Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

treffen an keiner Stelle diejenigen, die mit der Umsetzung oder der Erarbeitung des Aktionsplans befasst waren und sind.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)

Im Rahmen der Durchführung dieses Aktionsplans war es das Ziel, unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und ihrer Organisationen die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu erarbeiten.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Warum haben Sie sie denn dann nicht richtig beteiligt? Warum mussten die innerhalb von zwei Wochen antworten?)

Ich habe das Mikrofon, Herr Dr. Spies. Ich bin lauter als Sie.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Ich bin laut genug!)

In den 20 Kapiteln des Aktionsplanes wurden zu allen gesellschaftlich relevanten Themen insgesamt 70 Grundsatzziele formuliert. Darüber hinaus wurden über 200 Einzelziele mit über 350 dazugehörigen Maßnahmen zusammengetragen. Wer vor diesem Hintergrund in einem Antrag schreibt, in einer Presseerklärung erklärt und an diesem Pult sagt, dass dies nur ein Gerüst sei, dass konkrete Maßnahmen und Ziele fehlen würden, der hat den Aktionsplan sicherlich nicht gelesen.

(Beifall bei der CDU)

Insofern bin ich der Überzeugung, dass der von der Landesregierung beschlossene und im August veröffentlichte Aktionsplan ein bedeutender Schritt in der hessischen Behindertenpolitik ist. Er ist ein bedeutender Schritt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Hessen. Alle, die an der Erarbeitung dieses Aktionsplans beteiligt waren, können mit Recht stolz darauf sein, was wir hier vorgelegt haben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Gleichzeitig ist immer betont worden, dass die Vorlage des Aktionsplans nicht das Ende eines Prozesses ist. Das habe ich gerade in dieser Woche anlässlich der Auszeichnung von Unternehmen gesagt, die sich vorbildhaft um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen kümmern. Der Aktionsplan ist die Grundlage eines Prozesses in Richtung einer inklusiven Gesellschaft. Dazu bietet dieser Aktionsplan eine hervorragende Grundlage, auf der wir gemeinsam weiter voranschreiten können.

(Beifall bei der CDU)

Insofern brauchen wir Ihre Aufforderung nicht, sondern das ist mit der Vorlage des Aktionsplanes intendiert. Dort ist neben den Maßnahmen und Zielen eine umfassende Bestandsaufnahme bereits erreichter Ziele und vollzogener Maßnahmen aufgeführt. Dieser Aktionsplan veranschaulicht anhand guter Beispiele auch, was heute bereits realisiert ist.

Insofern können wir festhalten, dass mit dem Aktionsplan ein umfassender, aber auch angemessener Rahmen und damit eine Richtschnur für die hessische Behindertenpolitik der nächsten Jahre geschaffen worden ist.

An dieser Stelle ist es mir auch wichtig, noch einmal zu betonen, dass der Aktionsplan von Anfang an unter Mitar

beit der Verbände und Organisationen der Menschen mit Behinderungen in Hessen entstanden ist und dass eine Vielzahl ihrer Ideen darin aufgenommen wurde. Die Sicht der Betroffenen wurde also berücksichtigt. Sie finden daher in den einzelnen Kapiteln des Aktionsplans sowohl Ziele als auch Maßnahmen, die gemeinsam mit den Verbänden und Organisationen erarbeitet worden sind. Das entspricht dem Geist unseres hessischen Aktionsplans.

Im Übrigen ist eine ganze Reihe von Maßnahmen bereits umgesetzt worden, z. B. die in Kapitel 4 angekündigte Auslobung eines Preises für universelles Design. Das hört sich komisch an; letztendlich führt das aber dazu, dass Barrierefreiheit umgesetzt wird.

Wir stehen in der Zwischenzeit mit sechs kommunalen Gebietskörperschaften in Kontakt, die gern Modellregionen werden wollen, mit dem Ziel, in den Jahren 2013 und 2014 ausgewählte Aspekte der Barrierefreiheit konkret zu erproben. Dabei wird jede Region einen thematischen Schwerpunkt haben, den sie in Abstimmung mit der Hessischen Landesregierung möglichst nachhaltig und konkret umzusetzen versucht. Dadurch werden auch Wissensfortschritte erzielt, die in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden können.

Bereits erwähnt haben die Sprecher der Regierungsfraktionen, dass wir im hessischen Landeshaushalt – sofern er morgen verabschiedet wird – in den nächsten beiden Jahren 1 Million € zur Umsetzung des Aktionsplans bereitstellen. Das ist im Vergleich aller deutschen Länder die größte Summe zur Umsetzung eines Aktionsplans. Das machen wir in Hessen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da muss man sich einmal anschauen, wie man den Worten Taten folgen lässt. Ich habe mir herausgesucht, welche Haushaltsanträge die SPD-Fraktion zur Behindertenpolitik gestellt hat. An Ihrer Stelle wäre ich jetzt einmal ganz ruhig. Sie verbrämen das alles mit dem Hinweis auf das Sozialbudget in Höhe von 30 Millionen €. Damit kommen Sie. Aber wenn man dieses Sozialbudget und Ihren Antrag auseinandernimmt, stellt man fest, dass für den Bereich „Gesundheit erhalten, Pflege sichern, Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen“ gerade einmal 4 Millionen € übrig bleiben. Wenn man das Ihrem Antrag entsprechend analysiert, erkennt man, es bedeutet, dass mit diesen 4 Millionen € Frühförderung, Selbsthilfe, Suchtprävention, Gesundheitsförderung, Gesundheit und Migration, Hospizdienste sowie die Unterstützung demenzkranker Pflegebedürftiger finanziert werden sollen.

Ist das Ihr Ansatz für eine Behindertenpolitik in Hessen? Verstecken Sie sich dahinter? Sie haben an dieser Stelle nicht mehr zu bieten als das, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen bereits auf den Weg gebracht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern ist es leider so: Ich sage immer, wenn wir in der Behindertenpolitik über Barrierefreiheit sprechen, ist es zuallererst notwendig, die Barrieren in den Köpfen zu beseitigen. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass wir über eine Bewusstseinsveränderung den Weg in eine inklusive Gesellschaft besser ebnen können.

Allerdings muss ich Ihnen sagen, Sie haben bei der Behindertenpolitik eine ganze Reihe von Barrieren nicht im Kopf, weil Sie die Realitäten schlicht und einfach nicht se

hen wollen. Sie sind die Einzigen, die kritisieren. Es ist schade, dass Sie sich nicht, wie die Behindertenverbände und die Behindertenorganisationen in Hessen, auf einen konstruktiven Weg begeben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Spies.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Staatsminister, aus Ihrem Beitrag kann man vor allen Dingen eines schließen: dass Sie offenkundig schon seit Langem mit keinem Betroffenen mehr geredet haben. Sonst wäre es Ihnen nämlich nicht völlig unbekannt, in welchem Ausmaß ihr Aktionsplan in den Reihen der Betroffenen kritisiert worden ist.

(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich war die Kritik der Verbände massiv und umfassend. Sie sind nur höflich genug, das in nette Worte zu kleiden. Aber, Herr Staatsminister, möglicherweise kommt das dann bei Ihnen nicht an.

(Holger Bellino (CDU): Das ist Ihre selektive Wahrnehmung!)

Tatsache ist, dass Sie, nachdem Sie endlos lange gebraucht haben, um der Aufforderung des Landtags nachzukommen – Sie haben selbst darauf verwiesen –,

(Minister Stefan Grüttner: Sie verwechseln das gera- de!)

den Betroffenen gerade einmal ein paar Tage Zeit geben wollten, um auf Ihren Entwurf zu reagieren. Erst ein Antrag der SPD-Fraktion hat Sie dazu gebracht, den Leuten so viel Luft zu geben, dass sie das, was sie zu kommentieren hatten, ins Reine schreiben konnten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, das ist gerade im Umgang mit diesem Problem ein fragwürdiger Stil. Aber es entspricht dem Stil dieser Landesregierung, in Fragen der Sozialpolitik par ordre du mufti vorzugehen,

(Holger Bellino (CDU): Glauben Sie das, was Sie sagen?)

und es entspricht auch dem Stil dieser Landesregierung, die Betroffenen vor vollendete Tatsachen zu stellen, also gerade nicht mit denen zu reden, um die es geht oder die sich da engagieren. Herr Staatsminister, ich bin nicht derjenige, der auf der VdK-Jahreshauptversammlung Pfiffe erntet.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Staatsminister, ausgerechnet der Erfinder der „Operation düstere Zukunft“ hat sich an dieser Stelle herausgenommen, das Sozialbudget zu kritisieren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das zeigt wieder einmal, dass Sie für die Aufgabe, die man Ihnen bedauerlicherweise übertragen hat, völlig ungeeignet sind,

(Beifall bei der SPD)

weil Sie – jetzt komme ich zum Schluss – einen wesentlichen Gesichtspunkt nicht verstanden haben. Ich habe vorhin versucht, Ihnen zu erklären – es ist offenkundig nicht angekommen –,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das liegt aber auch am Redner!)

dass der Umgang mit und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen eine Frage der Sozialraumorientierung und des Umfelds ist und dass deshalb eine Vielzahl von Maßnahmen ineinandergreift. Herr Staatsminister, bei allem Respekt: In einem solch großen und reichen Land wie Hessen, auf dessen wirtschaftliche Erfolge Sie so gern verweisen – sie haben zwar nichts mit dieser Landesregierung zu tun, sind aber ohne Zweifel vorhanden –,

(Zurufe der Abg. Holger Bellino und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

rühmen Sie sich dafür, dass Sie zur Bewältigung der wirklich beachtlichen Herausforderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen eine Stabsstelle einrichten und 1 Million € im Haushalt bereitstellen. Herr Staatsminister, an Ihrer Stelle würde ich das schamhaft verschweigen.

(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Wenn Sie sitzen geblieben wären, wäre es besser gewesen! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Si tacuisses, philosophus mansisses!)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich stelle fest, es ist vereinbart worden, alle drei Anträge zur weiteren Beratung an den Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf: