Leider ist im Entwurf der SPD bei dem Vorhaben, ein eigenes Gesetz für die hessischen Vierbeiner zu schaffen, durchaus eine gewisse Regelungswut festzustellen. Wenn Sie etwa Kindern unter 14 Jahren verbieten wollen, allein und ohne Aufsicht eines Erwachsenen einen Hund zu führen, ist das doch lebensfremd.
Jetzt ändern Sie in dem entsprechenden Paragrafen des Änderungsantrags nachträglich das Wort „dürfen“ zu „sollen“. Aber das ändert doch nichts an der Unsinnigkeit. Stellen Sie sich ein solches Verbot doch einmal im praktischen Leben vor: Eine alleinerziehende Mutter liegt krank im Bett. Was dürfen jetzt der neunjährige Sohn und die dreizehnjährige Tochter? Hat der Hund sein Recht auf Gassi gehen verwirkt? Müssen die minderjährigen Kinder eine eigene Prüfung ablegen oder müssen sie lediglich den Hundeführerschein der Mutter mit sich führen? – Meine Damen und Herren, man muss das Leben der Menschen nicht mit unsinnigen Regelungen und Verboten noch komplizierter machen, als es ohnehin ist.
Auch die Kommunalen Spitzenverbände haben ihre Bedenken in der Anhörung wie folgt formuliert – ich darf aus dem Protokoll vom 23. August 2012 auf S. 9 den Vertreter des Hessischen Städtetags zitieren –:
Zum theoretischen und praktischen Sachkundenachweis sagen uns die Praktiker aus den großen und mittleren Städten in Hessen, die wir zu diesem Gesetzentwurf mehrfach befragt haben, dass dieser riesige Verwaltungsaufwand für alle Hundehalter und für die Kommunen wohl in keinem Verhältnis zum Sicherheitsgewinn steht.
Das ist sehr höflich formuliert, bleibt aber aus kommunaler Sicht ein vernichtendes Urteil zu Ihrem Gesetzentwurf mit seiner Regulierungswut, meine Damen und Herren.
Eine Sachkunde kann durchaus jedem Hundehalter nutzen. Er kann den Nachweis dafür bereits heute freiwillig erwerben. Die Regelungswut muss jedoch auch ihre Grenzen haben; denn eine Regelung muss notwendig, sinnvoll und auch praktikabel sein.
Das SPD-Gesetz bringt Bürokratielasten für die Hundehalter und Kommunen, aber eben kein Mehr an Sicherheit.
Mit uns wird es keinen verbindlichen Hundeführerschein geben. Die überwiegende Mehrheit der Hundehalter geht bereits heute sehr verantwortungsbewusst mit ihren Tieren um.
Für die wenigen schwarzen Schafe mit Hund brauchen wir klare rechtliche Rahmenbedingungen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Zur Stärkung der Sachkunde bei der Hundehaltung setzen wir als CDUFraktion auf Verantwortung, auf Freiwilligkeit und auf steuerliche Anreizsysteme der Kommunen und gerade nicht auf Zwang.
Es geht auch ohne ein Hundegesetz. Wie das funktioniert, zeigt die Gemeinde Bad Emstal, die bei der Erhebung einer Hundesteuer in ihrer Satzung – Stand 2009 – eine Steuer
Hunde, deren Halter eine erfolgreich bei einem Sachverständigen für Wesens- und Sachkundeprüfung nach der Hessischen Hundeverordnung abgelegte Sachkundeprüfung vorlegen, für die Dauer von einem Kalenderjahr.
Eine solche Regelung kann sich in ganz Hessen ausbreiten und durchsetzen. Wer Anreize für eine verstärkte Sachkunde bei Hundehaltern setzen will, der kann dies bereits heute ohne ein Landesgesetz im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch- und umsetzen. Wir brauchen dieses Gesetz nicht und lehnen es deshalb ab. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine gesetzliche Regelung über das Halten und Führen von Hunden halten wir in Hessen nicht für erforderlich. Alle nötigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind in der Hundeverordnung bereits seit Jahren geregelt.
Sicher sind Beißvorfälle, bei denen Menschen zu Schaden oder sogar zu Tode kamen, immer spektakulär. Man sollte aber die Verhältnismäßigkeit beachten: So gab es in Deutschland in den letzten zehn Jahren im Schnitt vier tödliche Beißvorfälle pro Jahr. Wespenstichen werden mindestens 30 Todesfälle pro Jahr in Deutschland zugerechnet. Wollen wir deshalb ein Wespengesetz beschließen?
Natürlich ist jeder Todes- und Schadensfall tragisch und einer zu viel, vor allem, wenn er vermeidbar gewesen wäre. Der weitaus überwiegende Teil an Beißunfällen geschieht im familiären Umfeld eines Hundes. Nur ein geringer Teil der Unfälle wird von fremden Hunden verursacht. Kinder im Alter zwischen fünf und neun Jahren sind besonders häufig Opfer. Das ist wirklich sehr bedauerlich. Aber hier ist doch eher die Aufklärung der Eltern gefragt. Es geht auch nicht, wie hier vereinzelt dargestellt, um das Recht auf den ersten Biss.
Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt seit Inkrafttreten im Jahr 1900, dass der Halter eines Tieres für Schäden, die dieses Tier verursacht, grundsätzlich zu haften hat, auch wenn ihm kein Verschulden zum Vorwurf gemacht werden kann.
Nach der meines Erachtens damals schon zutreffenden Auffassung der Schöpfer gibt es in § 833 keine Privilegien von Haustieren, die einzig und allein zum Privatvergnügen gehalten werden. Ein Hund bleibt immer ein Tier, das animalischen Reflexen folgt. Da nützt auch kein Wesenstest, wenn der Hund in einer anderen Situation seinen Instinkten folgt.
Mit Ihrem Gesetzentwurf treffen Sie mindestens 95 % verantwortungsvolle Hundehalter mit einer überbordenden Bürokratie, ohne die anderen geschätzten 5 %, die sich
nicht an Regeln halten wollen, zu erreichen. Wie sollen die Kommunen die Kontrollaufgaben sinnvollerweise personell erfüllen? Eine Haftpflichtversicherung, die bei der Anmeldung eines Hundes abgeschlossen wurde, kann z. B. schon bei Nichtbeitragszahlung von der Versicherung gekündigt werden. Um das wirklich nachhalten zu können, schaffen Sie einen bürokratischen Aufwand, der mindestens dem einer Kraftfahrzeugzulassungsstelle entspricht.
Verantwortungsvolle Hundehalter informieren sich eingehend über die Rasse ihres Hundes und gehen bei entsprechendem Bedarf aus eigener Initiative in die Hundeschule. Eine Haftpflichtversicherung wird schon zum eigenen finanziellen Schutz vor existenzbedrohenden Schadenersatzansprüchen abgeschlossen. Ihre Hunde haben einen Chip, und schon aus eigenem Interesse lassen sie sich z. B. bei TASSO registrieren. Die Hunde sind vorschriftsmäßig geimpft und werden nicht durch tierquälerische Abrichtung scharf gemacht.
Meine Damen und Herren, in der Öffentlichkeit hat sich die Wahrnehmung bedrohlicher Hunde und Hundehalter in den letzten Jahren schon deutlich reduziert. Dies ist jedenfalls ein Resultat der Tatsache, dass bestimmte Hunde im Wege der Rasseliste besonderes Augenmerk erfahren haben. Auch wenn es berechtigte Kritik daran gibt, weil nicht jeder Hund einer Rasse automatisch gefährlicher ist als andere, hat sie sich doch im Grunde bewährt. Natürlich sollte und muss die Rasseliste entsprechend den Vorfällen regelmäßig nachvollziehbar überarbeitet werden. Hierbei ist aber auch die Population ins Verhältnis zu den Beißvorfällen zu setzen. Eine Aufgabe der Rasseliste würde erst recht dazu führen, dass ein Hund erst bei erster Auffälligkeit als gefährlich eingestuft werden kann.
Meine Damen und Herren, mit einer Hundeverordnung kann die Landesregierung viel unmittelbarer auf veränderte Bedingungen reagieren.
Auch aus diesem Grunde sehen wir derzeit keinen aktuellen Handlungsbedarf, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die im Wesentlichen nur die überwiegende Mehrheit der verantwortungsvollen Hundehalter betreffen würde. Sie treffen z. B. die ältere Dame, die sich im Ruhestandsalter einen ebenfalls älteren Hund aus dem Tierheim geholt hat. Ich habe sie bei meinem Hundespaziergang neulich getroffen und mit ihr gesprochen. Sie treffen gegebenenfalls den Nachbarn, der die Betreuung und das Ausführen des Nachbarshundes übernommen hat.
Absolute Sicherheit ist durch Gesetze und Verordnungen sicherlich nicht erreichbar. Deshalb müssen wir in der Diskussion immer auch die Verhältnismäßigkeit der beabsichtigten Eingriffe in die Rechte der Betroffenen gegen den potenziellen Nutzen abwägen.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Ich nutze meine Redezeit nicht vollständig aus, weil zu dem Thema eigentlich alles schon gesagt ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben diesen Gesetzentwurf der SPD seit der Einbringung unterstützt und tun dies auch weiterhin.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einstufung eines Hundes als gefährlich lediglich aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse weder gerechtfertigt ist noch zu einer effektiven Gefahrenabwehr geführt hat. Die Beißstatistiken beweisen sogar das Gegenteil: In Hessen ist die Zahl der Beißvorfälle seit Einführung der sogenannten Rasseliste gestiegen.
Dafür hat die Hundeverordnung in den letzten 13 Jahren zu mehr als 400 Tötungen von Hunden geführt, und dies ist nur die offizielle Zahl. Tierschützer gehen davon aus, dass es wesentlich mehr Tötungen waren.
Mit den in diesem Gesetzentwurf verankerten Änderungen wird dem Rechnung getragen. Sowohl der Sachkundenachweis für Hundehalter als auch die Chip- und Registrierungspflicht sind sinnvolle Instrumente zum Schutz der Bevölkerung. Ebenso begrüßen wir die verpflichtende Haftpflichtversicherung.
An dieser Stelle müssen wir allerdings auf den Aspekt der sozialen Verträglichkeit aufmerksam machen. Chippen muss, sollte dieses Gesetz in Kraft treten, für alle Hundehalterinnen und Hundehalter finanzierbar sein. Hier müssen wir gegebenenfalls Sonderregelungen schaffen.
Hunde sind insbesondere für ältere Menschen oftmals das engste Bezugswesen. Ich kenne Fälle, in denen ältere Menschen einen Großteil ihrer kläglichen Rente in ihr Haustier, also in Futter und Tierarztrechnungen, investieren. Es muss sichergestellt sein, dass auch diese Personen sich sowohl eine Haftpflichtversicherung als auch das Chippen an sich leisten können. Ebenso verhält es sich mit Obdachlosen, die oft in einer sehr engen Lebensgemeinschaft mit dem Tier leben und davon abhängig sind.
Da man mir signalisiert hat, dass dieser Aspekt bei der Umsetzung berücksichtigt werden wird, stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Das werden wir, liebe SPD und liebe Judith, natürlich auch 2014 im neuen Parlament wieder tun. – Danke schön.