Protokoll der Sitzung vom 09.07.2009

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Plenarsitzung. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Ich bitte Sie um Aufmerksamkeit in der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause.

Ich darf Ihnen zur Tagesordnung mitteilen, dass einige Punkte offen sind: 11, 23, 27 bis 41, 43 bis 47, 51 und 52, 54 bis 59, 61 bis 66, 69 bis 74, 77 und 78, 81 und 82 sowie 84 bis 90.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen schon verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend in schwierigen Zeiten konsequent handeln – Ausbildungsplätze sichern und schaffen,Drucks.18/931.Die Dringlichkeit wird allseits bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 92 und könnte, wenn dem keiner widerspricht, mit den Tagesordnungspunkten 43 und 61 zu diesem Thema aufgerufen werden. – Das ist so.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass wir zwei dritte Lesungen neu auf dem Nachtrag zur Tagesordnung haben: unter Tagesordnungspunkt 85 den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP für ein Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes, Drucks. 18/912 zu Drucks. 18/884 zu Drucks. 18/400,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

und unter Tagesordnungspunkt 86 den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Neuordnung der monetären Förderung in Hessen, Drucks. 18/915 zu Drucks. 18/882 zu Drucks. 18/618.

Wir tagen heute bis zur Erledigung der Tagesordnung, bei einer Mittagspause von einer Stunde.Wir haben also noch ein großes Programm vor uns. Wir beginnen mit den Anträgen für eine Aktuelle Stunde, dabei werden die Tagesordnungspunkte 72 und 73 gemeinsam aufgerufen. Nach den Tagesordnungspunkten 72 und 73 wird Tagesordnungspunkt 81, ein Dringlicher Entschließungsantrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt. Nach der Aktuellen Stunde geht es mit Tagesordnungspunkt 61 weiter.

Es fehlen heute entschuldigt Herr Staatsminister Boddenberg, Herr Staatsminister Posch, ab ca. 16 Uhr Herr Ministerpräsident Koch und ab ca. 18 Uhr Herr Minister Hahn.

Ich möchte Sie zur Finissage – was es nicht alles gibt – der Ausstellung „Zwischenwelten – zwischen den Welten“ mit Werken von Ruth Wagner, Staatsministerin a. D., in der Mittagspause der Plenarsitzung in der Ausstellungshalle des Plenargebäudes, herzlich einladen.

Im Anschluss an die Plenarsitzung heute Abend wird der Innenausschuss im Sitzungsraum 501 A tagen.

Da wir heute eine so große Tagesordnung haben, habe ich von der sportlichen Leitung des Hauses nur eine ganz kurze Notiz bekommen. Hier steht: „Die öffentliche Kritik an der sportlichen Leitung der Landtagsmannschaft wird immer größer.“ Ich weiß nicht, was das bedeutet; die Kollegen Quanz und Rudolph können dazu Stellung nehmen.

(Günter Rudolph (SPD): Wir müssen nachher ein Wort reden!)

Trotz der Kollegen Quanz und Rudolph hat die Landtagself gestern Abend mit ihrem 4 : 1-Sieg zum vierten Mal hintereinander gewonnen

(Allgemeiner Beifall – Zuruf von der Regierungs- bank)

Herr Regierungssprecher –, oder sie hat zum vierten Mal hintereinander nicht verloren, das ist richtig. Sie konnte damit ungeschlagen vom Platz gehen. Unser Dank, unsere Anerkennung und unser Respekt gelten allen Kämpen, die sich hier in besonderem Maße verdient gemacht haben.

(Zuruf von der SPD: Und dem Coach!)

Und dem Coach, jawohl.

Nach dem Spiel wurde ein Spendenscheck überreicht.Die Landtagself spielte in Rüsselsheim gegen eine Mannschaft der Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren in Hessen.Am nächsten Mittwoch spielt das Team gemeinsam mit den Stadtverordneten aus Kassel gegen die nordhessische Regionalauswahl in Wolfhagen. Wir wünschen auch dazu alles Gute, Glück auf und Gottes Segen. – So weit dazu.

Meine Damen und Herren, wir können damit mit der Tagesordnung beginnen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 69 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Urteil zum Lissabon-Vertrag – Hessens Zukunft in Europa) – Drucks. 18/894 –

Beginnen wird Herr Kollege Krüger von der FDP-Fraktion. – Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP hat eine Aktuelle Stunde mit dem Titel beantragt: „Urteil zum Lissabon-Vertrag – Hessens Zukunft in Europa“. Bevor ich hierzu einige Sätze verliere, möchte ich eigentlich einmal der Hoffnung Ausdruck geben – nachdem wir eben von dem überragenden Sieg der Landtagsmannschaft gehört haben und nach einem Blick auf die Tagesordnung –, dass wir eine Chance haben, dieses Thema zwischen 9 und 9:30 Uhr in großer Gemeinsamkeit zu erledigen – natürlich mit Ausnahme der LINKEN. Das weiß ich von vornherein.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE):Aha!)

Meine Damen und Herren, ich werde mich bemühen, dies auch so in der Begründung zu formulieren. Ich kann das allerdings nicht versprechen, weil es mit Sicherheit eine Ausnahme gibt, die man ansprechen muss.

Nach den vielen Jubiläen, die wir in diesem Jahr hatten – Grundgesetz, Mauerfall und ähnliche Dinge mehr –, glaube ich, dass das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil vom 30. Juni 2009 einen sehr wesentlichen Meilenstein für die Zukunft Europas gelegt hat. Angesichts der Schlagzeilen: „Auf dieses Urteil schaut ganz Europa“, „Wer mehr Brüssel will, muss Berlin stärken“, usw., glaube ich,ist es angemessen,dass sich auch der Hessische Landtag mit diesem Thema beschäftigt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Was ist eigentlich geschehen?

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Meines Erachtens müssten sich hinter diesem Urteil, wenn man jedenfalls versucht, diese 74 Seiten einigermaßen zu lesen und zu verstehen, sowohl Kritiker als auch Befürworter endlich für die Zukunft versammeln können. Die vier wesentlichen Punkte, die hier festzuhalten sind und die eigentlich sehr wichtige Punkte sind, möchte ich wie folgt zusammenfassen.

Meine Damen und Herren, es ist allen Beteiligten, sowohl Träumern, Kritikern als auch Befürwortern, eindeutig ins Stammbuch geschrieben worden, dass eine Europäische Union nicht ein Bundesstaat ist und werden soll, sondern ein Verbund souveräner Staaten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich glaube, jedermann kann nachlesen, wie das formuliert worden ist.

Des Weiteren ist ein ganz wesentlicher Punkt, eine ganz wesentliche Schlussfolgerung, dass es keine sich verselbstständigende Zentralisierungsdynamik innerhalb Europas geben wird. Damit verbunden und eindeutig festgeschrieben: Die zukünftige Integrationsverantwortung liegt bei dem Gesetzgeber.

Ich zitiere wörtlich aus dem Urteil: Der „Raum zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse“ bleibt bei den Nationalstaaten. Das heißt im Klartext: Er bleibt in der Verantwortung des Bundestages. Er bleibt in der Verantwortung des Bundesrates, und abgeleitet daraus bleibt er auch in der Verantwortung der Landtage und der Landesparlamente, die über den Bundesrat Einfluss auf den zukünftigen Integrationsprozess haben werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Festzuhalten bleibt – auch das muss in das Stammbuch aller Beteiligten geschrieben werden –,dass der Vertrag von Lissabon als solcher verfassungskonform ist und dass sich alle Punkte, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aufgeführt hat, auf das Begleitgesetz beziehen, das die Mitbestimmungsrechte von Bundestag, Bundesrat und damit indirekt auch der Landtage festschreibt. Daran macht sich die Kritik fest.

Wir haben es hier mit einem Urteil von eindeutiger und ganz seltener Klarheit zu tun. Hier sind nicht nur einige Punkte herausgegriffen worden, sondern hier hat das Bundesverfassungsgericht ein komplettes Drehbuch für die Beteiligten geschrieben und das gleichzeitig mit dem Hinweis – manche sagen auch: der Drohung – verbunden, dass all dies zukünftig auch vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden kann und soll.

Für diejenigen, die sich da auskennen, rein praktisch bezogen: Es liegen ausreichend Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe vor, die dies dem Bundesverfassungsgericht ermöglichen, sodass das bereits heute zwar nicht als Drohung, aber als zarter, strenger, aber direkter Hinweis zu verstehen ist: Wer sich bemüht, egal ob Kommission, Europaparlament, Bundesregierung, Bundesrat oder Bundestag, von diesem Drehbuch abzuweichen

Herr Kollege, seien Sie so lieb, und kommen Sie zum Schluss.

ich komme zum Schluss, noch zwei Sätze –, der wird sich damit beschäftigen müssen, dass er diesen Hinweis ernst nehmen soll.

Meine Damen und Herren, wir vonseiten der FDP sind überzeugt, dass das, was die Hessische Landesregierung, insbesondere der Minister und die Staatssekretärin,in Bezug auf die Europapolitik auf den Weg gebracht und fortgeführt haben, der richtige Weg ist.Wir werden das nachher noch hören.

Meine Damen und Herren, über Krieg und Frieden, über Strafrecht, Polizei, über Einnahmen und Ausgaben, über Bildung, Medien und Religion wird im Wesentlichen in Deutschland entschieden werden, d. h. im Bundestag, im Bundesrat und in den Landtagen. Das ist eine gute Nachricht. Die sollten wir alle als gute Nachricht entgegennehmen.

Ein letzter Satz. Ich habe es schon gesagt: Das Urteil bedeutet aber auch eine Kritik an der SPD,

(Günter Rudolph (SPD):Was?)

die mit ihrer Tendenz,soziale Standards über Europa festlegen zu wollen, definitiv verkehrt liegt. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Dr. Reuter, SPD-Fraktion.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sehr guter Mann!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem Redebeitrag von Herrn Krüger habe ich sehr viel über den Lissabon-Vertrag gehört, aber wenig über den zweiten Teil, Hessens Zukunft in Europa. Aber das können wir vielleicht an einer anderen Stelle wiederholen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen, dass wir bei den europäischen Themen einen Hessenbezug finden müssen. Insofern war die Überschrift vielleicht gar nicht unklug gewählt.