Protokoll der Sitzung vom 27.06.2013

(Beifall bei der SPD – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Man muss ihn richtig lesen! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Doch, die stand drin!)

Wir kennen den Pas de deux oder vielleicht schon eine Folie à deux von LINKEN und Union mehr als zur Genüge, die sich für diese Debatten – „Honecker-Fan“, Hetze und Aggression, „kriegslüsterne Militaristen“ – so dringend

brauchen. Aber ist es wirklich notwendig, hier eine solche Debatte zu führen? – Dann kommt die FDP und gesellt sich zur Ménage-à-trois. – Ja, das ist, alle Jahre wieder, „Dinner for One mit Axel und Willi“.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist unzweifelhaft das gute Recht eines jeden, in diesem Land mit staatlichen Organen nicht einverstanden zu sein und sich kritisch zu äußern. Ohne jeden Zweifel darf man auch gegen die Bundeswehr sein und sie kritisch begleiten. Genauso unzweifelhaft ist es, dass die Bundeswehr da ist und dass sie noch lange da sein wird; ohne jeden Zweifel haben auch die Soldaten einen Anspruch auf Rückhalt und Unterstützung durch den Dienstherrn und den Staat.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Unzweifelhaft ist die Bundeswehr auch gefordert, mit der angemessenen Gelassenheit auf Protest zu reagieren. Das gelingt den Soldatinnen und Soldaten aber sehr gut, ganz im Gegensatz zur FDP im Hessischen Landtag, die dem Protest erst zur Relevanz verhilft, indem sie daraus eine Aktuelle Stunde macht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist alles sehr interessant: diese spezielle Dialektik der Ménage-à-trois, oder vielleicht ist es eine Folie à deux double.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Reif (CDU): Mon chéri!)

Unzweifelhaft darf der Staat für seine Organe werben, also auch für die Bundeswehr, natürlich nicht in Landsknechtsmanier, wie das manchmal bei den LINKEN klingt. Aber das tut auch kein Mensch. Es kommt darauf an, dass der verantwortliche Staat verantwortlich informiert. Kaum einer der tausend Betroffenen, die, jedenfalls nicht gegen ihren Willen, nach Afghanistan fuhren und fahren, wusste, was eine posttraumatische Belastungsstörung bedeutet, mit der sie dann zurückgekommen sind.

Aber, meine Damen und Herren, vielleicht kann man das auch gar nicht so einfach erklären. Vielleicht liegt hier die eigentliche Herausforderung der Auseinandersetzung mit der Präsentation und der Information über die Bundeswehr – und nicht in platten Sprüchen der einen oder anderen Seite, wie wir sie heute wieder gehört haben.

(Beifall bei der SPD)

Zur Verantwortung eines so reichen und einflussreichen Landes kann es eben auch gehören, Schutz vor Waffen mit Waffen zu gewährleisten, weil ein Zusehen als Alternative schlimmer ist. Es bleibt gleichermaßen unerträglich, wie grotesk in vielen dieser Fälle das Missverhältnis zwischen dem enormen Aufwand für militärische Einsätze und den minimalen Mitteln für zivile Prävention und zivilen Aufbau ist. Das wäre ein Thema, dem sich der Gesetzgeber des Landes Hessen annehmen könnte.

(Beifall bei der SPD)

Es ist angemessen, die Bundeswehr nicht zu wollen, auch wenn das jedenfalls kurzfristig weder sinnvoll noch realistisch ist. Aber das hat mit der Informations- und Werbe

strategie der Bundeswehr und ihrem Stand auf dem Hessentag leider gar nichts zu tun.

Solange wir die Bundeswehr unterhalten, und das wird sicherlich noch sehr lange sein, wollen wir sie auf dem Boden der Verfassung und in der Breite der Bevölkerung verankert wissen. Das ist seit der Wiederbewaffnung in den Fünfzigerjahren ein Kernkonzept der Bundeswehr.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der Abschaffung der Wehrpflicht, die immer eine Demokratisierung des Risikos war, ist es wichtiger und schwieriger, Wege zu eben dieser breiten demokratischen Verankerung zu finden, zu sichern und aufrechtzuerhalten. Die Herausforderung heißt deshalb: Wie, nicht ob, können der Staat und die Bundeswehr angemessen und verantwortungsvoll unter den realen Bedingungen der Gegenwart über die Bundeswehr und über Karrieren in der Bundeswehr informieren und werben? Wie kann er andere Auffassungen zulassen? Wie kann er andere Auffassungen integrieren? – Das wäre die eigentliche Herausforderung, wie er seiner Verantwortung gegenüber jungen Menschen, die nicht immer wissen, auf was sie sich dann dort einlassen, angemessen gerecht werden kann.

Herr Dr. Spies, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Eine solche Auseinandersetzung hat allerdings sehr viel mehr Ernst und Seriosität verdient als eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag zu „Protestler wegtreten“. Das wäre die Aufgabe dieses Hauses. Soldaten und Demonstranten sind da sehr viel weiter. Die Bundeswehr ist in der Mitte der Gesellschaft, und da gehört sie hin. Was aber die Mitte der Gesellschaft ist, definiert nicht die FDP.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Spies. – Herr Schork, ich darf Ihnen für die CDU-Fraktion das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir sei die Bemerkung erlaubt, dass ich sehr froh darüber bin, dass die Meinungen zur Bundeswehr bei den demokratischen Fraktionen einheitlich sind. Ich will für die CDUFraktion festhalten, dass die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert sind. Sie sind wie andere ein Verfassungsorgan. Das ist schlicht und einfach die rechtliche Realität. Die Streitkräfte und die Bundeswehr unterliegen dem Primat der Politik.

(Michael Siebel (SPD): Oh, das „Primat der Politik“!)

Sie ist eine Parlamentsarmee. Alles, was die Bundeswehr tut, jeden Auftrag, den die Bundeswehr ausführt, erhält sie

vom Parlament. Das ist eine gute und vernünftige Regelung, die in den Fünfzigerjahren mit dem Prinzip der Inneren Führung von Graf Baudissin eingeführt wurde. Wenn man dies alles weiß und verinnerlicht hat, dann ist es den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gegenüber unverschämt, wenn der Kollege van Ooyen hier von „kriegslüsternen Militaristen“ spricht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist schlicht und einfach eine Unverschämtheit und eine Beleidigung der Soldatinnen und Soldaten, die für dieses Land ihren Dienst leisten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das erfüllt den Tatbestand der Beleidigung!)

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr setzen sich nicht für Militär und Krieg ein. Nein, sie erfüllen die Aufträge, die ihnen die Politik, das Parlament, gibt. Das sollten auch Sie gefälligst zur Kenntnis nehmen, Herr van Ooyen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die in Hessen stationiert sind und in unserem Land ihren Dienst versehen, gehören zu Hessen und sind bei uns in Hessen willkommen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dazu gehört schlicht und einfach – ich verstehe das auch als Auftrag an ein Verfassungsorgan und damit an die Bundeswehr –, dass sie sich auf dem Hessentag präsentieren, dort über ihre Aufgaben und Pflichten informieren und dies gegenüber der Bevölkerung, den Bürgerinnen und Bürgern, aufzeigen.

Ich füge für die CDU-Fraktion und mich persönlich hinzu: Ich glaube, dass es das Recht und die Pflicht der Bundeswehr ist, in vorgegebenen Rahmenbedingungen an Schulen über ihren Auftrag und ihre Aufgaben, die sie von der Politik erhalten haben, zu informieren. Auch das gehört dazu.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Weil die Soldatinnen und Soldaten ihre Aufträge auch bei schwierigen Einsätzen, in Kriegssituationen, auf Auslandseinsätzen pflichtgemäß wahrnehmen, verdienen diese Frauen und Männer, die solche Aufträge unter Risiko für Leib und Leben wahrnehmen, Respekt und Anerkennung für ihren Dienst, den sie für die Bundesrepublik Deutschland, für das Land Hessen und für die Bürgerinnen und Bürger ausüben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Dies will ich – das nehmen Sie bitte mit, Herr General Klink – von hier aus im Namen der CDU-Fraktion den Soldatinnen und Soldaten, insbesondere in Hessen, ausdrücklich zurufen: Respekt und Anerkennung für ihren Dienst und ihre Leistungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schork. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zum Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde, Hessentags-Protestler weg

treten – die Bundeswehr gehört in die Mitte unserer Gesellschaft.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 75 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Grüner Schatten über Hessens Wirtschaft – Al-Wazir ernennt sich selbst) – Drucks. 18/7540 –

Dazu spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Grüner Schatten über Hessens Wirtschaft – Herr Al-Wazir ernennt sich selbst zum Wirtschaftsminister. – Meine Damen und Herren, was ist das für eine selbstherrliche, was ist das für eine arrogante und was ist das für eine respektlose Haltung gegenüber Wählerinnen und Wählern?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Da muss man schon sagen: Chapeau. Aber lassen Sie mich eine Frage von Herrn Körzell beantworten, die er heute Morgen in der „Rhein-Main-Zeitung“ gestellt hat. Ein grüner Wirtschaftsminister ist ein Schreckgespenst; das will ich hier deutlich feststellen. Es ist ein Schreckgespenst für Unternehmen, für Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land, für Arbeitsplätze, für die braven Arbeitnehmer, die morgens aufstehen und ihrer Arbeit zum Wohle und Wohlstand dieses Landes nachgehen. Die Vorstellung, dass ein GRÜNER Wirtschaftsminister sein könnte, ist ein Anschlag auf die leistungsbereiten und leistungsengagierten Menschen in diesem Lande. Das wollen und werden wir verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)