Protokoll der Sitzung vom 27.06.2013

Sie geben hier eine Lachnummer. Es ist nur schade, da das Thema so bedeutsam ist und dadurch auch das Demonstrationsrecht, das von Ihnen hochgehalten wird, Schaden nimmt.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was?)

Wir liefern Beweise. Die Beweise sind da, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition. Es ist bewiesen, dass Polizeibeamte mit Holzlatten, Fahnenstangen, Glasflaschen, Pyrotechnik, Farbbeuteln, Tritten und Pfefferspray massiv angegriffen wurden. Mehr als 30 verletzte Polizisten fallen doch nicht vom Himmel. Sie sind das Ergebnis einer unfriedlichen Demonstration. Das ist das Ergebnis einer Chaostruppe, die nicht nach Frankfurt kam, um aus einem berechtigten Grund zu demonstrieren, sondern um Klamauk zu veranstalten.

(Beifall bei der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Das wird aber ausgeblendet! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Unvorstellbar! So viel Ignoranz ist unfassbar!)

Bewiesen ist, dass Demonstranten solche Sprüche skandierend durch die Straßen zogen: Heute lassen wir es krachen; wir hauen die Stadt kaputt; alle Polizisten sind Bastarde; Deutschland ist Sch…, und ihr seid die Beweise. – Was hat denn das mit einer, wie Sie sagen, friedlichen Demonstration zu tun? Wo ist hier eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit der EZB, die durchaus angemessen ist? Was für ein Niveau ist das, und mit wem machen Sie sich gemein, wenn Sie so auftreten wie bei Ihren Redebeiträgen?

(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Frechheit!)

Herr Schäfer-Gümbel, das ist keine Frechheit. – Es ist auch bewiesen, dass der Versammlungsleiter, der gerade zu kritischen Zeitpunkten ein Ansprechpartner für die Polizei sein soll, nicht erreichbar war. Er drückte die Telefonate der Polizei sogar schlicht und ergreifend weg. Dies ist ein klarer Verstoß gegen Rechtspflichten. Das ist bewiesen, und das hat überhaupt nichts mit Deeskalation zu tun.

Wenn wir in Hessen weiterhin eine gute Sicherheitsarchitektur haben wollen, brauchen wir eine christlich-liberale Regierung und den Innenminister Boris Rhein. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Ende der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Ich möchte Ihnen zunächst Art. 92 Satz 1 unserer Verfassung vortragen. Hier heißt es:

Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

Da bei dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, der jetzt vorliegt – Punkt 7 ist zurückgezogen worden, wie schriftlich festgehalten wurde –, das Quorum, nämlich das in der Verfassung festgelegte Fünftel der Mitglieder, nicht erreicht ist, finden die Regelungen zum Minderheitenrecht keine Anwendung. Es findet eine normale Abstimmung statt. Das heißt, es ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Enthaltungen zählen hierbei nicht mit. Ich verweise auf Art. 88 der Hessischen Verfassung.

Dies vorausgeschickt, stelle ich den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und SPD. Damit ist der Antrag mit den von mir festgestellten Stimmen der Fraktionen abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zu dem Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD, Tagesordnungspunkt 90.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Jetzt sind wir erst einmal in der Abstimmung.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja, ne, deswegen!)

Ja, ne, deswegen. Also bitte, Herr Kollege Schaus, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, ich beantrage für meine Fraktion, dass über Punkt 14 – das ist der Punkt Entlassung – getrennt abgestimmt wird.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Antrag. Zunächst lasse ich also über Punkt 14 abstimmen. Er lautet: „Der Landtag fordert daher den Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier auf, den hessischen Innenminister Boris Rhein aus dem Amt zu entlassen.“ Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, GRÜNE und LINKE. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Punkt abgelehnt.

Nun stelle ich die restlichen Punkte dieses Dringlichen Antrags zur Abstimmung. Wer ihnen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, wir sind in der Abstimmung. Ich bitte Sie herzlich darum, keine Kommentierungen zu machen. – SPD und GRÜNE sind also dafür. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – DIE LINKE. Damit ist auch dieser Dringliche Antrag mehrheitlich abgelehnt.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Rot-rotgrünes Chaos!)

Bevor wir zu Tagesordnungspunkt 14 kommen, habe ich Ihnen mitzuteilen, verteilt worden ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Hessischer Landtag blickt mit Sorge auf die Vorkommnisse in der Türkei, Drucks. 18/7578. – Die Dringlichkeit wird bejaht. Damit wird dieser Dringliche Entschließungspunkt Tagesordnungspunkt 91, und wenn Sie dem nicht widersprechen, können wir ihn mit Tagesordnungspunkt 88 aufrufen. – Das ist der Fall. Dann machen wir das so.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 14 auf:

Antrag der Landesregierung betreffend Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2013 bis 2017 – Drucks. 18/7521 –

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 20:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend „Abbautreppe“ der hessischen Nettoneuverschuldung ist bereits jetzt Makulatur – Drucks. 18/6925 –

und Tagesordnungspunkt 81:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Finanzplan 2013 bis 2017 setzt schwarz-gelbe Schuldenpolitik fort – seriöse Alternativrechnung zum Finanzplan nötig – Drucks. 18/7545 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Es beginnt der Kollege Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.

(Günter Rudolph (SPD): Wird die Landesregierung den Antrag nicht einbringen? Es geht um den Finanzplan!)

Meine Damen und Herren, damit wir uns darüber im Klaren sind: Mir lagen zwei Wortmeldungen vor – vom Kollegen Kaufmann und vom Kollegen Pentz. Der Antrag ist von der Landesregierung gestellt worden. Sie könnte ihn einbringen – und wird es wohl auch. Leute, ihr müsst euch melden.

(Zurufe)

Was, ihr seid alle nervös? – Dann schauen wir einmal und sortieren ein bisschen. – Sind wir uns einig, dass der Kollege Kaufmann einverstanden ist, wenn der Finanzminister den Antrag begründen möchte? Wenn ihr euch nicht einig seid, seht zu, wie ihr euch einig werdet. Also, der Finanzminister möchte den Antrag begründen. Dann hat er das Wort. Ich bitte darum, dass sich nächstes Mal alle melden, die hier sprechen wollen. Wir gehen hier nach der Reihenfolge vor. Im Ernstfall beschließt immer der Präsident die Reihenfolge. So ist es nach unserer Geschäftsordnung. Ich wollte Sie nur noch einmal freundschaftlich um 19:40 Uhr darauf hinweisen. – Der Finanzminister hat das Wort, bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Prozedere der letzten 48 Sekunden zeigt, dass wir ein Stück parlamentarisches Neuland dadurch beschreiten, indem wir Ihnen isoliert einen Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2013 bis 2017 vorlegen. Üblicherweise

wird der Finanzplan gemeinschaftlich mit dem Entwurf des Haushaltsplans vorgelegt. Wir sind nun aber in dem Geltungsbereich eines Doppelhaushalts, sodass wir nun isoliert über die Finanzplanung reden müssen, für die nach unserer Haushaltsplanung nach wie vor das Jährlichkeitsprinzip gilt.

Dafür gibt es historisch keine Vorbilder. Im Jahr 1998, als es schon einmal einen Doppelhaushalt gab, hatte es die damalige Landesregierung unterlassen, im Lauf des Haushaltsjahres ihren Verpflichtungen nachzukommen und rechtzeitig einen Finanzplan vorzulegen. Wir machen es dennoch, um klar zu zeigen, dass wir uns weiter in Kontinuität unseres finanzpolitischen Kurses hin zur Nettoneuverschuldung null befinden.

Der Finanzplan für die Jahre 2013 bis 2017 setzt das fort, was die Finanzpläne der letzten Jahre eingeleitet haben,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schulden!)

nämlich eine klare Begrenzung der Nettoneuverschuldung nach den Regeln und der Abbautreppe, die wir vor drei Jahren definiert haben, in Schritten in einer Größenordnung von 250 Millionen € jährlich hin zu einer Nettoneuverschuldung in der Nähe von null im Jahr 2018, aber auf jeden Fall 2019. Wir halten mit diesem Finanzplan die Grenzen der verfassungsrechtlichen Regelungen ein. Wir unterstellen bei diesem Finanzplan eine Fortsetzung der moderat aufwärts gerichteten wirtschaftlichen Entwicklung mit einer durchschnittlichen Einnahmesteigerung von 3,8 %. Das ist in der Addition von realem Wirtschaftswachstum und Inflationserwartung eine moderate Annahme.

Bei einem jahresdurchschnittlichen Ausgabenwachstum von knapp unter 2 % ist das auf der anderen Seite keineswegs ein üppiger Ausgabenplan. Wenn Sie dann noch um die zwangsläufig – glücklicherweise, sage ich – ansteigenden Mittel bereinigen, die vom Bund zu den Kommunen durchgeleitet werden, dann bleibt nur noch ein ausgesprochen begrenzter Spielraum an Ausgabenwachstum von 0,8 % pro Jahr. Das bedeutet, dass wir zusätzliche Ausgabenprogramme im Geltungsbereich dieser Finanzplanung – ich sage: bis zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020 – nur dann finanzieren können, wenn wir gleichzeitig an anderer Stelle Gegenfinanzierungsmaßnahmen ergreifen.

Natürlich gibt es nie eine Garantie, dass eine solche Finanzplanung genau so eintritt. Es stecken Risiken darin, und zwar in den Fragen: Wie entwickelt sich die weitere konjunkturelle Entwicklung im Durchschnitt der Jahre? Bleiben die Zinsen auf einem, zumindest in der Tradition der letzten Jahre niedrigen Niveau? Wird es keine neuen, auf der Bundes- oder auf der europäischen Ebene beschlossenen Einschränkungen und Belastungen des Landeshaushalts geben? – All diese Dinge sind Risikofaktoren für jede Finanzplanung.

Ich will noch darauf hinweisen, dass wir in der Finanzplanung einen durchschnittlichen Anstieg der Personalkosten um einen Prozentpunkt per anno eingeplant haben. Das heißt, höhere Tarif- und Besoldungserhöhungen ziehen automatisch einen verstärkten Personalabbau an anderer Stelle nach sich, um diese Vorgaben der Finanzplanung in Zukunft einhalten zu können. Das zeigt, die Spielräume künftiger Jahre für neue Ausgabenprogramme, die auch in Kreisen dieses Hauses intensiv diskutiert werden, sind schlicht nicht vorhanden. Auch die nächsten Jahre werden

im Zeichen finanzpolitischer Konsolidierung stehen müssen, wenn wir die Vorgaben der Schuldenbremse, die wir uns gemeinschaftlich gegeben haben, einhalten wollen.

Es wird mannigfaltige Diskussionen über die Frage geben: Welche Annahmen sind realistisch und welche nicht? – Über die Erfahrungen der letzten Jahre will ich nur sagen: Seit 2010, als wir begonnen haben, diese Abbautreppe zu beschreiten, haben wir uns in den Grenzen gehalten, die wir uns vorgenommen haben, mal etwas deutlicher, mal etwas weniger. Ich bin sehr optimistisch, dass wir trotz der nicht vollständig erwartbaren Steuereinnahmen dieses Jahres durch eine Reihe von Abweichungen an anderer Stelle – nehmen Sie beispielsweise die durch den Zensus entstehenden Erstattungen aus dem Länderfinanzausgleich von in Summe wahrscheinlich etwas über 90 Millionen € in diesem Jahr; Entlastungen an anderer Stelle bringen die geringeren Zinsbelastungen in diesem Jahr – die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr trotz der Restriktionen aufgrund niedriger Steuereinnahmen am Ende werden einhalten können. Wir haben auf diesem Weg ein Stück weit Reserven, nicht unbegrenzt, aber jedenfalls so, dass wir in der Lage sind, diesen Weg, wie er in der Finanzplanung beschrieben wird, weiterzugehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, zustimmend von dieser Vorlage Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Minister, vielen Dank, das war sehr lieb.

(Heiterkeit)