Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz über die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer – Drucks. 18/6517 zu Drucks. 18/5540 –

mit

Tagesordnungspunkt 18:

Zweite Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über

die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer – Drucks. 18/6518 zu Drucks. 18/6228 –

Berichterstatter ist der Kollege Caspar. Bitte sehr, du hast das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beschlussempfehlung: Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

Zu dem Dringlichen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP lautet die Beschlussempfehlung: Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP bei Nichtbeteiligung der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINIKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. – Ich eröffne die Aussprache.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, ich spreche hier so laut, wie ich immer spreche. Das ist eine Frage der Übertragung. Im Übrigen steht es auch der Landesregierung nicht zu, das Präsidium zu kritisieren; das wollen wir nur mal festhalten.

(Heiterkeit und Beifall)

Der Kollege Willi van Ooyen von der LINKEN beginnt. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum nunmehr dritten Mal sprechen wir heute über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, und ich stelle fest: Alle Fraktionen dieses Hauses stimmen in der Frage überein, dass der Vorschlag der LINKEN, diese Steuer zu erhöhen, richtig ist.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Das war ja auch nicht der Vorschlag der LINKEN!)

Dafür möchte ich mich ausdrücklich auch bei der Partei der Steuersenker herzlich bedanken. Ich habe immer gehofft, dass ein gewisser Rest an Vernunft auch in Ihrer Fraktion vertreten ist und dass auch Sie wissen, dass das Land Hessen zu wenig Geld einnimmt.

Umso mehr erstaunt es mich allerdings, wie sich die Regierungsfraktionen in diesem Gesetzgebungsverfahren verhalten haben. In erster Lesung haben sie unseren Gesetzentwurf in Bausch und Bogen abgelehnt. Aber, Herr Caspar, was geht mich das Geschwätz von gestern an?

In der öffentlichen Anhörung haben Sie es dann unterlassen, auch nur einem der Anzuhörenden auch nur eine Frage zu stellen. Offensichtlich hatte der Haushaltsentwurf des Finanzministers Sie alle schon überzeugt; denn dort war der von uns vorgeschlagene Steuererhöhungssatz bereits veranschlagt.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun wäre es ein Leichtes gewesen, unserem Gesetzentwurf gemeinsam zuzustimmen und sich dazu zu verabreden. Immerhin gilt das Gesetz in Thüringen fast wortgleich, sodass rechtliche Bedenken kaum geltend gemacht werden konnten. Im Übrigen haben in Thüringen auch die Regierungsfraktionen von CDU und SPD diesem Gesetzentwurf, der von den LINKEN eingebracht wurde, zugestimmt.

So einfach scheint das aber alles nicht zu sein. In der Sitzung des Haushaltsausschusses bat man, unseren Gesetzentwurf zunächst zurückzustellen, damit die Landesregierung Zeit habe, einen eigenen Gesetzentwurf zu schreiben. Im Ernst: Die Landesregierung schafft es nicht, von Juni bis September dieses Jahres ein eigenes Gesetz vorzulegen, um den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Wie Sie im Gesetzentwurf nachsehen können, ist der Text nicht besonders lang geworden. Dabei wussten Sie spätestens seit der Vorstellung des Landeshaushalts am 4. Juli, dass der Finanzminister dies fest einplant.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ein Kommunikationsproblem!)

Daraus kann ich eigentlich nur zwei mögliche Schlüsse ziehen: Entweder hat der Finanzminister am 4. Juli damit gerechnet, dass unser Gesetzentwurf hier im Hause eine Mehrheit findet, oder das Finanzministerium hat es schlicht verschlafen, einen eigenen Entwurf einzubringen. In dieser Situation haben die Regierungsfraktionen dem Haushaltsausschuss eine denkwürdige Sitzung am 19. September beschert.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wir waren dabei, natürlich. Ich kann davon berichten, Herr Milde. – Nach einer Sitzungsunterbrechung, die Sie als Obmann dort beantragt hatten, Herr Milde, haben die Fraktionen von FDP und CDU zugestimmt – anders als Sie beim letzten Mal darf ich das jetzt machen, Herr Noll,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

da wir in der letzten Haushaltsausschusssitzung das Protokoll ausdrücklich als öffentlich gekennzeichnet haben, weshalb ich es zitieren darf – bzw. haben wir folgenden Beschluss gefasst:

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, aus dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE einen gemeinsamen Gesetzentwurf aller Fraktionen zu machen.

Ein wörtliches Zitat aus dem Protokoll.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Nichts anderes haben wir dann auch in einer Pressemitteilung erklärt, nachdem wir uns eigentlich alle einig waren.

Die Überraschung war dann allerdings der Wortbruch von CDU und FDP; denn mit dieser Verständigung war dann nichts mehr. Sie haben nicht einmal mit mir oder einem Mitglied der Fraktion gesprochen, um eventuell einen gemeinsamen Entwurf vorzubereiten. Sie sind ganz einfach in die Stahlhelmfraktion zurückgegangen und haben sich nach der Diskussion im Schützengraben wiedergefunden, und der Kalte Krieg ist wieder aufgelebt.

(Zurufe)

Herr Kollege van Ooyen, ich darf doch bitten. Wir haben hier fünf Fraktionen. Ich kenne keine „Stahlhelmfraktion“. Wir haben CDU, FDP, SPD, GRÜNE und LINKE. Ich bitte Sie, die korrekten Formulierungen vorzunehmen.

Ich bin in der militärischen Sprache nicht so bewandert, aber ich habe mir das so angehört. – Sie haben die protokollierte Absprache gebrochen, Sie haben die gemeinsam getroffene Vereinbarung gebrochen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wortbruch!)

Anschließend haben Sie einen eigenen Dringlichen Gesetzentwurf eingebracht und ihn entgegen allen Absprachen hier behandelt. Das alles ist ein außerordentliches Kasperletheater; denn in der Sache sind wir uns, wie schon gesagt, einig.

Herr Fraktionsvorsitzender, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich habe schon lange kein Argument mehr gehört, warum die Fraktionen von CDU und FDP unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Zuruf: Das Mikrofon funktioniert nicht!)

Es funktioniert wieder.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: So weit reicht der Arm des Verfassungsschutzes dann doch nicht!)

Die Hintermänner sind überall.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: In der DDR ist es be- stimmt so gewesen!)

Das kann sein, aber das habe ich auch überlebt. – Deshalb hören Sie mit den Peinlichkeiten auf, gestehen Sie Ihre Fehler ein, und stimmen unserem Gesetz zu. Dann sind wir gern bereit, über Ihr Fehlverhalten hinwegzusehen.

(Heiterkeit und Beifall)

Herr Kollege van Ooyen, ich würde Sie wirklich bitten, dass Sie zum Abschluss kommen.

Ich danke Ihnen. – Ich hoffe, dass Sie unserem Antrag zustimmen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Kollege Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.