Tatsächlich weist Frankfurt die höchste Bankenkonzentration – Herr Krüger, da haben Sie ausnahmsweise recht – des europäischen Festlands auf. Mehr als die Hälfte des
Der vorliegende Antrag beschäftigt sich nicht mit dem realen Frankfurt. Er übersieht Armut, prekäre Beschäftigung, Wohnungsnotstand, Gentrifizierung und Obdachlosigkeit. Die Idealisierung der Fassaden soll den Leerstand von über 2 Millionen m² im hochwertigen Bürobereich verdecken. Wir, DIE LINKE, setzen in Frankfurt unseren Schwerpunkt auf die Errichtung von Wohnräumen für diejenigen, die sich die teuren Mieten entweder gar nicht mehr leisten können oder sich auf dem Weg dahin befinden.
Der rein kommerzorientierte Wohnungsmarkt hat versagt. Wohnungspolitik und Wohnungsbau müssen wieder als soziale und selbstverständliche Komponenten der Daseinsfürsorge definiert und begriffen werden.
Die vorhandenen Mittel müssen aufgestockt werden. Sie dürfen aber ausschließlich für die Schaffung preisgünstiger Mietwohnungen verwendet werden. Als Sofortmaßnahme könnte z. B. der Umbau von in Frankfurt leer stehendem Büroraum in Wohnungen und Wohnheime gefördert werden. Gerade Studierende könnten davon kurzfristig profitieren, statt in den nächsten Tagen in Notquartieren im Studierendenhaus übernachten zu müssen.
Der soziale Wohnungsbau muss wieder angegangen werden. Speziell in den Ballungsräumen sollten viele neue Sozialwohnungen entstehen – nicht nur 1.000 Wohnungen, wie von einigen vorgeschlagen worden ist. Im RheinMain-Gebiet und in der Bankenstadt Frankfurt wird von einigen wenigen viel Geld verdient. Mit einer angemessenen Besteuerung sind wirksamere Maßnahmen finanzierbar, damit auch all die anderen ein Dach über dem Kopf haben.
Aber wenn Gefahr droht, regt sich auch Widerstand. Blockupy 2013, das waren intensive, kraftvolle Tage der gemeinsamen internationalen Aktion und des gemeinsamen Widerstandes.
Wir wollen Frankfurt zu einer wirklich europäischen Stadt, zu einer Stadt eines solidarischen und gerechten Europas machen. Wir haben in Frankfurt mit vielfältigen Aktionen deutlich gemacht, wie die Krisen- und Verarmungspolitik in unser Leben und in das Leben von Millionen Menschen auf der Welt eingreift, beispielsweise durch die Ausbeutung und die tödlichen Arbeitsbedingungen in der globalen Textilindustrie, durch prekäre Arbeitsverhältnisse und Armutslöhne in Europa, durch schmutzige Geschäfte der Deutschen Bank mit Rüstungsgütern, Land-Grabbing und Nahrungsmittelspekulationen, durch die Abwälzung von Sorge, Pflege und Revolutionsarbeit ins Private und die damit verbundene Verschärfung der Geschlechterungleichheit, durch die Vertreibung von Menschen aus ihren Wohnungen mittels Zwangsräumungen, durch Luxussanierungen, durch die Privatisierung öffentlicher Wohnungen und durch die gnadenlose und tödliche Migrations- und Abschiebepolitik der EU.
Repression und Polizeigewalt sollten den berechtigten Protest gegen das Krisenmanagement von Troika und EZB unterdrücken. Die Fassaden sollen das bestimmende Bild von Frankfurt bleiben. Unsere Vorstellungen eines Gemeinwesens, in dem Freiheit, Gleichheit und Solidarität die Grundlage eines sozialen Zusammenlebens in Frankfurt bilden, sollten niedergeknüppelt werden.
(Holger Bellino (CDU): Wir leben in einem Rechtsstaat, wenn Sie es noch nicht gemerkt haben! Da wird nicht niedergeknüppelt!)
Nach dem Willen der Stadt sollten vom Innenministerium und der Polizei Stärke demonstriert werden. Aber in Wahrheit drückt das die Nervosität der herrschenden Krisenpolitik aus, die sich immer weniger demokratisch legitimieren lässt und immer autoritärer durchgesetzt werden muss.
(Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Dort, wo Sie ideologisch zu Hause sind, hat man früher niedergeknüppelt! – Clemens Reif (CDU): Das hätten Sie mal dem Honecker sagen sollen!)
Der Widerstand gegen die sozialen Folgen der Krisenpolitik, gegen die Verelendung und die Hoffnungslosigkeit, in die Millionen Menschen dadurch gestürzt wurden, und der Widerstand gegen die Beschneidung demokratischer Rechte sind nicht voneinander zu trennen. Sie gehören zusammen.
Sie, liebe Antragsteller, wollen Kapitalismus ohne Demokratie. Wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus. Dies macht Frankfurt zu einer wirklich internationalen europäischen Stadt.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Bei dieser Rede müsste man eigentlich Schmerzensgeld bekommen!)
Schönen Dank, Herr van Ooyen. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Grumbach das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Rätsel gilt es heute zu lösen. Erstens. Was soll dieser Antrag?
Als Herr Krüger von „Giftschrank“ sprach, hatte ich das Gefühl, der Antrag hat einfach zu viel Botox bekommen. Er ist so glatt, dass man alles darauf projizieren kann, was einem einfällt. Er hat gar kein Ziel. Deshalb empfinde ich den Antrag der GRÜNEN als eine erfrischende Alternative. Er hat wenigstens ein Ziel. Er deutet in eine Richtung. Ich finde, Politik braucht eine Richtung statt Ziellosigkeit.
Als Frankfurter freue ich mich natürlich immer, wenn Frankfurt gelobt wird. Den Antrag kann aber kein Frankfurter geschrieben haben; denn wir sind selbstbewusst, wir sind uns unserer Stellung in der Welt bewusst, wir wissen, dass Frankfurt ein etablierter Finanzplatz ist. Nur ein Parvenü, der Emporkömmling, bräuchte einen zusätzlichen Titel wie „vierte Hauptstadt Europas“ oder Ähnliches. Das hat diese Stadt nicht nötig, weil sie mit dem, was sie hat, gut genug ist und solche Scheintitel nicht braucht, die aus irgendeiner vergangenen Epoche geklaut wurden – aus welchem Grund auch immer.
Die Landesregierung hat damit jedenfalls wenig zu tun. Für die EZB kann sie nichts. Die gab es schon ein bisschen früher. Da muss man, wenn man CDU-Politiker loben will, die Namen Koch und Roth nennen, die dafür gesorgt haben, dass in Frankfurt etwas passiert ist. Wenn man über den Neubau der EZB redet, muss man die Namen Wentz, Schwarz und Zimmermann nennen, drei Menschen, die dafür gesorgt haben, dass die Zukunft der EZB in Frankfurt in einem Neubau Ausdruck findet. Es waren im Wesentlichen Kräfte der Stadt Frankfurt und Kräfte der Bundesregierung, die Landesregierung hatte damit relativ wenig zu tun.
Auch beim Thema Bankenaufsicht habe ich den Eindruck, das ist nicht mehr als eine markige Presseerklärung. Ich bin auch nicht sicher, ob es klug ist, in diesem Kontext so laut tönend von Frankfurt zu reden. Manchmal führt Unkenntnis auf dünnes Eis. In den europäischen Verträgen ist nämlich festgeschrieben, dass die europäischen Finanzinstitutionen ihren Sitz in Luxemburg haben. Wir haben mittels eines Kuhhandels erreicht, dass die Europäische Zentralbank nach Frankfurt gekommen ist. Wer da zu laut triumphiert, wird damit leben müssen, dass die Preise für die Veränderung in der Bankenaufsicht bei der EZB höher werden. Das ist keine kluge Strategie.
Ich finde, man sollte sich erst einmal erkundigen, wie die Rechtslage ist. Wenn ich das am Rande sagen darf: Faszinierend ist ja, dass Minister Hahn die EZB noch vor Kurzem verklagen wollte,
weil sie das getan hat, was die Regierung nicht getan hat, nämlich versucht hat, die europäische Krise zu managen. Wenn eine Bank in Notwehr das tut, was sie machen muss, weil europäische Regierungen versagen – auch die deutsche Regierung hat versagt –, dann sollte man sie nicht dafür tadeln, sondern loben.
Auch die Haltung zur Bankenaufsicht ist bestenfalls ambivalent. Sie von der CDU haben einen einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus – bei Einhaltung der Subsidiarität – abgelehnt, Sie haben eine parlamentarische Kontrolle dieses Mechanismus abgelehnt, und Sie haben eine strikte Kontrolle der Geldpolitik und der Aufsicht
über die Geldpolitik abgelehnt, die später eine eigenständige Behörde möglich machen würde. In der Tat beinhaltet das Zusammenführen von Bankenaufsicht und Geldpolitik ein strukturelles Risiko, das man bedenken muss, wenn man so etwas anlegt. Wenn man das heute anfängt, muss man wissen, wie es weitergeht. Ich habe sehr den Eindruck, darüber hat kaum jemand nachgedacht.
Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass CDU und FDP einer verschärften Regulierung der Finanzmärkte immer wieder die schärfsten Zähne ziehen. Wir sagen: Nur ein gut regulierter Finanzplatz ist einer, der für die Arbeitnehmer und die Anleger sicher ist, und gute Regulation ist das, was noch lange aussteht.
Dazu gehört ganz klar die Finanztransaktionssteuer – ein Projekt, das die Bundeskanzlerin angeblich verfolgt. Das Spannende daran ist: Sie hat die Einführung dieser Steuer in einem Gesamtverhandlungspaket über die Europapolitik zugesagt. Wenn man sich Zitate der Kanzlerin aus den letzten Tagen anschaut, sollte man darüber nachdenken, wie „zuverlässig“ sie in europapolitischer Hinsicht ist und was das für die Zusagen bedeutet, die sie in politischen Verhandlungsprozessen macht.
Die Märchen über die Wirkung der Finanztransaktionssteuer sind in vielen Artikeln schon behandelt worden. Es kommt nämlich darauf an, wie man es macht, welche Kriterien man nimmt und zu wem das führt. Es gehört aber mehr dazu. Erstens gehört dazu, Manipulationen von Marktmechanismen zu begrenzen. Wir haben bei den LIBOR-Manipulationen erlebt, dass ganze Volkswirtschaften von Privatbanken im Prinzip ausmanövriert wurden. Zweitens gehört die Verbörsung des Handels aller Wertpapiere dazu, damit wir wenigstens Transparenz haben und sehr präzise schauen können, was da passiert, statt graue Märkte ohne öffentliche Kontrolle zu haben, auf denen jeder reingelegt werden kann.
Dazu gehört auch die Begrenzung des Hochfrequenzhandels; denn auf diese Weise wird im Prinzip nur die Spekulation gefördert. Mit der Realwirtschaft hat das überhaupt nichts mehr zu tun. Das ist reines Spielgeld.
Faszinierend finde ich, was diesen Antrag betrifft, den Punkt Börse. Das ist das Skurrile an diesem Text. Der Kollege Krüger hat den Punkt Börse völlig vergessen. Vielleicht liegt das daran, dass die Landesregierung bei den Fusionsüberlegungen im Hinblick auf die Börse eine solch unrühmliche Rolle gespielt hat.