Bei dieser kleinen Gesetzesänderung gibt es einige Punkte, wo man noch einmal hinschauen muss. Ich bin mir nicht sicher, ob die Veränderungen bezüglich der Zulassung und der Einschränkung der Möglichkeiten des Pflegepersonals eine gute Lösung sind. Das kann durchaus so sein. Es kann aber auch sein, dass es von den Betroffenen Kritik gibt. Ich bin sehr gespannt darauf, zu hören, was die beteiligten Fachleute, die Ärzte und das Pflegepersonal, an der Stelle zu sagen haben, und sehe der Diskussion mit Spannung entgegen. Ich freue mich auf die Diskussion, die wir dazu haben werden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Organspende ist ein Geschenk – ein ganz außergewöhnliches Geschenk. Das gilt keineswegs nur für die Lebendspende, sondern genauso für die posthume Organspende. Ein Stück von mir einem anderen zu geben ist ein Geschenk, das an viele Tabus, an viele Ambivalenzen rührt. Deshalb sind die Debatten um die Frage, auf welche Art und Weise die Zulässigkeit von Organspenden und das Einvernehmen über die posthume Spende eines Organs zu erfassen sind, seit 15 Jahren in einer solchen Tiefe und Intensität geführt worden.
Gerade deshalb, weil es nicht nur ein Geschenk, sondern ein Geschenk von ganz besonderer Qualität ist, ist durch Korruption im Gesundheitswesen, also durch eine Variante der Gier, Misstrauen entstanden. Man muss feststellen, dass mancher aus ökonomischen Erwägungen und mancher aus Gier nach Ruhm und Zustimmung gehandelt hat. Auch das narzisstische Bedürfnis, das sich im Bemühen um einen Patienten im Tabubruch zeigt, ist also nichts anderes, als eine andere Form von Eigennutz im Blick zu haben.
Ich glaube, dass die Diskussion um Einverständnis- und Widerspruchslösung, die wir hier seit vielen Jahren immer wieder gerne führen, letztendlich am Problem vorbeiführt. Ich kann mir jedenfalls niemanden vorstellen, der gegen den erklärten Willen von Angehörigen, fehlender schriftlicher Widerspruch hin oder her, einen hirntoten Organspender tatsächlich explantiert. Es übersteigt meine Fantasie, mir vorzustellen, dass das passiert. Insofern befinden wir uns immer in dem Spannungsfeld, dass Angehörigen eine ganz besonders schwierige Entscheidung, eine ganz besonders schwierige Form der Mitsprache zugemutet werden muss. Erfahrungen aus Holland aus den letzten zehn bis zwölf Jahren haben jedenfalls den Hinweis gegeben, dass der Zwang, sich zu entscheiden, nicht unbedingt hilfreich ist, weil Menschen, die sich noch nicht mit dem Thema Organspende beschäftigt haben, dann sagen: „Ich sage erst einmal Nein und überlege es mir noch einmal.“ Aber sie überlegen es sich dann doch nicht. Unvorbereitet, ohne adäquate Auseinandersetzung ist die Entscheidung nun einmal kaum zu treffen.
Wir begrüßen am Gesetzentwurf der Landesregierung ausdrücklich, dass Vorschläge, die wir schon vor zwölf Jahren in dieses Hohe Haus einzubringen versucht haben und die unseres Erachtens für eine landesspezifische Regelung zur Verbesserung der Organspende – eine Aufgabe des Landes –, also zum potenziellen Wirksamwerden des Geschenks, erforderlich sind, in diesem Gesetzentwurf in der Deutlichkeit enthalten sind, die wir für erforderlich halten.
Die Frage ist, wie man der Pflicht der Krankenhäuser, potenzielle Organspender bekannt zu geben, sich um das Problem Organspende zu kümmern, adäquat Nachdruck verleiht. Eigentlich sind die Krankenhäuser in Deutschland seit 14 Jahren verpflichtet, sich intensiv um Organspenden zu kümmern. Eigentlich sind sie genauso lange verpflichtet, jeden Organspender an die für die Vermittlung von Or
ganen zuständigen Stellen zu melden. Gleichzeitig stellen wir fest, dass es nicht nur bundesweit eine erhebliche Diskrepanz im Aufkommen von Spenderorganen gibt, sondern dass es auch eine erhebliche Diskrepanz zwischen den Krankenhäusern gibt, dass z. B. in Mecklenburg-Vorpommern die Zahl der gespendeten Organe dreimal so hoch ist wie in Hessen. Hessen ist dabei nicht besonders schlechter als andere westliche Flächenländer, aber es gibt offensichtlich ein Problem mit der Selbstverständlichkeit, der Tradition in den Krankenhäusern, in denen ein Patient verstirbt, für hirntot erklärt wird, adäquat mit dem Thema Organspende umzugehen.
Das ist die eigentliche Herausforderung. Die einzige Lösung ist, dass man die Krankenhäuser ausdrücklich dazu bringt, jeden potenziellen Organspender anzugeben, damit man merkt: Wer kümmert sich erfolgreich darum und wer nicht?
Diesen Vorschlag haben wir – ich kann mich noch sehr gut an die Debatte im alten Saal erinnern – vor zwölf Jahren im Zusammenhang mit dem ersten Hessischen Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes eingebracht. Dass die Landesregierung jetzt gewillt ist, den Vorschlag so zu übernehmen, wie wir ihn damals gemacht haben, erfüllt uns mit Freude.
Dem Rest der Beratungen in der Anhörung sehen wir mit großem Interesse und mit Neugier entgegen. – Vielen Dank.
Zur Vorbereitung der zweiten Lesung überweisen wir den Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuss. – Da keiner widerspricht, ist das so beschlossen.
Sie sehen alle noch frisch aus. – Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Morgen für um 9 Uhr sehen wir uns an derselben Stelle wieder. Tschüs.