Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Bei uns in Deutschland gab und gibt es Modellprojekte. Aber das Rad soll immer wieder neu erfunden werden, und dabei dreht man sich im Kreis.

Die Länder konnten sich nicht einigen und forderten gemeinsam eine Regelung per Bundesgesetz. Der Bund wollte nichts vorschreiben, solange sich die Länder nicht einig sind. Im Mai 2012 waren sich die Länder – außer Bayern – schließlich einig und wollten bundesweit ein verpflichtendes Hygienekontrollbarometer in Ampelfarben einrichten. Sie forderten die Bundesministerin Aigner gemeinsam auf, dies gesetzlich zu regeln.

Was machte Frau Aigner? – Sie lehnte es vehement ab und forderte die Länder im Gegenzug auf, sich erst einmal auf ein einheitliches Modell zu einigen. Das ist sehr sinnvoll: Der Ball geht wieder hin und her.

Drei Tage vor der Verbraucherschutzkonferenz in Hamburg im September 2012 hat Frau Aigner wiederum ihre Meinung geändert, eine Rolle rückwärts gemacht und angekündigt, zu prüfen, wie man ein einheitliches Zeichen für die Bekanntgabe der Kontrollergebnisse in allen Ländern verpflichtend einführen könnte. Was für ein Tatendrang.

Was machte Frau Puttrich? – Sie bejubelte den Trippelschritt, zu dem sich Frau Aigner durchgerungen hatte, und erwartete – Zitat –, „dass diese Prüfung lösungsorientiert erfolgt“. Wow! Lösungsorientiert soll sie erfolgen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Was ist jetzt? – Die Einführung der Hygieneampel steht wieder am Anfang; denn während geprüft wird – wie wir wissen, dauert so etwas ewig –, soll jedes Land für sich selbst entscheiden, was der richtige Weg ist. Frau Aigner liefert also nicht, Frau Puttrich wagt es nicht, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen, und deswegen sage ich: Das ist einfach nur noch ätzend. Es ist ein Trauerspiel.

(Beifall bei der SPD)

In der Zeit, in der der Ball hin und her gespielt wird, wissen die Menschen nicht, was sie essen und wie sauber es ist. Die schwarz-gelben – insbesondere die gelben – Wirtschaftsminister trinken sich ein Sektchen auf die Unfähigkeit von Politik.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Aber nach der Wahl in Niedersachsen gibt es einen quertreibenden FDP-Wirtschaftsminister weniger, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Der neue Vorstoß der GRÜNEN ist zwar aller Ehren wert, aber angesichts der ersten Reaktion glaube ich, dass er genauso wie der SPD-Antrag im vergangenen Jahr abgelehnt werden wird.

Jetzt kommen wir zu dem Thema Freiwilligkeit. Davon sprechen Frau Puttrich und auch Frau Lannert manchmal. Es gab unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Rüttgers in NRW einen Modellversuch, der 2007 allerdings kläglich gescheitert ist. Bis 2011 hatten sich von 90.000 Betrieben in Nordrhein-Westfalen ganze 480 an diesem freiwilligen Smiley-System beteiligt. Mit Freiwilligkeit geht es also nicht. Das wissen wir jetzt.

Der naive Hinweis von Frau Puttrich, die Verbraucher würden sich selbst einem Reim darauf machen, wenn sich ein Betrieb nicht an der Hygieneampel beteiligt – nun denn. Freiwilligkeit ist nett. Aber ich finde, wir brauchen eine klare, verbindliche Regelung: aus Gründen der Fairness, der Transparenz und der Vergleichbarkeit und weil Verbraucherinnen und Verbraucher ein Recht auf Information haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen keine Mogelpackung, keine Blankobriefe für Schmuddelhygiene und kein russisches Roulette im Restaurant. Wir wollen ein wirkungsvolles Wettbewerbs- und Abschreckungsinstrument etablieren, das lückenlose Transparenz bietet. Wir wollen, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher ganz entspannt in jedes Restaurant, in jede Kantine und in jeden Imbiss setzen und in jedem Lebensmittelgeschäft einkaufen können. Wir wollen, dass sie sofort klar und deutlich erkennen, wann Kontrol

len durchgeführt wurden und zu welchem Ergebnis sie gekommen sind.

(Beifall bei der SPD)

Frau Lannert, Sie haben am Schluss noch ein bisschen darüber philosophiert, wie das mit dem Internetpranger ist. Ich möchte nur sagen, Sie haben verpasst, dass wir so etwas in Hessen haben. Diese Seite ist allerdings sehr schwer auffindbar. Sie heißt www.lebensmittelinformationen.hessen.de. Da können sich Verbraucherrinnen und Verbraucher vor Restaurantbesuchen oder Einkäufen informieren. Man sollte also jedes Mal, bevor man morgens das Haus verlässt, auf diese Webseite der Landesregierung gehen und sich anschauen, ob einer der Betriebe, in denen man einkauft, draufsteht.

Diese Seite ist sehr schwer auffindbar. Sie wurde am 01.09.2012 ins Leben gerufen und verharrte erst einmal zwei Monate lang in völligem Tiefschlaf. Am 31.10.2012 gab es den ersten Eintrag auf dieser Seite, und am 9. Januar 2013, also knapp vier Monate später, waren ganze 27 Einträge darauf verzeichnet. Allerdings stammen 78 % der Einträge aus Frankfurt, weswegen die „Frankfurter Rundschau“ sehr zu Recht gefragt hat: Herrschen in allen anderen Landkreisen in Hessen paradiesische hygienische Zustände? Wohl kaum.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das Ministerium hat noch nicht erkannt, dass es im Sinne des Verbraucherschutzes dringend notwendig ist, ein verpflichtendes Kennzeichnungssystem einzuführen. Ich sage: Wenn es den politischen Willen gibt – –

(Judith Lannert (CDU): Spielen wir jetzt mit dem Handy, oder wie?)

Nein, Frau Kollegin, ich zitiere aus dem Handy. Vielleicht können Sie so etwas auch; ich kann es jedenfalls.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Was den Beschluss von Frau Aigner betrifft: Einig waren sich Bund und Länder darüber, dass der Aushang der Kontrollergebnisse für die Unternehmen zwar freiwillig ist, das Gesetz aber eine Ermächtigungsgrundlage enthalten soll, mit der die Länder das System verpflichtend machen können.

Nach drei Jahren soll dann evaluiert werden. Das heißt, Frau Puttrich, Sie könnten, wenn Sie wollten, das verpflichtende System einführen. Wir fordern Sie dazu auf, allerdings nicht gepaart mit großer Hoffnung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Fuhrmann. – Für die FDPFraktion hat jetzt Herr Sürmann das Wort. Bitte schön, Herr Sürmann.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Während der Rede der Kollegin Lannert gab es einen Zwischenruf des verehrten Kollegen May, der ganz laut gerufen hat: „Was hat das mit Hygiene zu tun?“ Da habe ich

spontan gedacht: Ja, was hat der Antrag der GRÜNEN eigentlich mit Hygiene zu tun?

(Zuruf des Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das ist wieder typisch von den GRÜNEN – die LINKEN kommen gleich noch –, aber auch von der SPD, dass man weiß, dass der Staat das alles besser kann, dass man eine staatliche Regelung macht, aber die Folgen nicht bedenkt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Heulboje!)

Die Folgen – das werde ich Ihnen gleich aufzeigen – wären fatal.

Wir haben also wieder die Situation, die ich immer so beschreibe: Wenn man merkt, dass man ein Gesetz weglassen kann, dann sollte man es nicht erlassen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gilt auch für Parteien! – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Die hohe Beanstandungsquote ist für Sie Anlass gewesen, über eine Hygieneampel nachzudenken. Die Beanstandungsquote betrug im Jahr 2011 36,3 % und im Jahr 2012 66,7 %. Was wurde beanstandet? Das haben Sie offensichtlich nicht ganz richtig hinterfragt. In den Gastronomiebetrieben wurden nicht etwa Hygieneprobleme entdeckt, sondern es wurde entdeckt, dass Schinken- und Käseimitate nicht nach den gesetzlichen Vorschriften richtig ausgezeichnet waren.

(Timon Gremmels (SPD): Macht das die Sache besser? – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Ist das besser?)

Das hat doch überhaupt nichts damit zu tun.

(Timon Gremmels (SPD): Kavaliersdelikt? – Gegenruf des Abg. Horst Klee (CDU): Lautsprecher! – Zurufe der Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP) und Holger Bellino (CDU))

Aber mit Ihrem Antrag gaukeln Sie vor, dass durch die Kontrollen Hygienemängel festgestellt worden wären. Das ist ein ganz anderer Sachverhalt. Wer die Lebensmittel nicht richtig kennzeichnet, der bekommt ganz erheblichen Ärger, nämlich den Ärger, den der Gesetzgeber vorgesehen hat, dass, wenn er das wiederholt, er nicht nur im Internet steht, sondern sein Betrieb auch geschlossen wird. Das sind die Folgen, mit denen man zu rechnen hat.

(Beifall bei der FDP – Timon Gremmels (SPD): Ein Kavaliersdelikt? – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Aufgrund Ihrer Auswertung haben Sie ein völlig falsches Instrument herangezogen. Sie fordern die Einführung basierend auf dem bisherigen Verfahren und sagen: Bei einer Negativbewertung sollen die Betriebe die Möglichkeit er

halten, sich freiwillig innerhalb von vier Wochen noch einmal überprüfen zu lassen. Sie fordern, die Ampel soll das Ergebnis der letzten drei Untersuchungen sein. Sie fordern die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu starten bzw. sich Nordrhein-Westfalen anzuschließen.

Was wären die konkreten Folgen, wenn wir ein solches Ampelsystem verpflichtend einführen würden, basierend auf den bisherigen gesetzlichen Regelungen?

(Petra Fuhrmann (SPD): Jetzt bin ich gespannt!)

In der Tat, das sollten Sie auch sein. Sie gaukeln nämlich erstens eine Sicherheit vor, die Sie überhaupt nicht geben können. Das habe ich Ihnen eben anhand der Kontrollen schon bewiesen.