Protokoll der Sitzung vom 23.05.2013

Meine sehr verehrten Damen! Ich eröffne die Sitzung, begrüße alle sehr herzlich und freue mich, dass wir beschlussfähig sind.

Wir haben heute noch eine ganze Reihe von Tagesordnungspunkten zu bewältigen. Dazu gehören die Punkte 5 bis 7, 8 bis 26, 28 bis 34,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

36, 37, 39, 41, 44, 50 bis 54, 56 bis 58, 60, 63, 65, 66, 71 und 73.

Noch eingegangen ist ein zusätzlicher Dringlicher Entschließungsantrag des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Fraktion betreffend demokratischer und sozialer Neustart statt Bankendiktatur und Euro-Regime, Drucks. 18/ 7414. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Dann wird das Tagesordnungspunkt 74 und kann nach Tagesordnungspunkt 52, der Aktuellen Stunde zu diesem Thema, abgestimmt werden.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Aufmerksamkeit. Ich verstehe die Erregung zwei Tage vor dem Fußballspiel. Wir hoffen auf einen deutschen Sieg am Samstag.

(Günter Rudolph (SPD): Sehr witzig!)

Wir sind hier neutral und wünschen allen alles Gute.

Zum Ablauf der Sitzung. Wir tagen heute bis zur Erledigung der Gesetzeslesungen bei einer Mittagspause von einer Stunde. Wir beginnen mit den Aktuellen Stunden, wie üblich, mit fünf Minuten Redezeit.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es herrscht eine Unruhe in diesem Haus, dass der Präsident mit seinen beiden Beisitzern Probleme hat, Ihren angedeuteten Zwischenrufen zu folgen. Ich bitte deshalb um etwas Aufmerksamkeit,

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

auch den Kollegen Rudolph.

Ich teile mit, dass nach Tagesordnungspunkt 51 der Tagesordnungspunkt 63 aufgerufen und ohne Aussprache sofort abgestimmt wird. Nach Tagesordnungspunkt 52 kommt Tagesordnungspunkt 74, ebenfalls gleiches Verfahren. Nach Tagesordnungspunkt 53 kommt Tagesordnungspunkt 73, ebenfalls gleiches Verfahren. Nach der Aktuellen Stunde geht es mit Tagesordnungspunkt 34 weiter.

Entschuldigt fehlt heute ab 18:40 Uhr Herr Ministerpräsident Bouffier. Herr Staatsminister Rhein ist heute ganztägig entschuldigt, ebenso Herr Staatsminister Dr. Schäfer. Herr Staatsminister Rentsch ist ab 18:15 Uhr entschuldigt. Bis 17 Uhr ist Herr Abg. Schäfer-Gümbel entschuldigt.

Die SPD hat heute ihren 150. Geburtstag zu feiern. Ich glaube, über alle Fraktionen hinweg wollen wir den Sozialdemokraten auch in schweren Zeiten gratulieren und alles Gute wünschen.

(Heiterkeit und Beifall)

Aber nicht nur die Sozialdemokraten werden 150, es gibt einen weiteren Geburtstag. Frau Abg. Janine Wissler feiert heute ihren 32. Geburtstag – herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses.

(Allgemeiner Beifall – Vizepräsident Frank Lortz überreicht einen Blumenstrauß.)

Meine Damen und Herren, das waren die amtlichen Mitteilungen. Wenn es von Ihrer Seite nichts mehr gibt, könnten wir in die Tagesordnung einsteigen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 50 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Bekenntnisorientierter Religionsunterricht an 27 Grundschulen ist Teil der gelebten Willkommens- kultur in Hessen – Muslime haben ein Anrecht auf ver- fassungskonforme Lösung statt rot-grüner Experimen- te) – Drucks. 18/7386 –

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, wir hatten es vereinbart: Wenn ein Abgeordneter spricht, gibt es keine Zwischenrufe. Aber wenn der Präsident etwas verliest, erst recht nicht. Darauf möchte ich Sie freundschaftlich hinweisen; das ist der Stil des Hauses, den wir einhalten wollen.

Das Wort hat der Kollege Mick für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Pathos ist eigentlich nicht mein Stil, aber der Anlass zu unserer heutigen Aktuellen Stunde ist wahrlich ein Grund zum Feiern.

(Beifall bei der FDP)

Ich hätte gedacht, dass vielleicht auch andere Fraktionen applaudieren, aber okay.

Ab dem kommenden Schuljahr wird an 27 Grundschulen in Hessen bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht angeboten werden. Ein langer und schwieriger Prozess wird damit zu einem guten Ende geführt. Es ist ein großer Erfolg dieser Landesregierung, insbesondere des Integrationsministers Hahn und der Kultusministerinnen Dorothea Henzler und Nicola Beer.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte noch einmal daran erinnern: In Hessen führen bereits zwölf Religionsgemeinschaften bekenntnisorientierten Religionsunterricht an den Schulen durch. Neben den naheliegenden wie den beiden großen christlichen Kirchen und natürlich den jüdischen Gemeinden sind das auch viele kleinere Gemeinden, auf die man gar nicht so ohne Weiteres kommt, beispielsweise Mennoniten oder Unitarier. Gerade eine große Religionsgemeinschaft wie der Islam war an hessischen Schulen bislang nicht vertreten. Das wird nun geändert.

Ich möchte klarstellen, dass dieser Religionsunterricht nicht zuerst ein integrationspolitisches Projekt ist. Vielmehr ist es zuallererst das Recht einer Religionsgemeinschaft, an den Schulen bekenntnisorientierten Religionsunterricht anzubieten, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Das ist auch eine Frage der Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften und ganz einfach eine Frage der Normalität. Das ist auch der Grund, warum wir uns immer wieder gegen halbgare Notlösungen entschieden haben, wie sie etwa in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen eingeführt wurden, wo z. B. ein staatlicher Beirat die Religionsgemeinschaften quasi imitiert. Auch eine Lösung über Islamkunde haben wir immer abgelehnt. Solche Lösungen sind nicht verfassungsgemäß und auch sachlich nicht sinnvoll.

Wenn wir uns etwa das wichtige Thema des interreligiösen Dialogs vor Augen führen, dann ist doch klar, dass dieser Dialog nur auf Augenhöhe funktionieren kann, d. h. wenn für alle Religionsgemeinschaften die gleichen Rechte gelten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber natürlich hat der Religionsunterricht auch einen integrationspolitischen Aspekt. Er ist Teil gelebter Willkommenskultur in Hessen. Den Schülern wird deutlich, dass ihre Religion genauso dazugehört wie alle anderen Religionen, wodurch sie sich willkommen fühlen und auch eine positive Identifikation mit unserem Land geschaffen wird.

Auf der anderen Seite – auch das muss man in diesem Zusammenhang erwähnen – hat ein solcher Religionsunterricht natürlich auch einen präventiven Charakter. Er ermöglicht, dass sich die Schüler ihr Wissen über ihre Religion an unseren Schulen aneignen und nicht darauf angewiesen sind, sich dieses Wissen von anderen Kräften zu holen, z. B. den hoch problematischen Salafisten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich denke aber, dass darüber hinaus noch ein ganz anderer, vielleicht sogar der wichtigste Faktor eintreten wird: Der Islam, der in der medialen Debatte immer sehr aufgeregt diskutiert wird, wird Teil des Alltags an unseren Schulen. Bald wird es so sein, dass ein Teil der Schüler in katholische Reli oder in evangelische Reli geht und ein anderer Teil in Islam-Reli. Damit wird ein Stück der gesellschaftlichen Vielfalt Normalität an unseren Schulen. Dadurch werden Berührungsängste abgebaut, und es werden Möglichkeiten zum Dialog geschaffen. Das ist die beste Voraussetzung für eine wirksame Integrationspolitik.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber nachdem wir die große politische Arbeit geleistet haben, geht es jetzt an die Bewältigung des Alltagsgeschäfts, an die Fragen, die im Alltag der Schulen eine Rolle spielen. Ich möchte da natürlich die weitere Ausbildung von Lehrkräften erwähnen oder auch die Entwicklung und Fortentwicklung des Curriculums, insbesondere für die weiterführenden Schulen. Aber das sind Dinge, die den Alltag beschäftigen. Wichtig war, dass wir auf der politischen Ebene die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Die sind jetzt geschaffen, und darauf können wir alle stolz sein.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich danke nicht nur der Landesregierung, unseren Ministerinnen und Ministern, sondern auch vor allem allen Mitarbeitern, die in anstrengender Kleinarbeit diese Herkulesaufgabe möglich gemacht haben. Auch danke ich allen Mitarbeitern und allen Vertretern, die am runden Tisch mitgewirkt haben, insbesondere auch den Vertreterinnen und Vertretern der Religionsgemeinschaften, die sich mit uns gemeinsam auf diesen schwierigen Weg gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht ist ein integrationspolitischer Meilenstein, mit dem Hessen erneut bundesweit Vorreiter ist. Das ist für uns als Koalition ein Grund, stolz zu sein. Ich denke, für das gesamte Haus ist es ein Grund zum Feiern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Öztürk, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Mick, ich schätze Sie sehr in Ihrer sachlichen und Ihrer politischen Darstellung der Materie. Allerdings möchte ich feststellen, dass der Applaus für Ihre Rede eher von der FDP kam, von der CDU kaum.

(Holger Bellino (CDU): Sie müssen einmal genauer hinschauen! – Alexander Bauer (CDU): Haben Sie denn geklatscht? – Weitere Zurufe von der CDU – Glockenzeichen des Präsidenten)