Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Der öffentliche Dienst in Hessen wird innovativ, modern und leistungsfähig bleiben. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Hessen, die Beamtinnen und Beamten, brauchen sich vor Beschäftigten in der freien Wirtschaft nicht zu verstecken. Der Gesetzentwurf, den wir heute einbringen, wird als Gesetz die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das auch so bleibt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Kollege Heinz, vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Rudolph für die SPD-Fraktion.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bellino hat mir zugerufen: „sachlich“. Dazu sage ich: dito.

(Zuruf)

Ach, Herr Kollege Lortz war es. Entschuldigung. – Das ist schon dreist. Ich bin heute Morgen aber wohlgesonnen. Ich bin überwiegend friedlich und freue mich auch auf andere Tagesordnungspunkte heute.

(Heiterkeit und Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Weil ich friedlich gestimmt bin, will ich mich zunächst bei den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP bedanken. Ich bin da ehrlich. Das hätten wir nicht hinbekommen. Wir hätten als Fraktion keinen Gesetzentwurf mit 420 Seiten einbringen können.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so- wie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist eine Fleißarbeit. Ich weiß, dass der verehrte Herr Innenminister gesagt hat, er biete auch unserer Fraktion Hilfe an. Aber Sie werden da Verständnis haben: Wir dürfen unsere politischen Initiativen nicht mit Ihnen absprechen. Das ist nicht zulässig.

Ich komme damit zur ersten unfreundlichen Bemerkung. Im Kern macht die Landesregierung die Arbeit für die Fraktion, obwohl es, Herr Innenminister, Ihre Aufgabe wäre, den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Dienstrechts in den Landtag einzubringen. Das ist die ureigenste Aufgabe der Regierung bzw. des Innenministers und nicht der Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei der SPD – Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)

Sie können das als kleinlich abtun. Das muss ich zur Kenntnis nehmen. Okay.

Über sechs Jahre, nachdem im Rahmen der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder verlagert wurde – über sechs Jahre danach –, machen CDU und FDP bzw. macht der Innenminister mit seinem Gesetzentwurf von dieser Kompetenz Gebrauch.

Das sage ich etwas ernster. Natürlich machen Sie mit diesem Verfahren etwas. Zum wiederholten Male findet damit keine regierungsinterne Anhörung statt. Das ist ein Verfahren, das üblich wird. Das erleben wir im Sozialbereich. Das erleben wir hier. Der Entwurf zum Kinderförderungsgesetz ist das nächste Beispiel.

Die Verbände legen Wert darauf, möglichst früh eingebunden zu werden. Übrigens profitiert die Regierung immer von den Anregungen. Sie kann das dann in den Kabinettsdurchgängen einbringen. Sie kann dann vor Einbringung in den Landtag die sinnvollen Ergänzungen und Änderungen der Spitzenverbände und der Anzuhörenden mit aufnehmen. Herr Innenminister, kehren Sie endlich zum ordnungsgemäßen Einbringungsverfahren der Gesetzentwürfe zurück.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Der als großer Wurf angekündigte Reformansatz des Dienstrechts entpuppt sich im Kern als ein Gesetz mit vielen technischen Regelungen, aber wenigen Reformansätzen. Herr Kollege Heinz, ja, der einfache Dienst wird abgeschafft werden. Das ist in Ordnung. Aber er spielt in der praktischen Arbeit und in der praktischen Ausgestaltung kaum noch eine Rolle. Denn in der Tat kann kein Mensch von A 1 oder A 2 leben. Da sind Sie fast unter dem von uns gewünschten Mindestlohn von 8,50 €. Dass es den einfachen Dienst nicht mehr geben soll, ist völlig in Ordnung.

Aber er spielt in der Beamtenhierarchie und in der Beamtenlaufbahn keine Rolle mehr.

Hinsichtlich der Besoldung wollen Sie das Grundgehalt zukünftig nicht mehr vom Dienstalter ausgehend festsetzen, sondern nach Stufen bemessen. Hier hat sich in der Rechtsprechung und im Tarifrecht etwas geändert. Da sind wir uns einig. Das ist eine durchaus sinnvolle Maßnahme. Wir werden aber genau aufpassen, ob es bei der Überleitung zu Schlechterstellungen kommen wird. Ich glaube, die Beamten, die jetzt in den entsprechenden Besoldungsstufen sind, müssen Besitzstandswahrung haben. Herr Kollege Lortz, davon verstehen aber nur die Leute etwas, die sich im Beamtenrecht auskennen.

Das zu machen, ist eine zwingende Notwendigkeit wegen der Rechtsprechung in der Europäischen Union. Wir sind da gespannt. Es laufen entsprechende parlamentarische Anfragen, wie Sie damit in der Umsetzung umgehen wollen.

Reformorientierte Inhalte fehlen dagegen in diesem Gesetzentwurf. Insbesondere fehlen ordentliche Beteiligungsund Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften, aber auch der Berufsverbände. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie betrachten die Gewerkschaften und auch den Beamtenbund eher als lästige Bittsteller denn als Organisationen, die konstruktiv mitarbeiten.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)

Auch die Umsetzung der Rechtsprechung der Europäischen Union wird nur bedingt vorgenommen werden. Da geht es etwa um den Verfall des Erholungsurlaubs. Da haben wir eine andere Rechtsprechung. Im Falle einer längeren Erkrankung darf der Urlaub nicht einfach verfallen. Die Rechtsprechung aus der Europäischen Union haben Sie explizit nicht übernommen.

Auch das Festhalten an dem tradierten System der dienstlichen Beurteilung entspricht nicht modernen Instrumenten einer Personalentwicklungsplanung. Auch das vermissen wir. Herr Heinz, auch das hätte in einen solchen Gesetzentwurf hineingehört. Dabei geht es um die Fragen, wie Beamte bewertet oder beurteilt werden sollen und welche Möglichkeiten sich daraus ergeben.

Darauf haben Sie zu Recht hingewiesen. Ein interessanter Aspekt ist das Ergebnis der Mediatorengruppe. Dabei geht es um den Wechsel aus dem öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft. Ob das von Ihnen vorgeschlagene Instrument des Altersgeldes tatsächlich der richtige Weg ist und ob man dadurch die Durchlässigkeit des öffentlichen Dienstes erhöhen und dessen Attraktivität steigern wird, werden wir in der Anhörung genauer betrachten. Zum Beispiel kennen wir noch gar nicht die Stellungnahmen der Fachbehörden dazu.

Die vorgesehenen Stellenhebungen bei der Polizei entsprechen jahrelang erhobenen Forderungen auch der SPDFraktion. Wir wissen, dass es einen Bauch bei den Stellen mit Besoldung A 9 und A 10 gibt. Frau Kollegin Faeser hat es am Dienstag gesagt: Von der Sache her sind wir dafür.

Interessant ist, wie Sie das finanzieren wollen. Sie stellen im Haushalt dar, dass Sie weniger Geld in den Länderfinanzausgleich zahlen wollen. Das ist bemerkenswert. Das kann man so machen. Ich sage ausdrücklich, dass wir uns das für zukünftige Deckungsvorschläge vorbehalten werden. Ich sage Ihnen nur gleich: Belästigen Sie uns dann bitte nicht mit dem Hinweis, das sei unseriös.

Meine Damen und Herren, was Sie können, können wir schon lange.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE) – Holger Bellino (CDU): Das wäre neu!)

Herr Innenminister, bei der Polizei wollen wir noch DuZ ansprechen – Dienst zu ungünstigen Zeiten. Auch das ist ein Thema. Sie haben ja gesagt, das sei bundesweit die beste Regelung. Seit 2004 ist das unverändert.

(Nancy Faeser (SPD): So ist es!)

Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen haben da günstigere Regelungen.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

Nein, ich glaube, wir sind uns einig: Die Polizeibeamten, die diesen verantwortungsvollen, schwierigen Dienst ausüben, müssen wir entsprechend honorieren. Da gibt es einen Konsens.

(Nancy Faeser (SPD): Genau!)

Die Frage dort ist die Schwerpunktsetzung. Denn die Stellenanhebungen kommen Polizeibeamten in Nordhessen nicht zugute. Jetzt können Sie sagen: Auch da gilt, dass Frankfurt ein Schwerpunkt ist. – Aber Sie müssen das schon ernst nehmen.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

Bei den Mitarbeitern schaffen Sie schon an der einen oder anderen Stelle Verdruss.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Tat sind hier viele Dinge technische Umsetzungen, Organisationsveränderungen und Anpassungen. Da gibt es nichts zu kritisieren. Zu den Schwerpunkten habe ich etwas gesagt. Die wollen wir im Rahmen der Anhörung beraten.

Noch etwas zum Schluss: Bei der Wochenarbeitszeit haben Sie wieder die Chance versäumt.

(Nancy Faeser (SPD): Genau!)

Herr Innenminister, warum halten Sie an der 42-StundenWoche auch für Polizeibeamte im Vollzugsdienst – das gilt ähnlich für den Justizbereich – fest? Das sind die Ergebnisse aus vielen Rückmeldungen und Gesprächen: Diese enorme Belastung muss reduziert werden.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

In unserem Landtagswahlprogramm werden wir vorschlagen, für die besonders belasteten Dienste schrittweise von der 42-Stunden-Woche zurückzugehen. Das ist ein Signal in diese Bereiche. Aber das ist auch eine Anerkennung der Arbeit von Polizeibeamten und Justizbeamten im Schichtdienst. Herr Innenminister, Herr Heinz, dieses Signal vermissen wir. Dann wäre das eine echte Reform, eine echte Modernisierung des Dienstrechts gewesen. Diese Chance haben Sie versäumt. Aber wir werden das weiterhin aufgreifen.

Ansonsten freuen wir uns in der Tat auf die Beratung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Rudolph. – Als Nächster spricht Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Endlich, mehr als sechs Jahre nach der Föderalismusreform I, wurde uns vor wenigen Tagen von CDU und FDP ein Fraktionsgesetzentwurf zur Dienstrechtsreform für alle 106.000 hessische Beamtinnen und Beamten mit einem Umfang von 450 Seiten vorgelegt. Mein erstes Fazit dazu, gerichtet an Herrn Minister Rhein und an die Fraktionen: Das ist weitestgehend alter Wein in neuen Schläuchen.