Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Beitrag des Ministerpräsidenten Bouffier hat eben damit begonnen, dass Sie sagten, Sie als Landesregierung hätten sich noch keine Meinung gebildet. Es ist ja wohl eher so, dass Sie zu dieser Frage unterschiedliche Meinungen in Ihrer Regierung haben. Das würde das Problem wohl besser beschreiben.
Sie haben sieben Minuten lang geredet, und nicht nur ich habe verzweifelt zu verstehen versucht, wo Sie in dieser Meinungsvielfalt stehen. Mir ist nur in Erinnerung geblieben, dass Sie uns gebeten haben, das Ganze ohne Schaum vor dem Mund zu diskutieren. Das will ich gern tun. Aber das reicht mir als Aussage eines Ministerpräsidenten in einer solchen Frage nicht aus.
Ich nehme wahr, dass Sie sagen, wir müssten in dieser Entscheidung um Akzeptanz in der Bevölkerung werben. Ich hoffe, das tun wir immer, nicht nur in dieser Entscheidung. Ich weiß nicht, warum Sie bei diesem Thema besonders betonen, inwieweit da vielleicht ein Diskriminierungsaspekt drin ist. Ich möchte aber ganz klar sagen: So, wie Sie sich gerade verhalten, schüren Sie Diskriminierung und werben nicht um Akzeptanz.
Allein die Tatsache, bei diesem Thema des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare auch nur zu betonen, dass es um das Kindeswohl gehe, hat einen diskriminierenden Beigeschmack; denn es geht bei Adoption immer um das Kindeswohl.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Und wenn Sie versuchen, uns dazu zu belehren, welche Bundesthemen eventuell auch in der Aktuellen Stunde im Hessischen Landtag behandelt werden, Herr Mick, höre ich da eine Kritik am Vizeministerpräsidenten und Justizminister heraus, dass er sich um Bundesthemen kümmert?
Ich möchte hier für meine Partei und meine Fraktion klarstellen: Im Zusammenleben von Menschen in unserem Land hat sich in den letzten Jahren vieles, vieles verändert.
Was ist heute im Zusammenleben von Menschen noch normal? Es gibt ganz unterschiedliche Konstellationen. Es gibt Ehen zwischen Männern und Frauen, mit und ohne Kinder. Es gibt Menschen, die ohne Trauschein zusammenleben – Männer mit Männern, Männer mit Frauen, Frauen mit Frauen, mit oder ohne Kinder. Es gibt funktionierende Patchwork-Familien in unterschiedlichen Modellen – in manchen Familien bleiben die Kinder immer in einer Wohnung, und die Eltern wechseln, in anderen Familien wechselt die Betreuung der Kinder. Es gibt Wahlverwandtschaften, weil unsere Welt so mobil geworden ist. Das alles ist Normalität.
Wir als Politikerinnen und Politiker stehen in der Verantwortung und haben die Normen des Zusammenlebens dieser veränderten Realität anzupassen – um nicht mehr oder weniger geht es. Und, ganz ohne Schaum vor dem Mund: Bitte ohne diskriminierenden Unterton. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ist ein ernstes und, das gebe ich zu, auch schwieriges Thema.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihre Herangehensweise, Diskussionsprozesse auch innerhalb des Regierungslagers zu ironisieren, ist leicht zu durchschauen. Sie instrumentalisieren adoptierte Kinder parteipolitisch. Sie werden mit Ihrer Herangehensweise dieser Frage überhaupt nicht gerecht.
Wenn Sie etwa sagen, die Fakten lägen bereits alle auf dem Tisch, kann ich nur sagen: Nein, das tun sie nicht. Wer weiter nachdenkt und einen Konsens in der Gesellschaft herbeiführen will, dem zu sagen, der sei fertig und die Frage des Kindeswohls als Diskriminierung anzusehen – das ist eine rein parteipolitische Herangehensweise im Wahlkampf zulasten der adoptierten Kinder. Da machen wir nicht mit.
Meine Damen und Herren, Sie hätten die Gelegenheit gehabt, diese Debatte so zu führen, wie sie der Ministerpräsident gedanklich und mit seiner Wortwahl eingeleitet hat.
Die Befürworter eines Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Partner argumentieren, dass dem Abbau von Diskriminierung, der Schaffung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, der Anpassung in versorgungs- und steuerrechtlichen Fragen automatisch ein Adoptionsrecht folgen müsse. Dieser Gedanke ist unlogisch, und die Folgerungen müssen zwangsläufig falsch sein.
Die erstgenannten Aspekte betreffen Anliegen und Rechtsstellung der betroffenen gleichgeschlechtlichen Partner.
Das Adoptionsrecht dagegen betrifft das Kindeswohl, das Recht des Kindes – und das nicht gleichwertig mit den Belangen der Partner und auch nicht in Abwägung mit den Interessen der Adoptiveltern –, und es betrifft auch nicht Rechte der abstrakten Verantwortungsgemeinschaft, sondern es geht ausschließlich um Wohl und Glück des Kindes. Das ist ein wesentlicher Unterschied und muss auch differenziert diskutiert werden.
Es sind gerade neuere Erkenntnisse von Pädagogen und Psychologen, dass Vater und Mutter die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes prägen sollen.
Da müssen Sie nicht ironisch lachen. Damit machen Sie wieder denselben Fehler, und das beweist, wie Sie die Debatte führen. – Dies hat erhebliche gesellschaftliche Konsequenzen gehabt. Tradierte Rollenverständnisse zwischen Mann und Frau wurden aufgebrochen. Diese Gedanken kamen nicht aus der bösen, konservativen schwarzen Ecke.
Ein weiterer Gesichtspunkt: Bei Ehescheidungen wird zunehmend angestrebt, dass sich die Ex-Partner auf ein gemeinsames Sorgerecht einigen sollen. Dort, wo dies nicht möglich ist, sollen Regelungen auf jeden Fall so getroffen werden, dass Mutter und Vater weiterhin Verantwortung für das Kind tragen.
Diese Erkenntnisse, dass ein Vater und eine Mutter für die Prägung und das Glück des Kindes entscheidend sind, dürfen doch bei der Diskussion über die Adoption durch
Wie der Ministerpräsident bereits vorgetragen hat, stellt das überhaupt nicht in Abrede, dass gleichgeschlechtliche Partner, die ein Kind erziehen, das aus einer früheren Beziehung stammt, unseren hohen Respekt genießen. Sie tun das unter weitaus schwierigeren Bedingungen. Noch größeren Respekt haben natürlich alleinerziehende Personen, die unter schwierigen Bedingungen ihrer Aufgabe nachkommen.
Dass Sie aber diesen Respekt mit einem Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften verbinden wollen, ist einfach unredlich. Das ist auch falsch.
Nein. – Bei der Rechtsstellung in Adoptionsfragen gibt es noch weitere Kriterien, die erfüllt werden müssen, etwa das Alter der sich bewerbenden Adoptiveltern,
ein Abstand zwischen Adoptiveltern und dem zu adoptierenden Kind. Das alles sind wohlerwogene Gesichtspunkte.
Nein, meine Damen und Herren, es bleibt dabei, dass dem Kindeswohl nach den derzeitigen Erkenntnissen am besten gedient ist, wenn das Adoptivkind von einer Adoptivmutter und einem Adoptivvater liebevoll umsorgt, erzogen und geprägt wird.
Davon bleibt völlig unberührt, dass wir weiterhin dafür werben, dass die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften auch in den Köpfen der Menschen weiterentwickelt werden muss und dass wir stolz darauf sind, in der Rechtsstellung wesentliche Beiträge zum Abbau von Diskriminierung geleistet zu haben.
Daher wird die CDU-Fraktion Ihre Anträge, die dem Anliegen nicht gerecht werden, auf jeden Fall ablehnen.
Wir werden in differenzierter Form die Diskussion fortsetzen. Es reicht uns nicht aus, dass gesagt wird, es gibt keine Beweise dafür, dass die Erziehung in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht schlechter wäre. Nein, für uns ist das Kindeswohl von elementarer Bedeutung. Dies wird uns auch bei dem weiteren Diskussionsprozess leiten. – Herzlichen Dank.