Ich glaube auch, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land das nicht wollen. Ja, nicht einmal der Koalitionspartner, nicht einmal Herr Schäfer-Gümbel kann sich das vorstellen, weil er, nachdem Herr Al-Wazir sich selbst ausgerufen hatte, in allergrößter Eile gleich zwei Ersatzbenennungen vorgenommen hat: den Kollegen Rudolph, der für Infrastruktur und Verkehr zuständig sein soll, und Herr Kollatz-Ahnen,
der Wirtschaft, Wohnungsbau und den Finanzplatz Frankfurt bearbeiten soll. Ja, wie soll man das anders verstehen, wenn unmittelbar, nachdem sich Herr Al-Wazir selbst zum Wirtschaftsminister ausgerufen hat, die SPD so reagiert?
Meine Damen und Herren, große Verkündigungen gingen mit der Selbstausrufung von Herrn Al-Wazir einher. Er sprach von Neuanfang. Aber fragen wir einmal, womit er denn neu anfangen möchte. Wir haben eine tolle wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land. Wir haben so viele Arbeitsplätze in diesem Land wie noch nie.
Wir haben geringe Arbeitslosenquoten. Ich bin davon überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land das nicht ändern wollen. Meine Damen und Herren, wir brauchen keinen Neuanfang, wir brauchen die Fortset
zung der erfolgreichen Politik dieser Landesregierung. Das ist es, was wir für die Zukunft brauchen.
Wir brauchen auch keine rot-grünen Steuererhöhungsorgien, wie sie schon angekündigt wurden – Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, die Frage des Ehegattensplittings, die Kiesabgabe –, auf die ich gar nicht weiter eingehen möchte.
Aber eines ist doch klar, nämlich dass die Engagierten und Leistungsbereiten in diesem Lande von einem Wirtschaftsminister Al-Wazir nichts zu erwarten haben, vor allem keinen Neuanfang und nichts Gutes für die Zukunft.
Schauen wir uns noch etwas an: Herr Al-Wazir setzt mit seiner Partei nicht auf ein rein quantitatives, sondern spricht von qualitativem Wachstum.
Er droht förmlich einigen Industriezweigen in diesem Lande an, sich besonders um sie kümmern zu wollen. In dem Interview der „FAZ“ ist von der chemischen Industrie die Rede. Wir haben noch in Erinnerung, was in den Neunzigerjahren mit der Insulinproduktion bei Hoechst passiert ist.
Er spricht von der Logistikbranche. Wo wollen wir denn hin? Mittlerweile haben wir über 100 Millionen € in unserem Verkehrsetat. Bei Rot-Grün waren es unter 30 Millionen €. Wir wollen da nicht wieder hin, ebenso wenig wie die Menschen in diesem Lande.
Meine Damen und Herren, er droht den Autoherstellern, der Finanzwirtschaft, dem Flughafen. 80.000 Arbeitsplätze sind es allein in der Finanzwirtschaft, 70.000 am Flughafen, viele, viele Arbeitsplätze nicht nur bei den großen Autoherstellern, sondern auch in der Zulieferindustrie – die Arbeitnehmer müssen sich in Massen durch die Ankündigung von Herrn Al-Wazir bedroht fühlen, Wirtschaftsminister dieses Landes werden zu wollen.
Den Autoverkehr zu reduzieren, Autofahrer stärker zur Kasse zu bitten: All das ist in seinen Ankündigungen nachzulesen. Das wollen wir nicht, und ich bin sicher, das wollen auch die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht.
Tempo 30 in der Stadt, 80 außerorts, 130 auf den Autobahnen – das ist faktisch das Symbol für rot-grüne Politik in diesem Lande, für Herrn Al-Wazir: Gängelung und Bevormundung.
Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin. – Gängelung und Bevormundung würden in Hessen zum Prinzip erhoben, Eigeninitiative und -verantwortung würden erstickt.
kann Hessen sich nicht leisten. Hessen kann sich schon Rot-Grün nicht leisten, aber erst recht keinen grünen Wirtschaftsminister. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist durchaus ein Ausdruck für Realitätssinn, dass die CDU eine Aktuelle Stunde beantragt, die sich mit der Frage der Nachfolge von Herrn Rentsch als Wirtschaftsminister beschäftigt.
Die CDU glaubt also offensichtlich auch nicht mehr daran, dass die FDP nach der Landtagswahl den Wirtschaftsminister bestimmen kann; das spricht für sich.
Auch Herr Rentsch selbst spricht in Interviews und Landtagsreden mittlerweile mehr über einen möglichen Nachfolger und die Politik der GRÜNEN als über seine eigenen Vorstellungen.
Ich frage mich ein bisschen, liebe Kollegen von den GRÜNEN, lieber Tarek: Was habt ihr eigentlich der FDP dafür geboten, ein solches Marketing und auch noch heute diese Aktuelle Stunde zu machen?
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Billig zu haben!)
In bekannter Manier wird versucht, Panik vor der Opposition zu verbreiten und eine Negativkampagne loszutreten. In einem „FAZ“-Interview spricht Herr Rentsch fast ausschließlich über die GRÜNEN und führt inhaltsleere Attacken gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen – als ob sich an der Frage des Tempolimits auf Autobahnen die Zukunft Hessens entscheiden würde. Zudem kann man in Hessen nicht einmal über die Frage eines Tempolimits auf Autobahnen entscheiden.
Dabei könnte ich Ihrem Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger“ sogar einiges abgewinnen, wenn wir das mal für den öffentlichen Personennahverkehr diskutieren würden, Herr Rentsch.
Kostenloser ÖPNV oder wenigstens Fahrkartenpreise, die für alle erschwinglich sind, wären ein echter Fortschritt im Bereich der Mobilität. Stattdessen erleben wir die nächste Preiserhöhung beim RMV, der jetzt schon einer der teuersten Verkehrsverbünde ist. Bei diesen Preisen kommt man nicht zu dem Schluss, dass es hier um freie Fahrt geht; denn was der RMV macht, hat mit freier Fahrt leider nicht viel zu tun.
Herr Minister, Sie werfen anderen Steinzeitkonzepte vor und halten selbst an einer völlig überkommenen Verkehrspolitik fest, die hohe Belastungen für Mensch und Umwelt bedeutet. Ich habe gehört, dass die Fluglärmgegnerinnen und -gegner Ihnen am Wochenende beim Schweizer Straßenfest auch einmal persönlich mitgeteilt haben, was sie von Ihrer Verkehrspolitik halten.
Auch energiepolitisch sind Sie trotz Ihres Lebensalters ein Fossil. Wenn Sie diese Aktuelle Stunde nutzen wollen, um vor der Opposition zu warnen, dann will ich auf das hinweisen, was Herr Rentsch zur Energiewende zu sagen hat. Auf die Frage der „FAZ“, ob sich Hessen eine ökologisch ausgerichtete Wirtschaftspolitik leisten kann, lautete seine Antwort – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –:
Davor kann man nur warnen. Die Energiewende, die damit verbundene Verteuerung des Stroms und die Zweifel an der Versorgungssicherheit kosten uns massiv Arbeitsplätze.
Ja, klatschen Sie nur, das ist entlarvend. – Meine Damen und Herren, wir haben einen Wirtschaftsminister und offensichtlich auch einen stellvertretenden Ministerpräsidenten, der sämtliche Ergebnisse des Hessischen Energiegipfels öffentlich als Gefahr darstellt, vor der er warnen muss. So verhalten Sie sich auch.