Dies bringt mich zu der Frage nach der Finanzierung der Sportförderung durch das Land. Bekanntermaßen erfolgt ein großer Teil der Finanzierung der Förderung in Hessen aus den Lotterie- und Totoeinnahmen. Diese werden auch für kulturelle und soziale Förderzwecke verwendet, aber speziell im Sport wird mit den Einnahmen aus Glücksspiel viel gute Arbeit geleistet. Hier müssen wir uns grundsätzlich darüber unterhalten, wie diese Einnahmen einerseits für die Destinatäre zuverlässig planbar bleiben können sowie andererseits für die Zukunft des Glücksspielwesens unter diesem Gesichtspunkt aussehen sollten.
Ich finde persönlich schade, dass die in Schleswig-Holstein gefundene europarechtskonforme Lösung von der neuen Regierung dort nicht die Chance bekommen hat, sich zu bewähren.
Auch für die Sportstättenförderung wären dauerhafte, planbare Einnahmen durch Konzessionen und Steuern aus Sicht der Destinatäre attraktiv. Wir bauen in dieser Frage allerdings auf die bewährte Praxis, gemeinsam mit allen Fraktionen eine Lösung zu finden. Die Bedeutung des Sports sollte die Verlockung bremsen, sportliche Themen kontrovers für den Wahlkampf zu instrumentalisieren.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Und was machen Sie heute? – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Alles Zufall!)
Hessen hat unter CDU und FDP im Sport schon viel geschafft, und für uns steht noch eine Menge auf dem Programm. Das können auch Sie von der Opposition nicht bestreiten, auch wenn Sie sich in einigen Detailfragen andere
oder größere Vorstellungen machen. Wichtig ist, dass wir alle zusammen darin einig sind, dass Sportpolitik eine Politik ist, die Hessen nach vorn bringt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenminister prahlt mit einer Regierungserklärung zum Thema Sport, um sich im Glanz anderer zu sonnen.
Eigenlob – wir alle wissen, wie es sich damit verhält. Denn gäbe es die olympische Disziplin „Untersuchungsausschüsse überleben, Postengeschachere und Planlosigkeit“ – diese Landesregierung hätte den Medaillenspiegel längst gewonnen.
Sie alle haben sicher auch die wichtigste und neueste Erfolgsmeldung der Landesregierung zum Thema Sport gestern gelesen. Ich zitiere:
Die Hessische Landesregierung hatte im Rahmen der Aktionswochen „Sport“, die unter dem Motto „Wir handeln: Sicherheit und Zukunft in der hessischen Sportpolitik“ stehen, beim Landessportbund getagt. … Dabei konnte sich der Ministerpräsident mit dem Weltklasse-Tischtennisspieler Timo Boll in einem packenden Spiel messen, und der Laufstil des Chefs der Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, wurde von der deutschen Rekordhalterin im Hochsprung, Ariane Friedrich, beispielhaft analysiert. Marco di Carli und Jan-Philip Glania, beides Teilnehmer an den Schwimmwettkämpfen der Olympischen Spiele 2012 in London, stellten den Kabinettmitgliedern Möglichkeiten der Schwimmtechnikverbesserungen mit modernen diagnostischen Möglichkeiten vor.
Meine Damen und Herren, wie peinlich ist das denn? Selbst wenn man den Ironiemodus einschaltet, muss man sich für so viel Promigeilheit und Namedropping ins Bodenlose fremdschämen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Karin Wolff (CDU): Ist das Neid?)
Sehr geehrte Damen und Herren, Frau Wolff, wir alle sind erfreut über die Erfolge der hessischen Sportlerinnen und Sportler. Man ist immer gern bereit, sich mit den Erfolgreichen zu identifizieren, mit denen man zumindest einen kleinen gemeinsamen Nenner hat, sei es nur die Herkunft oder sei es die Residenz in der gleichen Region. De facto ist es aber deren Erfolg. Nehmen wir etwa die drei WM-Ti
tel des Heppenheimer Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel. Das ist kein Erfolg hessischer Sportpolitik, und ich hoffe, Sie bilden sich das auch nicht ein.
Umso mehr sollten wir uns über Siege und Titel freuen und müssen uns doch immer klarmachen: Wir sollten Erfolg nicht daran messen, wer Medaillen oder Titel gewinnt. Denn gerade im Sport gilt: Der Weg ist das Ziel.
Ein jeder, der sich selbst zu sportlicher Aktivität und Leistung überwindet, ist erfolgreich und verdient unsere Anerkennung. Denn Sport ist gut für jede und für jeden, weil sportliche Aktivität das Herz-Kreislauf-System und damit die Gesundheit in Schwung hält, weil sportliche Leistung uns zeigt, dass wir besser werden, etwas schaffen und Ziele erreichen können, wenn wir bereit sind, dafür zu arbeiten, und weil uns der sportliche Wettkampf Fairness und Respekt lehrt, auch wenn es manchmal schwerfällt.
Wegen dieser vielen positiven Aspekte des Sports ist es auch eine Aufgabe des Staates, den Sport zum Wohle der Bevölkerung zu fördern; denn der Sport hat auch gesellschaftliche Funktionen. Als Breitensport dient er der Gesundheit und der Bildung eines jeden Einzelnen, als Spitzensport schafft er Vorbilder und stiftet Identität, und als Massenveranstaltung ist er Kultur und Entertainment. Das sind ganz unterschiedliche Phänomene und Bereiche des Sports, die jeweils wichtige Bedeutung haben und die man dementsprechend auch mit spezifischen Ansätzen unterstützen muss.
Wir freuen uns sehr darüber, dass die erfolgreiche Sportfördergruppe der hessischen Polizei Athleten die Möglichkeit gibt, ihren Sport konsequent und erfolgreich auszuüben und das nicht nur mit einer beruflichen Qualifikation, sondern auch mit einer Karriere zu verbinden.
Meine Damen und Herren, das ist nicht mehr sehr vielen Spitzensportlern möglich und war früher auch anders. Aber seit die Leistungsdichte in der Spitze so enorm gestiegen ist und die Sporthilfe so erheblich gekürzt wurde, kann man an eine erfolgreiche Verbindung von Studium und Sport gar nicht mehr denken.
Fragen Sie einmal die hessische Leichtathletin und Olympiateilnehmerin Gesa Krause. Sie hat gerade in der „FAZ“ erklärt, dass sich die Anforderungen eines Bachelorstudiums mit Training und Wettkampf auf internationalem Spitzenniveau nicht erfolgreich vereinbaren lassen. Sie wird das Studium erst einmal aussetzen.
Leider ist der Job nicht alles; denn auch von anderen Olympiateilnehmern kann man ganz erhebliche Klagen hören. So ist insbesondere das Trainingszentrum der Leichtathleten einerseits überlastet und andererseits in einem so bedauernswerten Zustand, dass das Training wegen baulicher Mängel oft nicht möglich ist. Von dem in den Medien vermeldeten Nager-Befall in einer Frankfurter Hochsprunganlage will ich gar nicht weiter reden.
Ich will mir auch nicht vorstellen, wie Hochspringerin Ariane Friedrich im Winter ihre Läufe mit einer Berglampe absolviert, weil es für sie keine Sportanlage mit Flutlicht zum Trainieren gibt. Sie sagt, das sei mehr als blöd. Ich kann ihr dabei nur recht geben.
Leider nimmt man Hessen und den hessischen Sportminister aber generell nicht dort wahr, wo es um solche Interessen der Athleten geht, die nicht als Glanz von Medaillen auf ihn abstrahlen.
Hat irgendwer ein Wort von ihm gehört, als das Internationale Olympische Komitee beschlossen hat, die olympische Kernsportart Ringen aus seinem Programm zu streichen? Eine Sportart, die Regel und Kampf verbindet, die nicht nur fit hält, sondern deren Wurzeln europäische Identität bis in die Antike definieren? Eine Sportart, die Breitenund Spitzensport vorlebt? Herr Minister, haben Sie eine Vorstellung, wie viele Ringer es in Hessen gibt? Es sind über 7.000. Mehr als 7.000 Menschen, die trainieren, kämpfen, Wettkämpfe organisieren und ihr Vereinsleben pflegen, die wichtige Basis- und Integrationsarbeit leisten, obwohl ihr Sport in der medialen Wahrnehmung quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. 7.000 ist eine stattliche Zahl, und das ist Sport. Es wäre schön, wenn Sie als Sportminister zumindest eine Solidaritätsadresse an die hessischen Ringer gesendet hätten.
Nehmen wir ein anderes Thema: das Thema Doping. Das aktuelle System unangemeldeter Kontrollen außerhalb des Wettkampfs zu jeder vorstellbaren Tages- und Nachtzeit ist absolut unmenschlich. Dass sich Amateursportler einer permanenten Meldepflicht unterwerfen sollen, sich Eingriffe in die Intimsphäre und körperliche Integrität gefallen lassen müssen und der zuständige Minister – anders, als es etwa der Hessische Datenschutzbeauftragte tut – dieses System nicht einmal öffentlich kritisiert, zeigt, dass es Ihnen eigentlich nicht um die Athleten geht, sondern nur um deren Medaillen.
Gerade an dieser Stelle hätten Sie ansetzen können, Herr Minister. Das haben Sie aber nicht. Ich muss sagen, diese Landesregierung ist ein sportpolitischer Chancentod.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedauere es sehr, dass wir gerade einmal 30.000 € für Dopingprävention ausgeben. Diese Summe ist ein Witz; denn Prävention ist das Wichtigste, weswegen mehr Mittel in die Prävention investiert werden müssen. Hat dazu irgendwer einmal irgendetwas von dieser Landesregierung gehört? Wurde irgendetwas Innovatives getan, und sei es nur eine Kampagne gegen Doping und pro Fair Play? Immerhin wird der Keim des Dopings im Spitzensport bereits in der Jugend gelegt, wenn dort als einzig relevante Maßstäbe Siege und Bestleistungen gepredigt werden.
Meine Damen und Herren, die Fakten liegen auf dem Tisch. Laut einer aktuellen Studie der Stiftung Deutsche Sporthilfe haben 6 % der Sportlerinnen und Sportler in Deutschland zugegeben, regelmäßig Dopingmittel zu nehmen. 40 % der Befragten sind einer Antwort ausgewichen. Herr Minister, Sie sind beim Anti-Doping-Kampf in den Startblöcken stecken geblieben.
Was wir bräuchten, wäre eine Zukunftskonzeption für die Entwicklung von Sportstätten und Bewegungsräumen, in der der demografische Wandel und neue Formen der Bewegung und Bewegungskultur berücksichtigt werden, eine Konzeption, in der auch ökologische Fragen wie Klimawandel und Klimaschutz mit bedacht und vor allem auch entwickelt werden. Ganzheitliche Aspekte aber haben in Ihrem Politikverständnis bekanntlich wenig Platz – warum sollte es gerade beim Sport anders sein, wo man so schön Erfolge, Titel und Athleten zählen kann?
Doch auch im organisierten Breitensport muss man leider feststellen: Es ist so, dass einige der zentralen politischen Projekte dieser Landesregierung dem Breitensport in Hessen nicht helfen, sondern ihm Schaden zufügen.
Zum einen ist das die nicht überraschend vor dem Staatsgerichtshof beklagte Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs. Indem Sie die Mittel für die hessischen Gemeinden um rund 400 Millionen € reduzieren, verursachen Sie mittelbar einen katastrophalen Kahlschlag in den kommunalen Sportanlagen. Woher – der Kollege Rudolph hat es gesagt – sollen die anteiligen Gelder für deren Instandhaltung oder gar Ausbau kommen, wenn die Gemeinden gar nicht mehr in der Lage sind, überhaupt irgendwelche freiwilligen Leistungen zu erbringen?
Sportplätze und Räume für Sport sind aber für ganz viele und gerade für junge Menschen und speziell auch im ländlichen Raum von überragender Bedeutung, ganz besonders auch als kultureller und sozialer Ort.
Wo keine Sportplätze existieren, ist auch kein Sport möglich. Wenn ich mir die nächste sportpolitisch wirksame Maßnahme dieser Landesregierung anschaue, dann frage ich mich beinahe, ob hinter ihrer Politik nicht ein sportfeindlicher Plan steckt.