Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Wissler, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Tarek Al-Wazir von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Wirtschafts- und Verkehrsminister meinte, hier sagen zu können, dass er ein Experte in Sachen Flughafenausbau sei. Da wir grundsätzlich über diesen Flughafen sprechen, will ich einmal über die Frage reden, was wir da eigentlich im Rhein-Main-Gebiet haben.

Wir haben dort einen der verrücktesten Flughäfen der Welt. Er hat zwar vier Bahnen, aber keine dieser Bahnen ist voll nutzbar, also so, wie man normalerweise eine 4 km lange Bahn für einen normalen Flughafen bauen würde.

(Zuruf von der CDU: Jetzt spricht der Wirtschafts- fachmann!)

Die beiden Bahnen, die sich im Parallelsystem befinden, sind die Centerbahn und die Südbahn. Diese beiden Bahnen befinden sich so nah aneinander und haben so wenig Abstand voneinander, dass sie nicht unabhängig voneinander zu betreiben sind.

Dann hat man vor 30 Jahren die nächste Fehlentscheidung getroffen und die Startbahn West hineingebaut, die – das gibt es nirgendwo sonst – nur in eine Richtung genutzt wird. Sie wird nur für Starts und nur in eine Richtung genutzt.

Weil dieser Flughafen einfach an der falschen Stelle ist, hat man gesagt: Jetzt kommt der nächste Schritt. – Man hat dann noch die Nordwestbahn hineingequetscht, die nur 2.800 m lang ist. Das heißt, sie ist für bestimmte Flugzeugtypen überhaupt nicht zu gebrauchen. Außerdem wird sie nur für Landungen benutzt.

Während man sonst überall aus dem Ballungsraum herausgeht, ist man hier auf die verrückte Idee gekommen, an die Besiedelung näher heranzugehen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Völlig richtig!)

Sie wollen uns jetzt erklären, wir hätten keine Ahnung von Flughäfen? – Schauen Sie sich doch die Geschichte der letzten 30 Jahre im Rhein-Main-Gebiet an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Willi van Ooyen und Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich sage Ihnen: Es ist eine verrückte Idee gewesen, den größten Flughafen Europas mitten im Ballungsraum Rhein-Main betreiben zu wollen.

(Holger Bellino (CDU): In der Lüneburger Heide, oder wo?)

Uns war das immer klar. Deswegen waren wir gegen diesen Ausbau.

Sie merken jetzt, dass die Menschen in der Region durch das reale Erleben gemerkt haben, dass die Grenze der Belastung endgültig überschritten ist. Daran müssen wir etwas ändern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf: Machen Sie einmal einen Standortvorschlag!)

Herr Rentsch, Sie haben von einer Anhebung des Anfluggleitwinkels um 3,2 Grad gesprochen. Es geht um die Anhebung auf 3,2 Grad. Der Unterschied sind 0,2 Grad.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Oh!)

6,2 Grad wäre faktisch schon der Absturz. Insofern gehe ich einmal davon aus, dass er sich versprochen hat. Sie merken doch an diesen ganzen Maßnahmen – –

(Dr. Walter Arnold (CDU): Oberlehrer!)

Herr Arnold, es geht da nicht um den „Oberlehrer“. Ich wohne da. Alle meine Nachbarn glauben nicht, dass der Anfluggleitwinkel angehoben wurde. Ich kann Ihnen sagen: Ich weiß, dass er angehoben wurde. – Denn von Oktober 2011 bis Oktober 2012 war bei Betriebsrichtung 25R alle 90 Sekunden mein Satellitenbild weg. Seitdem der Anfluggleitwinkel angehoben wurde, ist es permanent da. Das heißt, die Maschinen fliegen ungefähr 90 m höher. Nur, das Problem besteht doch darin, dass man keinen Unterschied hört.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das ist doch das Problem all Ihrer ganzen Maßnahmen: Sie lassen sich für Maßnahmen feiern, die real keine Veränderungen bringen.

Das Grundproblem besteht doch darin: Sie zittern vor Angst vor der nächsten Landtagswahl.

(Zuruf von der CDU: Das hätten Sie gerne!)

Man muss sich das einmal betrachten. Herr Kollege Boddenberg hat auf einer Veranstaltung im Südbahnhof in

Frankfurt ernsthaft vorgeschlagen, dass die Flugzeuge, die bei der Betriebsrichtung 25R im Anflug auf die Nordwestbahn ab Gelnhausen quasi auf einer Linie in Richtung Landebahn sind, wenn sie Offenbach überflogen haben, einen Bogen um seinen Wahlkreis fliegen sollten, um dann zu landen.

Daran merkt man doch, dass der Mann erstens keine Ahnung hat. Zweitens schlottern ihm die Knie vor Angst, weil die Bürgerinnen und Bürger das nicht mehr mitmachen. Das ist das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Leute merken das. Ich sage Ihnen: Natürlich ist es so, dass die Mitglieder der SPD auch merken, dass sie einen Fehler begangen haben. Als Landespartei hält sie an ihrer Position fest. Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber es ist doch so, dass vier Oberbürgermeister, die im Gegensatz zu Ihnen nahe am Volk sind, gesagt haben: So wie es ist, kann es nicht bleiben.

Ich begrüße das ausdrücklich und weiß, dass wir mehr Lärmschutz für die Bürgerinnen und Bürger brauchen. Wir brauchen einen, der sich nicht nur in den Reden des Florian Rentsch wiederfindet, sondern einen, der real etwas bringt. Dazu gehört unabdingbar das Flugverbot in der Nacht und nicht nur für sechs Stunden.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Al-Wazir, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Greilich von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Kollege Greilich, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch einer Begründung bedurft hätte, warum wir diesen Dringlichen Entschließungsantrag heute diskutieren mussten, dann haben das die Beiträge des Landesvorsitzenden der SPD eindrucksvoll gezeigt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind es gewohnt, dass die neuen und alten Kommunisten und die GRÜNEN Fundamentalgegner des Flughafens sind. Sie machen Fundamentalopposition und sind gegen alles.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Eines ist allerdings neu. Das hat sich heute in dieser Debatte sehr deutlich gezeigt. Die SPD verabschiedet sich Stück für Stück aus der Reihe derer, die verantwortlich mit diesem Flughafen umgehen und die verantwortliche Politik für diesen Flughafen machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe mich schon gewundert, als ich die Berichte von dem viel zitierten Parteitag der SPD gelesen habe. Das ist in der Berichterstattung ein bisschen untergegangen. Herr

Kollege Schäfer-Gümbel, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, waren dort 350 Delegierte versammelt. Es waren dort 350 Delegierte versammelt, um die Positionen der SPD für diese Wahl festzulegen.

Nicht einmal die Hälfte dieser Delegierten ist Ihnen bei Ihrem viel beschriebenen Kurs für den Flughafen, für das Nachtflugverbot von sechs Stunden gefolgt – im Gegenteil: Die meisten sind einfach weggeblieben, als abgestimmt wurde. Nicht einmal die Hälfte der Delegierten haben Sie hinter sich gebracht.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, das muss man wissen. Wir haben doch Erfahrungen mit SPD-Parteitagen. Da gab es einmal eine Spitzenkandidatin der SPD, die hier ein rot-rotgrünes BÜNDNIS wollte. Auch damals war es so, dass man sich dadurch aus der Affäre zog, dass die Hälfte der Delegierten einfach draußen blieb.

(Widerspruch bei der SPD)

Damals schien die Sonne, das Wetter war ein bisschen besser. Aber dass Sie dann nur in kleinen Kreisen solche Beschlüsse fassen,

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

das ist nun offensichtlich einmal sozialdemokratische Tradition.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Gibt es dafür eine Quelle?)