Protokoll der Sitzung vom 21.03.2013

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Ich kann Ihnen an diesem Equal Pay Day nur eines zurufen: Beenden Sie endlich diese schreiende Ungerechtigkeit. Frauen sind mehr wert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollegin Hofmann. – Das Wort hat Frau Abg. Claudia Ravensburg, CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der heutige Equal Pay Day ist kein Feiertag. Das ist kein Grund zum Feiern. Aber es ist gut, dass die Business and Professional Women heute, an diesem Tag, zum sechsten Mal darauf aufmerksam machen, dass wir ein Entgeltungleichgewicht zwischen Männern und Frauen haben. Dass dieser Tag erst am 21. März stattfindet, kann keinen und keine von uns zufrieden stimmen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf der Abg. Heike Hofmann (SPD))

22 % Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen sind entscheidend zu viel. Aber sie resultieren nicht ausschließlich aus gleicher Tätigkeit, Frau Hofmann. Das Statistische Bundesamt hat uns in dieser Woche eine wichtige Analyse geliefert. „Jobmerkmale machen den Unterschied“ ist der Bericht übertitelt. Ich darf zitieren:

Bereits die Entscheidung für einen bestimmten Beruf und die damit verbundene Branchenzugehörigkeit mit den entsprechenden Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Verdienstabstand zwischen den Geschlechtern …

Meine Damen und Herren, das ist doch eines unserer großen Probleme.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Noch immer wählen die Männer die technischen Berufe in der Industrie, und Frauen sind dominant im schlecht bezahlten Dienstleistungssektor.

(Zurufe von der SPD)

Es ist unser aller Aufgabe, diesen Dienstleistungsberufen eine höhere Wertschätzung entgegenzubringen. Und dann wird auch der zweite Schritt, nämlich eine bessere Bezahlung, zu machen sein.

(Beifall bei der CDU – Dr. Ulrich Wilken (DIE LIN- KE): Thema verfehlt!)

Meine Damen und Herren, ich will Sie daran erinnern, der Gang zum 10-€-Haarschnitt-Friseur ist eindeutig der falsche Weg. Ein weiteres Beispiel haben die Business and Professional Women in diesem Jahr ins Zentrum gestellt: die Gesundheitsberufe, z. B. Arzthelferin – das ist ein Beruf, der bei jungen Frauen beliebt ist, doch ohne Aufstiegsund Karrierechancen eine Sackgasse.

Deshalb finde ich, wir sollten alle im Bemühen nicht nachlassen, junge Frauen rechtzeitig vor ihrer Berufswahl auf Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen in den unterschiedlichen Berufen aufmerksam zu machen. Auch den Girls‘ Day werden wir im April wieder nutzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dazu kommen aber – das müssen wir auch beachten – die Brüche in der beruflichen Entwicklung, die Auszeiten für Kindererziehung und Pflege von Angehörigen. Oft, und das sollten wir alle gemeinsam kritisieren, bleibt nur die Rückkehr in den Beruf in Teilzeit. Teilzeittätigkeiten werden immer noch schlechter entlohnt als Vollzeitjobs. Karriere als Teilzeitmitarbeiterin – da setze ich ein deutliches Fragezeichen.

Unser Ziel ist deshalb: Wir wollen flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und für Frauen. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine entscheidende Voraussetzung für Frauen, frühzeitig in ihren Beruf zurückzukehren. Je länger die Auszeit, desto schwieriger ist es, ohne Karriereknick in den Beruf zurückzukehren. Meine Damen und Herren, Kind und Karriere – beides muss möglich sein.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb haben wir den Rechtsanspruch für die U-3-Betreuung eingeführt. Deshalb unternehmen wir gemeinsam mit Bund und Kommunen enorme Kraftanstrengungen, um die Betreuungsplätze zu schaffen und die Garantie am 01.08. dieses Jahres zu erfüllen. Diese Anstrengung lohnt sich.

Vereinbarkeit und Zeit für Kinder – das ist der Wunsch der Eltern, der Frauen und der Männer, der Mütter und der Väter. Akzeptanz dieser flexiblen Arbeitszeiten – das ist wichtig und eine Zukunftsaufgabe, denn die Unternehmen müssen wissen: Die Einbringung des Know-hows von Frauen und ihre Potenziale sind angesichts des Fachkräftemangels entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass immerhin noch 8 % Gehaltsunterschied nur dadurch zu erklären sind, dass Frauen bei gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation weniger verdienen. Auch das ist für uns nicht akzeptabel. Frauen sind gut ausgebildet und brauchen sich mit ihren Kompetenzen nicht zu verstecken.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Mit staatlicher Reglementierung durch starr vorgegebene Quoten werden wir aber diese Anerkennung, die sie verdient haben, nicht erreichen; da bin ich ganz sicher. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Antrag der GRÜNEN ab, denn hier geht es Ihnen doch nicht um die Sache. Frau Lentz, Sie haben auch gar nicht zur Sache gesprochen.

(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ihnen geht es heute nur um Wahlkampfgetöse und schon gar nicht um eine sachliche Diskussion über den richtigen Weg zu mehr Frauen in Führungspositionen. Deshalb kann ich für meine Fraktion nur feststellen: Die CDU befindet sich mit unserer Kanzlerin Angela Merkel immer auf dem richtigen Weg

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollegin Ravensburg, Sie müssen dann zum Schluss kommen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorwärts immer, rückwärts nimmer!)

gestatten Sie mir den Rest meines Satzes –, und Sie, meine Kollegen von den GRÜNEN, sind nicht nur heute und nicht nur bei diesem Thema eindeutig auf dem Holzweg.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Das Wort hat der Abg. René Rock, FDP, Seligenstadt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Rock durch Deutschland geht!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Equal Pay Day – es ist ein Thema, das wir hier im Landtag immer wieder besprochen

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber es ist nicht besser geworden!)

und mit dem wir uns auch fachlich sehr auseinandergesetzt haben. Ich glaube, man hat heute schon von meinen Vorrednerinnen gehört, dass man aus dem Thema durchaus auch eine Statistikvorlesung machen kann. Aber es ist richtig, dass man sich über die Zahlen einmal einen Überblick verschafft, wo die Problemlagen sind.

Die Problemlagen sind vielschichtig. Es sind strukturelle Probleme, es sind Akzeptanzprobleme, und es sind kulturelle Probleme in unserer Gesellschaft. Ich glaube, dass man, wenn man sich überlegt, wie denn die Entgeltgleichheit oder wie die Akzeptanz und auch die Anerkennung für die Arbeit von Frauen zu erreichen sind, als ersten Punkt bei den Unternehmen ansetzen muss. Wir brauchen eine Unternehmenskultur, die familienfreundlich und vor allem frauenfreundlich ist.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Von daher glaube ich, dass es, wenn wir im Hessischen Landtag über so etwas diskutieren, wichtig und auch klar ist, dass wir einheitlich, deutlich und gemeinsam Signale in die Gesellschaft, an die Unternehmen senden. Darum glaube ich auch nicht, dass das ein Thema ist, das sich für Wahlkampf oder dafür eignet, die Gegensätze, die wir hier

haben, herauszuarbeiten, sondern dass man versuchen sollte, die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Das sind die wichtigen Signale nach außen. Darum bin ich auch sicher, dass bei diesem Thema die Gegensätze viel geringer sind, als sie vielleicht nach meinen ersten Vorrednerinnen hier zu sehen waren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich möchte auf jeden Fall noch einmal sicherstellen: Die Unternehmen, die Menschen, die Unternehmen führen, die jeden Tag in dem Unternehmen arbeiten, die Unternehmenskultur – dort ist ein wichtiger Punkt, an dem wir immer wieder darauf hinweisen müssen, was in unserer Gesellschaft notwendig ist, damit Frauen die gleichen beruflichen Chancen haben und für das akzeptiert werden, was sie tun, damit von daher ein Umdenken stattfindet.

Wir können in der Frage, wie Familie organisiert wird, schon Veränderungen in unserer Gesellschaft wahrnehmen. Aber das braucht auch eine gewisse Zeit. Wir haben Generationen, die im Berufsleben stehen, die sich verändern. Es kommen Menschen mit anderen Grundhaltungen in wichtige Positionen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir anerkennen, dass dieses Problem nicht einfach mit einem Gesetz zu lösen ist,

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

sondern dass wir es hier mit Menschen zu tun haben, mit Einstellungen und mit Kultur. Ich will gar nicht widersprechen, dass ein Gesetz auch helfen kann. Ich will nur sagen: Wir müssen das Thema tiefer angehen. Uns muss klar sein, dass dieses Thema nicht von heute auf morgen zu lösen ist.

(Petra Fuhrmann (SPD): Aber nicht Hunderte von Jahren!)

Darum will ich nur einen kleinen Diskurs in die Statistik machen, weil heute natürlich schon vieles Richtige dargelegt worden ist. Ich will darauf hinweisen, dass die Frage der Ungleichbehandlung von Frauen beim Entgelt sich zwischen Ost und West in Deutschland massiv unterscheidet. Im Osten ist es ein deutlich geringeres Problem als hier bei uns im Westen.

Das wird ein kulturelles Thema sein; das will ich gar nicht in Abrede stellen. Aber ich glaube, es gibt auch einen signifikanten Hinweis: Ein ganz zentraler Punkt ist die Kinderbetreuung und die Möglichkeit, sich familiär so aufzustellen, wie man das in der Familie eben auch vernünftig machen möchte. Von daher kommt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Frage der Kinderbetreuung eine zentrale Aufgabe zu. Ich glaube, das ist auch nicht zu bestreiten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Allerdings erleben wir, die in kommunaler Verantwortung sind, aber auch auf Landesebene, wie viel Aufwand, wie viel Energie, wie viel Geld und wie viel Zeit wir brauchen, um solche Voraussetzungen zu schaffen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dorthin zu bringen, wo wir sie am Ende – ich glaube, einvernehmlich – alle haben wollen.