Ich fange bewusst bei G 8 und G 9 an. Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, das Prinzip der Freiwilligkeit steht
für Sie ganz oben. Gleichzeitig sagen Sie, das konnte man auch Ihren Presseerklärungen der letzten Zeit entnehmen, dass Sie nicht damit einverstanden sind, dass es Regionen in Hessen gibt, in denen nur ein G-8-Angebot an Gymnasien vorhanden ist.
Jetzt stelle ich Ihnen die Frage: Wollen Sie ein Gymnasium in Wiesbaden – die Gymnasien in Wiesbaden haben sich alle für G 8 entschieden – dazu zwingen, zu G 9 zurückzukehren? Oder wie wollen Sie Ihre Forderung, dass sowohl G 8 als auch G 9 in den entsprechenden Regionen vorhanden sein sollen, beispielsweise in Wiesbaden, umsetzen?
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie wäre es mit Reden, Herr Schork? Ich habe die Antwort gegeben!)
Dann reden wir über das mehrgliedrige Schulsystem. Ist das die Basis für Ihren Schulfrieden und die Vereinbarung, die Sie schließen wollen? Wollen Sie alle jetzt vorhandenen Schulformen und alles, was an mehrgliedrigem Schulsystem in Hessen vorhanden ist, aufrechterhalten?
Wenn Sie sich die Programme ansehen, dann werden Sie sehr schnell feststellen, dass dies nicht geht, weil es in dieser Frage sehr unterschiedliche Positionen gibt.
Sie propagieren gleichzeitig längeres gemeinsames Lernen. Bei der SPD ist das noch viel schärfer formuliert. Der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir, hat sich bei Ihrer Pressekonferenz, als Sie das Thema Schulfrieden vorgestellt haben, ausdrücklich auf die Koalitionsvereinbarung aus dem Jahr 2008 zwischen der SPD und den GRÜNEN bezogen. Darin war von einem mehrgliedrigen Schulsystem sehr wenig die Rede, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Sie müssen sich entscheiden, ob Sie den Weg zu einer Einheitsschule gehen wollen oder ob Sie die Mehrgliedrigkeit und Vielfalt des hessischen Schulsystems aufrechterhalten wollen.
Dies sollten Sie auch vor dem Hintergrund der aktuellen Allensbach-Umfrage tun, die Sie sicher kennen. Danach spricht sich der überwiegende Teil der Eltern und Lehrer dafür aus, dass ein mehrgliedriges Schulsystem erhalten bleiben soll.
Nach dieser Studie spricht sich auch eine klare Mehrheit gegen das Abschaffen des Sitzenbleibens aus. Was wollen Sie mit wem in diesen Fragen vereinbaren?
Ein weiterer Punkt. Sie haben heute nichts zur Lehrerausbildung gesagt, das mache ich nicht zum Vorwurf. Aber Sie haben am Montag beim VhU-Bildungsforum etwas dazu gesagt.
Beim Bildungsforum der VhU haben Sie sich sehr klar und eindeutig für die Beibehaltung des ersten und zweiten Staatsexamens ausgesprochen. Sie haben sich auch für den Erhalt der Lehrerausbildung, so wie sie jetzt schulformbezogen stattfindet, ausgesprochen. Wie kriegen Sie das mit
der Position der SPD in Einklang, in deren Programm steht, es gibt kein erstes und zweites Staatsexamen mehr?
Das bedeutet, dass in der Lehrerausbildung das erste und zweite Staatsexamen nicht mehr stattfinden.
Sie sprechen sich für die schulformbezogene Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer aus. Die SPD formuliert es etwas nebulös und spricht von Stufenausbildung. Man kann auch sagen, das ist eine Einheitslehrerausbildung,
die stufenbezogen ohne Differenzierung auf die einzelnen Schulformen stattfinden soll. Auch da stellt sich die Frage, wie Sie das am Ende in einem gemeinsamen Papier mit allen unter einen Hut bringen wollen.
Auch das müssen wir sagen: Sie haben auch das Thema Inklusion angesprochen. Nun gibt es bei diesem Thema sicherlich unterschiedliche Auffassungen darüber, in welcher Geschwindigkeit und wie Inklusion umzusetzen ist und was getan werden muss, um Schulen, um Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern an den allgemeinbildenden Schulen nicht zu überfordern. Sie haben aber auch sehr deutlich gesagt, Sie wollen in dieser Frage eine gemeinsame Position mit allen Akteuren finden.
Dazu empfehle ich Ihnen, nochmals die Ausführungen in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf der SPD nachzulesen, insbesondere die Ausführungen des Philologenverbandes. Die stehen dem, was Sie hierzu diskutieren und wollen, diametral entgegen.
Schließlich und endlich haben Sie das Thema Betreuungsangebot angesprochen. Auch da müssen Sie zugeben, dass Sie die Gemeinden mit ins Boot holen und dort ein gewisses Maß an Zwang aufbauen wollen. Ihr Programm sieht vor, dass Sie ein Betreuungsangebot von 7:30 Uhr bis 17 Uhr zur Verfügung stellen wollen. Gleichzeitig aber sagen Sie: Ab 15 Uhr ist dies Aufgabe der Kommunen.
Ich streite mich nicht um eine halbe Stunde. Wenn ich die Zahl falsch genannt habe, danke ich für die Korrektur: Ab 14:30 Uhr sollen das die Kommunen machen.
Sie sagen auch: Wenn die Kommunen, aus welchen Gründen auch immer, dieses Angebot ab 14:30 Uhr nicht zur Verfügung stellen, findet Betreuung an den Schulen auch nicht statt, auch nicht bis 14:30 Uhr. – Inwieweit es sich dabei also um Freiwilligkeit handelt, wage ich zumindest zu hinterfragen und in Zweifel zu ziehen.
Eine letzte Bemerkung. Sie haben gesagt, es gebe zu wenige integrierte Gesamtschulen, und es sei die Politik der schwarz-gelben Landesregierung, dass es davon zu wenige gibt.
(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Schauen wir einmal, schauen wir einmal!)
zu Beginn des neuen Schuljahrs 2013/2014 eine neue integrierte Gesamtschule gebildet wurde. Stellen Sie ihr einfach diese Frage. – Ich kann sie Ihnen beantworten: Ja, in Gernsheim gibt es zum 01.08. eine neue integrierte Gesamtschule.
Das ist nur ein Beispiel, um deutlich zu machen, dass das, was Sie hier sehr allgemein behaupten, schlicht und einfach nicht wahr ist.
Zu guter Letzt – das wurde durch die Zwischenrufe deutlich gemacht – lautet doch die Frage: Wie sieht Bildungspolitik in den Ländern aus, in denen Rot und Grün die Verantwortung tragen?
Sie werden es uns nachsehen, dass wir vermuten, glauben und annehmen, dass das, was Sie in wohlfeilen Worten ankündigen, nur dazu dient, die wahren Absichten, die man in den anderen Bundesländern unter rot-grüner Schulpolitik erkennen kann, zu verschleiern. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Herr Kollege Schork, in meiner Fraktion wurde eben gesagt, dass wir Ihnen außerordentlich dankbar dafür sind, dass Sie uns nochmals unser Programm vergegenwärtigt haben. Spannender wäre es bei einem Vertreter der Regierungsfraktionen natürlich gewesen, wenn Sie auch irgendetwas über Ihr Programm gesagt hätten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/GRÜNDEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))
Interessant ist, dass Sie sich einen Kopf gemacht haben, wie SPD und GRÜNE sich in Koalitionsverhandlungen auf eine gute Bildungspolitik für unser Land einigen.
Herr Kollege Schork, anscheinend gehen Sie selbst nicht mehr davon aus, dass Sie nochmals eine Mehrheit in diesem Land bekommen.
Herr Schork, ansonsten haben Sie ein sehr gutes Beispiel dafür gegeben, wie der Schulkampf, wie dieses Schwarz und Weiß, in dem Sie argumentiert haben, die Entwicklung unserer Schulen jetzt schon seit Jahren und Jahrzehnten lähmen. Sie diskutieren immer nur in Schwarz-Weiß: entweder längeres gemeinsames Lernen für alle – oder gegliedertes Schulwesen für alle; entweder Förderschulen für alle – oder Inklusion für alle: immer nur Entweder-oder. Das mag für Sie im Wahlkampf leichter sein. Davon mögen Sie sich irrigerweise im Wahlkampf einen Vorteil versprechen. Das ist aber nicht die Lebenswirklichkeit der Eltern und schon gar nicht das, was sich Eltern an Schulen wünschen.