Protokoll der Sitzung vom 22.05.2013

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Jetzt zur Frage des Frackings. Frau Ministerin, es war doch nicht die Opposition, die diese Frackingdebatte neu aufgemacht hat. Das war der Ministerpräsident,

(Timon Gremmels (SPD): Jawohl!)

der darüber schwadroniert hat, Fracking solle in Deutschland nicht verboten werden, sondern müsse doch möglich bleiben. Ich frage Sie: Frau Ministerin, wie hoch ist denn das Erdgasvorkommen in Nordhessen? Das kann doch nicht den Energiebedarf der Zukunft decken. Wir reden hier vielleicht über 15 Jahre, vielleicht über 20. Frau Ministerin, dafür aber ein solches Risiko einzugehen, das ist doch vollkommen unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Offensichtlich ist auch dem Ministerpräsidenten das Risiko des Frackings bewusst. Allerdings macht sich der Ministerpräsident beim Risiko des Frackings offensichtlich weniger Gedanken um das Trinkwasser als um das Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl.

Dass diese Debatte jetzt überhaupt aufgemacht wurde, ist nicht Schuld der Opposition, sondern es war der Ministerpräsident, der dieses Interview gegeben hat – obwohl die Bürgerinitiativen und die Menschen in Nordhessen dagegen sind. Trotzdem hat er dieses Fass wieder aufgemacht. Frau Ministerin, deswegen finde ich es schon ein bisschen fragwürdig, wenn Sie jetzt uns vorwerfen, wir würden Ängste in Nordhessen schüren. Bitte, richten Sie diesen Vorwurf direkt an den Ministerpräsidenten, der solche Interviews gibt.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein Letztes. Der Herr Kollege Gremmels hat es angesprochen: Vor Kurzem fand hier im Plenarsaal die Anhörung zum Landesentwicklungsplan statt. Dort wurde es nochmals sehr deutlich: Es ist die Landesregierung, die die

Energiewende in Hessen systematisch blockiert und verhindert – durch ihre starren Vorgaben, durch Mindestabstände von Windkraftanlagen, durch Mindestwindgeschwindigkeiten. Sie gefährden geplante Investitionen.

Das hat der Bürgermeister von Rodgau hier in diesem Raum klar gesagt: Bereits geplante Investitionen sind jetzt gefährdet, weil Sie derart starre bürokratische Vorgaben machen, mit dem einzigen Ziel: den Ausbau der Windkraftnutzung zu erschweren.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es ist auch etwas verwunderlich, weil die FDP sonst dem Markt und den Investoren blind vertraut und es am liebsten dem Markt überlassen möchte, wo investiert wird. Ich fand es als Ergebnis der Anhörung schon interessant, dass der FDP Planwirtschaft vorgeworfen wurde. Ihnen wurde vorgeworfen, bürokratische Vorgaben zu machen.

Frau Ministerin, wenn jetzt ausgerechnet die hessische CDU der Opposition vorwirft, in der energiepolitischen Steinzeit zu leben, dann halte ich das schon für ein starkes Stück. Wer so etwas behauptet, der macht am Ende auch Herrn Dr. Christean Wagner zum Zukunftsminister. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Sag doch so etwas nicht, die machen das am Ende noch!)

Vielen Dank, Frau Wissler. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte beendet.

Wir überweisen diesen Antrag an den zuständigen Umweltausschuss. Gibt es Probleme damit? – Das ist nicht der Fall, dann machen wir das so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 55 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Anpassung des Kommunalen Finanzausgleichs an die Herausforderungen des demografischen Wandels und zur Stärkung des ländlichen Raums – Drucks. 18/7382 zu Drucks. 18/6887 –

mit Tagesordnungspunkt 67:

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend erfolgreiche Klage gegen kommunalfeindliche Politik der Landesregierung und Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe erfordern komplettes Umsteuern in der Kommunal- und Finanzpolitik – Drucks. 18/7404 –

und Tagesordnungspunkt 70:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Staatsgerichtshof stoppt verfassungswidrigen Eingriff der Landesregierung in die kommunalen Finanzen – Drucks. 18/7408 –

Die Redezeit beträgt 7,5 Minuten. Zunächst bekommt der Berichterstatter, Herr Kollege Noll, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich berichte aus dem Haushaltsausschuss.

(Günter Rudolph (SPD): Keine Prosa! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Auch keine Lyrik! – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Ich werde weder Lyrik noch Prosa in Anspruch nehmen. Wenn Sie mich ausreden lassen, kann ich auch den Beschlussvorschlag vorlesen.

Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP bei Stimmenthaltung der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags in zweiter Lesung anzunehmen. – So weit der Bericht.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Als erster Redner hat sich Herr Kollege Schäfer-Gümbel für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Finanzminister, Verantwortung ist die Pflicht des einen gegenüber dem anderen aufgrund eines normativen Anspruchs.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Ui!)

Gemessen an dieser Herleitung von Verantwortung war der gestrige Tag eine klare Bescheinigung Ihrer Verantwortungslosigkeit, Herr Finanzminister,

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

nachdem der Staatsgerichtshof, auch aus unserer Sicht, mit überraschender Klarheit Ihren Verfassungsbruch beim Kommunalen Finanzausgleich gestoppt hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der gestrige Tag war ein guter Tag für die Städte und Gemeinden in Hessen. Genau so sind auch die Kommentierungen in den Medien am heutigen Tage. Ich will nur einige wenige aufrufen.

Das „Darmstädter Echo“ schreibt: „Scharfe Rüge für Hessens Regierung“. Die „FNP“ schreibt: „Bouffier kalt erwischt“. In der Kommentierung schreibt die „FNP“: „Der gescheiterte Minister“. – Herr Finanzminister, damit sind Sie gemeint.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Staatsgerichtshof hat am gestrigen Tag der Willkür der schwarz-gelben Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen ein Stoppschild aufgestellt. Er hat Ihre Selbstbedienungsmentalität auf dem Rücken der Städte und Gemeinden in Hessen beendet. Sie stehen am heutigen Tage vor einem selbst geschaffenen Scherbenhaufen der Landesfinanzen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Herr Finanzminister, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wir haben Sie ausdrücklich, mehr als einmal, davor gewarnt, einen politisch falschen Schritt vorzunehmen, nämlich einseitig in den Kommunalen Finanzausgleich einzugreifen und Ihre eigenen, selbst geschaffenen Finanzprobleme dadurch zu lösen, dass Sie sich auf Kosten der hessischen Städte und Gemeinden bedienen. Sie haben es trotzdem getan, in vollem Bewusstsein, was das für die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden bedeutet. Dafür haben Sie am gestrigen Tag eine eindrucksvolle Quittung vom Staatsgerichtshof erhalten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, ich will daran erinnern, über was wir bei dieser Klage zu reden hatten. Es war ein einseitiger Eingriff in den Kommunalen Finanzausgleich mit 344 Millionen €. Im Kern war das ohne Begründung. Die einzige Begründung, die Sie wirklich substanziell geliefert haben, war, dass Sie eigene Finanzprobleme haben. Herr Finanzminister, diese eigenen Finanzprobleme haben Sie an vielen Stellen selbst geschaffen. Ich habe überhaupt keinen Anlass, Sie vor einer schwierigen Finanzlage in Schutz zu nehmen, wenn Sie gleichzeitig mit Ihrer Regierung unter Führung von Ministerpräsident Bouffier in der Lage sind, im Bundesrat Steuerermäßigungen à la Mövenpick zuzustimmen und hier über die Finanzauswirkungen zu jammern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sind Sie von Ihren eigenen Konsequenzen eingeholt worden. Wir haben heute Morgen eine eindrucksvolle Debatte dazu erlebt. Ich weiß, dass Angriff manchmal die beste Form der Verteidigung ist. Sie haben das munter gemacht. Auf die entscheidenden Fragen, die heute Morgen von allen Oppositionsfraktionen gestellt wurden, wie Sie eigentlich bei einem Haushaltsproblem von 1,5 Milliarden € einen Ausgleich schaffen wollen, wenn Sie auf der einen Seite nicht erklären, wie Sie Mehreinnahmen erheben, und auf der anderen Seite auch nicht erklären, wo Sie eigentlich Ausgaben kürzen wollen, sind Sie diese Antworten immer schuldig geblieben.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Urteil wird für nachfolgende Landesregierungen erhebliche Auswirkungen haben.

(Zuruf des Abg. Karlheinz Weimar (CDU))

Herr Finanzminister, Ihre einzige substanzielle Reaktion am gestrigen Tag – Sie haben wenigstens reagiert, der Ministerpräsident hat heute Morgen die Oppositionsfraktionen wieder fulminant beschimpft, aber wenn es um die eigene Politik geht, ist er nicht da und erklärt dazu nichts – war bedenklich: Das ist ein interessantes Urteil.

(Zuruf der Abg. Karin Wolff (CDU))