Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

Ich möchte das noch einmal festhalten. Sie bestreiten also nicht das, was wir hier gesagt haben: dass das so sein wird.

(Günter Rudolph (SPD): Das können wir im Protokoll noch einmal nachlesen!)

Wie soll denn der stellvertretende Präsident des Rechnungshofs seine Arbeit wahrnehmen, wenn er in mehr als der Hälfte der Fälle, um die sich der Rechnungshof kümmert, befangen ist, Herr Kollege Blechschmidt? Wie soll das gehen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Was soll Herr Noll denn da machen? Welchen Sinn soll es denn ergeben, wenn dort jemand mit einer B-7-Besoldung sitzt und in der Hälfte der Fälle sagen muss: „Ich kann nicht tätig werden“? – Was ist das dann für ein Rechnungshof? Wie stark schwächt es diesen Rechnungshof, wenn sein Vizepräsident in mehr als der Hälfte der Fälle nicht tätig wird? Herr Kollege Blechschmidt, wenn Sie das ernst nehmen, was Sie hier gesagt haben – daran habe ich keine Zweifel –, dass Herr Noll sich in der Mehrzahl der Fälle, mit denen sich der Rechnungshof beschäftigt, befangen ist, dann müssen Sie diesen Personalvorschlag zurücknehmen – bitte noch heute Abend.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es liegen zum Einzelplan 11 keine weiteren Wortmeldungen vor. – Herr Kollege Blechschmidt, Sie haben noch 1 Minute und 20 Sekunden. Bitte schön.

Herr Wagner, ich sehe mir gern das Protokoll an. Wichtig ist, ich habe Ihnen zugehört. Einmal soll ich gesagt haben „wesentliche Mehrzahl“, dann „Mehrzahl“. Wichtig ist: Die Selbstbefangenheit des § 12 Abs. 1 und 2 ist eine Einschätzung, die im Einzelfall vollzogen werden muss. Wenn ein Mitglied in einem Einzelfall befangen ist, der immer einzelfallbezogen betrachtet wird, haben wir ein Kollegialorgan, das nach wie vor nach den Vertretungsregelungen und nach der Gremienbesetzung voll handlungsfähig ist.

(Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!)

Das ist eine Einzelfallbezogenheit, keine Mehrzahl der Fälle und schon gar nicht eine wesentliche Mehrzahl der Fälle – das habe ich nicht gesagt–, sondern das muss dann im Einzelfall entschieden werden.

(Beifall bei der FDP – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir haben keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

Ich rufe auf:

Einzelplan 15 – Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst –

Dazu folgende Mitteilung zu den Fraktionsredezeiten inklusive der Zurechnungen durch Überschreitungen durch die Regierung. CDU: nichts mehr. SPD: 7 Minuten. FDP: 34 Sekunden.

(Heiterkeit)

Dann haben wir die GRÜNEN mit 8 Minuten und 29 Sekunden. Die LINKE mit 18 Minuten und 16 Sekunden.

(Zurufe: Oho!)

Meine Damen und Herren, die Redezeiten für die Oppositionsfraktionen können noch wachsen, wenn die Frau Ministerin – sollte sie sich zu Wort melden – richtig überzieht. Dann können wir noch bis Mitternacht aushalten.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abg. Grumbach für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wenn ich über den Einzelplan 15 und das Ressort Wissenschaft und Kunst reden soll, so muss ich gestehen, dass ich hin- und hergerissen bin. Wir haben es heute schon gehört: Der Landtagswahlkampf beginnt. Als Wahlkämpfer habe ich zu dem Plan und zur Ministerin sehr klare Positionen. Erstens: Machen Sie bitte noch ein Jahr weiter – etwas Besseres können Sie für die SPD nicht tun.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Machen Sie bitte noch ein Jahr weiter. Seien Sie weiter überrascht, wenn die Studierendenzahlen steigen, obwohl Ihnen das hier im Plenum in drei Haushaltsrunden vorausgesagt worden ist. Erklären Sie weiter, dass die Studierendenzahlen zwar steigen, die Hochschulmittel aber nicht entsprechend mitwachsen. Machen Sie weiter so. Lesen Sie weiter in Kulturveranstaltungen Reden vor, in denen die schmückenden Beiworte stärker als der Inhalt ausfallen. Tun Sie weiter so desinteressiert, wenn es um die Kulturpolitik in Hessen geht. Machen Sie bitte weiter so, denn als Frankfurter kann ich sagen: Sie sind der Johnny Klinke der Hessischen Landesregierung und die beste Wahlkämpferin für die SPD.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Nur bin ich leider nicht nur Wahlkämpfer, sondern habe als Abgeordneter dieses Landtags noch immer die Grundidee, dass das etwas ist, bei dem wir gemeinsam schauen müssen, wie es weitergeht. Da kann man relativ schnell sagen: Das, was Sie tun, haben die hessischen Studierenden nicht verdient; das ist ganz einfach.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Ich mache die Rede kürzer als sieben Minuten. Ganz simple Zahlen: 42 % Steigerung der Studierendenzahl in den letzten fünf Jahren, ohne dass das Geld gleichzeitig mitgeht. Sie haben ja 400 Millionen € draufgelegt, das bestreitet überhaupt niemand. Nur geben Sie heute 600 € weniger pro Studierenden aus als noch zu Beginn der Regierung Koch. Das heißt, dass wir in einer Situation sind, in der Sie dem, was Sie tun müssen, nicht nachkommen.

Ihr Status im Bundesvergleich verändert sich nur unwesentlich, weil die anderen Länder das Gleiche gemacht haben: Alle haben den steigenden Studierendenzahlen Geld nachgegeben. Nur ist es in Hessen das, was wir alle gewollt haben. Ich könnte jetzt zehn Anträge aus dem Hessischen Landtag der letzten 15 Jahre zitieren, in denen alle Fraktionen immer wieder gesagt haben: Wir brauchen mehr Studierende. – Dann muss man das aber auch finanziell unterlegen; das ist der Kernpunkt Ihres Versagens und des Versagens dieses Haushalts. Deswegen werden Sie auch in der dritten Lesung erleben, dass wir an genau dem Punkt noch einmal Haushaltsanträge stellen. Selbst unter den heutigen Haushaltsbedingungen ist es nicht verantwortbar: Wer an den Studierenden spart, spart an der Zu

kunft Hessens, und an der Stelle sind Sie auf dem falschen Weg.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit auch das im Protokoll steht und Sie nicht wieder überrascht werden: Der richtige Anstieg kommt noch. NRW läuft nämlich erst nächstes Jahr mit den großen Zahlen der G-8-Jahrgänge heraus. Nächstes Jahr kommt das größte Bundesland mit seiner ersten Runde an G-8-Abgängern in die Studienlandschaft. Seien Sie bitte darauf vorbereitet, dass wir in diesem Doppelhaushalt für den Hochschulbereich noch einen Nachtrag brauchen werden, wenn Sie dem nicht nachgeben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das wird für den ganzen Haushalt so sein!)

Ich sage es Ihnen so, damit Sie nicht sagen können, Sie seien nicht vorbereitet gewesen.

Ich finde das sehr spannend. Wir haben hier sehr kluge Wissenschaftsministerinnen und -minister gehabt: Evelies Mayer, Ruth Wagner, Udo Corts – damit das Spektrum fraktionsübergreifend ist –, die über Autonomie der Hochschule geredet haben. Sie haben gesagt: Wir brauchen die Anstöße aus den Hochschulen, damit wir sie weiterentwickeln können. – Sie tun das auch, aber Sie reden nicht mit den Hochschulen, sondern Sie reden über Autonomie als Ausrede für das, was Sie nicht tun. Genau das ist der Punkt, bei dem wir sagen, dass Sie dazulernen müssen. Aber das werden Sie nicht mehr tun, insofern: Bleiben Sie im Amt.

Nächster Punkt – und da wird es noch spannender –: Zur Hochschule gehört nicht nur die Frage der Finanzierung des Studiums. Wir haben an jedem Semesteranfang nicht nur die Situation überfüllter Hörsäle, sondern auch überfüllter Studierendenwohnheime. Und wir haben ein neues Modell junger Frauen, die sich heute entscheiden, ihre Kinder im Studium zu bekommen. Wer mit den Studierendenwerken redet – wir haben das mit allen getan –, wird feststellen, dass es dort Bedarf gibt. Sie werden von uns erwarten können, dass wir uns auch um diesen Teil kümmern; denn studieren können allein, ohne die benötigten Rahmenbedingungen – was Wohnen und für bestimmte Menschen auch die Kinderbetreuung angeht –, wird nicht ausreichen. Insofern wird das der dritte Punkt sein.

Der letzte Punkt – über die W-Besoldung werden wir in der nächsten Sitzung reden –: Sitzfleisch-Prämie als Leistung, das ist für eine moderne Verwaltungspartei eine spannende Variante. Da müssen Sie sehen, wie Sie damit zurechtkommen. Aber die spannende Frage, wie Sie mit Ihren zwei Problemen umgehen, sollten Sie in Ihrem Haushalt auch beantworten:

Erstens. Bei der European Business School wissen wir nicht, wo das Geld hinfließt. Wir hören immer neue Meldungen und warten im Ausschuss schon ein Weilchen auf den Bericht des Rechnungshofs. Es wäre doch schön, wenn Sie dazu etwas sagen könnten.

Zweitens haben wir eine Investitionsverweigerung bei einem Projekt, das Ihr Leuchtturm war, nämlich die Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen-Marburg. Sie haben nichts zu der Zukunft gesagt. All das spricht dafür, dass Sie Ihren Job nicht im Griff haben; es tut mir leid.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abg. May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Trotz vorgerückter Stunde möchte ich mich noch etwas intensiver mit der Situation an hessischen Hochschulen auseinandersetzen. Wer jetzt über mangelnde Konzentrationsfähigkeit klagt, kann vielleicht ein bisschen mit den Studierenden mitfühlen, die um diese Zeit noch im Hörsaal und im Seminar sitzen, weil tagsüber keine Räume zur Verfügung standen, um Lehrveranstaltungen abzuhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da steht aber ein anderer Professor! – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Wir sitzen seit heute Morgen um 9 Uhr hier!)

Jetzt haben Sie mich zum Professor ehrenhalber gemacht. Es ist schade, dass Sie keine Redezeit mehr haben, um das von hier vorne für das Protokoll zu wiederholen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Ich stehe dazu!)

Insgesamt atmet auch der Einzelplan 15 den Geist einer amtsmüden und verbrauchten Landesregierung, die nichts mehr vorhat

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Immer dieselbe Leier! Sie wiederholen sich!)

und den Herausforderungen, die in diesem Bereich auf uns zukommen, nicht gerecht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erleben in diesem Wintersemester ein neues Rekordniveau bei den Studierendenzahlen, und weitere Rekordzahlen sind zu erwarten. Die Entwicklung, die jetzt stattfindet, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich über Jahre angekündigt. Sie haben der Entwicklung tatenlos zugesehen. Was noch viel schlimmer ist: Damit vergeuden Sie Potenzial des Landes Hessen.