Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Bis vor zwei Monaten habe ich noch aus der Bank gehört, dass das nicht möglich ist, was jetzt plötzlich möglich gemacht werden soll. – Jetzt schüttelt auch noch einer, der im Beirat der Bank sitzt, heftig den Kopf. Der hat das auch immer behauptet.

Das ist ein Sinneswandel, der hochinteressant ist. Aber Sie haben über Jahre hinweg geleugnet und gesagt: Die Wirtschaftsförderung ist uns wichtiger als der Wohnungsbau. – Das fällt Ihnen jetzt auf die Füße.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihr Finanzminister hat doch dafür gesorgt, dass Sie allen Ernstes in Erwägung gezogen haben, die Nassauische Heimstätte zu verkaufen. Das Steuerungsinstrument des Landes Hessen, der Landesregierung, um Wohnungsbau zu realisieren, wollten Sie versilbern, damit Sie Wahlgeschenke machen können. Das war ein Skandal.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Unglaublich!)

Das ist gescheitert, weil die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes das anders gesehen haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben das Wohnungsbaugesetz mit Ihrer Mehrheit verabschiedet. Wir haben darüber gestritten, dass es ein zahnloser Tiger ist, das keine Aussagen über die Finanzierung macht, das die Bindungsdauer für Sozialwohnungen auf inakzeptable fünf Jahre reduziert, das keine Regelungen für die Zweckentfremdung vorsieht. Es ist ein Gesetz, das Ihnen jetzt auch noch auf die Füße fällt, weil Sie selbst bei

den Bemühungen kurz vor Toresschluss mit diesem Gesetz nichts oder wenig umsetzen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Ihre Priorisierung falsch ist, haben Sie doch in Frankfurt und Wiesbaden erlebt. Die Kandidaten Peter Feldmann und Sven Gerich haben doch deshalb die Wahlen gewonnen, weil sie das Thema in ihren Kommunen zum Schwerpunkt gemacht haben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das haben wir im Hessischen Landtag getan. – Jetzt ist der Ministerpräsident wieder weg.

(Günter Rudolph (SPD): Er war selten da!)

Dann reden wir miteinander. Das ist doch in Ordnung.

Jetzt hat der Ministerpräsident ein Sonderprogramm für den Wohnungsbau angekündigt. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat am 16. April 2013 dazu getitelt: „Konzeptlos, zu wenig, zu spät“. Wie vergegenständlicht sich das? Sie wollen den Bau von 200 Wohnungen pro Jahr mehr fördern. Aber als Minimum wären 1.000 neue Wohnungen pro Jahr notwendig. Sie wollen 2.000 Studentenwohnungen in den nächsten fünf Jahren fördern. Das werden andere aber schon besser machen. 10.000 wären notwendig.

Herr Rentsch, das ist etwas, was in Ihren Überlegungen überhaupt nicht enthalten ist. Sie machen zu dem Problem keinen Vorschlag, wie man im Rhein-Main-Gebiet Mietwohnungen für Menschen mittleren Einkommens schaffen kann. Ein Polizist kann sich in Frankfurt keine Wohnung mehr leisten. Das ist das Problem, dem Sie sich nicht gestellt haben, und zwar über 14 Jahre hinweg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das alles basiert obendrein noch auf ungedeckten Schecks. Es wird spekuliert, es seien 150 Millionen €. Das ist eine gegriffene Zahl. Das ist das vermutete Aufkommen aus der Kompensationsabgabe des Bundes für den Wohnungsbau. Keiner kann mir erklären, wie Sie auf diese 150 Millionen € kommen.

Jetzt soll es der wohnungsbaupolitische Koordinator, Herr Dr. Hirschler, richten, der als Mediator und Kommunikator durch das Land zieht.

(Zuruf von der FDP: Ein sehr guter Mann!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass ich die Arbeit des Herrn Hirschler sehr schätze. Herr Hirschler weiß das auch.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Dann loben Sie ihn doch einmal!)

Aber schauen wir doch einmal nur zwei Takte lang auf die Vita und die Einflussmöglichkeiten des Herrn Hirschler während eines großen Teils der letzten 14 Jahre der schwarz-gelben Landesregierung. Herr Hirschler war zunächst Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Das ist eine der zentralen Stellen, an denen es um den Wohnungsbau geht und wo man gestalten kann. Ich höre bisweilen, dass die Staatssekretäre nicht so viel Einfluss hätten. Aber die Realität ist doch eine andere.

Herr Dr. Hirschler war lange Zeit Vorstandssprecher der WIBank. Das ist die Bank, die letzten Endes die Wohnungsbauprogramme administriert. Da frage ich: Warum

hat sich denn Herr Hirschler in diesen zentralen Funktionen nicht durchsetzen können? Warum kommen Sie überhaupt erst jetzt auf die Idee, ein bisschen in die Gänge zu kommen? Das deutet doch sehr darauf hin, dass Sie jetzt in Torschlusspanik versuchen, ein Programm aufzurichten, das zu spät kommt, das unzureichend ist und das deutlich macht, dass Sie das Thema verbaselt haben.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Mit dem hier zur Diskussion stehenden Papier hat die SPD-Fraktion einen konkreten und einen durchgerechneten Vorschlag gemacht.

(Jürgen Lenders (FDP): „Durchgerechnet“! Herr Kollege, dann rechnen Sie einmal!)

Wir sagen, dass das Hessische Wohnraumfördergesetz vor Ablauf der Zweijahresfrist novelliert werden muss. Das, was novelliert werden muss, habe ich schon angedeutet.

Zweitens. Um einen relevanten Beitrag zum Bau von Sozialwohnungen in Hessen sicherzustellen, müssen vom Land mindestens 1.000 Wohnungen pro Jahr gefördert werden.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Wir müssen den Wohnungsbau für Studenten mit richtig großen Schritten angehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Kai Klose und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Bau von 10.000 Wohnungen muss realisiert werden. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, hat schon im letzten Jahr den Vorschlag unterbreitet, dass das für diejenigen mit einer Mietgarantie verbunden sein soll, die sich da engagieren wollen.

Viertens. Das Land muss sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das Gesetz über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben novelliert wird. Ich finde das total interessant. Ich habe das gerade in einer meiner E-Mails gelesen. Der Hessische Ministerpräsident hat den Wohnungsbeauftragten der Landesregierung jetzt beauftragt, bei der Bundesregierung, und zwar bei Herrn Gehb, dem Chef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, zu intervenieren. Dabei geht es um eine Fläche der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Darmstadt, die in der Tat für den Wohnungsbau für Studierende mobilisiert werden könnte.

Ich finde es gut, dass er das tut. Ich finde das wunderbar. Ich bin ganz gespannt, was die schwarz-grüne Kommunalregierung in Darmstadt dazu morgen in der Stadtverordnetenversammlung sagen wird.

Dass Sie jetzt erst im Hinblick auf die Mobilisierung der Flächen des Bundes und des Landes im Land aufwachen, finde ich schon ein bisschen armselig. Das hätte ein bisschen früher passieren können.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann hätten wir jetzt die Wohnungen, die wir brauchen.

Fünftens müssen die Landesmittel und die Darlehensförderung für den seniorengerechten Wohnungsbau in Hessen optimiert werden. Ziel muss es sein, 3 % der Wohnungen in den öffentlichen Beständen seniorengerecht umzubauen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sagen Sie doch einmal etwas zu der Reform des Mietrechts. Dazu haben alle noch ausreichend Möglichkeiten. Wir waren doch diejenigen, die im Hessischen Landtag darauf gepocht haben, dass Sie sich der Linie der SPD im Bundesrat anschließen. Was sagen Sie denn dazu, dass jetzt Vertreter des Deutschen Städtetags – das sind doch nicht alles nur Irre – gesagt haben, es solle bei den Mieterhöhungen eine Obergrenze geben?

Herr Siebel, Sie kommen bitte zum Schluss Ihrer Rede. Ihre Redezeit ist um.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Es gibt noch ein paar Punkte. Vielleicht wird es eine zweite Runde geben.

Diese zehn Punkte haben Hand und Fuß. Sie sind durchdacht und durchgerechnet. Die SPD schlägt schon seit vielen Jahren diese wesentlichen Grundelemente vor. Unsere Forderungen ziehen sich seit vielen Jahren durch unsere Anträge und parlamentarischen Initiativen. Wir sind da verlässlich. Wir sind dem sozialen Wohl der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Das ist kein Stückwerk wie das, was von Ihnen zu spät vorgelegt wurde und unzureichend ist. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Ab- geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Kollege Siebel, vielen Dank. – Ich fahre in der Reihenfolge der Redner fort. Herr Lenders, ich darf Ihnen das Wort für die FDP-Fraktion erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hinsichtlich der Papiere, die uns die Opposition vorgelegt hat, kommt mir das ein bisschen wie nach dem Motto „Mit Volldampf zurück in die Vergangenheit“ vor.

Herr Siebel, Sie haben kritisiert, dass wir mit dem neuen Wohnraumfördergesetz eine neue Ausrichtung der Wohnraumförderung in Hessen betreiben. Man kann über viele Themen durchaus diskutieren. Ich will dazu nur sagen, dass Sie nach meiner Einschätzung mit der Konzentration allein auf den sozialen Wohnungsbau in Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt einen riesigen Fehler machen. Ich will versuchen, Ihnen das näherzubringen.

Mit der Konzentration allein auf den sozialen Wohnungsbau vernachlässigen Sie den ländlichen Raum. Sie vernachlässigen damit die Mittelzentren.

Die Förderung des Wohneigentums gerade im ländlichen Raum nimmt ein Stück weit den Druck aus dem Kessel. Damit wird ein wenig Druck von dem Markt in den Ballungsräumen genommen. Wir können doch als Vertreter dieses Landes überhaupt kein Interesse daran haben, dass all die Menschen aus den umliegenden Gemeinden in die Ballungsräume ziehen. Denn dann würde sich dort die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. Auf

der anderen Seite haben wir als Vertreter des Landes das Problem, die Infrastruktur im ländlichen Raum zu erhalten und der demografischen Entwicklung dort zu begegnen.