wie der Zustand der Bahnhöfe in Hessen ist. Uns fallen viele Stellen ein, an denen die Bahn AG sinnvoll investieren könnte.
Ich will Ihnen etwas aus der „Offenbach-Post“ vom 18. Oktober 2012 zitieren. Da geht es um den Offenbacher Bahnhof. Da steht:
Die Empfangshalle bietet Besuchern ein trostloses Bild. Leere Aushängekästen, mit Gittern abgesperrte Seitengänge, verwaiste Schalter. Das Glas der versperrten Schiebetüren ist gesprungen, der benachbarte Einkaufskiosk ist laut Notiz „wegen Umbauarbeiten geschlossen“ – offenbar nicht erst seit gestern. Bahn-Mitarbeiter gibt es schon lange nicht mehr, nur Automaten. …
Einzig ein Zeitschriftenhandel hält tapfer die Stellung und ist für die Reisenden die einzige Anlaufstelle.
„Ein Kunde hat mir gestern tatsächlich in den Laden gepinkelt, weil er’s nicht mehr halten konnte“, erzählt sie.
Das geschah, weil es dort keine Toiletten gibt. Dann überlegt man sich, dass die Bahn AG ernsthaft darüber nachdenkt, Hunderte Millionen Euro in Stuttgart zu vergraben, während die Bahnhöfe in Hessen verwahrlosen.
Meine Fraktion hat deshalb heute ein Gewinnspiel ausgelobt. Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger, uns für den Wettbewerb „Hessens verwahrlosester Bahnhof“ Vorschläge zu machen. Wir machen das nicht, weil wir uns darüber freuen, sondern weil wir glauben, dass es wirklich den Druck braucht, damit völlig klar wird, dass wir da große Probleme und großen Investitionsbedarf haben. Die Investitionen müssen dahin, wo der Bedarf am größten ist. Die Mittel dürfen nicht für Prestigeprojekte ausgegeben werden, nur weil irgendjemand mit dem Kopf durch die Wand, oder eher, mit dem Kopf unter die Erde will.
Wir glauben, dass es in den nächsten Jahren sicherlich so sein wird, dass der Nachholbedarf an Investitionen in die Schieneninfrastruktur groß sein wird. Wir setzen darauf, dass eine neue Bundesregierung zusätzliches Geld im Bundesverkehrswegeplan bereitstellen wird. Denn wir wollen, dass die baureifen Projekte, die in der Planung schon weit fortgeschritten sind, umgesetzt werden. Als Beispiele nenne ich einmal die Nordmainische S-Bahn und die S-Bahn bzw. den Haltepunkt Gateway Gardens. Das könnte sofort gemacht werden. Es darf also kein zusätzliches Geld in das Fass-ohne-Boden-Projekt Stuttgart 21 gepumpt werden.
Wenn ich mit meiner Rede ein bisschen für Nachdenklichkeit bei den Mitgliedern der Regierungsfraktionen, aber auch den Mitgliedern der SPD-Fraktion sorgen konnte, dann würde mich das freuen.
Herr Präsident, das ist mein letzter Satz. – Ich glaube, im Interesse Hessens und im Interesse der Schieneninfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet sollten wir alle gemeinsam dafür kämpfen, dass es hier besser wird. – Vielen Dank.
Herr Al-Wazir, schönen Dank. – Für die FDP-Fraktion hat sich jetzt Herr Müller zu Wort gemeldet. Herr Müller, bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Rede eben kann ich nur sagen: Das ist der durchsichtige Versuch, ein Thema, das vor zwei Jahren in Baden-Württemberg Erfolg gebracht hat, jetzt auch in den hessischen Landtagswahlkampf einzuführen.
Das ist ziemlich einfach und klar. Aus Ihrer Sicht ist das auch nachvollziehbar. Meine Damen und Herren, dieses Vorhaben wird aber nicht funktionieren. Denn dieser Versuch ist so offensichtlich, und vor allen Dingen ist er auch argumentativ nicht tragfähig.
Herr Al-Wazir, zum einen gibt es kein Gesetz – das aber haben Sie eben hier so dargestellt –, wonach die Mittel, die durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 frei würden, automatisch in Hessen verbaut werden müssten.
Aber eben haben Sie doch gesagt, wir brauchen das Geld hier in Hessen. Ganz ehrlich, bei allem Einsatz, den der Verkehrsminister, die gesamte Landesregierung und die Regierungskoalition bringen werden, wird es nicht möglich sein, sämtliche Gelder, die da frei würden, nach Hessen zu lenken. Das zum einen.
Ich finde es ja schön, wenn Sie uns das zutrauen. Das ist sehr ehrenvoll. Aber das ist eine Herausforderung, die wirklich sehr groß ist.
Zum Zweiten sind die Kosten für den Ausstieg immens. Dazu haben Sie eben kein einziges Wort verlauten lassen. Sie haben von 6,5 Milliarden € geredet. Die Mittel würden bei Weitem nicht in dieser Höhe zur Verfügung stehen, weil entsprechende Entschädigungszahlungen zu leisten wären, weil schon Gelder davon ausgegeben sind etc. Also auch hier erwecken Sie einen völlig verkehrten Eindruck.
Zum Dritten, und das ist der entscheidende Punkt: Die Entscheidung darüber, wie es mit Stuttgart 21 weitergeht, liegt nicht beim Land Hessen, sondern bei der Deutschen Bahn und bei dem Land Baden-Württemberg, in erster Linie. Die müssen entscheiden, wie es weitergeht.
Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, Sie haben das eben angesprochen. Heute gab es eine Ausschreibung. Die vorgetragene Kritik, dass wegen Stuttgart 21 die Bahnhöfe in keinem guten Zustand seien, ist wirklich völlig daneben. Die Hessische Landesregierung hat im Jahr 2011 eine Rahmenvereinbarung mit der Deutschen Bahn und den hessischen Verkehrsverbünden über ein Bahnhofssanierungsprogramm geschlossen.
Ich weiß nicht, ob Ihnen das entgangen ist. Möglicherweise haben Sie gar das nicht registriert, denn Sie sind nicht verkehrspolitischer Sprecher.
davon alleine 84 Millionen € aus den Mitteln des Landes. Meine Damen und Herren, dieses Bahnhofssanierungsprogramm werden wir völlig unabhängig von Stuttgart 21 intensiv weiterverfolgen und unsere Anstrengungen fortsetzen. – Auch dieser Versuch ist also völlig fehlgeschlagen.
Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zu einem sehr ernsten Punkt, nämlich zum Thema Demokratieverständnis.
Es gab eine Volksabstimmung. Das Verhältnis der GRÜNEN zu Volksabstimmungen interessiert mich dann schon. Es entsteht nämlich der Eindruck, die GRÜNEN akzeptieren die Ergebnisse einer Volksabstimmung insbesondere dann, wenn das von ihnen gewünschte Ergebnis herauskommt. Das Ergebnis in Baden-Württemberg war eines, das den GRÜNEN nicht gepasst hat. Denn die BadenWürttemberger haben sich für Stuttgart 21 entschieden. Wir haben auch hier in Hessen zu respektieren, wenn die Baden-Württemberger eine solche Entscheidung treffen.
Aber jetzt kommen die GRÜNEN und fordern, dass sich die Hessische Landesregierung trotz des Volksentscheids in Baden-Württemberg gegen den Bau von Stuttgart 21 einsetzen soll? Was ist denn das für ein Verständnis?
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil der Kostendeckel gesprengt ist! Das war Teil der Volksabstimmung!)
Nein, nein, nein. Es gab eine Volksabstimmung, und darin wurde der klare Wille zum Ausdruck gebracht: Sie wollen Stuttgart 21.
Herr Al-Wazir zitiert hier eben das „Spiegel“-Interview. Dazu muss ich sagen: Der Ministerpräsident von BadenWürttemberg ist da schon ein ganzes Stück weiter als Sie. Er sagt nämlich in diesem Interview – ich darf zitieren –:
Ich bin daran interessiert, dass wir das Projekt [Stuttgart 21] so gut und so schnell wie möglich auf die Beine bekommen. Da haben Herr Grube und ich absolut das gleiche Interesse, und ich werde dafür alles tun. Da können Sie mich beim Wort nehmen, Herr Grube. Aber natürlich im Rahmen der Gesetze.
In Berlin gibt es Politiker von GRÜNEN und SPD, die heimlich darauf hoffen, dass nach einem Regierungswechsel im Bund bei Stuttgart 21 doch noch die Notbremse gezogen wird.
Meine Damen und Herren, wenn das der grüne badenwürttembergische Ministerpräsident sagt, am vergangenen Montag, vor drei Tagen, sich dann aber der Fraktionsvorsitzende der hessischen GRÜNEN hier im Hessischen Landtag hinstellt und sagt, wir sollen das stoppen, dann habe ich die große Bitte an Sie, Herr Al-Wazir: Reden Sie erst einmal mit Ihrem GRÜNEN-Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg, und überzeugen Sie den davon, das Projekt zu stoppen.