Protokoll der Sitzung vom 23.05.2013

Frau Dorn, mit Ihrer Politik gefährden Sie Arbeitsplätze in der Rohstoffindustrie.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wären die weiteren Folgen? Der Verbrauch an Rohstoffen würde dadurch ja nicht sinken. Stattdessen würden die Probleme in andere Bundesländer, ins europäische Ausland oder sogar noch weiter, in unsichere Entwicklungs- oder Schwellenländer, verlagert. Beim Bau von Einfamilienhäusern würde es zu deutlichen Kostensteigerungen kommen. Für den Bau eines Einfamilienhauses werden Rohstoffe mit einer Masse von 65 t verbraucht. Was soll eine typische Mittelschichtfamilie mit Kindern denn noch machen, wenn sie sich keine Doppelhaushälfte mehr leisten kann?

Wieder treffen die GRÜNEN mit ihren Plänen auf den ersten Blick die Industrie; tatsächlich treffen sie jedoch die Mittelschicht und die Kommunen.

(Beifall bei der FDP)

Sie verlagern damit nicht nur die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in andere Länder, sondern auch die Probleme, die mit dem Rohstoffabbau einhergehen. In vielen Ländern sind Umwelt- und Sozialstandards erheblich niedriger als bei uns. Das nehmen Sie billigend in Kauf. Das ist scheinheilig und vor allen Dingen unverantwortlich.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Dorn, Sie sind sich über die Konsequenzen Ihrer Politik nicht im Klaren. Als Spitzenkandidatin tragen Sie aber eine andere Verantwortung. Ob Sie in Hessen jemals Verantwortung tragen werden oder nicht – allein durch Ihre Diskussion verunsichern Sie die Unternehmen und deren Mitarbeiter: Sie wissen nicht, ob sie in Hessen noch eine Zukunft haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen die heimische Rohstoffgewinnung sichern. Wir wollen aber auch, dass klare Bedingungen an die Renaturierung geknüpft werden. Es muss jedem klar sein: Wenn man eine Genehmigung will, muss die Anschlussnutzung des genehmigten Bereichs sichergestellt sein.

Für die Regierungskoalition ist klar, dass die GRÜNEN und ihre Spitzenkandidatin auf dem falschen Dampfer sind, wenn sie glauben, durch eine Kiesabgabe Geld generieren zu können. Sie schaden damit Hessen: den hessischen Kommunen und vor allem den Menschen, die in der Rohstoffwirtschaft arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Schönen Dank, Herr Kollege Lenders. Im Hinblick auf die Zeiteinsparung war das vorbildlich. – Jetzt habe ich eine Wortmeldung von Frau Kollegin Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lenders, Ihr Wahlkampfgetöse ist einfach lächerlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein Tiefpunkt und kein Setzpunkt!)

Zum zweiten Mal versuchen Sie jetzt, unsere Abgabe auf Kies und Sand als Thema hochzuziehen. Sie schildern dieselben abgedroschenen Bedrohungsszenarien: Wir GRÜNE würden ganze Wirtschaftszweige zerstören.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wird es teurer, oder wird es nicht teurer?)

Herr Irmer, ich komme gleich auf diesen Punkt zu sprechen. Sie brauchen sich nicht immer gleich aufzuregen, wenn ich am Rednerpult stehe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Arbeitsplätze würden durch die Umsetzung unserer Ideen verloren gehen. Herr Irmer, informieren Sie sich doch in Bundesländern, in denen unter anderem auch die CDU an der Regierung beteiligt ist: in den ostdeutschen Bundesländern.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Dort wird eben diese Kiesabgabe erhoben. Übrigens wird sie auch in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein schon seit Jahren erhoben, allerdings auf Kiese und Sande aus dem Meer. Dort gibt es keinen Aufschrei aus der Wirtschaft. Das ist auch kein Wunder. Schauen Sie sich einmal die Summen an – Herr Lenders ein bisschen Information würde Ihnen manchmal guttun –, die bei dieser Kiesabgabe herauskommen. Wir reden in Thüringen – unser Nachbarland, von der Geografie her ähnlich strukturiert wie Hessen – von 1,5 bis 2 Millionen € jährlich.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Das ist ja gar nichts!)

Das ist ja gar nichts, genau. Herr Hahn, das ist absolut richtig. Das ist kaum etwas.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Jörg-Uwe Hahn: Sie müssen nicht glauben, dass ich immer auf Sie reagiere, Frau Kollegin!)

Wenn Sie Zwischenrufe machen, während ich rede, glaube ich – –

Wir haben uns darauf geeinigt, dass von der Regierungsbank aus keine Diskussionen geführt werden.

Herr Hahn redet mit sich selbst; das ist eine neue Information.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Aufkommen aus dieser Abgabe wird vielleicht gerade dazu reichen, dass wir die Umweltschäden beseitigen können, die dadurch entstehen. Wer, bitte, soll sonst für die Umweltschäden zahlen? Haben Sie eine Antwort darauf? Sollen, so, wie es im Moment ist, die Steuerzahler dafür zahlen? Das ist Ihre Antwort.

Sie ziehen hier das Argument hoch, die Bauwirtschaft würde durch unsere Ideen zerstört. Das ist lächerlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was kostet denn ein Hausbau mehr?)

Es ist immer der gleiche pawlowsche Reflex, den Sie haben. Sie hören das Wort „Abgabe“ und denken: Das ist wunderbar. Damit ziehen wir jetzt in den Wahlkampf; die Abgabe wird unser Wahlkampfschlager. – Schauen wir uns doch an, wie es bisher immer war: Wir hatten die Ökosteuer auf Benzin, und wir hatten die Lkw-Maut.

Gerade die Lkw-Maut halte ich für ein wunderbares Beispiel; denn dabei hat Hessen aus grüner Sicht eine richtig rühmliche Rolle gespielt. 1999 hat Rot-Grün im Bundestag die Lkw-Maut beschlossen. Natürlich gab es in den Reihen von CDU und FDP einen unglaublichen Aufschrei: Ein ganzer Gewerbezweig und Tausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, die Margen würden gegen null gehen, und

alle Preise würden auf die Transportkosten aufgeschlagen werden. Das ist genau das, was Sie uns vorwerfen.

Nur hat der CDU die Lkw-Maut so gut gefallen, dass sie sie 2008 um bis zu 90 % erhöht hat.

(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die ganz spannende Frage ist, wer eigentlich im Bundesrat die entscheidende Stimme gegeben hat, sodass es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Das war Hessen.

Vergleichen wir einmal die Zahlen. Wir reden von einem Betrag von 1,5 bis 2 Millionen € in Thüringen. Was bekommt Hessen aus der Lkw-Maut? Das Geld wird hier ähnlich eingesetzt, z. B. um Schäden zu beseitigen. Auf den Autobahnen ist das sehr sinnvoll; denn das kostet eine Menge. Das sind mehrere 100 Millionen €. Sie haben sich dafür eingesetzt, dass die Lkw-Maut erhöht wird.

(Zuruf von der CDU: Was vergleichen Sie da über- haupt? Das ist doch nicht vergleichbar!)

Natürlich ist das vergleichbar. Sie meinen, dass man mit einer Abgabe in Höhe von 1,5 bis 2 Millionen €, die gerade dazu dienen können, Umweltschäden auszugleichen – –

(Zuruf von der CDU: In Thüringen! Sie reden jetzt von Thüringen!)

In NRW werden 5 Millionen € erwartet, und NRW hat mehr Auskiesung durch den ganzen Rheingraben.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich täusche die Leute überhaupt nicht. Sie täuschen die Leute mit dem, was Sie hier gerade machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Wissen Sie, was? Wir schreiben hier Konzepte, wir entwickeln Ideen für dieses Land, und Sie machen Wahlkampfgetöse. Sie müssen hier regieren, nicht wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – La- chen und demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP)

Ist es mein Wirtschaftsminister, der hier regieren muss? Der ist von der FDP. Wir werden schon dafür sorgen, dass da bald ein anderer sitzt. Meine Güte.

(Zuruf von der CDU: Ja, das sage ich auch! – Weite- re Zurufe von der CDU)

Was Sie hier machen, ist reines Wahlkampfgetöse. Ihr Problem ist, Sie haben hier einen Antrag vorgelegt, in dem keine einzige Idee dazu steht, wie Sie die Ressourceneffizienz eigentlich voranbringen wollen. Sie reden davon, die Rohstoffsicherheit für Hessen zu verbessern. Wo, bitte, ist denn Ihre Idee?