Protokoll der Sitzung vom 21.05.2013

Wenn Sie hier immer über Geld sprechen: Ich weiß nicht, ob Sie sich den Haushaltsplan angeschaut haben, und wenn ja, ob Ihnen aufgefallen ist, dass der Sozialetat des Landes Hessen um 30 % aufgestockt worden ist und dass fast das ganze Geld, das wir mehr verausgaben, der Förderung der Kinder und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zugutekommt. Das ist ein wichtiger politischer Schwerpunkt. Das müssen Sie einmal anerkennen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen: Beim Kinderförderungsgesetz gibt es viele Gesichtspunkte, die Sie, glaube ich, positiver begleiten würden, wenn wir keinen Wahlkampf hätten. Wichtig ist, dass durch das Kinderförderungsgesetz künftig auch betriebliche Kindergärten gefördert werden. Wissen Sie, warum das wichtig ist?

Es ist für uns wichtig, dass künftig nicht nur der Staat an dieser wichtigen Stelle Geld investiert, sondern dass wir auch die Unternehmensseite einbinden. Es ist wichtig, dass wir diese Leistung, die finanziell unglaublich belastend ist, auf die gesamte Gesellschaft verteilen. Es ist wichtig, dass die Unternehmen eingebunden werden. Es ist wichtig, dass uns jedes Kind, das in Hessen in eine Kindertageseinrichtung geht, gleich viel wert ist, wir also keine Unterschiede machen.

Es ist richtig, dass wir einen ganz zentralen Schwerpunkt in der Förderung der Kinder gesetzt haben, die in sozialen Brennpunkten in Kindertagesstätten gehen. Die Mittel für deren Förderung werden vervierfacht, damit vor Ort etwas geleistet werden kann. Dadurch werden wir in Zukunft weniger Probleme haben. Wir haben an dieser Stelle unglaublich viel Geld in die Hand genommen. Das ist richtig am Kinderförderungsgesetz. Das wird sich auch bewähren. Ich glaube, das wird den Menschen dann, wenn es evaluiert ist, zeigen, dass hier eine ganz positive Entwicklung in Gang gesetzt worden ist. Wie das bei vielen Dingen ist: Am Ende werden Sie sagen: „Das war doch nicht so schlecht; das war doch gut. Jetzt muss ich wieder etwas anderes zum Nörgeln finden.“

Herr Merz, liebe Opposition – es gibt auch noch einen GRÜNEN-Antrag –, ich will Ihnen sagen: Die Frage Qualifizierter Schulvorbereitung und die Frage, wie ich die Qualität frühkindlicher Bildung verbessern kann, ist eine ganz, ganz wichtige Frage. Herr Merz, ich empfehle Ihnen, die alten Vorstellungen, die Sie hier immer wieder hereintragen, die sich bei Ihnen verfestigt haben, zur Seite zu schieben, einmal moderne wissenschaftliche Literatur zu lesen, sich einmal mit dem Thema Pädagogik auseinanderzusetzen und dann bitte einmal in eine dieser Kindertageseinrichtungen und Schulen zu gehen, sich vor Ort zu informieren und die Menschen dort zu fragen, wie sie die Qualifizierte Schulvorbereitung finden. Ich war in vielen dieser Einrichtungen. Bis jetzt war das Einzige, was ich gehört habe: „Hoffentlich wird es nicht wieder abgeschafft, son

dern ausgebaut.“ Das ist eine ganz klare Botschaft. Das wird von den Schulen und von den Eltern positiv aufgenommen. Es basiert auf Freiwilligkeit, dort mitzumachen. Wir haben eine ganz positive Resonanz. Es wird wichtig sein, das Modellprojekt, nachdem es ausgewertet ist, in Hessen flächendeckend umzusetzen, weil es für die Qualität der frühkindlichen Bildung wichtig und gut ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Das hat auch etwas mit Chancengerechtigkeit zu tun. Von daher kann ich mir gar nicht erklären, wie Sie solche Mittel im Haushalt ablehnen können. Sie sollten sich vielmehr dazu bekennen. Sie sollten auch einmal positive eigene Vorschläge machen, wie Sie das voranbringen, und nicht immer nur herumnörgeln.

Ich kann einen zweiten Punkt benennen. Wir haben hier erlebt – Herr Bocklet war ganz intensiv dabei –, dass hier immer gesagt wurde: „Ihr schafft keine 30 %, ihr schafft keine 32 %, ihr schafft keine 35 % Versorgungsquote. Das ist völlig ausgeschlossen; das wird nie klappen.“

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Das war ein immer wieder genannter Satz. Man muss doch feststellen: Wir sind auf einem guten Weg, und wir werden es wahrscheinlich schaffen. Wir werden diese Quote wahrscheinlich erreichen, die Sie nie für möglich gehalten haben. Das wird hier in schwierigen finanziellen Zeiten auf der Grundlage eines 100-Millionen-€-Investitionsprogramms in zwei Haushaltsjahren geschultert. Da zeigt sich wieder: Wir setzen die richtigen Schwerpunkte. Wir setzen das um. Wir finden Resonanz bei den Kommunen, und wir sind erfolgreich mit dieser Politik.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich bin auch ein bisschen traurig, weil Sie diese Themen immer nur negativ bearbeiten. Ich warte noch immer auf die positiven Vorschläge, damit man sich einmal in die Diskussion darüber begeben kann: Was kann man noch besser machen? – Sie sagen immer nur, was schlecht ist. Sie sagen immer nur, was falsch ist. Dann kommen Sie mit Globalaussagen, die in der Regel nur sehr schwer zu finanzieren sind.

Wenn ich mir dann Ihre Versprechungen bei den Lehrern und bei der Kinderbetreuung anschaue und mir dann ansehe, wie die Programme in Baden-Württemberg oder in Rheinland-Pfalz umgesetzt werden, dann kann ich nur feststellen, dass alles, was dort vor den Wahlkämpfen versprochen worden ist, nicht eingehalten wird. Das wird über Bord geworfen. Daran erinnert man sich dann plötzlich nicht mehr.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) und Wolfgang Greilich (FDP))

Dann sagen Sie wieder: „Schauen Sie doch nach Hessen. Schauen Sie nicht woanders hin.“ Ich kann aber nur sagen: Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger entscheiden sollen, dann sollten sie auch einmal über den Tellerrand schauen, wie viel die Wahlaussagen und Wahlversprechungen von Rot-Grün wert waren, wenn es nachher gezählt hat, oder ob man die nicht ganz still und heimlich einkassiert und dann doch plötzlich das Geld woanders verausgabt oder einfach eingespart hat.

Man kann nach Nordrhein-Westfalen zu den Beamten schauen. Egal, wo ich hinsehe: Überall kann ich nur Wortbruch feststellen bei dem, was Sie und die Vertreter Ihrer Parteien in anderen Bundesländern tun. Wir kämpfen dafür, dass Sie den hessischen Bürgerinnen und Bürgern das nicht antun können, dass Sie nicht in die Verlegenheit kommen, Ihre falschen Versprechungen brechen zu müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will noch einmal auf die Unterstützung zurückkommen. Sie haben zu Recht gesagt, dass Familien mehr gefordert werden, dass Familien stärker unter Druck stehen, weil Familien, wie ich gesagt habe, vielleicht mittlerweile nicht mehr konzentriert an einem Ort leben, sich verkleinert haben, und dadurch plötzlich die Herausforderungen nicht mehr so leicht erfüllen können wie bisher. Es ist wichtig, dass wir dafür ein dichtes Netz von Hilfen haben. Wir haben ein dichtes Netz von Hilfen. Leider ist es so, dass nicht jeder, der in seiner Familie ein Problem hat, frühzeitig mit niederschwelligen Hilfeangeboten diese Probleme lösen könnte. Sie konnten vielleicht nicht immer rechtzeitig mit solchen Hilfen bedient werden. Darum ist es wichtig, dass wir die Familienzentren ausgebaut haben. Darum ist es wichtig, dass wir uns bei dem Ausbau der Familienzentren nicht festgelegt und kein starres Konzept gemacht haben, dass wir in Interaktion mit den Trägern, den Kommunen deren Konzepte in einem Qualitätsrahmen unterstützt und gefördert haben.

Die 104 Familienzentren sind ein riesiger Erfolg dieser Landesregierung. Das knüpft ein Netz von Hilfen, das Eltern, das Familien zur Verfügung gestellt werden kann. Von daher ist es ein hervorragender Erfolg dieser Landesregierung, der auch durch Landesmittel ermöglicht worden ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Natürlich kann man diese Hilfen immer noch verbessern. Man kann sie immer noch weiter ausbauen. Natürlich versuchen wir, Schwerpunkte zu setzen. Der eine Schwerpunkt, den wir gesetzt haben, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wo unglaublich viel Geld hineingegangen ist; der zweite die qualitative Verbesserung der Kinderbetreuung, wo auch richtig viel Landesgeld hineingegangen ist.

Dennoch haben wir die anderen Bereiche nicht vernachlässigt oder gekürzt, sondern wir haben versucht, auch in diesen Bereichen Stück für Stück voranzukommen, nicht mit ganz so viel Geld wie in den anderen beiden, prioritären Bereichen, aber doch mit Augenmaß. Wir haben versucht, gemeinsam mit den Kommunen das soziale Netz und das Netz der Unterstützungsleistungen für Familien Stück für Stück dichter zu knüpfen.

Ich bin wirklich traurig, dass Sie immer noch an der Familienkarte herumkritisieren, dass Sie immer an der Familienkarte herummäkeln. Man könnte meinen, es würde bei einigen Oppositionsabgeordneten persönliche Merz-Gefühle auslösen, wenn sie das Wort Familienkarte hören. Das könnte daran liegen, dass sie von den Hessen so positiv aufgenommen wird und dass Sie als Opposition das stört.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber das wäre ein kleinkarierter Gedanke von mir, der mit Sicherheit an der Realität vorbeigeht.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Aus meiner Sicht wird die Familienkarte angenommen. Die Familien stützen sich auf dieses Angebot. Ich glaube schon, dass man hier ein Lob aussprechen kann. Das Angebot wird verbessert. Wir haben einen Familientag.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hier geht es auch um eine Kultur der Anerkennung. Wir haben im Landtag schon oft über das Thema Anerkennung, über eine Kultur der Anerkennung und der Wertschätzung gesprochen. Das ist ein klares Symbol dafür, dass diese Landesregierung eine Kultur der Anerkennung für Familien in Hessen installiert und befördert. Das ist richtig so. Das scheint Ihnen nicht zu gefallen. Das verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Darum kann ich Sie nur auffordern, sich an dieser Debatte viel positiver zu beteiligen.

Man ist manchmal überrascht, welche Reizüberlegungen das Wort Familie bei manchen auslöst.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Dieses Familienbild – wie haben Sie es vorhin wieder genannt? – mit zwei Eltern, zwei Kindern, zwei Hunden scheint in der linken Ecke verbissen gesehen zu werden. Im Antrag der GRÜNEN konnte man es auch lesen: überkommene Familienbilder.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Sie sollten akzeptieren – das meine ich wirklich ernst –, dass die Menschen, die beschließen, zu heiraten und zwei oder drei Kinder in die Welt zu setzen, sich um sie zu kümmern und das zu einem großen Teil ihres Lebensinhalts zu machen, Lob verdienen und nicht dadurch diskreditiert werden sollten, dass man negative Begriffe verwendet wie überkommenes Familienbild. Loben Sie doch die Leute, die sich so für ihre Kinder und ihre Familie einsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt immer mehr Familien, die das anders machen, die vielleicht nur ein Kind haben oder wo beide arbeiten gehen und die die besseren Angebote, die wir zur Verfügung stellen, nutzen. Es gibt auch immer mehr Familien, die vielleicht gar keine Kinder haben, die aber trotzdem Verantwortung füreinander übernehmen. Ich glaube auch, dass Sie sich, indem Sie Ihren Blick immer wieder in eine Richtung lenken, eigentlich für die Debatte ein Stück weit diskreditieren. Denn wir brauchen mit Sicherheit keine Volkspädagogen, die glauben, dem Volk erklären zu müssen, was richtig und was falsch ist, und die dann ihre politischen Modelle mit Erfolgsprämien oder Negativbestrafungen durch Steuererhöhungen umsetzen.

Nehmen Sie sich an der Stelle doch wirklich einmal zurück, und akzeptieren Sie auch das Gesellschaftsbild, das viele Tausende Familien in Hessen gewählt haben, die damit unsere Gesellschaft stützen und unterstützen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Diskussion um Familie birgt immer die Gefahr, dass man sich ein Stück weit in eine ideologische Debatte verliert. Herr Merz, in dem einen oder anderen Ansatz hat man das bei Ihnen gehört. Aber da Sie hier nur so eine Negativlitanei vorgetragen haben, konnten Sie da gar nicht richtig einsteigen. Das ist auch gut so; denn die Diskussion braucht niemand mehr in Hessen. Wir brauchen Freiheit

für die Familien, wir brauchen Freiheit für die Menschen, dass sie entscheiden können, wie sie ihre Familie gestalten, wie sie gemeinsam leben wollen und wie sie füreinander Verantwortung übernehmen. Wichtig ist, dass sie Verantwortung übernehmen, weil das zentral für den Fortbestand unserer Gesellschaft ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dann haben Sie hier gesagt, der Minister habe sich gar nicht mit dem Thema Missbrauch in der Familie auseinandergesetzt.

(Gerhard Merz (SPD): Er hat sich darüber lustig gemacht!)

Herr Merz, ich gebe Ihnen den Rat: Lesen Sie Ihre Rede noch einmal durch, und dann überlegen Sie, was Sie für eine Diktion in Ihrer Rede zugrunde gelegt haben. Sie haben in Ihrer Rede eine pauschale Kritik geäußert nach dem Motto: „Der ganz große Missbrauch findet in der Familie statt“, ohne das vernünftig zu relativieren. Ich weiß, wie Sie Ihren Satz gemeint haben. Aber Sie stehen an einem öffentlichen Pult, und Sie sollten Ihre Rede noch einmal nachlesen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Hat eigentlich Herr Merz die Regierungserklärung abgegeben oder der Sozialminister?)

So, wie Sie es gesagt haben, besteht der Verdacht, dass Sie die Familie grundsätzlich in eine gewisse Ecke stellen, und das sollten Sie nicht tun. Herr Merz, ich weiß, wie Sie es gemeint haben. Aber Sie sollten hier doch ein bisschen vorsichtig formulieren. Man könnte das auch sehr schnell missverstehen. Im Landtag wird manchmal vorsätzlich etwas missverstanden.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dafür sind Sie gerade ein gutes Beispiel!)

Das will ich ausdrücklich nicht machen. Ich gebe Ihnen nur den Hinweis: Schauen Sie sich das noch einmal genau an.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)