Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel anführen. Das wurde bereits von dem Ministerpräsidenten angesprochen. Dabei geht es um die Frage, wie man in unserem Land Leistung fördert.
Ich will das hier einmal sagen. Unsere Gesellschaft kann nicht leben, wenn wir nicht leistungsfähige und leistungswillige Mitstreiter haben. Wir können den Schwachen in unserer Gesellschaft nicht helfen, wenn es nicht Starke gibt, denen wir nicht in den Arm fallen dürfen und die ihren Beitrag leisten, damit Schwachen eine Unterstützung des Staates zuteilwerden kann.
Ich spreche vom Internat Hansenberg. Unser Land braucht Hochqualifizierte. Wir kämpfen gegen die Abwanderung der Spitzenkräfte ins Ausland nicht nur in Hessen, sondern bundesweit. Sie wollen aber einer der anerkanntesten Bildungseinrichtungen unseres Landes das Geld streichen. Das ist pure Ideologie. Leistungseliten sind bei Rot-Grün in Hessen unerwünscht.
Herr Al-Wazir, die bürgerliche Mitte sieht anders aus. Bürgerliche Mitte bedeutet, dass Anstrengung belohnt wird, dass Leistung für das Ganze, für sich selbst und für die Schwachen in unserer Gesellschaft belohnt wird. Das haben Sie immer noch nicht verstanden.
Wem es noch nicht aufgefallen ist, der weiß es, seitdem Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seine Nebeneinkünfte offengelegt hat. Mehr als 1 Million € Honorar erhielt er für Vorträge von Banken, und noch mal 1 Million € erhielt er für Bücherlesungen.
Herr Schäfer-Gümbel, wie passt das eigentlich in Ihr linkes Weltbild hinein? – Morgens kritisieren Sie Seite an Seite für den demokratischen Sozialismus das Verhalten der Bank und prangern die hohen Managergehälter an, abends kassieren Sie von denselben Banken üppige Honorare. Das
Nehmen ist seliger denn Geben, das ist auch das Motto Ihrer Haushaltsankündigungen. Es sind ja noch keine Änderungsanträge vorhanden. Sie wollen Mehrbelastungen bei der Einkommensteuer, eine Erhöhung der Erbschaftsteuer, eine flächendeckende Erhöhung der Lkw-Maut, die Abschaffung des Betreuungsgeldes und die Einführung des Wassercents.
Ich will noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen, der die Unaufrichtigkeit der SPD in besonderer Weise verdeutlicht.
Die SPD wird nicht müde, die umfangreichen Maßnahmen und Geldmittel zur Verbesserung des Lärmschutzes am Frankfurter Flughafen klein- und schlechtzureden. Ich zitiere Ihren Fraktionskollegen Grumbach,
der kürzlich gesagt hat, das Programm der Landesregierung sei unzureichend. Herr Schäfer-Gümbel hat erst vor wenigen Wochen anlässlich des Jahrestags der Inbetriebnahme der neuen Landebahn gesagt:
Die nun angekündigten Entlastungen kommen nicht nur sehr spät, sie sind auch bei Weitem nicht umfassend genug.
Gut, Herr Schäfer-Gümbel. Dann aber frage ich Sie und auch Herrn Grumbach: Wenn das alles unzureichend und nicht umfassend genug sein soll – warum sehen Sie in Ihrem 700-Millionen-€-Zusatzpaket keinen einzigen Euro für den Lärmschutz vor? Das ist doch eine weitere Unaufrichtigkeit. Draußen machen Sie den Mund weit auf, und hier handeln Sie nicht.
Nein, Herr Schäfer-Gümbel, so geht das nicht. Sie können sich nicht morgens hinstellen und höhere Geldmittel für den Lärmschutz fordern,
dann aber, wenn Sie hier in der Haushaltsberatung Farbe bekennen müssen, nichts, aber auch gar nichts beantragen. Das halte ich für unseriös.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es! Sehr richtig! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Schauen wir uns doch einmal Ihren Frankfurter Wahlkampf an!)
Zu Ihren ungewöhnlichen Gegenfinanzierungen ist schon ausreichend viel gesagt worden. Meine Damen und Herren, das kann doch der mitdenkende Bürger in Hessen nicht glauben: dass eine Opposition sagt, 700 Millionen € obendrauf – gleichzeitig sagen Sie, wir müssen sparen; schon das passt nicht zusammen –,
und auf die Frage, wie Sie das gegenfinanzieren wollen, sagen Sie: Dafür nehmen wir Steuern vom Bund, das Entscheidende machen wir im Bund. – Meine Damen und
Herren, das ist so kurzsichtig und so kurzschlüssig, dass ich glaube, mit dieser Argumentation werden Sie keinen Erfolg haben.
Herr Schäfer-Gümbel, für eines muss ich Sie allerdings loben, und zwar für Ihre Ehrlichkeit in der Bildungspolitik. Sie sagen es ganz unverhohlen: Sie wollen den Systemwechsel im Schulwesen. Die Vokabel „Systemwechsel“ ist Ihre Vokabel. Ich habe Sie hier korrekt zitiert. Sie wollen Gymnasien und Förderschulen abschaffen.
(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unwahr! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist unseriös und unwahr!)
Sie wollen zurück zur Bildungspolitik der Siebzigerjahre. Meine Damen und Herren, Sie wollen das umsetzen, wovon die SPD seit 40 Jahren träumt: Einheitsschule, Einheitslehrer, Einheitsschüler.
Ich will Ihnen jetzt wörtliche Zitate aus Ihrem Programm vorlesen, dann werden Sie Ihren Vorwurf „unwahr“ zurücknehmen müssen.
Ich zitiere aus Ihrem Fraktionspapier vom 31. Oktober 2012. Das ist drei Wochen her, das gilt doch wahrscheinlich noch.
Durch Aufhebung der schulformbezogenen Ausbildungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im Lehrerberuf abgebaut.
Meine Damen und Herren, was heißt das denn? Das heißt doch, dass es künftig keinen Gymnasiallehrer, keinen Hauptschullehrer, keinen Realschullehrer, keinen Volksschullehrer und auch keinen Lehrer im Berufsschulwesen gibt, sondern den Einheitslehrer.
Durch Aufhebung der schulformbezogenen Ausbildungsgänge für das Lehramt werden Hierarchien im Lehrerberuf abgebaut.