Protokoll der Sitzung vom 19.03.2013

(Alexander Bauer (CDU): Ist das seriös, was Sie sagen?)

Meine Damen und Herren, damit es klar ist: Diskriminierung, Rechtsextremismus und Gewalt haben beim Fußball nichts zu suchen. Das Abschießen von Feuerwerkskörpern ist verboten, und Gewalt muss verfolgt werden, und zwar mit rechtsstaatlichen Mitteln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Alexander Bauer (CDU): Also brauchen wir doch Polizei?)

Ja, Herr Bauer, mit entschlossener Polizeiarbeit ohne Kollektivstrafen. Dialog und Prävention müssen im Vordergrund stehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Man muss sich aufeinander zubewegen, um Gegensätze mittelfristig aufzubrechen. Herr Ministerpräsident – es ist schade, dass Sie nicht da sind –, Sie sagten in einem Interview des „Darmstädter Echos“ zur Fankultur,

(Günter Rudolph (SPD): Er ist meistens nicht da!)

man könne den Einsatz von Fußfesseln zur Vorbeugung diskutieren.

(Günter Rudolph (SPD): Oh! – Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Uiuiui!)

Damit stellen Sie Fußballfans auf eine Stufe mit verurteilten Verbrechern. Ich sage Ihnen: Hier wäre mehr Sachlichkeit angebracht. Weder Verharmlosung noch Dramatisierung hilft hier weiter. Das müssen Sie endlich einsehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Müller, wir lehnen eine überbordende Reglementierung für Fußballfans ab, da sie vor allem die ganz überwiegende Mehrheit friedlicher Besucher trifft. Durchgängige Leibesvisitationen und Nacktkontrollen sind unverhältnismäßig und nicht geeignet, die Sicherheit im Stadion objektiv zu erhöhen.

Das Zünden von Explosionskörpern und das verbotene Abbrennen bengalischer Feuer müssen individuell unterbunden und verfolgt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, das sehen wir genauso wie die GdP. Typisch ist, dass sich die Landesregierung jetzt hinstellt und sich im Abglanz der großen Sportler Hessens sonnt. Sie hat inhaltlich auch wenig zu bieten, dessen sie sich rühmen könnte. Dass gestern gerade der Innenminister eine Pressemitteilung mit der lächerlichen Überschrift „Sicherheit und Zukunft in der hessischen Sportpolitik“ verschickt, ist wirklich komisch. Zum einen fragt man sich, ob Sie wirklich so ideenlos und verbraucht sind,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

dass Sie jetzt sogar über eine Mitteilung zum Thema Sport groß „Sicherheit“ schreiben müssen. Ich frage mich, was das denn damit zu tun hat. Aber gut, es ist ja Wahljahr. Offenbar glauben Sie, durch die regelmäßige Wiederholung des Wortes Sicherheit gewinnen zu können. Herr Rhein, doch gerade bei Ihnen fragt man sich,

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Es gibt auch so etwas wie Planungssicherheit!)

ob Sie nie aus Ihren Fehlern lernen. Sie haben erst vor Jahresfrist in Frankfurt genau mit diesem Mantra „Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit“ als Werbespruch eine krachende Niederlage erlebt,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

weil Sie dort wie hier an den wahren Problemen der Menschen vorbeireden.

(Alexander Bauer (CDU): Das tun Sie schon seit einer Viertelstunde!)

Genauso erleben wir Sie hier in der hessischen Sportpolitik. Sie reden an den wahren Problemen und Herausforderungen vorbei, weil Sie diejenigen sind, die schuld daran sind: am G-8-Debakel, an der Integrationspolitik und am finanziellen Ausbluten der Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Bauer (CDU): Dass der Ball rund ist, ist auch noch unsere Schuld!)

Herr Bauer, Hessen braucht neue Ideen und innovative Konzepte, um eine ganzheitliche Sportpolitik zum Erfolg zu führen. Von dieser Landesregierung ist es nicht zu erwarten. Die sonnt sich im Erfolg von anderen. Ihnen fällt dazu nichts ein. Ihr Eigenlob ist nicht weiter zu ertragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, sportlich ist bei dieser Landesregierung nur der Umgang mit den eigenen Fehlern und Versäumnissen, und das taktische Foul ist mittlerweile zur gängigen politischen Praxis geworden. Um es mit einem großen Strategen zu sagen: Schwarz-Gelb hat fertig – die Regierung ist schwach wie Flasche leer. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE) – Alfons Gerling (CDU): Gott sei Dank fertig! – Weitere Zurufe von der CDU)

Danke, Herr Mack. – Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Kollege Schaus zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schon in den vergangenen Monaten hatte die Landesregierung wenig Erfolg mit ihren auf den Landtagswahlkampf ausgerichteten Regierungserklärungen, und heute ist das nicht anders.

(Clemens Reif (CDU): Och!)

Mit dem Thema Sportpolitik versucht die Landesregierung Boden in der öffentlichen Meinung wieder gutzumachen,

den sie längst verloren hat. Sportpolitik scheint sich dafür besonders zu eignen; denn das Verbindende des Sports, das gesellschaftliche Ansehen und die unbestreitbaren Vorteile von Sport für Integration und Toleranz in unserer Gesellschaft sollen geschickt genutzt werden.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Hessische Landesregierung es so gedreht hat, dass die Konferenz aller Landessportminister in Hessen exakt neun Tage vor der Landtagswahl stattfindet. Sicherlich mit großem Brimborium und viel Öffentlichkeitsarbeit soll dann der letzte Sportfan angesprochen werden.

Herr Rhein, wenn es bei dieser Sportministerkonferenz aber auch so unkonkret bleibt wie die heutige eher kryptische Rede von Ihnen, dann werden Sie wohl wieder nur wenige überzeugen können. Wenden wir uns also dem Konkreten zu, dem, was die Sportlerinnen und Sportler interessiert und bewegt.

Da wären zunächst einmal der Zustand der Sportstätten, also der Sportplätze, Sporthallen, Schwimmbäder, und der Sportunterricht an den Schulen unter die Lupe zu nehmen.

Die Landesregierung lobt sich selbst für ihr Hallenbadinvestitionsprogramm mit dem bezeichnenden Namen HAI, mit dem sie in den letzten fünf Jahren 50 Millionen €, also 10 Millionen € pro Jahr, an Zuschüssen zur Verfügung gestellt hat und das Ende letzten Jahres ausgelaufen ist.

War es ausreichend, frage ich angesichts der Finanznot der Kommunen, bloß die dringend notwendigen Renovierungsarbeiten der Hallenbäder dadurch teilweise mitzufinanzieren, aber sie mit den Betriebskosten weiter alleine zu lassen und ihnen 344 Millionen € pro Jahr aus dem Kommunalen Finanzausgleich zu entwenden?

Die laufenden Betriebskosten sind das Hauptproblem in den Kommunen. Und die führen dann zu erheblich steigenden Eintrittspreisen. Gleiches gilt für die Freibäder. Kleinverdienerinnen und -verdiener, Studentinnen und Studenten, Kinder, alle, die vielleicht nicht ihren Urlaub auf Mallorca oder in der Karibik verbringen können, sondern als Freizeitmöglichkeit vor allem das Schwimmbad nutzen müssen und wollen, erhalten z. B. im schwarz-grün regierten Frankfurt saftige Gebührenerhöhungen bis zu 33 %. Herr Minister, Sie kommen doch aus Frankfurt. Da können Sie doch einmal etwas für den Sport tun, finde ich.

(Beifall bei der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

Herr Minister, erst hat man nämlich dort den Rentnerinnen und Rentnern die Jahreskarte weggenommen und dann als Kompensation Monatskarten eingeführt. Jetzt werden die Monatskarten wieder abgeschafft. Dadurch wird der Besuch im Schwimmbad für Rentnerinnen und Rentner um ein Vielfaches teurer.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

Ich höre halt gern, bis Sie fertig sind. – Gerade für viele ältere Menschen ist Schwimmen eine Sportart, die auch mit körperlichen Einschränkungen noch ausgeführt werden kann. Viele werden sich einen Besuch nur noch seltener leisten können. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsvorsorge ist dies aber ein Schlag ins Gesicht. Herr Minister, ich empfehle Ihnen, darüber in der Arbeitsgruppe „Hessen IN FORM“ einmal intensiv nachzudenken.

Die Landesregierung hingegen rühmt sich, in den letzten zehn Jahren 133 Millionen € in Sportanlagen investiert zu

haben. Ziehen wir davon die 50 Millionen € aus dem Hallenbadinvestitionsprogramm HAI ab, dann bleiben pro Jahre gerade einmal 8,3 Millionen €.

(Norbert Kartmann (CDU): Wenn Sie die noch abziehen, haben Sie null!)

Das ist viel zu wenig angesichts eines Sanierungsstaus bei den Sportstätten, der für Hessen bei geschätzten 3 Milliarden € liegt – Herr Dr. Müller, 3 Milliarden €. Die rund 200.000 ehrenamtlich in den Sportvereinen Tätigen hätten mehr an Unterstützung und Anerkennung ihrer Arbeit verdient als den Verweis auf die bundesweite Anhebung der Übungsleiterpauschale oder der Ehrenamtspauschale, die wir auch für richtig halten, die aber sicher nicht ausreicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Förderung des Breitensports wäre ohne das intensive Engagement der vielen Ehrenamtlichen überhaupt nicht möglich. Ihnen gebühren Dank und Anerkennung für ihren persönlichen und oft auch finanziellen Einsatz. Wir müssen uns aber auch fragen, wie wir zukünftig sicherstellen können, dass die Vereine angesichts einer Gesellschaft, in der immer stärker rund um die Uhr an allen Tagen der Woche gearbeitet wird, über eine ausreichende Zahl an Betreuerinnen und Betreuern, Übungsleiterinnen und Übungsleitern, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern usw. verfügen.

Solche Fragen sollte sich die Landesregierung auch dann stellen, wenn sie wieder einmal dabei ist, die Sonntagsarbeit über eine Bedarfsgewerbeverordnung auszudehnen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))