Willi van Ooyen
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD entdeckt im Wahlkampf das Thema Steuerehrlichkeit. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass das eigentlich ein Dauerthema sein sollte, können wir dem im Kern natürlich zustimmen.
Insgesamt ist die Unterschriftenkampagne der SPD auch nichts Falsches. Das ist eine Idee der Linken aus den Siebzigerjahren.
Ich habe gerne als einer der Ersten bei der Vorstellung dieser Kampagne auf der Unterschriftenliste unterschrieben. Allerdings hat die SPD die Messlatte für ihre Politik nach der Wahl ausgesprochen hoch gelegt. Ich habe meine Zweifel, ob die SPD das, was sie vor der Wahl verspricht, nach der Wahl auch wirklich umsetzt.
Lieber Herr Kollege Schäfer-Gümbel, es ist wenig glaubwürdig, wenn eine Partei, die von 1998 bis 2009 den Finanzminister gestellt hat, nun verspricht, durch Steuerrechtsänderungen alles wiedergutzumachen, zumal der ehemalige Bundesfinanzminister als Kanzlerkandidat gekürt wurde. Eines muss man feststellen: Was die SPD vor der Wahl verspricht und was sie nach der Wahl macht, sind durchaus unterschiedliche Dinge.
Es stand schon in der ersten Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün im Bund, dass die Wiedereinführung der Vermögensteuer geprüft werden soll. Passiert ist das bis heute nicht. Man erinnert sich auch noch sehr gut an Franz Müntefering, der den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl versprach, keinesfalls die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um schließlich nach der Wahl zu verkünden, dass es unfair sei, die SPD an ihrem Wahlversprechen zu messen. Das Ergebnis war, dass die Mehrwertsteuer mit den Stimmen der SPD um 3 % erhöht wurde.
Diese rot-grüne Situation muss man natürlich noch einmal besonders hervorheben.
Der Bundesfinanzminister hieß damals übrigens Peer Steinbrück und ist heute Spitzenkandidat – Kanzler wird er ja wohl nicht werden.
Insofern war es dann auch wenig überraschend, dass dieser Peer Steinbrück sich verplappert und Steuersenkungen in Aussicht stellt, kaum ist die SPD mit ihrer Kampagne zu mehr Steuerehrlichkeit an den Tag gerückt.
Peer Steinbrück ist dann, genauso wie Herr Gabriel, schnell zurückgerudert und hat deutlich gemacht, dass es zunächst um Steuerehrlichkeit geht und dann irgendwann vielleicht auch um Steuersenkungen. Klar ist doch: Das war ein Versuchsballon der SPD. Wahlkampfstrategen haben das überlegt, um die öffentliche Meinung zu testen.
Deshalb ist die Kampagne der SPD, sosehr ich sie inhaltlich natürlich teile und für richtig halte, eben nur ein Teil der Lösung der Probleme, die wir im Steuersystem haben. Die SPD, Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat es angekündigt, will das Thema Steuerehrlichkeit im Wahlkampf ganz nach vorne stellen. Das ist zwar schön, nur nutzt es nichts, mehr Steuerehrlichkeit zu fordern, wenn man ein Steuersystem hat, in dem Vermögende keine Vermögensteuer zahlen und Konzerne, nachdem sie sich legal arm gerechnet haben, historisch niedrige Steuersätze zahlen.
Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit gehören zusammen. Es sind zwei Seiten einer Medaille.
Es ist eigentlich selbstverständlich, dass die geltenden Steuersätze eingehalten werden. Ich sehe ein, Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat darauf hingewiesen, in Hessen ist es auch selbstverständlich, dass erfolgreiche Steuerfahnder für verrückt erklärt werden. Wenn Steuerehrlichkeit keine Selbstverständlichkeit ist, da hat die SPD recht, dann muss man darüber nachdenken, wie man das ändern kann.
Danke, Herr Präsident. – Wir haben in Deutschland historisch niedrige Steuersätze auf hohe Einkommen, Konzerngewinne und große Erbschaften. Ich frage mich schon, wie weit wir eigentlich gekommen sind, wenn es die SPD schon als eine große Forderung ansieht, die Steuergesetze einfach nur konsequent durchsetzen zu wollen. Andererseits muss man in einem Land, in dem der Verkehrsminister Warnschilder für Radaranlagen aufstellen lässt, Ähnliches für den Finanzminister befürchten.
Warum die SPD im Wahlkampf Unterschriften für die konsequente Durchsetzung der bereits geltenden Steuergesetze sammelt, aber nicht für eine Vermögensteuer und einen höheren Spitzensteuersatz eintritt, das bleibt rätselhaft. Die Andeutung, dass im Saarland höhere Spitzensteu
ersätze gefordert werden als von der SPD in Hessen, halte ich natürlich nicht für eine Entschuldigung.
Ich halte die Vermögensteuer in Hessen mittlerweile für verfassungsmäßig geboten. In der Hessischen Verfassung ist die Umverteilung zwischen Arm und Reich direkt vorgesehen. Es gibt schon einen Grund dafür, warum die Liberalen die Verfassung bei ihrer Verabschiedung nicht mit beschlossen haben. Art. 38 sagt Folgendes:
… Zu diesem Zweck hat das Gesetz die Maßnahmen anzuordnen, die erforderlich sind, um die Erzeugung, Herstellung und Verteilung sinnvoll zu lenken und jedermann einen gerechten Anteil an dem wirtschaftlichen Ergebnis aller Arbeit zu sichern und ihn vor Ausbeutung zu schützen. …
Das kann nichts anderes heißen, als dass der Staat die Aufgabe hat, die Unterschiede von Vermögen und Einkommen zu begrenzen. Was das Vermögen angeht, sehen wir eine zunehmende Spaltung in dieser Gesellschaft.
Davon ist im SPD-Wahlkampf keine Rede. Sie haben Angst, die Ankündigung von Steuererhöhungen für Reiche könnte Sie Wählerstimmen kosten. Dabei ist doch völlig klar, dass wir für die Aufgaben, die der Staat zu erfüllen hat, deutlich höhere Einnahmen brauchen.
Wir haben das in unserem Antrag noch einmal sehr deutlich gemacht und nach vorne gestellt. Für uns müssen die Einnahmen des Staates an dem orientiert werden, was die Menschen an öffentlichen Leistungen benötigen. Insbesondere für die Kommunen müssen hier dringend Mittel des Landes zur Verfügung gestellt werden.
Der Staatsgerichtshof hat dankenswerterweise vorgegeben, das zu ändern, allerdings läuft die Frist bis Ende 2015. Ich denke, die Kommunen können so lange nicht warten. Wer nicht will, dass in Kassel Schwimmbäder geschlossen und landauf, landab Kitagebühren erhöht werden, der muss sich eben auch für eine ordentliche Finanzausstattung der Kommunen einsetzen.
Dafür sollte die Landesregierung die KFA-Kürzung zurücknehmen. Statt eines sogenannten Schutzschirms, der nichts anderes als ein Sozialkürzungsprogramm ist, brauchen die Kommunen eine ordentliche Finanzausstattung, und zwar sofort.
Wenn die Forderung der SPD nach mehr Steuerehrlichkeit noch etwas dazu beiträgt, unser Gemeinwesen ordentlich zu finanzieren, werden wir das unterstützen. Wir werden also dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen.
Besonders gern stimmen wir dem auch zu,
weil wir uns freuen, dass die SPD unsere Forderung, mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer einzustellen, übernommen hat. In den Haushaltsberatungen haben Sie sich bei unserem Antrag, weitere 100 Steuerfahnder und Betriebsprüfer einzustellen, noch enthalten, siehe Drucks. 18/6587.
Eines kann ich Ihnen aber auch versprechen: Ich sehe es anders als Franz Müntefering. Ich finde es keineswegs unfair, die SPD an ihren Wahlversprechen zu messen. Genau das werden wir nach dem 22. September 2013 tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Krüger: Welche Krise? Frankfurt prosperiert. Die Reichen werden reicher.
Das Elend in anderen Teilen der Welt zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, meint die FDP. Mit ihrem Setz
punkt will die FDP unter Beweis stellen, dass sie das goldene Kalb an den Füßen der Kathedralen des Kapitalismus immer noch anbieten will.
Mit dem gemeinsamen Antrag wollen CDU und FDP ihre Unterwürfigkeit unter das Diktat des Kapitals unter Beweis stellen. Sie wissen, dass Sie zwar an der Regierung sind, aber die Macht bei Kapital und Banken liegt, denen Sie sich jederzeit unterwerfen werden. Sie verstehen sich als Erfüllungsgehilfen der Politik von Banken und Konzernen. Das soll der Antrag den Herrschenden in diesem Land signalisieren.
Die traditionelle Rolle der Stadt Frankfurt als Handelsort am Fluss mit Messe, Börse und Banken hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre gewandelt. Frankfurt hat sich vom Finanzzentrum der BRD zu einem Entscheidungszentrum innerhalb der internationalen Ökonomie entwickelt. Hier wird die deutsche Ökonomie gemacht, hier werden strategische Entscheidungen der europäischen Politik konzipiert und exekutiert, auch über die Europäische Zentralbank, und damit die globale Ebene koordiniert.
Frankfurt hat sich also zu einem strategischen Ort entwickelt, von dem aus die weltweiten Kapitalkreisläufe und industriellen Produktionsprozesse koordiniert werden. Eine vom Finanzsektor beherrschte Dienstleistungsökonomie, global vernetzt durch Börse, Messe und Flughafen, bildet die Basis für die fortschreitende Verflechtung des Kapitals in den Weltmarkt.
Die Frankfurter Metropolenskyline der Bankentürme, der Messe und Hotelhochhäuser mit ihren verspiegelten Fassaden ist der Ort, der sich gegen das gemeine Publikum abschottet.
Von hier aus werden Attacken gegen die Konkurrenz geplant und organisiert. Hier finden Übernahme- und Übergabeverhandlungen statt. Zu guter Letzt hofft man, Siege über die konkurrierenden Metropolen und über die unterworfene Sozialpartnerschaft zu feiern.
Mit dem bizarren Metropolenpathos des Antrags wollen die schwarz-gelben Koalitionäre die Realität vertuschen. Auch die grünen Mitgestalter haben sich, wie der Antrag zum Teil zeigt, deutlich von ihrer Vergangenheit als 68er und fundamentale Kritiker der herrschenden Verhältnisse abgewandt.
Damals wurde das unwirtliche „Mainhattan“ noch deutlich mit „Bankfurt“ und „Krankfurt“ belegt. Auch wenn die Luftballons der Metropolitan-ambitionierten Frankfurt-Macher schon immer viel heiße Luft enthielten, soll der Mythos durch den Antrag als Nebel vor die Realität geschoben werden.
Tatsächlich weist Frankfurt die höchste Bankenkonzentration – Herr Krüger, da haben Sie ausnahmsweise recht – des europäischen Festlands auf. Mehr als die Hälfte des
deutschen Geld- und Kapitalverkehrs wird hier abgewickelt.
Der vorliegende Antrag beschäftigt sich nicht mit dem realen Frankfurt. Er übersieht Armut, prekäre Beschäftigung, Wohnungsnotstand, Gentrifizierung und Obdachlosigkeit. Die Idealisierung der Fassaden soll den Leerstand von über 2 Millionen m² im hochwertigen Bürobereich verdecken. Wir, DIE LINKE, setzen in Frankfurt unseren Schwerpunkt auf die Errichtung von Wohnräumen für diejenigen, die sich die teuren Mieten entweder gar nicht mehr leisten können oder sich auf dem Weg dahin befinden.
Der rein kommerzorientierte Wohnungsmarkt hat versagt. Wohnungspolitik und Wohnungsbau müssen wieder als soziale und selbstverständliche Komponenten der Daseinsfürsorge definiert und begriffen werden.
Die vorhandenen Mittel müssen aufgestockt werden. Sie dürfen aber ausschließlich für die Schaffung preisgünstiger Mietwohnungen verwendet werden. Als Sofortmaßnahme könnte z. B. der Umbau von in Frankfurt leer stehendem Büroraum in Wohnungen und Wohnheime gefördert werden. Gerade Studierende könnten davon kurzfristig profitieren, statt in den nächsten Tagen in Notquartieren im Studierendenhaus übernachten zu müssen.
Der soziale Wohnungsbau muss wieder angegangen werden. Speziell in den Ballungsräumen sollten viele neue Sozialwohnungen entstehen – nicht nur 1.000 Wohnungen, wie von einigen vorgeschlagen worden ist. Im RheinMain-Gebiet und in der Bankenstadt Frankfurt wird von einigen wenigen viel Geld verdient. Mit einer angemessenen Besteuerung sind wirksamere Maßnahmen finanzierbar, damit auch all die anderen ein Dach über dem Kopf haben.
Aber wenn Gefahr droht, regt sich auch Widerstand. Blockupy 2013, das waren intensive, kraftvolle Tage der gemeinsamen internationalen Aktion und des gemeinsamen Widerstandes.
Wir haben den Widerstand in das Herz des europäischen Krisenregimes getragen.
Wir wollen Frankfurt zu einer wirklich europäischen Stadt, zu einer Stadt eines solidarischen und gerechten Europas machen. Wir haben in Frankfurt mit vielfältigen Aktionen deutlich gemacht, wie die Krisen- und Verarmungspolitik in unser Leben und in das Leben von Millionen Menschen auf der Welt eingreift, beispielsweise durch die Ausbeutung und die tödlichen Arbeitsbedingungen in der globalen Textilindustrie, durch prekäre Arbeitsverhältnisse und Armutslöhne in Europa, durch schmutzige Geschäfte der Deutschen Bank mit Rüstungsgütern, Land-Grabbing und Nahrungsmittelspekulationen, durch die Abwälzung von Sorge, Pflege und Revolutionsarbeit ins Private und die damit verbundene Verschärfung der Geschlechterungleichheit, durch die Vertreibung von Menschen aus ihren Wohnungen mittels Zwangsräumungen, durch Luxussanierungen, durch die Privatisierung öffentlicher Wohnungen und durch die gnadenlose und tödliche Migrations- und Abschiebepolitik der EU.
Repression und Polizeigewalt sollten den berechtigten Protest gegen das Krisenmanagement von Troika und EZB unterdrücken. Die Fassaden sollen das bestimmende Bild von Frankfurt bleiben. Unsere Vorstellungen eines Gemeinwesens, in dem Freiheit, Gleichheit und Solidarität die Grundlage eines sozialen Zusammenlebens in Frankfurt bilden, sollten niedergeknüppelt werden.
Nach dem Willen der Stadt sollten vom Innenministerium und der Polizei Stärke demonstriert werden. Aber in Wahrheit drückt das die Nervosität der herrschenden Krisenpolitik aus, die sich immer weniger demokratisch legitimieren lässt und immer autoritärer durchgesetzt werden muss.
Den habe ich nie getroffen.
Der Widerstand gegen die sozialen Folgen der Krisenpolitik, gegen die Verelendung und die Hoffnungslosigkeit, in die Millionen Menschen dadurch gestürzt wurden, und der Widerstand gegen die Beschneidung demokratischer Rechte sind nicht voneinander zu trennen. Sie gehören zusammen.
Sie, liebe Antragsteller, wollen Kapitalismus ohne Demokratie. Wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus. Dies macht Frankfurt zu einer wirklich internationalen europäischen Stadt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP ist uns zuvorgekommen. Auch wir hatten überlegt, das zum Thema zu machen. Aber ich bin der FDP dankbar,
dass sie ihren Einsatz für Militär und Krieg immer neu unter Beweis stellen will und dass deshalb diese Aktuelle Stunde beantragt wurde.
Erstaunt bin ich allerdings über die Vokabeln, die Sie in Ihrem Antrag verwandt haben. Ich zitiere: „Hessentags
Protestler wegtreten“. Das soll wohl auf die Dauer für die türkischen Verhältnisse im Umgang mit dem Demonstrationsrecht genutzt werden.
Denn nach dem Motto: „Blockupy war gestern, und jetzt werden wir sie wegtreten“,
das ist Ihre Sprache, Ihre Entwicklung, die Sie im Grunde genommen weiter vorantreiben.
Aber zur Sache selbst. Die Bundeswehr kam wieder einmal zum Hessentag, diesmal nach Kassel. Das hat Herr Döweling schon gesagt: Der Auftritt war nicht so martialisch wie noch in Stadtallendorf, in Wetzlar oder in Oberursel. Also kann man sagen: Links wirkt.
Es wurde immerhin ein wenig abgerüstet. – Selbst die Stadt Kassel hatte um Reduktion von Olivgrün gebeten, um die kriegslüsternen Militaristen im Zaum zu halten.
Das Werben für Sterben fand also reduzierter statt.
Mit Hubschraubern, Panzerlafetten und Hochtechnologie, mit großem Bühnenprogramm und Feldküche wurde danach das ganze Aufgabenspektrum abgedeckt und umfassend präsentiert.
Mit faszinierendem Hightech und Kameradschaftsgeist sollten vor allem Jugendliche für das Militär begeistert werden. Die Bundeswehr wollte sich in Kassel als sicherer und sauberer Arbeitgeber präsentieren. Durch einen bezahlten Studienplatz oder Ausbildungsplätze mit Übernahmegarantie verspricht die Bundeswehr eine Karriere mit Zukunft. Was sie nicht artikuliert und kundtut, ist ihre Hauptaufgabe: Kriege führen, Menschen töten und anderen Nationen bei der Durchführung ihrer Kriege helfen.
Die Probleme, die in Kriegen auftreten, wie das Töten von Zivilisten und getötet zu werden, wie auch posttraumatische Belastungsstörungen bei Soldaten werden nicht dargestellt.
Kriege brauchen Unterstützung in der Bevölkerung, und Soldaten werden gebraucht, um diese Kriege zu führen. Dazu dienen solche Veranstaltungen. Wir sagen dazu Nein.
Aktionsangebote der Bundeswehr während des gesamten Hessentages am Buga-See, als Provokation auch noch gegen die Ausstellung „Der Natur auf der Spur“
auch dazu werden wir noch einmal etwas sagen; es sind dort einige Vorfälle zu registrieren, über die wir noch einmal reden werden –, und vor der Orangerie sind kein Grund zu Euphorie und Freude.
In den letzten Jahren wurde die Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer Interventionsarmee umstrukturiert. Es heißt jetzt Armee im Einsatz. Die möglichen Einsatzgebiete sind auf dem ganzen Globus verteilt, derzeit bevorzugt in Asien und Afrika. Der Frieden in der Welt ist dadurch aber nicht sicherer geworden. Forderungen nach einem sofortigen Rückzug der Bundeswehr aus den Kriegseinsätzen werden von der Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land und auch der Mehrheit der Hessentagsbesucherinnen und -besuchern geteilt. Für uns gibt es keinen Frieden mit Militarismus und Krieg. Deshalb haben wir auch in Kassel demonstriert.
Auch das Thema Rüstung wurde bei den Aktionen angesprochen. Rüstungsexporte bringen den Rüstungskonzernen Riesengewinne. Daher soll für die künftigen Kriege der Einsatz von bewaffneten und ferngesteuerten Kampfdrohnen durch die Bundeswehr als normal standardisiert werden. Die Gewaltspirale dreht sich also weiter. Wir haben deshalb Nein gesagt zu den geplanten Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien, nach Katar und Indonesien. Die Drohnenbewaffnung wollen wir verhindern.
Die Friedensbewegung und DIE LINKE haben mit vielfältigen Veranstaltungen und Aktionen den Besucherinnen und Besuchern des Hessentages klargemacht, dass diese Panzer auch in Kassel gebaut werden: bei den zwei großen Rüstungsschmieden Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall. Daher unsere Forderung an Stadt und Land: Schluss mit den Waffenexporten.
Ich komme zum Schluss. – Wir sagen Ja zur Konversion, d. h. zur Umstellung der Rüstungsproduktion auf die Herstellung ziviler Produkte. Für uns ist klar: Frieden und Abrüstung sind der Ernstfall. Das gilt nicht nur für den Hessentag. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir den Kommunalen Finanzausgleich vom Kopf auf die Füße stellen müssen. Aber das, was heute an Veränderungen für den KFA vorliegt, ist nicht nur ein Minimalkonsens, sondern sind Miniaturveränderungen am KFA, die nicht wesentlich und nicht substanziell sind.
Es ist deshalb unstreitig, dass der KFA auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. Ebenfalls ist unstrittig, dass der demografische Wandel dabei ein Element zu sein hat. Spätestens aber mit der erfolgreichen Klage der Stadt Alsfeld gegen die Kürzung des KFA um 344 Millionen € ist klar, dass eine kleine Reform des KFA nicht ausreichen wird. Hier muss eine andere, grundsätzliche Debatte im Vorfeld stattfinden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dies in diesem Haus einheitlich so sehen.
Aber wir können diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen. Wir haben schon damals gesagt, dass uns das nicht ausreichend ist, dass es nicht grundsätzlich ist. Herr Minister Schäfer, es reicht eben nicht aus, eine Reform des KFA anzugehen, nachdem den Kommunen für das Jahr 2013 344 Millionen € entzogen worden sind. Die Bergstraße schreibt, es sei inzwischen auf 400 Millionen € arrondiert.
Das kann nicht hingenommen werden. Die Feststellung des Gerichts muss noch einmal deutlich gemacht werden. Herr Schork, unabhängig davon, dass wir das Gesetz bis 2015 ändern müssen: Das Gesetz, das den KFA bisher ausgemacht hat, ist verfassungswidrig.
Ich kann die Kommunen verstehen, denen das Wasser zum Teil schon nicht mehr nur bis zum Hals, sondern vielmehr bis Oberkante Unterlippe steht. Sie wollen keine Reform des KFA, bei der sie möglicherweise auch nur einen Cent verlieren. Herr Minister, oder anders gesagt: Ihre große Reform des KFA ist nicht an den Kommunen gescheitert. Sie haben erst versucht, den Kuchen kleiner zu machen, und erwarten dann, dass die Kommunen sich darüber freuen, dass sie jetzt darüber verhandeln dürfen, wer von ihnen den letzten Krümel bekommt. Das konnte nicht klappen und ist letztlich auch vor dem Staatsgerichtshof gescheitert.
Sie können es immer wieder wiederholen. Ja, der Staatsgerichtshof hat gefordert, dass die Landesregierung eine überzeugende Bedarfsanalyse vorlegt, um zu begründen, wie hoch die Zuwendungen des Landes ausfallen sollen.
Herr Schäfer, wenn Sie in Zukunft aber überhaupt vernünftig mit den Kommunen reden wollen, dann ist es keine gute Idee, nach dem Urteil des Staatgerichtshofs zu poltern und gleich anzukündigen, dass die Kommunen noch weniger Geld vom Land bekommen könnten. So bereitet man sicher keinen Konsens vor. Aus dieser Haltung heraus kann eine Reform des KFA nicht gelingen.
Ihre Bilanz im KFA ist jedenfalls verheerend. Eigentlich waren Sie angetreten, eine breite Debatte über die Neuordnung des KFA zu organisieren. Eigentlich wollten Sie die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen im breiten Konsens dauerhaft und umfassend neu regeln. Was dabei herausgekommen ist, ist ein Desaster.
Die Kommunen haben erfolgreich gegen Ihren KFA geklagt. Das Diskussionsklima zwischen Land und Kommunen ist vergiftet, und das Schlimmste ist: Hessen hat als reiches Bundesland die ärmsten Kommunen.
Wir fordern daher, dass man sofort die Kürzung des KFA zurücknimmt und schnellstmöglich zu einer verfassungskonformen Neuregelung des KFA kommt. Am Ende wird es zu dieser aber nur dann kommen, wenn die Kommunen mehr Geld bekommen; denn so langsam wird auch dem letzten Kommunalpolitiker klar, dass diese kommunalfeindliche Landesregierung mit Kürzungen und sogenannten Schutzschirmen die soziale Infrastruktur in den Kommunen in der Substanz gefährdet. Geben Sie den Kommunen also ihr Geld zurück, und ordnen Sie dann mit uns gemeinsam den KFA neu. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der gleichen Woche besprechen wir hier das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse und den Finanzplan des Landes. Das hat ganz eng miteinander zu tun – behauptet jedenfalls der Finanzminister.
Es steht sicherlich im Zusammenhang, insofern die schwarz-gelbe Finanzpolitik gemeinsam mit SPD und GRÜNEN in diesem Bundesland einiges angerichtet haben. Auf der einen Seite wird den Menschen in diesem Land über Jahre erklärt, dass die angeblichen Leistungsträger in diesem Land von Steuern entlastet werden müssen oder dass zumindest Menschen mit hohen Einkommen und größeren Vermögen nicht höher belastet werden dürfen. Auf der anderen Seite haben die zu niedrigen Einnahmen des Staates dazu geführt, dass die öffentlichen Haushalte immer höhere Defizite aufgebaut haben. Nach einigen Jahren haben diese Parteien den Menschen in diesem Land erklärt, dass man nun endlich keine neuen Schulden mehr machen könne.
Wie das gehen soll? Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man beschließt eine Schuldenbremse – und damit den Zwang, den Sozialstaat zu schleifen –, oder man erhöht die Steuern für Reiche und Konzerne. Vier Fraktionen in diesem Hause haben sich für die Schuldenbremse entschieden. Heute wird uns schließlich eine mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, die deutlich macht, dass die Schuldenbremse ein Fantasiegebilde ist, wenn man nicht wenigstens für Steuersätze wie unter Helmut Kohl kämpft.
Diese Finanzplanung ist schlicht ein Märchenbuch. Kollege Kaufmann hat es schon gesagt. Dies ist in Hessen aber üblich. Zum einen werden Haushaltseckpunkte für die nächsten Jahre geplant, zum anderen sagt aber niemand,
wie man diese denn auch erreichen kann. Hier wird kein bisschen konkretisiert, etwa wie Sie den Personalbedarf planen und wie Sie darauf die geplanten Personalkosten errechnen. Schon allein deshalb ist diese Finanzplanung nicht das Papier wert, auf dem sie steht.
Dazu kommt eine Reihe von Risiken, die schon im jetzigen Haushalt stecken und die einfach nicht berücksichtigt wurden. Für den Doppelhaushalt wären da zum einen 120 Millionen €, die Sie sich zusätzlich aus dem Haushalt streichen, weil Sie die Vorsorgeprämie aussetzen. Zum Zweiten fehlen über 140 Millionen € wegen der Tarifsteigerungen. Zum Dritten gibt es Rücklageentnahmen im Saldo von 200 Millionen € für 2013 und 2014. Dazu kommen noch Risiken von 190 Millionen €, weil Sie sich nicht nur für den schnellstmöglichen, sondern für den dümmstmöglichen Atomausstieg entschieden haben und deshalb RWE gegen das Land klagt.
Sie erwarten Mindereinnahmen im Umfang von zusammen über 400 Millionen € für 2013 und 2014. Das ergibt gut 1 Milliarde € insgesamt für den aktuellen Haushalt, die sich möglicherweise als Deckungslücke ergeben. Davon geht eine mittelfristige Finanzplanung aus, in der ab 2015 eine globale Mehreinnahme von 125 Millionen € und eine globale Minderausgabe in gleicher Höhe veranschlagt ist – Herr Kollege Kaufmann hat darauf hingewiesen.
Also, Herr Dr. Schäfer, bei allem Respekt, Sie wissen, dass das ein schlechter Scherz ist. Eine Finanzplanung, in der 750 Millionen € als ungedeckter Scheck stehen, kann man sich einfach sparen.
Ich kann Sie verstehen, wenn Sie den Menschen im Wahljahr nicht erklären wollen, welche sozialen Grausamkeiten, wie viele „Operationen düstere Zukunft“, noch anstehen. Aber genau darum geht es doch. Da nützt Ihre Ankündigung, in den nächsten Jahren 1.900 Stellen im Landesdienst zu streichen, nichts, denn bei aller Rhetorik von CDU und FDP, sparsam zu wirtschaften, wie Sie immer wieder behaupten, ist doch Fakt, dass Sie in dieser Legislaturperiode Personal aufbauen mussten, weil selbst der neoliberalen FDP nicht mehr einfällt, wie man ein paar Lehrer mehr einstellt und gleichzeitig Personal abbauen soll. Vielleicht bleibt auch noch der eine oder andere Posten für die Parteifreunde übrig.
Machen wir uns aber nichts vor, diese Finanzplanung und der Abbaupfad der Neuverschuldung werden nicht eingehalten werden,
weil sich CDU und FDP einig sind, dass sie im Bund keine höheren Steuern wollen, und weil auch klar ist, dass die Steuerkosmetik, die die Bundes-SPD jetzt fordert, nicht kommen wird, weil der Steinbrück-Effekt eine rot-grüne Mehrheit im Bund verhindert.
Herr Finanzminister, ich fordere Sie daher auf, uns eine Finanzplanung vorzulegen, in der konkrete Planungen deutlich werden und nicht ein solches Sammelsurium von Schätzungen und Prognosen, in denen sich vor allem ökonomische Annahmen widerspiegeln,
aber sicher keine Planungen, etwa von Personalentwicklungen oder Investitionszielen.
Dieses Papier ist jedenfalls indiskutabel und gehört eher in den Papierkorb als in den Landtag. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur späten Stunde doch noch ein Thema, das uns alle bewegt, durchaus gemeinsam und identisch. Ich habe den Antrag der vier anderen Fraktionen gesehen. Dem können wir natürlich zustimmen, es geht um die gleiche Sache. Unser Antrag geht aber ein bisschen weiter: Wir wollen ein Signal an die Bewegung in der Türkei senden. Wir sind als Landtag dort präsent, indem wir mit der Region Bursa eine ganz konkrete Partnerschaft haben. Da wäre es ganz sinnig, wenn wir uns dort auch zeigen würden.
Die Bilder vom Taksim-Platz aus den letzten Tagen, die Jagd auf Menschen, das Niederprügeln von friedlich Demonstrierenden, Tränengas und Knüppel gegen Kinder, Frauen, ältere Menschen – all diese Bilder sind uns sehr nahe.
Unsere Solidarität gilt jenen, die sich von der Polizeigewalt der türkischen Regierung nicht abschrecken lassen und für eine offene, tolerante Gesellschaft in der Türkei eintreten. Die Protestbewegung in der Türkei ist von einem Protest gegen die Zerstörung des Gezi-Parks im Herzen Istanbuls mittlerweile zu einer Bewegung gegen einen islamistischen Unterdrückungsstaat geworden.
Die Bewegung wehrt sich auch gegen die Selbstqualifizierung der AKP als islamisch-konservativ. Zu deutlich waren in den letzten Jahren die Züge eines autoritären Regimes, das mit islamistischem Tugendterror versucht, Kritikerinnen und Kritiker mundtot zu machen. In den vergangenen Jahren ging es immer schon gegen Kurden, gegen Andersdenkende, die im Grunde mundtot gemacht werden sollten.
Übrigens war dabei auch der Einsatz deutscher Panzer von Bedeutung, die mitgeholfen haben, den Unterdrückungsapparat in der Türkei gegen die Kurden zu bestärken.
Diese Bewegung richtet sich gleichzeitig gegen den autoritären Neoliberalismus der AKP. Sie ist in diesem Sinne soziale Protestbewegung, die sich besonders gegen die Umverteilung zugunsten islamistischer Eliten in der Türkei zur Wehr setzt.
Diese Aktionen, von denen ich gesprochen habe, fanden auch in unserer Partnerstadt Bursa statt, wo ebenfalls Tausende Menschen von Wasserwerfern und Tränengasbomben malträtiert worden sind.
Herr Bellino, in Bursa fanden Demonstrationen mit Tausenden Menschen statt, und es wurden dort Wasserwerfer eingesetzt und Tränengas –
auch in der Region und übrigens in vielen Städten in der Türkei, also nicht nur in Istanbul. Das war ein flächendeckender Protest, der sich dort breit gemacht hat.
Ich komme nachher noch dazu.
Verbindendes Element der Demokratiebewegung ist der zunehmende Kampf für einen säkularen Staat, der Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit erst ermöglicht. Die Bewegung reiht sich ein in die Kämpfe gegen islamistische Regimes in der arabischen Welt, die, wie in Tunesien und Ägypten, im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings entstanden sind. Ich meine nicht das, was dabei herausgekommen ist, sondern das, was dort an Bewegung entstanden ist.
Auch in Deutschland fanden in vielen Städten spontane Demonstrationen mit Tausenden Menschen statt, zuletzt in Köln, um ihren Protest gegen die Polizeigewalt auch hier zum Ausdruck zu bringen.
Interessanterweise bin ich – nachdem ich am 1. Juni von der Polizei im Kessel festgenommen und aus diesem Kessel herausgeführt worden bin – dann auf einer Demonstration bei den kurdischen Kollegen gewesen. Herrn Tipi habe ich auch als Demonstrant auf dem Römerberg mit immerhin 2.000 solidarisch kämpfenden türkischen Migranten – vor allen Dingen – gesehen. Auch das war ein Beispiel dafür, dass man Blockupy und Istanbul durchaus in einen Zusammenhang bringen kann.
Kleine Sender, wie der Sender Halk TV, Ulusal TV oder Hayat TV, die über die Proteste berichtet hatten, wurden mit Geldstrafen oder auch der Androhung eines Sendeverbots eingeschüchtert. Gerade gegen dieses Medienkartell von schleichender Islamisierung, Schweigen und Einschüchterung hatten sich die Proteste mit entzündet. Ich selbst war häufiger als Protestbeobachter in Istanbul dabei – es ging da immerhin um 88 Journalisten, die dort seit Jahren festgehalten und ohne vernünftigen Prozess schikaniert und von ihrer Arbeit abgehalten werden. Das ist durchaus Realität und Normalität in der Türkei.
Ich komme zum Ende.
Wir brauchen also konkrete Solidarität hier in Deutschland mit dem Kampf der türkischen Demokratiebewegung gegen Erdoğans Weg in einen islamistischen Unterdrückungsstaat. Taksim ist überall, und überall ist Widerstand. – Vielen Dank.
Dabei liegen wir in der Frage nicht ganz beieinander; das ist sicher eines der Probleme.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen das noch einmal klarstellen. Herr Pentz, ich will Ihnen sagen: Das, was Sie mit den Generationen vorhaben, ist nicht richtig. Ein ganz normaler Banklehrling weiß, dass die Schulden des einen die Vermögen und Überschüsse des anderen sind. Das spielt sich in einer Generation ab, nicht generationenübergreifend. Das Einzige, was generationenübergreifend stattfindet, ist, dass immer weniger Erben immer mehr erben. Das ist das Problem, und davor möchte ich Sie warnen.
Die Legislaturperiode neigt sich ihrem Ende zu. So kommt es, dass wir heute über einen Gesetzentwurf beraten, den uns das Finanzministerium bereits 2011 avisiert hat. Aber offensichtlich sind Dr. Schäfer und die Mitarbeiter in seinem Ministerium damit beschäftigt, Abgeordnetenbriefe zu
erstellen. So kommt es, dass das Gesetz zur Umsetzung der Schuldenbremse erst heute verabschiedet werden soll.
Neben dem Zeitpunkt, zu dem der Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, ist auch einiges Inhaltliche bemerkenswert. Dieser Gesetzentwurf ist – ich sage es deutlich – verfassungswidrig. SPD und GRÜNE haben in der Vergangenheit Verhandlungen über die Verankerung der Schuldenbremse geführt und sich bemüht, die Ausgestaltung so zu formulieren, dass die neoliberale Schuldenbremse möglichst schonend umgesetzt werden kann. Man kann RotGrün in Hessen in dieser Frage also bescheinigen, sie haben sich stets bemüht.
Dass die Schuldenbremse ein neoliberales Instrument ist, um den Sozialstaat zu schleifen und die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand weiter einzuschränken, war von Anfang an klar.
Da nützt es auch nichts, dass SPD und GRÜNE eine Einnahmeverantwortung für den Landtag und die Landesregierung in der Verfassung verankert haben – das sei zugestanden –; denn davon ist in diesem Entwurf für ein Ausführungsgesetz nichts zu sehen: kein Wort dazu, wie sich das Land zukünftig verhalten soll, wenn, wie einst Hans Eichel, wieder einmal ein SPD-Bundesfinanzminister die Steuern für Reiche und für Konzerne senkt. Kein Wort findet sich in diesem Gesetzentwurf dazu, wie das Land seiner Ausgabeverantwortung dann gerecht werden will.
Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Von dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen habe ich auch gar nichts anderes erwartet. Aber die rot-grünen Schuldenbremser, die sich in Hessen gern in der Regierung sähen, sollten langsam einmal erklären, wie sie die Schuldenbremse umsetzen wollen.
Herr Schmitt, Sie werden es sicher gleich ausführen: Wo ist denn der Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf, mit dem Sie dafür sorgen, dass er verfassungskonform wird? Wo sind die konkreten Schritte, mit denen Sie die Einnahmeverantwortung des Landes ausgestalten wollen? Nirgendwo.
Deshalb ist das, was SPD und GRÜNE zur Einnahmeverantwortung in die Verfassung geschrieben haben, entweder nichts als wertlose Prosa zur Wählertäuschung, oder dieser Gesetzentwurf ist verfassungswidrig. So versuchen SPD und GRÜNE wieder einmal, einen Weg zu finden, bei dem sie die neoliberale Politik im Kern zwar mittragen, diese aber rot und grün anzustreichen versuchen.
Aber selbst an dieser Aufgabe scheitern Sie mittlerweile. Sie hätten nämlich wenigstens einen Teil der Kritik, die in der Anhörung formuliert wurde, aufgreifen können und mit der Regierung Verhandlungen über sogenannte Zugeständnisse führen sollen.
Im Kern sind sich CDU, FDP, SPD und GRÜNE also einig: Sie wollen die Schuldenbremse. Es geht nur noch darum, wo der Sozialstaat zuerst abgebaut wird.
Es ist nämlich schlicht utopisch, dass ein Land die Schuldenbremse aus eigener Kraft einhalten kann, ohne dass die Leistungen der öffentlichen Hand eingeschränkt und Investitionen in Bildung, Soziales und Infrastruktur massiv gekürzt werden.
Das Land hat auf der Einnahmenseite nur zwei Handlungsoptionen. Eine Handlungsoption ist, auf der Bundesebene, sprich: im Bundesrat, für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer zu kämpfen. Dabei reden wir nicht über eine Vermögensteuer light, wie das jetzt beispielsweise SPD und GRÜNE fordern, sondern eher über eine Vermögensteuer, wie sie noch unter Helmut Kohl galt.
Die andere Handlungsoption heißt Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Das haben wir in der Legislaturperiode bereits getan. Ich sehe nicht, dass dies die Steuer ist, mit der man den Sozialstaat finanzieren kann. Wer aber ernsthaft für höhere Steuereinnahmen, für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen von oben nach unten eintritt, der braucht keine Schuldenbremse.
Die vier Fraktionen, die in diesem Hause die Schuldenbremse vertreten, brauchen die Schuldenbremse, um den Menschen immer erklären zu können, warum sozialer Fortschritt in diesem Land nicht finanzierbar ist.
Angesichts des 150. Geburtstags der SPD möchte ich an dieser Stelle Ferdinand Lassalle als einen ihrer Gründungsväter zitieren. Lassalle sagte:
Verfassungsfragen sind ursprünglich nicht Rechtsfragen, sondern Machtfragen; die wirkliche Verfassung eines Landes existiert nur in den reellen tatsächlichen Machtverhältnissen, die in einem Land bestehen; geschriebene Verfassungen sind nur dann von Wert und Dauer, wenn sie der genaue Ausdruck der wirklichen, in der Gesellschaft bestehenden Machtverhältnisse sind.
Es nutzt also nichts, wenn man, wie SPD und GRÜNE, versucht, eine neoliberale Verfassung so zu wenden, dass sie sozial aussieht. Vielmehr muss man die Gesellschaft, in der eine solche Verfassung entsteht, mit Solidarität und den Waffen der Demokratie verändern. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Schuldenbremse weder von Wert noch von Dauer ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Herr Koch, ich will es Ihnen sagen: Ich habe fast mein Fünfzigjähriges – seit meinem 16. Lebensjahr demonstriere ich friedlich, weil ich Waffen immer abgelehnt habe. Das ist ein Prinzip von mir, das ich natürlich auch bei den Blockupy-Aktionen beibehalten werde.
Es war aber so – das haben Sie ganz vergessen, Herr Koch –, dass die Festgenommenen im letzten Jahr jeweils 500 € von der Polizei bekommen, weil sie gegen Recht und Gesetz festgenommen wurden.
Im Grunde genommen wurde der Versuch gemacht, diese Demonstration zu illegalisieren und damit ein Klima zu schaffen, in dem die Aggressionen hochtreiben. Sie machen das ja aus Erfahrung, wie Sie dann auch Kriege füh
ren; das wird jetzt in Frankfurt weiter probiert. Das ist genau diese Methode.
Ich weiß, dass Kriege im Bundestag beschlossen wurden und vier Parteien daran beteiligt gewesen sind – wir nicht. Wir sind nicht für Kriege, und das sehr entschieden und sehr grundsätzlich.
Deshalb will ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Blockadeaktion am 1. Mai in Frankfurt durchaus verhindert hat, dass Nazis aufgetreten sind. Die Polizei hat den Auftritt der Nazis in Hanau ermöglicht. Das ist ein Unterschied; das wollen wir noch einmal festhalten.
Wir wollen entschieden gegen Ausbeutung, Faschismus und Krieg vorgehen. Dazu sind Blockaden ein wichtiges Mittel; das kennen wir schon aus den ganzen anderen Aktionen, die wir als Friedensbewegung gegen die Stationierung von Atomraketen in diesem Land durchgeführt haben und die inzwischen als durchaus legitimes Mittel in der Politik und Juristerei angesehen werden.
Ich denke, dass diese Blockupy-Aktionen darauf aufmerksam machen werden, dass in Bangladesch Hunderte von Menschen umkommen, die unsere Textilien herstellen. Die Ausbeutungsverhältnisse der Dritten und Vierten Welt, die wir hier sozusagen vermarkten, ohne darüber zu reden – das ist das zentrale Problem, das durch Blockupy in Frankfurt thematisiert wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Not muss groß sein, dass sich CDU und FDP zu einem solchen, wie ich finde, stümperhaften Antrag haben hinreißen lassen.
Schauen Sie z. B. einmal, welche Eurobeträge Sie für 1958 hineingeschrieben haben. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden als diejenigen hingestellt, die für ihre Steuerpolitik nicht nur Reiche, sondern sogar die Mittelschicht belasten. Meine Damen und Herren von CDU, FDP und AfD,
Sie wissen genauso gut wie ich, dass es ausgerechnet SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN waren, die unter Finanzminister Eichel die Steuern für Reiche und Konzerne gesenkt haben wie keine Regierung zuvor. Es ist also ein Popanz, den Sie hier aufbauen. Sie wissen so gut wie ich, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN niemals dazu bereit waren und sein werden, die Ungerechtigkeit im Steuersystem zu reparieren, die sie selbst verursacht haben.
Steuersätze von 53 % unter Ludwig Erhard oder Helmut Kohl fordern die GRÜNEN und die SPD überhaupt nicht. Sie werden kaum ernsthaft behaupten können, dass die Vermögensteuer und ein Spitzensteuersatz von über 50 % das Ende ihrer sozialen Marktwirtschaft seien. Und ich sage Ihnen, nicht weil, sondern obwohl die Art Kapitalismus, die Sie gerne soziale Marktwirtschaft nennen, dadurch nicht beendet wird, fordert DIE LINKE eine solche Steuerpolitik.
Sie ist notwendig, um jetzt und hier die Lebensverhältnisse aller in diesem Land zu verbessern. Wir LINKE stellen dem Kurs der herrschenden Politik die Vision einer gerechten Gesellschaft entgegen, in der Bürgerrechte ausgebaut und verteidigt werden, wo Gesundheit, Wohlbefinden und Wohlfahrt aller im Zentrum stehen und nicht die Gewinninteressen weniger.
Dafür braucht es eine andere Politik, die deren Vorrangstellung bestreitet und ihre Unterordnung unter Wirtschaftsinteressen und Finanzmärkte bekämpft und die sich entschieden mit der neoliberalen Regierungspolitik auseinandersetzt. Wir wissen, dass die neoliberale Krisenpolitik, die vorgibt, die Krisen zu meistern, in dramatischem Ausmaß gescheitert ist.
Sie hat in Europa Zustände produziert, die als längst überwunden geglaubt wurden. Das gesamte Desaster zeigt sich an wenigen Zahlen: 26 Millionen Menschen sind ohne bezahlte Arbeit, 10 Millionen mehr als vor der Krise. In den südlichen Ländern ist mittlerweile mehr als die Hälfte der jungen Menschen ohne Arbeitsplatz. In Athen prügeln sich Menschen bei der Essensausgabe, um ihre Familien ernähren zu können. In Spanien kommt es trotz leer stehender Wohnungen zu massenhaften Zwangsräumungen.
Konstantin Wecker, einer der Aktiven des Blockupy-Protestes des vergangenen Jahres, sang in einem Lied: Die Menschenwürde, hieß es, wäre unantastbar; jetzt steht sie unter Finanzierungsvorbehalt.
Wir brauchen eine Kehrtwende. Ein klares Nein zur zerstörerischen Wettbewerbspolitik ist der notwendige Schritt für eine Abkehr von dieser Politik, die zunehmend Wut, Ver
zweiflung und Ratlosigkeit auslöst. Diese Politik ist nicht alternativlos.
Das ist keine einfache Aufgabe. Aber eine Alternative, die sozial gerechter, gesellschaftlich fortschrittlicher und wirtschaftlich vernünftiger ist, kann Mehrheiten gewinnen und eine Atmosphäre für einen Politikwechsel erzeugen. Deshalb heißt Steuerpolitik für uns, die Interessen der Mehrheit in unserem Land durchzusetzen und sich nicht den Interessen der Reichen und Superreichen zu beugen.
Linke Steuerpolitik ist darauf gerichtet, mittels Steuern zu helfen, soziale, ökologische und globale Probleme zu mildern und schrittweise zu lösen. Gesellschaftliche Strukturen, gesellschaftliche Reproduktionsprozesse und Verhaltensweisen wollen wir ändern.
Die entscheidende Frage lautet: Welches Steueraufkommen wird gebraucht, um welche gesellschaftlichen Aufgaben mit öffentlichen Ressourcen zu realisieren?
Linke Steuerpolitik hilft, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass immer mehr Menschen zunehmend selbstbestimmt in Würde, Solidarität und intakter Natur leben können. Konkret heißt linke Steuerpolitik die Abschaffung des sogenannten Mittelstandsbauches – damit haben wir kein Problem – und den Ersatz durch eine linear-progressive Besteuerung aller primären Einkommen. Das betrifft also sowohl Unternehmensgewinne als auch Zinsen, Einkünfte aus Boden und Arbeitseinkommen. Ich will das als Beispiel nennen: Einkommen unterhalb der Pfändungsgrenze müssen prinzipiell steuerfrei gestellt werden.
Die Steuerpläne der LINKEN treffen nicht den Mittelstand, sondern vor allem Einkommensmillionäre. Durch die Erhöhung der Einkommensteuer käme es nach unseren Vorschlägen erst zu einer Mehrbelastung, wenn das monatliche Bruttoeinkommen 6.466 € übersteigt. Wer dies für eine unverhältnismäßige Belastung der Mittelschicht hält, muss auch erklären, warum er in den Kommunen die Vervielfachung der Kitagebühren und der Grundsteuern für sozial gerecht hält. Denn damit trifft man die Familien, aber nicht mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes.
Um es deutlich zu sagen: Es ist davon auszugehen, dass durch unsere Pläne nur ein sehr kleiner Teil der Steuerpflichtigen mit deutlichen Mehrbelastungen rechnen müsste. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes hatten 2007 nur etwa 3,6 % der 38,6 Millionen Steuerpflichtigen ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 60.000 €. Wenn diese knapp 4 % für die Mitglieder der CDU und der FDP der Mittelstand sind, dann verstehe ich auch, warum sich die FDP noch heute als Mittelstandspartei bezeichnet.
Die konsequente Besteuerung aller Formen der Kapitalgewinne und aller Wertzuwächse ist überfällig. Spekulationsgewinne und Zinsen auf größere und große Vermögen sollen steuerpolitisch diskriminiert werden. Die verschiedenen Erbschafts- und Ausnahmeregelungen müssen auf ihre verteilungspolitischen und somit sozial gerechten Effekte hin überprüft, korrigiert und gegebenenfalls abgeschafft werden.
Konzerne, also Global Players, die Milliardengewinne machen, sollen steuerlich wesentlich stärker belastet werden. Die Steuererhebung soll da erfolgen, wo die Gewinne er
zielt werden. Gelten am Unternehmenssitz höhere Steuersätze, sollen ausländische Einkünfte nachversteuert werden. Wir fordern eine gezielte steuerliche Belastung der Nutzung der Primärenergie aus atomaren und fossilen Energieträgern, der nicht erneuerbaren Ressourcen, des Flächenverbrauchs und der klimaschädigenden Emissionen.
Die Mehrwertsteuer soll sozial gerecht gemacht und korrigiert werden. Das bedeutet eine größere Differenzierung der Steuersätze nach den konkreten Gebrauchswerten.
Die Institutionen der Bundesrepublik sollen sich konsequent gegen die Steuerflucht und -hinterziehung, gegen nationalstaatlich und international ausgerichtete Steuervermeidungsstrategien und gegen sozial und ökologisch verheerende Steuerkonkurrenz engagieren. Das betrifft insbesondere die Überprüfung der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Einkommen- und Vermögensteuern.
Darüber hinaus brauchen wir auch internationale Steuern. Wir brauchen beispielsweise die Devisentransaktionssteuer. Wir brauchen Steuern auf Rüstungsexporte und beispielsweise auch auf Flugbenzin. Innerhalb der Europäischen Union sollen sich die Institutionen der Bundesregierung gegen Steuerdumping und für problemorientierte steuerpolitische Richtlinien für die EU-Mitgliedsländer einsetzen, die insbesondere Steuerbasen und Mindeststeuersätze definieren.
Diese Positionen münden in Forderungen bzw. Vorschläge für Reformen der Einkommensteuer, der Umsatz- und Unternehmensteuer, der Besteuerung der Vermögen, Erbschaften, Schenkungen und Kapitaltransaktionen, zur Erhebung von Öko- und internationalen Steuern sowie zu problemorientiertem europäischem bzw. internationalem steuerpolitischem Engagement. Das ist kein Programm gegen die Mittelschicht. Das wäre es auch nicht bei einer Einführung der Vermögensteuer. Herr Dr. Schäfer wird das ja gleich wieder behaupten. Unserer Meinung nach soll die Vermögensteuer aber einen Freibetrag haben, der bei einer durchschnittlichen Familie nicht überschritten wird.
Das ist ein Programm zum Umverteilen und für mehr soziale Gerechtigkeit. Dafür brauchen wir aber nicht diejenigen, die schon bei den Steuersenkungen von Hans Eichel Beifall geklatscht haben, wie es Steinbrück und Trittin gemacht haben, sondern wir brauchen einen echten Politikwechsel. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn man der Wahrheit aus dem Weg gehen will, muss man hier solche demagogischen Vokabeln laut werden lassen. Das war wahrscheinlich die Vorbereitung Ihres Parteitags fürs Wochenende. Es hat aber mit der Realität und der Wahrnehmung der Leute in unserem Lande nichts zu tun.
Die Menschen sagen sehr eindeutig, dass die soziale Spaltung das Hauptproblem in unserem Lande ist. Dieses wollen Sie einfach verkleistern, indem Sie alles zum Mittelstand machen. Das ist aber nicht so.
Wir haben im Gewerkschaftshaus in Frankfurt Gott sei Dank eine Reichtumsuhr hängen, die man sich jeden Tag neu ansehen kann. Wie sich die Entwicklung vollzieht, ist sehr deutlich. Danach wächst der Reichtum im Grunde genommen immer schneller als der Schuldenberg der öffentlichen Hand. Das muss man einfach feststellen.
Es geht darum, dass wir in diesem Land ein Gesamtvermögen von 7,5 Billionen € haben. Davon besitzt das reichste Zehntel 4,7 Billionen €. Das ärmste Zehntel hat leider 14 Milliarden € Schulden, aber das können wir bei der Betrachtung dieser Situation jetzt vernachlässigen. Wenn die 2,1 Billionen € Schulden der öffentlichen Hand, also von Kommunen, Ländern und vom Bund, zusammengezählt werden und selbst die reichsten 10 % noch nicht einmal die Hälfte ihres Reichtums abgeben würden, wäre unser Land auf allen Ebenen schuldenfrei. Das ist die Problematik, vor der wir stehen.
Deshalb müssen wir darangehen, zu fragen: Wie können wir die öffentliche Hand, die wir brauchen, wie können wir den Staat wieder in die Lage versetzen, das zu finanzieren, was eindeutig notwendig ist?
Ich sage es noch einmal: Die Angst, die Sie hier aufbauen, als ob Rot und Grün tatsächlich den Kapitalismus abschaffen wollten, halte ich für ziemlich illusionär. Man glaubt uns als LINKEN sicherlich eher, dass wir zu unseren politischen Positionen stehen, weil wir das nicht nur parlamentarisch machen, sondern dafür auch außerparlamentarisch streiten.
Hollande ist nun ja auch kein Vorbereiter des kapitalistischen Endes, sondern im Grunde genommen verwaltet er sozialdemokratisch die Situation in Frankreich, wie das andere auch hier bei uns getan haben. Von daher ist die Kritik – –
Herr Weimar und ich verstehen uns. Wir haben mit einer Besuchergruppe über die Spaltung der Gesellschaft diskutiert. Sie haben gesagt, das sei eines Ihrer Hauptprobleme. Das ist bei Ihrem Ministerpräsidenten leider noch nicht angekommen. Das finde ich bedauerlich.
Ich will noch einmal auf einen Punkt eingehen, auf den die Oppositionsredner bisher noch nicht eingegangen sind, das Ehegattensplitting, das Sie hier so euphorisch in den Mittelpunkt der Ungerechtigkeitsstrategie gestellt haben. Das Ehegattensplitting fördert Familien und das Zusammenleben mit Kindern, sofern Ehen mit ungleich verteilten Einkommen vorhanden sind.
Der Steuergewinn ist dann am größten, wenn ein sehr hohes Einkommen des einen allein verdienenden Partners auf zwei Personen verteilt wird. Die maximalen Splittingvorteile entstehen, wenn ein zu versteuerndes Einkommen von 500.000 € vorliegt, dann beträgt die durch das Ehegattensplitting gewonnene Geldmasse 15.600 €. Die bezahlen wir sozusagen über die Steuern dazu. Das kostet den Staat jährlich 20 Milliarden €.
Nein, die kriegen das als Entlastung; die gewinnen natürlich im Grunde genommen 15.600 €. Es würden sich alle Hartz-IV-Empfänger darüber freuen, davon auch nur 10 % zu bekommen.
Von daher wollen Sie – das ist nach wie vor Ihre Politik – die Armen ärmer und die Reichen reicher machen. Dafür wollen Sie im Grunde noch einmal die Verkleisterung der Opposition herbeiführen. Aber die Menschen draußen glauben Ihnen das einfach nicht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit einem ausführlichen Gesetzentwurf setzen sich die GRÜNEN für mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen ein. Wir unterstützen dieses Anliegen grundsätzlich. Denn es besteht ein öffentliches Interesse daran, zu erfahren, was in den Spitzenpositionen öffentlicher Unternehmen verdient wird.
Das will ich ganz klar und deutlich sagen: Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel, um bestimmte Ziele zu erreichen. Wir sind uns mit den Mitgliedern der GRÜNEN sicherlich darüber einig, dass es bei der Forderung nach der Offenlegung der Bezüge, die in öffentlichen Unternehmen gezahlt werden, nicht um eine Neiddebatte geht.
Schauen wir einmal in den Bayerischen Landtag. Dort haben die schwarz-gelben Amigos den Staat wieder einmal als Selbstbedienungsladen verstanden. Damit wird klar, worum es geht.
Herr Bellino, denn nur, weil etwas formal legal sein mag, heißt das noch lange nicht, dass es auch legitim ist.
Das heißt auch noch lange nicht, dass es von der Öffentlichkeit als angemessen verstanden wird.
Ich sage Ihnen auch, dass die Offenlegung der Vergütungen im öffentlichen Bereich nur ein erster Schritt sein kann. Uns geht das nicht weit genug. Auch wenn es sicherlich richtig ist, das einiges legal ist, so ist es, wie gesagt, noch lange nicht legitim. Wir brauchen also nicht nur Transparenz, sondern auch die Begrenzung der Vergütungen im öffentlichen und im privatwirtschaftlichen Bereich.
Der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat es auf den Punkt gebracht, als er darüber sprach, dass jeder Sparkassendirektor mehr als die Kanzlerin verdient. Daraus kann man in zwei Richtungen Schlüsse ziehen. Entweder verdient die Kanzlerin zu wenig, oder wir sind der Meinung, dass Sparkassendirektoren zu viel verdienen.
Sagen wir es so: Ich habe nicht den Eindruck, dass in einem Land, in dem Menschen Vollzeit arbeiten und dennoch auf Sozialleistungen angewiesen sind, Sparkassendirektoren am Hungertuch nagen. Deshalb plädieren wir dafür, die Gehälter und Bezüge wie im öffentlichen Dienst gesetzlich oder tarifvertraglich zu regeln. Dann wäre das überschaubar und innerhalb und außerhalb der Betriebe und Institutionen nachvollziehbar. Auch die Differenziertheit der Verantwortung ließe sich so überprüfen.
Die Offenlegung wäre also der erste richtige Schritt. Das gilt auch, obwohl in der öffentlichen Debatte dann immer das Argument kommen wird, dass auf Führungspositionen in der Privatwirtschaft noch viel mehr Geld verdient wird. Man muss dann in der Öffentlichkeit auch die Debatte darüber führen, ob so manches Managergehalt angemessen ist. Nur weil in bestimmten Zockerbuden im Bedarfsfall auch auf Staatskosten mehr als in Sparkassen verdient wird, heißt das noch lange nicht, dass in den Sparkassen zu wenig verdient wird.
Insofern sehe ich in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN nichts Falsches. Aber er wird nur zu einer Debatte darüber führen, ob die Einkommensverhältnisse in unserem Land noch angemessen sind. Es gibt auf diese Frage noch keine entschiedene Antwort.
Vielleicht sollten wir uns aber an eine Initiative in der Schweiz erinnern. Dort wird jetzt auf die Orientierung 1 : 12 Wert gelegt. Die Initiative „1 : 12“ besagt, dass der Manager – –
Die Schweiz ist ein Beispiel, wie man im Grunde genommen mit dieser Frage umgehen kann.
In der Schweiz wird gesagt, dass das unterste Einkommen in einem Betrieb für das Gehalt der Manager nur um zwölf erhöht werden darf. Wenn diese Gesetzesinitiative in der Schweiz durchkäme, wäre das sicherlich ein Beispiel für Europa. Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf wird heute Gott sei Dank nicht abschließend beraten, sondern wir gehen in die dritte Lesung. Ich denke aber, dass im Vorfeld der dritten Lesung sehr grundsätzlich
darüber debattiert werden muss, wie mit dem KFA umgegangen werden kann und muss. Es geht nämlich nicht darum, dass man an kleinen Stellschrauben dreht, sondern darum, dass wir vor der sehr grundsätzlichen Frage stehen, wie der KFA ausgerichtet werden soll.
Wir stehen noch viel grundsätzlicher vor der Frage, wie der Landeshaushalt für die Jahre 2013/2014 eine Änderung erfährt, damit wir überhaupt in der Lage sind, die Finanzierung zu gewährleisten, die jetzt im Grunde genommen ansteht. Insofern glaube ich, dass die Vorlage eines Nachtragshaushalts angesagt ist und wir nicht mehr darum herumkommen.
Die 1,5 Milliarden €, die als Risiko dabei auftreten, sind doch schon angesprochen worden, und das, was am KFA geändert werden muss, werden wir im Nachgang zu dem Gerichtsurteil von gestern noch erfahren.
Meines Erachtens hat der hessische Staatsgerichtshof mit seinem gestrigen Urteil dafür gesorgt, dass die Debatte um den KFA eine neue Facette bekommt. Der Staatsgerichtshof hat mit seinem Urteil im Sinne der Stadt Alsfeld festgehalten, dass die vorangegangene Änderung des KFA verfassungswidrig war. Damit hat das Thema „Finanzausstattung der Kommunen“ eine neue Brisanz bekommen.
Deshalb wurden gestern zwei Anträge – zunächst der von uns und dann der der SPD – mit der Forderung gestellt, sich erneut mit dem KFA und den Folgen dieses Urteils zu beschäftigen. Wir sind uns insoweit einig, dass der jetzige Ansatz, den KFA an den ländlichen Raum anzupassen, ein zumindest kleiner Schritt ist, mit dem man an die Probleme zukünftig schrumpfender Kommunen herangehen könnte.
Durch die erfolgreiche Klage der Stadt Alsfeld ist auch deutlich geworden, dass der Kommunale Finanzausgleich umfassend reformiert werden muss. Daran ist im Wesentlichen diese Landesregierung schuld. Sie war es, die den KFA bereits im Jahre 2011 in verfassungswidriger Weise um 344 Millionen € gekürzt hat. Sie war es, die mit dem Kommunalen Schutzschirm einigen besonders schlecht dastehenden Kommunen ein Kürzungsprogramm für öffentliche Leistungen auferlegt hat. Sie ist es, die in einer umfassenden Debatte, an der sowohl die Kommunen als auch alle Fraktionen dieses Hauses beteiligt waren, eine KFA-Reform anstoßen wollte. Diese ist aber letztlich gescheitert. Auch wenn es CDU und FDP gerne so hätten: Am Scheitern einer umfassenden KFA-Reform sind nicht die Kommunalen Spitzenverbände schuld, die die Interessen der Städte und der Gemeinden vertreten.
Ich war bei fast allen Gesprächen dabei. Wir waren durchaus vertreten. Herr Schork, Sie wissen aber, dass es manchmal kompliziert ist, wenn man nur sechs Abgeordnete hat und in drei Ausschüssen gleichzeitig sitzen muss. Solche Dinge müsste man etwas differenzierter betrachten. Wenn ich Zeit hatte und nicht in einem anderen Ausschuss saß, war ich da.
Am Scheitern einer KFA-Reform ist diese Landesregierung schuld. Es ist nämlich eine sehr schlechte Idee, erst zu verkünden, dass der Kuchen kleiner wird, und dann alle Beteiligten zu fragen, wer das kleinste Stück bekommen soll.
Nach der Ankündigung des Finanzministers, dass er im Angesicht der juristischen Niederlage, die die Landesregierung gestern erlitten hat, nun bereit ist, mit den Kommunen neu über ihren Finanzbedarf zu verhandeln, ist jedenfalls mein Optimismus, dass wir zu einer umfassenden Neuregelung des KFA kommen, auf null gesunken. Denn im gleichen Atemzug sagen Sie, Herr Dr. Schäfer, dass diese Verhandlungen auch so ausgehen können, dass es bald noch weniger Geld für die Kommunen gibt. Obwohl selbst Sie eingesehen haben, dass die überschuldeten Kommunen in Hessen Hilfe brauchen, kommt nun wieder die Drohung, dass das Land den Kommunen noch weniger Geld geben könnte.
Herr Dr. Schäfer, man braucht sich nicht zu erhoffen, dass man sich auf dieser Grundlage mit den Kommunen über eine umfassende KFA-Reform einig wird. Vielmehr wird es immer wieder so ausgehen, dass man sich vor Gericht trifft und dort entschieden werden muss.
Deshalb fordern wir, dass die Kommunalfinanzen in Hessen endlich grundlegend saniert werden. Dafür brauchen wir höhere Einnahmen. Es gibt sicher die eine oder andere Kommune, die da mehr tun kann – sicher nicht bei den Kitagebühren, vielleicht aber bei dem einen oder anderen Gewerbesteuerhebesatz. Es ist aber vor allem Sache der Hessischen Landesregierung, hier für mehr Geld im System zu sorgen, und zwar so, wie es der hessische Staatsgerichtshof fordert, nämlich orientiert am Bedarf.
Nach der heutigen Steuerdebatte sehe ich nicht, wie diese Landesregierung dazu in der Lage sein wird. Vielleicht fällt die CDU bei der Vermögensteuer aber genauso schnell um wie bei der Grunderwerbsteuer. Wir sind jedenfalls hoffnungsvoll.
Ich frage die Landesregierung:
Welche Anfragen werden in der Regel vor der Einstellung von Beamten oder Angestellten in den hessischen Staatsdienst an den Verfassungsschutz oder andere Sicherheitsbehörden gestellt?