Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen einen schönen Morgen und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Jetzt können wir anfangen.
Ein weiterer Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung für Hessen liegt Ihnen vor. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist so. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 65 und könnte mit den Tagesordnungspunkten 38, 42 und 62 aufgerufen werden. Kein Widerspruch? – Dann können wir so verfahren.
Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 6. Dann folgt Tagesordnungspunkt 3, d. h. die Haushaltsberatung. Nach der Mittagspause beginnen wir mit Tagesordnungspunkt 38. Dazu werden, wie eben bekannt gegeben, die Tagesordnungspunkte 42, 62 und 65 aufgerufen.
Frau Kollegin, das machen wir später, wenn ich einen Spielbericht habe. Ich habe noch keinen Spielbericht. Ich weiß zwar, dass die Landtagself gespielt hat, und sie hat auch 6 : 5 gewonnen.
Aber noch fehlt mir der Spielbericht, um weitere Details bekannt geben zu können. Gleichwohl an dieser Stelle schon meinen Dank für das gelungene Spiel und den grandiosen Sieg.
Ich darf Ihnen bekannt geben, dass an Ihren Plätzen der Taschenkalender 2011 des Hessischen Landtags für Sie bereitliegt.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Hessisches Ausbildungsförderungsgesetz (HAföG) – Drucks. 18/2714 –
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Bildung darf nicht an den Kosten für den Schulweg scheitern – Drucks. 18/2715 –
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion darf ich Frau Kollegin Habermann das Wort erteilen. Die Redezeit beträgt zehn Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bildungschancen sind abhängig von der Herkunft und vom sozioökonomischen Status der Eltern. Diese Feststellung wurde inzwischen von so vielen Studien bestätigt, dass es
banal erscheint, sie zu wiederholen.Aber ich denke, es ist notwendig, sie zu wiederholen, solange wir uns nicht auf Maßnahmen einigen können, die diesem Skandal Abhilfe schaffen.
Meine Damen und Herren, es sind nicht allein fehlende Fördermöglichkeiten, bildungsferne oder anregungsarme Bedingungen in der Familie; oft ist es einfach nur der zu schmale Geldbeutel der Eltern, aus dem zusätzliche Lernmaterialien oder die Fahrt zur weiterführenden Schule nicht bezahlt werden können. Bildung sollte aber weder von der Herkunft abhängen noch am Einkommen der Eltern scheitern.
Es ist Aufgabe der Bildungspolitik, jedem einzelnen Kind den Weg zu einem möglichst hohen Bildungsabschluss zu öffnen und es dabei zu unterstützen – nicht nur um individuelle Lebensperspektiven zu sichern, sondern auch um den Bedarf unserer Gesellschaft an hoch qualifizierten jungen Menschen zu decken.
Das Hessische Ausbildungsförderungsgesetz, das wir Ihnen heute zur Beratung vorlegen, will Schülerinnen und Schülern den erfolgreichen Besuch einer Oberstufe erleichtern. Kern des Gesetzes ist eine finanzielle Unterstützung für Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien in Höhe von 50 bzw. 100 c monatlich ab dem Schuljahr 2011/2012. Mit diesem Zuschuss sollen Kosten beglichen werden können, die ausschließlich im Zusammenhang mit dem Schulbesuch stehen. Dazu gehören Fahrtkosten zur Schule, Lernmittel wie Arbeitshefte und Aufgabensammlungen, Fachliteratur oder z. B. auch Gebühren für einen Internetzugang.
Zur Berechnung des Anspruchs auf Landesförderung greifen wir auf die Regelungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zurück. Dort werden unter § 2 Abs. 1 auch Schülerinnen und Schüler erfasst, aber von einer Förderung nach BAföG ausgeschlossen, wenn sie noch zu Hause wohnen. Diese Lücke schließen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und einer Landesausbildungsförderung, deren Bezug sich ebenfalls an den Einkommensgrenzen des BAföG orientiert.
Anspruchsberechtigt wären danach Kinder aus Familien, deren Einkommen 2.000 bzw.– bei zwei Kindern – 2.500 c netto monatlich nicht überschreitet.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat sich mit ihrem Gesetzentwurf an einer Initiative des Landes Brandenburg orientiert.
Dort konnte die neue Ausbildungsförderung von den neuen Oberstufenschülern erstmals zum Beginn des Schuljahres beantragt werden und wird innerhalb der nächsten drei Jahre auf alle Oberstufenjahrgänge ausgedehnt. Ein ähnliches Verfahren haben wir uns auch für Hessen vorgestellt.Wir gehen dabei bewusst über die Forderung hinaus, eine entsprechende Regelung für Kinder aus Familien zu schaffen,die Leistungen nach dem SGB II beziehen.
Hier ist der Gesetzgeber in Berlin gefordert, eine Neuregelung der Bedarfssätze für Kinder zu treffen, die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird.
Zum einen habe der Gesetzgeber einen Anspruch auf Leistungen für besondere, unabweisbare Bedarfe vorzusehen, und zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die notwendigen Aufwendungen für Schulbedarf bei der Festlegung der Regelsätze für Kinder bisher unberücksichtigt blieben und dass diese Aufwendungen zum existenziellen Bedarf eines Kindes gehörten, denn ohne Deckung dieser Kosten drohe hilfsbedürftigen Kindern der Ausschluss von Lebenschancen. – So weit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Meine Damen und Herren, dieser Anspruch des Urteils ist nicht durch Chipkarten oder Bildungsgutscheine zu erfüllen,
sondern nur durch eine adäquate Berechnung der anfallenden Kosten für Bildung, und dies betrifft auch unabweisbaren Sonderbedarf für Fahrtkosten zur Bildungsstätte.
Im Marburger Urteil zur Kostenübernahme für ein Jahresticket zum Besuch einer Fachoberschule wird explizit darauf verwiesen, dass Bildung ein unbedingt erforderliches Teilhaberecht jedes Einzelnen sei und deshalb die Allgemeinheit in ihrem eigenen Interesse zur Realisierung dieses Rechts herangezogen werden könne.
Wenn der Antrag der GRÜNEN einen Sinn macht, dann den, diesen Zusammenhang noch einmal zu bekräftigen. Ansonsten, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, begrüßen wir selbstverständlich jede Bundesratsinitiative in diese Richtung und freuen uns, wenn auch alle SGB-II-Bezieher das Urteil von Marburg zur Kenntnis nehmen können.
Dieser Antrag löst aus unserer Sicht aber das grundlegende Problem nicht, dass es eben nicht nur die Bezieher von Sozialleistungen sind, denen es schwerfällt, in die Bildung ihrer Kinder zu investieren.
Es sind Familien mit niedrigem Einkommen, die sich zwar durch ihre Arbeit selbst ernähren und versorgen, aber zusätzliche Euros für Lernmaterial oder Fahrtkosten nur schwer aufbringen können. Es sind Eltern, für die es eine Frage der finanziellen Leistungsfähigkeit ist, wenn sie ihrem Kind den Weg zum Gymnasium bezahlen, statt es zum Suchen einer Lehrstelle zu ermuntern. Wer die Forderung nach gleichen und gerechten Bildungschancen ernst nimmt, der darf nicht allein mit dem Finger nach Berlin zeigen, sondern muss auch in unserem Bundesland Wege aufzeigen, um Hindernisse auf dem Weg zu einem höheren Bildungsabschluss abzubauen.
Unser Gesetzentwurf soll gerade Familien mit niedrigem Erwerbseinkommen berechtigen, Ausbildungsförderung für ihre Kinder zu beantragen. Dieser Gesetzentwurf ist deshalb ein kleiner, aber wichtiger Baustein auf dem Weg, bessere Bildungschancen zu schaffen.
Vielen Dank, Frau Habermann. – Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Ravensburg zu Wort gemeldet. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Bildungschancen unserer Kinder – das ist ein Thema, das meine Fraktion in ganz besonderem Maße beschäftigt. Das gilt natürlich auch für die Schulbuskosten. Wir wollen heute gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der FDP, aber auch mit allen anderen Fraktionen hier im Hause offen darüber diskutieren, welche Wege wir gehen können und wie wir dieses Problem lösen können.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir stimmen sicherlich darin überein, dass kein Kind von Bildung ausgeschlossen werden darf. Ich sage ganz bewusst „nicht ausgeschlossen werden darf“, weil wir davon überzeugt sind, dass Bildung der entscheidende Weg ist, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen,eine erfolgreiche berufliche Zukunft zu finden und finanziell unabhängig von staatlichen Unterstützungssystemen zu werden.
Meine Damen und Herren, Bildung ist der entscheidende Weg aus einer Hartz-IV-Karriere. Weiterhin steht fest: Je höher der Bildungsabschluss ist, umso geringer ist das Risiko, arbeitslos zu werden. Deshalb möchte ich ausdrücklich alle Eltern und alle Alleinerziehenden hervorheben, die die schulische Entwicklung ihrer Kinder so fördern, dass diese am Ende der Sekundarstufe I erfolgreich sind und den Weg zum Abitur oder zu einem weiterführenden beruflichen Bildungsgang, z. B. in der Fachoberschule, wählen können. Diese Familien verhalten sich in vorbildlicher Weise in Verantwortung für ihre Kinder. Diese Familien dürfen wir keineswegs alleine lassen.