Wir halten die Schaffung dieses Amtes für notwendig, weil über die Mittel der Dienstaufsichtsbeschwerde und den klassischen Rechtsweg hinaus in Hessen leider keine Möglichkeiten bestehen, sich über polizeiliches Fehlverhalten im Einzelfall zu beschweren. Deshalb wollen wir eine Stelle schaffen, die das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger prüfen kann und einen entstandenen Konflikt zur Wahrung des Rechtsfriedens bereinigen kann.
In anderen Bundesländern ist man hier mit erfolgreichen Modellen schon sehr viel weiter. Wir hatten auch in Hessen in den letzten Wochen und Monaten schwierige Situationen und Diskussionen über vermeintliche Vorfälle von Polizeigewalt. Ich erinnere an den Fall Wevelsiep in Frankfurt, an den Iraner in Mainz-Kastel oder, erst kürzlich, an den Blockupy-Einsatz am 1. Juni in Frankfurt, über den wir viel diskutieren mussten. Es sind immerhin über 100 Klagen anhängig. Ich glaube, dass man die eine oder andere Klage hätte vermeiden können, wenn es eine Ausgleichsstelle bei der Polizei gegeben hätte.
Es würde uns allen gut anstehen, wenn wir viel mehr unternehmen würden, um zu verhindern, dass in Hessen ein Klima entsteht, in dem die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen in die Polizei verlieren könnten. Deshalb wäre es von großem Vorteil, wenn wir eine unabhängige Beschwerdestelle hätten. Ein solches niedrigschwelliges Verfahren würde dem Ansehen der Polizei dienen.
Frau Lannert, die hessischen Polizeibeamtinnen und -beamten üben ihren Dienst sehr gewissenhaft und in Überein
stimmung mit Recht und Gesetz aus. Die SPD steht daher hinter ihnen. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind aber auch Menschen, und auch ihnen passieren manchmal Fehler. Es darf aber nicht sein – daran sollten Sie mitarbeiten –, dass sich das Fehlverhalten einiger weniger auf die anderen auswirkt. Deshalb dient eine solche Stelle dem Schutz der Polizei.
Wir wollen damit dem Rechtsfrieden dienen. Sie sollten sich einmal anschauen, wie die gesellschaftliche Entwicklung an dieser Stelle verläuft. Es gibt in vielen Bereichen der freien Wirtschaft Beschwerdestellen. Inzwischen gibt es eine Stelle bei der Landesärztekammer, wo man sich beschweren kann, wenn man im Verhältnis zu einem Arzt ein Problem hat. Überall gibt es solche Stellen, nur bei der hessischen Polizei nicht. Deshalb ist es an der Zeit, dass wir die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und ihnen eine Antwort darauf geben.
Vor allen Dingen soll das Instrumentarium der Mediation genutzt werden. Wir wollen einen unabhängigen Beauftragten, der beim Landtag angesiedelt wird – analog dem Datenschutzbeauftragten. Wir wollen aber auch, dass der Landespolizeibeauftragte eine zweite Funktion erfüllt. Wir wollen, dass er Ansprechpartner für die Polizeibeamtinnen und -beamten ist; denn leider ist es so, dass sich Beamtinnen und Beamte oftmals nicht trauen, ihre Anliegen innerhalb der Polizeihierarchie vorzutragen. Deshalb wäre es auch hier gut, einen unabhängigen Ansprechpartner zu haben. Ich will es noch einmal deutlich sagen: Auch wir finden, dass Henning Möller als Ansprechpartner eine gute Arbeit macht, aber wir wissen auch, dass seine Anbindung an das Innenministerium nicht ideal ist. Deswegen wollen wir ihn unabhängig stellen, damit sich alle trauen, ihn anzusprechen.
Herr Kollege Bauer, weil Sie eben zugerufen haben: Wir haben es leider mit einer sehr schwierigen Führungskultur innerhalb der hessischen Polizei zu tun. Deshalb müssen wir Antworten geben, wenn Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte Sorgen haben, ihre Anliegen innerhalb des Systems vorzutragen. Dann ist da nämlich ein Problem, und darauf brauchen wir eine Antwort: einen unabhängigen Beauftragten.
Die einzelne Beamtin bzw. der einzelne Beamte soll sich unabhängig vom Dienstweg und vom Dienstrang an diese neutrale Stelle wenden können.
Die Anhörung im Hessischen Landtag hat unseren Gesetzentwurf im Übrigen bestätigt, Herr Bellino. In SachsenAnhalt gibt es bereits eine Beschwerdestelle. Die Vertreterin des dortigen Innenministeriums hat in der Anhörung äußerst positive Erfahrungen beschrieben. Ich darf sie zitieren:
Die Erfahrungen in Sachsen-Anhalt haben gezeigt, dass der offene Dialog über tatsächliche oder vermeintliche Schwachstellen und Defizite positive
Auswirkungen hat. Kritik wird als Gesprächsangebot aufgefasst, um Schwachstellen zu erkennen und Polizeiarbeit täglich neu zu verbessern. Die Beschwerdestelle wird damit Teil eines modernen Polizeimanagements, das auch dazu beitragen soll, Vorurteilen und Akzeptanzverlusten entgegenzuwirken.
Bei der Einführung der Beschwerdestelle in Sachsen-Anhalt gab es übrigens ähnlich kontroverse Diskussionen wie in diesem Hause. Auch bei der dortigen Polizei war das sehr umstritten. Nach vier Jahren ist man in Sachsen-Anhalt mit diesem Institut aber sehr einverstanden und empfindet es als sehr positiv. Ich frage Sie daher: Warum sollten wir nicht auch in Hessen eine solche Beschwerdestelle einführen?
Die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen, Rechtsanwalt Dr. Alexander Herbert, Transparency International und Amnesty International haben den vorliegenden Gesetzentwurf in der Anhörung ausdrücklich begrüßt.
Ich will Ihnen unseren Änderungsantrag noch einmal vorstellen. Wir haben alle Anmerkungen zu einzelnen Formulierungen, die in der Anhörung gemacht wurden, sowie redaktionelle Anmerkungen zur Klarstellung aufgenommen. Wir wollen Ihnen den Weg erleichtern, heute zuzustimmen. Deshalb haben wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD einen Änderungsantrag vorgelegt.
Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal ganz deutlich: Wer diese vertrauensbildenden Maßnahmen – versehen mit gegenseitigem Respekt bei den Bürgerinnen und Bürgern und der Polizei – unterstützen möchte, der sollte diese Landesregierung am 22. September besser abwählen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Faeser. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Bauer von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Bauer, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Faeser, das Bild, das Sie von der Polizei in Hessen zeichnen, ist schon erschreckend.
Sie wollen mit dem Antrag Vertrauen schaffen. Sie wollen das Ansehen der Polizei heben – und bewirken damit das krasse Gegenteil. Wer Vertrauen in die Polizei schaffen will, der darf keine solchen Gesetzentwürfe vorlegen.
Es ist bekannt, dass die Menschen in Hessen, aber auch in der ganzen Bundesrepublik durchaus Vertrauen in die Polizei haben. Es gibt Umfragen, die belegen, dass die Polizei in Deutschland regelmäßig Spitzenwerte erreicht, wenn Bürgerinnen und Bürger gefragt werden, zu wem sie Vertrauen haben. Es gibt eine aktuelle Umfrage mit dem Ergebnis, dass 79 % der Menschen in Deutschland der Poli
Nach Erkenntnissen einer Umfrage von „Global Trust Report“ liegt der Vertrauenswert im Jahre 2013 sogar bei bemerkenswerten 81 %, wobei insbesondere der eigene Umgang mit Fehlern eine herausragende Bedeutung hat.
Meine Damen und Herren, Vertrauen ist für die anspruchsvolle und mitunter auch gefährliche Arbeit der gut 18.000 Beschäftigten bei der hessischen Polizei eine wichtige Sache. Sie ist wichtiger denn je. Wenn sich Beamte untereinander nicht vertrauen, dann werden auch die Bürgerinnen und Bürger der Polizei nicht vertrauen. Es ist daher für die Arbeit der Polizei von großem Schaden, wenn Tag für Tag gegen die Polizei agitiert wird.
(Günter Rudolph (SPD): Es ist trotzdem dümmlich, was Sie sagen! – Gegenrufe von der CDU und der FDP)
Der Zwischenruf unterstreicht, dass es Ihnen gar nicht darum geht, eine Vertrauensperson einzusetzen, sondern darum, sich erneut auf dem Rücken der Polizei zu profilieren. Das ist doch ganz klar.
Das Vertrauen in die hessische Polizei ist gerechtfertigt, denn sie leistet eine hervorragende Arbeit.
Diese hervorragende Arbeit kann auch nicht durch das Fehlverhalten Einzelner getrübt werden. Wir wollen gar nicht in Abrede stellen, dass es bei einem so großen Konzern auch das Fehlverhalten Einzelner gibt. Das rechtfertigt aber noch lange nicht, die ganze Organisation in den Schmutz zu ziehen.
Meine Damen und Herren, die Polizei macht einen guten Job. Die Aufklärungsquote ist auf einem historischen Höchststand. Die Aufklärungsquote ist von Jahr zu Jahr gestiegen, und die Zahl der Straftaten geht zurück.
Meine Damen und Herren von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn Sie Ihren Gesetzentwurf ernst nehmen, dann lesen Sie doch einmal nach, was die Gewerkschaftsverbände dazu sagen. Ich darf aus einer Stellungnahme der Deutschen Polizeigewerkschaft zitieren, die in den Anhörungsunterlagen auf Seite 8 nachzulesen ist.
Die zentrale Einrichtung eines „Landespolizeibeauftragten als unabhängige Ombudsstelle“, durch die ein umfassendes Beschwerdemanagement geschaffen werden soll, begegnet grundsätzlichen politischen und rechtsstaatlichen Bedenken.
Eine derartige Beschwerdestelle signalisiert bereits ein unbegründetes generelles Misstrauen gegenüber polizeilichen Maßnahmen. Keiner anderen Berufsgruppe wird von vornherein und unabhängig von Einzelfällen permanentes Fehlverhalten oder rechtswidriges Handeln unterstellt.
Meine Damen und Herren von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie diskreditieren auch die bisherige Ermittlungsarbeit und die Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften. Sie offenbaren mit Ihrem Antrag eine unvertretbare Staatsferne und säen fundamentales Misstrauen in staatliche Einrichtungen.
Wie ist denn die derzeitige Situation in Hessen? Die in dem Gesetzentwurf zu findende Behauptung, dass der Beauftragte, Henning Möller, nicht erfolgreich genug arbeite und der Vertrauenszuwachs nicht gerechtfertigt sei, entbehrt, wie die Polizei selbst schreibt, jeder Grundlage. Ich weiß nicht, was Sie haben. Der Mann macht eine hervorragende Arbeit; Sie haben das auch erwähnt. Was soll denn noch an Ombudsmöglichkeiten geschaffen werden?