frau Henzler? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte einmal darauf eingehen. Sie können hier mit Zahlen hin und her agieren. Ich kann auch Zahlen nennen. Es gibt eine Studie, die Sie auf „Spiegel-online“ nachlesen können. Dort ging es um die Top-30-DAX-Konzerne, bei denen sich schon einiges getan hat. Letztes Jahr waren noch gut 10 % der Aufsichtsräte weiblich, und innerhalb von einem Jahr sind es knapp 20 % in den Top-30-Konzernen im DAX. Natürlich tut sich etwas, die Wirtschaft guckt darauf.
Aber man kann nicht einfach so wie bei dem einen oder anderen Staatsmodell, das Sie von den LINKEN kennen und vielleicht auch gut finden, einen Beschluss in einem Parlament treffen, sodass sich die Gesellschaft ändert. Das hat auch nicht funktioniert. Vielmehr muss man das leben. Das muss sich entwickeln. Dafür muss man eintreten, und das tun wir, und dafür sage ich vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel hat von diesem Pult aus gesagt, bei der Debatte ginge es um das Thema Vereinbarung von Familie und Beruf. Lieber Kollege, wenn es darum geht, dann würde ich gern
darauf antworten und feststellen, dass sich diese Landesregierung in vielen Bereichen, in denen sie gestalten und agieren kann, gerade in den letzten vier, fünf Jahren intensiv für eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt hat.
Das gilt nicht nur für die organisatorischen Fragen – ich komme gleich noch dazu –, die wir in den jeweiligen Ministerien umgesetzt haben, sondern das geht bis hin zu der Frage, ob entsprechende Kindergärten eingerichtet werden, z. B. hier beim Behörden- und Justizzentrum in Wiesbaden. Das gilt z. B. bei der Frage in der von mir zu verantwortenden Justiz, dass wir eine große Zahl von Heimarbeitsplätzen natürlich insbesondere dann durch eine gute Breitbandverkabelung organisiert machen können, und, und, und.
Wir, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP, nehmen gern das Wort ernst. Ja, es ist an der Zeit, sich weiter intensiv für eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf einzusetzen. Die Hessische Landesregierung, die CDU und die FDP in diesem Hause tun es.
Wenn es um das Thema Fachkräftemangel geht – ich habe davon am letzten Freitag im Bundesrat nichts gehört. Aber die Uminterpretation nehme ich gern an, lieber Herr Kollege. Wenn es wirklich bei dem Antrag, über den wir uns hier unterhalten, um die Beseitigung des Fachkräftemangels geht, so kann ich auch hier sagen: Die Landesregierung hat gerade durch die Vorlage des Kommissionsberichts vom Kollegen Boddenberg und dem Leiter der Arbeitsagentur Hessen, Herrn Martin, deutlich gemacht, dass wir auf die verschiedenen Möglichkeiten in dem Werkzeugkasten nicht nur hinweisen, sondern sie auch einsetzen wollen, dass wir z. B. auch viel mehr weibliche Beschäftigte bekommen und diese dann durch gute Ausbildung auch zu Fachkräften ausbilden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das machen wir bereits. Dazu brauchen wir diese Aktuelle Stunde nicht, die Sie gerade eingereicht haben.
Zum Dritten habe ich vom Kollegen Al-Wazir zur Kenntnis genommen, dass die große Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages für diesen Antrag sei, wenn die Fraktionsdisziplin aufgehoben würde. Sehr geehrter Herr Kollege Al-Wazir, Sie müssen sich einmal entscheiden, welche Mehrheit Ihnen wichtig ist. Ich kann Ihnen sagen, dass über 70 % der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes keine Quote haben wollen. Wollen Sie für die Bürger sein, oder wollen Sie für die Bürokratie irgendetwas machen? Wir wollen nichts für die Bürokratie machen.
Dann habe ich vom Kollegen Al-Wazir gehört: folgenloses Gerede. Das ist genau die Argumentationsebene vom
vergangenen Freitag im Bundesrat, so nach dem Motto: Ja, da gab es einmal eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft vom Anfang des letzten Jahrzehnts, und das haben die nicht eingehalten; deswegen muss jetzt Staat kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist richtig, dass das, was im Jahre 2002 diskutiert und als eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft abgegeben worden ist, so nicht eingehalten wurde.
Richtig ist aber auch, dass durch die Diskussion in den letzten drei, vier Jahren – diese Diskussion hat in Deutschland niemand anders als die stellvertretende Kommissionspräsidentin Viviane Reding begonnen – eine Veränderung in der Praxis ergeben hat.