Aber auch die etwas problematischeren Seiten des Sports möchte ich nicht unter den Tisch fallen lassen. Gerade Großereignisse wie Fußballspiele benötigen häufig Polizeiaufgebote zu ihrer Absicherung, die den nüchternen Beobachter mit Skepsis erfüllen. Ursache hierfür sind Gefährdungen, die in der Regel zwar nur von kleinen gewaltbereiten Gruppierungen oder Einzeltätern ausgehen, die große Mehrheit der friedlichen Fans und auch unbeteiligte Anwohner aber belasten und beeinträchtigen. Angesichts des
sen wird berechtigterweise die Frage gestellt, ob der Nutzen des Spitzensports diesen Aufwand bei der Sicherung der öffentlichen Ordnung rechtfertigen kann.
Nach liberalem Verständnis führt an der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit aber kein Weg vorbei, auch wenn es sich um eine kleine Veranstaltung handelt. Dies ist eine der vorrangigen Aufgaben des Staates. Es darf nicht darauf ankommen, ob ein Sportereignis viele oder wenige Zuschauer hat.
Aber selbstverständlich kann die Lösung auch nicht allein in der Konfrontation liegen. Wir werden in diesem Plenum noch speziell über die Fankultur im Fußball beraten. Es ist schade, dass kein gemeinsamer Antrag mehr zustande gekommen ist, in dem die Wege aufgezeigt sind, die wir in Hessen im Dialog mit den Fans beschreiten, um solche Veranstaltungen für alle sicherer zu gestalten.
Hessens Sportrenommee geht selbstverständlich über den Fußball hinaus. Was die Eintracht für das Rhein-Main-Gebiet ist, ist z. B. der SC Willingen mit seinen Sportlern und dem Weltcup-Skispringen für Nordhessen. Innenminister Rhein hat das schon angesprochen; wir hatten bei der Vorbereitung unserer Reden fast die gleichen Gedanken.
Ein wichtiges Ziel der hessischen Sportförderung ist, für Menschen aller Bevölkerungsschichten und Altersgruppen Chancen und Anreize zu aktiver sportlicher Betätigung zu schaffen. Dies setzt ein ausreichendes und vielfältiges Angebot an Sportstätten voraus. Vor diesem Hintergrund gewährt das Land Hessen Sportvereinen, die Mitglieder im Landessportbund Hessen sind, Zuwendungen für den Bau vereinseigener Sportstätten. Die Zuwendungen werden für den Neu-, den Ersatzneu- oder den Erweiterungsbau von Sportstätten, den Aus- und Umbau von Sportstätten, die Sanierung und Modernisierung von Sportstätten sowie die Ausstattung von Sportstätten gewährt.
Sportstätten dienen der Selbstentfaltung des Einzelnen. Sie sind Orte sozialer Begegnung und ermöglichen Leistungs-, Breiten- und Freizeitsport. Sie sind eine wichtige Säule der Sportinfrastruktur. Art, Zahl, Größe und Differenziertheit der Sportstätten bestimmen wesentlich die Entwicklungsmöglichkeiten des Sports. Vor diesem Hintergrund ist die Förderung des Sportstättenbaus von zentraler Bedeutung. Zusammen mit den Kommunen und Sportvereinen konnte in den vergangenen Jahren ein insgesamt zufriedenstellender Bestand an Sportstätten geschaffen werden. Durch neue Zielgruppen, neue Sportarten, und um traditionelle Sportarten auch im Winter ausüben zu können, ist der Bedarf an Hallen deutlich gewachsen. Mit dem Hallenbadinvestitionsprogramm hat das Land in den Jahren 2008 bis 2012 insgesamt 50 Millionen € für die Sanierung und den Neubau von Hallenbädern zur Verfügung gestellt. Hiermit wurden der dringend notwendige Sanierungsbedarf in diesem Bereich weitgehend gedeckt und die Voraussetzungen geschaffen, der steigenden Anzahl von Nichtschwimmern insbesondere im Kindesalter entgegenzuwirken.
In meiner nordhessischen Heimat gibt es zahlreiche weitere Beispiele dafür, wie das Land mit vergleichsweise überschaubaren Mitteln eine immense positive Wirkung erzielen kann.
Ich komme noch einmal auf Willingen zurück. Vom 8. bis zum 10. Februar dieses Jahres fand dort das internationale Weltcup-Skispringen statt. Das Land Hessen hat den Ausbau der Sportstätten und der Mühlenkopfschanze, übrigens der größten Großschanze der Welt, gefördert, wie ich schon zuvor ausgeführt hatte.
Im Dezember letzten Jahres erst hat Hessen über 1,4 Millionen € bewilligt, um die Weltcupschanze nach den Anforderungen des Internationalen Skiverbandes FIS zu modernisieren. Das Projekt umfasst die Neuerrichtung des Kampfrichterturms und eine fest installierte Flutlichtanlage. Die Bauarbeiten sind bei entsprechender Wetterlage ab Anfang April geplant. Sie sollen bis zum Herbst und damit rechtzeitig vor dem nächsten Weltcup im Februar 2014 abgeschlossen sein.
Auch hier ist das große Engagement des Skiclubs Willingen hervorzuheben, der sich durch die Aktion „Bausteine für die Mühlenkopfschanze“ mit einer beträchtlichen Summe aus Eigenmitteln finanziell an den Sanierungsmaßnahmen beteiligt hat. Diese Maßnahmen sind die Bedingung dafür, dass Willingen als Weltcupstandort der FIS auch in Zukunft erhalten bleibt. Wie wichtig dieser Wettbewerb für die gesamte Region ist, davon konnten wir uns im Februar persönlich überzeugen. Profitiert doch der Ort über das ganze Jahr von dem internationalen Wettbewerb und ist dadurch mit der gesamten Umgebung eine gute und bekannte Adresse für Besucher und Urlauber weit über Hessen hinaus. Man könnte sagen, in Willingen funktioniert es im Skispringen, während Sozialdemokraten im Motorsport durch verirrte Gigantomanie am Nürburgring Hunderte Millionen Euro in den Sand bzw. Beton gegossen haben.
Von einem weiteren Beispiel erfolgreicher Sportstättenund Vereinsförderung kann ich aus Ahnatal im Landkreis Kassel berichten. Der dortige Radsportverein RSC Weimar-Ahnatal e. V. hat dort für die seit 2008 olympisch anerkannte Radsportart BMX auf dem Gelände der zentralen Sportanlage an der Rasenallee eine Wettkampfstrecke angelegt. Diese Wettkampfstrecke ist für internationale Wettbewerbe ausgelegt und im Umkreis von über 200 km einzigartig. Mit einem Gesamtaufwand von 120.000 €, davon 45.000 € vom Land, sowie über 8.000 Stunden Arbeitsleistung von ehrenamtlichen Helfern entstand eine Sportanlage mit absolutem Alleinstellungsmerkmal.
(Beifall bei der FDP und des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Timon Gremmels (SPD): Herr Rhein wollte Probe fahren! – Gegenruf des Ministers Boris Rhein: Das können wir machen!)
Das schauen wir uns an. – Dieses Alleinstellungsmerkmal lockt immer mehr sportbegeisterte Besucher in die Region Nordhessen. Nicht nur aus dem ganzen Bundesgebiet, sondern sogar aus dem Ausland reisen Sportler nach Ahnatal, um auf der Strecke zu trainieren und Rennen zu fahren.
Ich kann mich noch erinnern, dass Innenminister Boris Rhein, damals noch als Staatssekretär, im Frühjahr 2010 den ersten Förderbescheid übergeben hatte.
Ich empfand die Pläne des Vereins damals als außerordentlich ehrgeizig, wenn man sich das Gelände vorher angesehen hatte. Umso mehr hat es mich gefreut, als die Anlage im letzten Sommer eröffnet wurde – Timon Gremmels war auch dabei – und dass sie inzwischen als Landesleistungsstützpunkt für Hessen vom Landesradfahrerverband anerkannt worden ist. Der nationale Verband, aber auch die internationalen Verbände möchten sehr gerne, dass in Ahnatal in Zukunft auch internationale Wettbewerbe ausgetragen werden. Dazu bedarf es noch einiger infrastruktureller Maßnahmen und vor allem etwas politischen Rückenwinds vom Land Hessen.
Dass es sich um eine herausragende, international populäre Sportart handelt, weiß auch der Deutsche Olympische Sportbund. Ich sagte es bereits: Seit 2008 ist der BMXRennsport olympisch. BMX hat sich aus den früheren Bonanzafahrrädern entwickelt. Ich weiß nicht, ob der eine oder andere diese Fahrräder noch kennt.
welches ich im Rahmen einer Veranstaltung der hessischen Sportjugend kennenlernen durfte. Das Boxcamp Gallus ist seit seinem Bestehen eine wichtige Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche aus allen sozialen Schichten und mit Hintergründen aus fast 20 verschiedenen Nationen der Welt. Früh hat sich herausgestellt, dass der Boxsport eine gute Möglichkeit bietet, Vertrauen zu Jugendlichen aus sozial schwachen Familien aufzubauen. Dies hilft bei der späteren pädagogischen Betreuung der Familien. Jugendlichen und Familien, die es benötigen, wird eine umfangreiche praktische und pädagogische Hilfe angeboten.
Dies schließt z. B. Elterngespräche und Hausbesuche des Trainers ein. Außerdem knüpfen die Trainer die Teilnahme am Training an befriedigende schulische Leistungen der Teilnehmer. Zu diesem Zweck werden die Zeugnisse aller Schülerinnen und Schüler eingesammelt und denen, die es benötigen, zweimal in der Woche Hausaufgabenhilfe gegeben. Das habe ich auch schon bei einem anderen Verein erlebt, dass man sich als Verein sehr stark auch um die schulischen Dinge kümmern muss, damit die Eltern das Bewusstsein haben: Meine Kinder können in den Verein gehen.
In der Regel sind bei Kindern, die regelmäßig an der Hausaufgabenbetreuung teilnehmen, in den nächsten Zeugnissen verbesserte Leistungen in der Schule zu sehen. Der Erfolg des Konzepts zeigt sich an der kontinuierlich steigenden Mitgliederzahl des Boxcamps. Fast alle Teilnehmer sind durch Mundpropaganda und Empfehlung auf das Projekt aufmerksam geworden. Die Teilnehmer des Boxcamps lernen allerdings nicht nur die richtige Technik zum Boxen. Genauso wichtig ist den Betreuern die Vermittlung
von Werten, die viele Kinder von zu Hause aus gar nicht kennen. Dazu gehören Disziplin, Respekt, Toleranz, aber auch Teamgeist und gegenseitige Hilfsbereitschaft.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Hessen hat im Rahmen der Sportförderung viel erreicht. Die Zahlen und vielfältigen Initiativen, die Innenminister Boris Rhein hier vorgestellt hat, sind beeindruckend und zeigen: Mit der Sportstättenförderung hat Hessen unter christlich-liberaler Regierung auch noch eine Menge vor.
Die Vereine sind das Rückgrat des Sports in Hessen. Sie tragen die Hauptlast, damit der Sport seine breiten Möglichkeiten positiv für die Bürger unserer Gesellschaft entfalten kann. Die Bedeutung der Sportvereine für die Entwicklung, Betreuung und Förderung von Kindern und Jugendlichen kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Nimmt man dabei die positiven Effekte zusammen, die der Sport im Rahmen seiner gesamtgesellschaftlichen Wirkungen entfaltet, so bin ich fest überzeugt, dass von jedem Euro öffentlicher Sportförderung ein Vielfaches an Nutzen für die Gesellschaft und für den Staat zurückgegeben wird. Die überwiegend ehrenamtlich erbrachten Leistungen in den Sportvereinen wären allerdings rein staatlich nicht zu organisieren und zu finanzieren.
Wir brauchen das Engagement der Bürger und müssen dafür Sorge tragen, dass staatliche Förderung aktiviert wird, aber eigenes Engagement nicht ersetzen kann.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu einem weiteren Thema, das dem Sport insgesamt als übergeordnetes Prinzip innewohnt wie kaum ein anderes. Gerechtigkeit – im Sportjargon auch als Fairness bezeichnet – ist für den Sport so entscheidend, dass ohne sie schon die Einordnung einer bestimmten Aktivität als Sport kaum möglich erscheint. Alle Sportarten haben klare Regeln, über deren Einhaltung gewacht werden muss. Das Prinzip der Gerechtigkeit ist im Sport von integraler Bedeutung.
Worum geht es jedoch dabei? Was ist gerecht? – Wir kennen aus anderen politischen Bereichen, was sich andere darunter vorstellen. Es wird oft von Chancengerechtigkeit geredet; gemeint ist dann aber eher Ergebnisgleichheit. Gerecht ist danach, wenn jeder irgendwie ein bisschen gewinnt und es keine Verlierer mehr gibt. Das widerspricht aber diametral dem sportlichen Wettbewerbsverständnis und dem Gerechtigkeitsbegriff der Fairness im Sport.
Im Sport ist gerecht, wenn derjenige, der die 100 m im fairen Wettkampf am schnellsten läuft, auch gewinnt. Gerecht ist, wenn jeder die Chance hat, in einem Wettkampf anzutreten und sich mit anderen zu messen. Gerecht ist, wenn das Team, das mehr leistet als andere, seine Chancen nutzt und am Ende die Punkte erzielt, auch gewinnt.
Gerecht ist nicht, wie ich neulich bei Dieter Nuhr gehört habe, wenn wir sieben Milliarden Goldmedaillen pressen und am Ende jeder Weltmeister ist, egal wie schnell er laufen kann.
Was natürlich zunächst einmal Kabarett ist, birgt aber ein Körnchen Wahrheit. Aus sportlicher Sicht würde es wohl
jeder Athlet, der sich mit Entbehrung und Anstrengung auf einen Marathonlauf vorbereitet hat, als zutiefst ungerecht empfinden, wenn am Ende jeder einen Platz auf dem Treppchen und identische Medaillen um den Hals gehängt bekommt.
Wir müssen also dafür sorgen, dass die Regeln nicht ad absurdum geführt werden. Es muss aber ganz klar Regeln geben. Denn wenn man von einem fairen Wettbewerb spricht, muss für jeden klar sein, was damit gemeint ist.
Deshalb darf der staatlich unterstützte Kampf gegen Doping nicht vernachlässigt werden. Wer sich unlautere Vorteile verschafft, muss mit Konsequenzen rechnen. Gerade neulich musste der – man muss inzwischen sagen – ehemalige siebenfache Gewinner der Tour de France, Lance Armstrong, erfahren, was es heißt, wenn man beim Verstoß gegen elementare Regeln der Fairness erwischt wird und rückwirkend seine sportlichen Erfolge, ja seine gesamte Sportlerkarriere zu Staub zerfallen sieht.
Das sind harte Konsequenzen. Allerdings ist Doping auch ein fundamentaler Angriff auf das Selbstverständnis des Sports – unmittelbar für Mitbewerber, mittelbar für die zahlreichen Sportinteressierten, die vom Sport auch als Zuschauer erwarten, dass es sich beim Wettkampf um eine faire Veranstaltung handelt, die allein auf dem Können der Athleten beruhen soll.
Zu guter Letzt sind Sportveranstaltungen auch Gegenstand von wirtschaftlicher Betätigung, vor allem im Bereich der Sportwetten. Auch hier ist eine ehrliche und faire Handhabung Grundvoraussetzung dafür, dass z. B. das Konzept der Sportwetten überhaupt tragfähig bleibt.
Dies bringt mich zu der Frage nach der Finanzierung der Sportförderung durch das Land. Bekanntermaßen erfolgt ein großer Teil der Finanzierung der Förderung in Hessen aus den Lotterie- und Totoeinnahmen. Diese werden auch für kulturelle und soziale Förderzwecke verwendet, aber speziell im Sport wird mit den Einnahmen aus Glücksspiel viel gute Arbeit geleistet. Hier müssen wir uns grundsätzlich darüber unterhalten, wie diese Einnahmen einerseits für die Destinatäre zuverlässig planbar bleiben können sowie andererseits für die Zukunft des Glücksspielwesens unter diesem Gesichtspunkt aussehen sollten.