Vielen Dank, Herr Kollege Stephan. – Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der zweiten Lesung.
Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Landeshaushaltsordnung (LHO), Drucks. 18/7691 zu 18/7201, abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zu
stimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt worden.
Frau Präsidentin, dann ist es nicht angekommen; das werden wir besser machen. Wir haben uns jetzt verständigt, dass wir diese beiden Tagesordnungspunkte – Entschließungsantrag betreffend Menschenrechte in Russland und syrische Flüchtlinge – noch heute behandeln, dann die Petitionen und die Abstimmungen.
Herr Kollege Rudolph, heißt das, dass wir jetzt erst Tagesordnungspunkt 50 aufrufen? – Gut, dann machen wir das so. Wenn damit alle einverstanden sind, rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 50 auf:
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Menschenrechte in Russland sicherstellen – Drucks. 18/7706 –
Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Hofmann von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin. Sie haben fünf Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen in Russland sind Grund großer Sorge für uns alle. Das betrifft insbesondere den Umgang mit Oppositionellen, Teilen der Zivilgesellschaft, insbesondere den Umgang mit Homosexuellen. Obwohl Russland die Europäische Menschenrechtskonvention und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet hat, sind Übergriffe auf Aktivisten fast auf der Tagesordnung und widersprechen klar auch der dortigen Rechtsordnung. Besonders bedrückend ist für uns – das können wir über die Medien zum Teil hautnah nachvollziehen – die Gewalt, die dort zum Teil an der Tagesordnung ist. Schikanen gegen die Zivilgesellschaft in Form von Razzien, Einschüchterungsmethoden und zweifelhafte Gesetze wie das Versammlungsgesetz werfen Fragen der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte auf.
Auch können wir uns gut an die zweifelhaften Prozesse etwa gegen den Öl-Oligarchen Michail Chodorkowski erinnern. Viele von Ihnen werden sich an die Rockband Pussy Riot erinnern, die inhaftiert ist, und an den einen oder anderen spektakulären Prozess. Zu Recht hat insbesondere das Antihomosexuellengesetz international für große Erregung und Empörung gesorgt, das die bloße positive Äußerung über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjäh
Selbst Aktivisten und Unterstützer aus dem Ausland werden durch dieses Gesetz auch unter Strafe gestellt und sanktioniert. Es ist deshalb ein gutes Zeichen, dass der Hessische Landtag mit diesem Dringlichen Entschließungsantrag, der von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP getragen wird, ein sichtbares Zeichen gegen diese Menschenrechtsverletzungen setzt.
Es muss unser aller Ansinnen sein, Menschenrechtsverletzungen zu ahnden und darauf hinzuweisen, dass die Wahrung der Menschenrechte als universelles, unteilbares, unveräußerliches Rechtsgut verteidigt werden muss. Deshalb ist insbesondere die Bundesregierung, aber auch die EU aufgefordert, sich über die wirtschaftlich-technologische Zusammenarbeit mit Russland für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte in Russland einzusetzen.
Sehr löblich sind hierbei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aber auch die Aktivitäten des Europarats. Dabei darf es aber nicht bleiben. Es sind mehr internationale Anstrengungen erforderlich, um dieser Gesetzgebung, aber auch den Handlungen der Regierung in Russland Einhalt zu gebieten. Auch das Land Hessen kann sich über die Partnerregion Jaroslawl für die Wahrung und Implementierung der Menschenrechte in Russland starkmachen und einsetzen. Das sollten wir alle tun.
Mithin ist dieser Dringliche Entschließungsantrag auch ein Zeichen dafür, hinzusehen, nicht wegzuschauen, sondern sich für die Wahrung der Menschenrechte und insbesondere für die Rechte von Homosexuellen auch auf internationaler Ebene starkzumachen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsidentin Ursula Hammann: Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Als nächster Red- ner spricht Herr Kollege Utter von der CDU-Fraktion. Bit- te schön. Tobias Utter (CDU):
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Menschenrechte müssen immer und überall gelten. Die Einhaltung der Menschenrechte und besonders die Frage, ob Minderheiten vor Diskriminierung und Gewalt geschützt werden, sind ein Indikator für den Zustand einer Demokratie. Daher verfolgen wir mit großer Sorge die Nachrichten aus Russland. Die Einhaltung der Menschenrechte und die Weiterentwicklung Russlands zu einem demokratischen Gemeinwesen sind uns ein großes Anliegen. Die Geschichte der russisch-deutschen Bezie
hungen zeigt, dass uns Entwicklungen in Russland nicht gleichgültig sein können. Für Hessen sind Russland und ganz besonders unsere Partnerregion Jaroslawl wichtige Partner. Wir wünschen uns, dass die Einhaltung von Menschenrechten, die Unabhängigkeit der Justiz, Meinungsund Pressefreiheit zu einer Selbstverständlichkeit, ja, zum Markenzeichen eines modernen Russlands werden.
Doch zurzeit sieht es so aus, als würde Russland nur noch Rückschritte in Sachen Demokratie machen. Besonders zu kritisieren, ja, zu verurteilen, ist das im Juni beschlossene – das sage ich in Anführungszeichen – Gesetz gegen Homosexuellenpropaganda. Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Aber besonders gefährlich wird es, wenn Minderheiten zu Sündenböcken erklärt werden. Mit Blick auf die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte sind wir in dieser Frage besonders sensibel,
Ich bin dankbar, dass wir uns auch wenige Tage vor einer Wahl auf einen gemeinsamen Antrag haben einigen können. Diese Einigkeit macht deutlich, wie ernst uns diese Sorge ist. Wir suchen den Dialog mit unseren russischen Partnern, nicht um zu bevormunden und Besserwisser zu sein, sondern weil wir wirklich ernsthaft wünschen, dass Russland eine glückliche und friedliche Zukunft hat; doch die wird es ohne Demokratie und Menschenrechte nicht geben.
Vielen Dank, Herr Kollege Utter. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Klose vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war genau gestern vor 60 Jahren, dass die Europäische Konvention für Menschenrechte in Kraft getreten ist; auch Russland hat sie unterzeichnet und ratifiziert. Heute müssen wir leider feststellen, dass sich die Menschenrechtslage in Russland in den letzten Jahren dramatisch zum Schlechteren entwickelt hat. Was seit Glasnost und Perestroika, seit dem Ende der Sowjetunion, an Positivem erreicht wurde, wird von der Regierung Putins nicht nur gefährdet, sondern in Russland werden die Menschenrechte heute leider häufig mit Füßen getreten.
Ich bin deshalb allen Fraktionen ausdrücklich dankbar – da kann ich mich anschließen –, dass sie sich, trotz der Tatsache, dass wir uns nun unstreitig in der heißen Phase des Wahlkampfes befinden, unserer Initiative angeschlossen haben und es möglich war, einen Antrag auf die Beine zu stellen, den alle in diesem Haus unterstützen können.
Meine Damen und Herren, die Unterdrückung der Opposition und des zivilgesellschaftlichen Engagements, aber auch die Gerichtsverfahren gegen prominente Oppositionelle deuten nicht darauf hin, dass Russland auf dem Weg in Richtung Demokratie und zum Rechtsstaat fortschreitet, eher auf das Gegenteil. Das dürfen wir, gerade weil uns die Entwicklung in Russland und damit auch in unserer Partnerregion Jaroslawl am Herzen liegt, nicht unbeantwortet lassen.
Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist leider auch das am 11. Juni von der Duma beschlossene Gesetz gegen Homosexuellenpropaganda. Dieses Gesetz verbietet generell die Information über Homosexualität und stellt öffentlich gezeigte Zuneigung unter Lesben und Schwulen unter Strafe. Konstantin Yablotskyi, ein russischer Eiskunstläufer, hat kürzlich in einem sehr eindrücklichen Artikel in der „Zeit“ beschrieben, welche Folgen dieses Gesetz konkret hat. Veranstaltungen, bei denen mit der Regenbogenflagge ein Bekenntnis zur Vielfalt abgelegt wird, sind seither verboten. Ein Frauenpaar beispielsweise, das in der St. Petersburger U-Bahn Händchen hielt, wurde denunziert und verhaftet.
Das ist aber leider nur die Spitze des Eisbergs. Nicht erst seit diesem Gesetz, aber seitdem massiv verstärkt, sind Lesben und Schwule in Russland zum Freiwild geworden. Russische Neonazigruppen jagen schwule Männer, teils noch Schüler, schlagen, treten und foltern sie und zwingen sie zu demütigenden Handlungen und Aussagen, die dann als Video ins Netz gestellt werden.
Inzwischen warnt sogar das Auswärtige Amt Homosexuelle vor Reisen nach Russland. Gleichzeitig soll Russland 2014 Gastgeber der Olympischen Spiele und 2018 Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft sein. Was heißt das denn dann nicht nur für lesbische oder schwule Athletinnen und Athleten, sondern auch für die Besucherinnen und Besucher? Soll nicht gerade der Sport Menschen stärker machen und vereinen, statt auszugrenzen und zu trennen? Der Sport lebt doch gerade von seiner Vielfalt, von der Vielfalt der Sportlerinnen und Sportler, aber eben auch von der Erfahrung des Einzelnen, dass gemeinsam Kämpfen stark macht.
Mich hat es empört, dass der Leichtathletikweltverband der schwedischen Hochspringerin Emma Green verboten hat, regenbogenfarben lackierte Fingernägel zu tragen und damit ein Zeichen für die Menschenrechte zu setzen.
Menschenrechte sind universell, sie stehen über politischen Auseinandersetzungen. Deswegen können die großen Sportverbände ein Eintreten für sie auch nicht als Verletzung der politischen Neutralität verbieten. Das war ein absurder Vorgang, der sich nicht wiederholen darf.
Einen Maulkorb in Sachen Menschenrechte kann niemand verhängen, auch nicht das Internationale Olympische Komitee.
Ebenso erbärmlich war die Reaktion des Deutschen Olympischen Sportbunds. Ich habe dort um eine offizielle Aussage zu dem Vorgang gebeten. Die Antwort lautete: Schauen Sie auf unsere Website, wir haben dort etwas unter
„Frage und Antwort“ bereitgestellt. – Das sollen die offiziellen Verlautbarungen sein – wie lächerlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Len- ders (FDP))
Meine Damen und Herren, „Demokratie zeichnet sich durch die Achtung und den Respekt der Meinung Andersdenkender genauso aus wie durch den Schutz gesellschaftlicher Minderheiten“, heißt es in unserem gemeinsamen Antrag. Deshalb ist die Botschaft des gemeinsamen Antrags: Wir stehen an der Seite derjenigen, deren Rechte in Russland unterdrückt werden. Wir senden heute von Wiesbaden aus Liebesgrüße nach Moskau.
Vielen Dank, Herr Kollege Klose. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Lenders von der FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer die gleichen Pflichten hat, der muss auch die gleichen Rechte bekommen. Das ist die Grundlage der FDP-Entscheidung zur rechtlichen Gleichstellung in Deutschland und in Hessen. Diesem Grundsatz folgend, haben wir in unserem Bundesland und in Deutschland eine nahezu 100-prozentige rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften.
Meine Damen und Herren, wir wissen aber auch, dass es damit bei Weitem nicht getan ist. Mit der rechtlichen Gleichstellung endet nicht die Aufgabe, für die rechtliche Anerkennung in der Gesellschaft zu sorgen. Genau in diesen Tagen erreichen uns die Bilder aus Russland.