Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Ich sage Ihnen, das ist ganz schön schnell im Verhältnis zu der Zeit – das hat Ihnen Frau Kollegin Wallmann vorgehal

ten –, in der Sie die Möglichkeit gehabt haben, das Asylbewerberleistungsgesetz zu verändern, über das Sie jetzt klagen. Anscheinend mussten Sie, wie Frau Öztürk gesagt hat, auch einiges aushalten; sonst hätten Sie es in der Zeit, als Sie die Verantwortung dafür hatten, schon längst verändert, oder Sie hätten es verändern können.

Deswegen will ich Ihnen sehr deutlich sagen: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts – da wird sich das Land Hessen entsprechend einbringen – wird abgesenkte Leistungen für Asylbewerber nicht ausschließen; auch das Bundesverfassungsgericht schließt dies nämlich nicht aus. Ansonsten wäre eine Implementierung in die Sozialleistungssysteme des SGB II und des SGB XII kaum zu verhindern. Letztendlich wäre man dann auch nicht flexibel genug, um sich auf vorübergehende Aufenthalte in Deutschland einzustellen.

Insofern bin ich der festen Überzeugung, wir müssen immer wieder deutlich machen, dass Asylsuchende nicht den gleichen Aufenthaltsstatus und nicht die gleichen Ansprüche an den Staat haben wie andere Bevölkerungsgruppen. Deswegen ist an dieser Stelle eine eigene Gesetzgebung notwendig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will noch etwas sagen. Wir haben eine sehr gute Erfahrung gemacht. Ich bin auch vor dem Hintergrund der angespannten Situation ausgesprochen dankbar dafür, dass die kommunalen Gebietskörperschaften in Hessen im Hinblick auf die Zuweisungspraxis eine hohe Kooperationsbereitschaft an den Tag gelegt haben. Es ist nicht einfach, eine sprunghaft ansteigende Zahl von Asylbewerbern unterzubringen. Aber letztendlich verantwortlich dafür sind die kommunalen Gebietskörperschaften.

Jetzt schauen Sie sich einmal an, wer, wenn es solche Zuweisungen gibt, die politische Verantwortung in den entsprechenden Bereichen trägt. Ich sage: Wer menschenunwürdige Zustände bei der Unterbringung beklagt, erhebt schwere Vorwürfe gegenüber den kommunalen Gebietskörperschaften.

(Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich glaube, dass sie in dieser schwierigen Situation sehr verantwortungsbewusst, sehr konsequent und ausgesprochen hilfreich versucht haben, die entsprechenden Aufgaben zu meistern. An dieser Stelle gilt mein Dank den Mitarbeitern in den kommunalen Gebietskörperschaften dafür, dass sie sich dieser Aufgabe gestellt haben.

Insofern bin ich der festen Überzeugung, dass die Kommunen ihrer Verantwortung gerecht werden, genauso wie das Land seiner Verantwortung im Rahmen der Erstunterbringung und in der Behandlung der Fälle gerecht wird. Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass sich nicht nur Geldleistungen, sondern auch Sachleistungen rechtfertigen lassen, dass es einer Lex specialis bedarf und dass wir unseren Beitrag dazu leisten, dass diejenigen, die in unserem Land berechtigt Schutz suchen, auch aufgenommen werden. Wir müssen aber mit der gleichen Konsequenz gegen diejenigen vorgehen, die meinen, unser System ausnutzen zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Schönen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Cárdenas zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Ich möchte gern noch zu zwei Punkten Stellung nehmen. Erstens. Frau Wallmann, Sie haben gesagt, ich soll gefälligst Entscheidungen im Asylverfahren respektieren. Das tue ich. Aber Sie wissen auch, dass z. B. Vergewaltigung und Genitalverstümmelung im Regelfall noch nicht als Asylgrund anerkannt werden. Ich denke, allein an dem Punkt kann man durchaus Kritik daran üben, wie bei uns Asylverfahren laufen.

Zweitens. Zum Kosovo. Herr Minister, Sie haben eben gesagt, keiner sei anerkannt worden.

(Minister Stefan Grüttner: Fast keiner, habe ich ge- sagt! Fast null!)

Okay. Sie wissen aber auch, dass z. B. Amnesty und Pro Asyl, die sich sehr gut auskennen und regelmäßig dorthin fahren, ganz deutlich sagen, dass im Kosovo die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Ich kann Imke Dierßen, die Europaexpertin von Amnesty, zitieren:

„Roma werden im Kosovo systematisch diskriminiert, können kein Leben in Sicherheit und Würde führen. Davor verschließen die deutschen Behörden die Augen.“ Beide Organisationen forderten einen sofortigen Abschiebestopp in den Kosovo.

Das können Sie nicht einfach leugnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Schönen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Es ist Überweisung an den Innenausschuss vorgeschlagen. – Dem ist so.

Dann rufe ich jetzt den Tagesordnungspunkt 15 auf:

a) Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz über die Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen – Drucks. 18/6682 zu Drucks. 18/5832 –

Hierzu gibt es einen

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucks. 18/6769 –

und einen

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP – Drucks. 18/6785 –

b) Zweite Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessisches Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Hessisches Wohnraumförderungsgesetz – HessWoFG) – Drucks. 18/6683 zu Drucks. 18/5878 –

Berichterstatter zu beiden Tagesordnungspunkten ist der Kollege Mack. Herr Kollege Mack, Sie haben das Wort zur Berichterstattung.

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz über die Förderung von sozialem Wohnraum in Hessen, Drucks. 18/5832: Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, GRÜNEN und LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen.

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (Hessisches Wohn- raumförderungsgesetz – HessWoFG), Drucks. 18/5878: Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von GRÜNEN und LINKEN bei Enthaltung der SPD, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schönen Dank, Herr Kollege Mack. – Als Erster hat sich Herr Kollege Lenders für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt zehn Minuten – kann sein, muss aber nicht sein. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wohnraumförderung ist eine der wichtigen Aufgaben des Landes. Darüber gibt es in diesem Hause auch keinen Streit. Aber über die Instrumente, vor allem über die Ausrichtung der Instrumente gibt es durchaus geteilte Ansichten. Ich finde, das ist in einer vernünftigen politischen Auseinandersetzung auch überhaupt nicht schlimm.

Lassen Sie mich am heutigen Tag über die Herausforderungen in der Wohnungsbaupolitik sprechen, die wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf angehen wollen. Denn auf diese wollen wir Antworten geben und nicht die Schlachten von gestern schlagen, was die Opposition im Landtag mit Vorliebe tut.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte kurz auf eine Forderung eingehen, die in den anderen Gesetzentwürfen steht, nämlich die Forderung nach Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe.

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, abgesehen davon, dass eine Fehlbelegungsabgabe nach dem alten Strickmuster heute überhaupt nur noch die Städte Frankfurt und Wiesbaden erheben dürften, muss man klar sagen, dass diese Fehlbelegungsabgabe immer dazu geführt hat, dass wir nicht zu einer vernünftigen sozialen Durchmischung von Wohngebieten gekommen sind.

Meine Damen und Herren, die Fehlbelegungsabgabe trifft eben immer die Falschen. Denn das sind die Haushalte mit den Einkommen, die gerade aus der Bezugsberechtigung einer Sozialwohnung herausgewachsen sind. Die werden dann mit einer Fehlbelegungsabgabe quasi bestraft. Das ist sozial ungerecht.

(Beifall bei der FDP)

Als Liberale wollen wir den Menschen mit einem modernen Wohnraumförderungsgesetz zielgerichteter und effektiver individuell helfen und vor allem die Herausforderungen der kommenden Jahre bewältigen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Deswegen sind die Ziele in § 2 des Gesetzentwurfs ausdrücklich aufgezählt. Das sind Bildung von Wohneigentum, Mietwohnraum schaffen für Haushalte, die sich nicht am Markt mit Wohnraum versorgen können, Anpassung an den demografischen Wandel, energetische Sanierung, Barrierefreiheit, aber auch Erhaltung der städtebaulichen Funktion von Wohnquartieren.

Meine Damen und Herren, ich habe in der Diskussion nicht verstanden, dass Sie gerade die Förderung des Wohnumfeldes kritisieren, weil das doch einen erheblichen Beitrag dazu leistet, ein vernünftiges Wohnklima zu schaffen. Das kommt allen Menschen zugute.

Die Eigentumsbildung ist einer der Kernkritikpunkte von Ihnen. Da hierzu die Änderungsanträge von SPD und LINKEN vorliegen, was den Vorrang von Wohneigentum angeht, will ich darauf gerne eingehen. Wir erleben im Augenblick eine Zeit, in der Geldanlagen einer extrem niedrigen Verzinsung unterliegen. Ich will deshalb deutlich machen, dass die Schaffung von Wohneigentum eine der wichtigsten Möglichkeiten für die Bürger ist, um sich vor Altersarmut zu schützen.

(Beifall bei der FDP)

Die Möglichkeit dazu schaffen wir mit diesem Gesetz. Wir wollen den Menschen diese Möglichkeit geben. Sie wollen den Menschen diese Möglichkeit nicht geben.

Der Vertreter des Landkreistages hat es in der Anhörung ganz deutlich gemacht: Gerade für den ländlichen Raum ist die Schaffung von Wohneigentum enorm wichtig. CDU und FDP wollen, dass auch der ländliche Raum entsprechend seiner Bedürfnisse Berücksichtigung findet. Die Opposition will ausschließlich den Ballungsraum fördern. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen der bürgerlichen Koalition und den linken Minderheiten im Hause.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo herrscht denn die Wohnungsnot, im ländlichen Raum oder in den Großstädten?)

Meine Damen und Herren, diese Koalition schafft mit diesem Gesetz ein zeitgemäßes und modernes Gesetz zur Wohnraumförderung. Herr Schaus, die Politik muss sich den Veränderungen der Menschen anpassen und nicht die Menschen den Politikvorstellungen. Deshalb sind Instrumente wie die Fehlbelegungsabgabe oder das Zweckentfremdungsgesetz Schnee von gestern.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wer wie die SPD noch dazu die Verdienstgrenzen für den sozialen Wohnungsbau anheben will, aber gleichzeitig eine Fehlbelegungsabgabe erheben will, der zeigt, dass er keine Richtung in seinen Anträgen hat. Wenn die Gehaltsgrenzen weiter steigen, wird es auch keine Einnahmen aus einer Fehlbelegungsabgabe geben. Meine Damen und Herren von der SPD, an der Stelle sollten Sie Ihre Vorstellungen noch einmal deutlich überarbeiten. Auch die Kollegen von den GRÜNEN sind an dieser Stelle komplett anderer Auffassung.