Wir haben den Setzpunkt der CDU, also den Punkt, den die Regierungsfraktionen für den wichtigsten Punkt in dieser Plenarwoche halten – ich frage Sie allen Ernstes: Gibt es wirklich nichts Wichtigeres in der Regierungskoalition, als dieses Programm zu bejubeln? Ist das die identitätsstiftende Klammer Ihrer Koalition? Gibt es da nichts, was wir wirklich an Wichtigerem in diesem Landtag zu besorgen haben?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Lannert (CDU): Sie haben wirklich nichts verstanden! Sie haben nicht verstanden,was das bedeutet!)
Frau Lannert, wir haben vor vier Monaten und drei Tagen ein Gesetz verabschiedet – ein Gesetz, das richtig und wichtig war, ein Gesetz, mit dem wir die Schulen in einen besseren baulichen Zustand bringen wollten, und ein Gesetz,bei dem noch abzuwarten bleibt,ob Zukunftsweisendes an Baumaßnahmen für das Land wirklich dabei herauskommt.
Ich sage Ihnen, das Timing für diesen Antrag, für diesen Setzpunkt ist bemerkenswert. Wir haben seit der Verabschiedung vor vier Monaten fünf Presseerklärungen des Finanzministers zur Kenntnis nehmen können.Wir haben gestern eine Pressekonferenz des Finanzministers gehabt. In all diesen Erklärungen und Pressekonferenzen wurde uns das segensreiche Wirken der Landesregierung vorgestellt. Gestern hatten wir die Pressekonferenz unter dem Motto: „Hessen bei der Umsetzung der milliardenschweren Investitionsprogramme spitze“.
Vor drei Wochen erklärte der Finanzminister: „Landesregierung setzt Konjunkturprogramme von Bund und Land zügig um.“ – Die wohlklingenden Titel der anderen Presseerklärungen erspare ich Ihnen. Heute also eine neue Jubelarie in diesem Konzert: „Hessisches Konjunkturprogramm kommt an.“
Meine Damen und Herren, natürlich haben sich die Kommunen landauf, landab in den letzten Monaten intensiv mit dem Konjunkturpaket beschäftigt, Projekte ausgewählt und geprüft, wie es umgesetzt werden kann. Natürlich ist es wichtig und richtig, dass der Finanzminister darüber informiert.
Wir hätten uns auch gefreut, wenn er das im Haushaltsausschuss getan hätte und wir dann darüber hätten sprechen können.Aber müssen wir uns wirklich heute Morgen – zu einem Zeitpunkt, an dem man noch gar nicht sagen kann, ob dieses Konjunkturprogramm ankommt – hierhin stellen und sagen, es ist alles prima?
Ich sage Ihnen: Dieser Antrag ist ziemlich inhaltsleer. Er zieht eine voreilige Bilanz, die Sie jetzt noch gar nicht ziehen können.
Sie begrüßen in Punkt 3 – lesen Sie den einmal richtig – die Erhöhung der Grenzen für die freihändige Vergabe und die beschränkten Ausschreibungen.
Ja, das begrüßen Sie, und Sie schreiben, das stärkt den Mittelstand und schafft die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung.
Gestern hat uns der Finanzminister erzählt, jetzt könnten die Aufträge vergeben und die Bescheide übergeben werden. – Es ist noch überhaupt kein Auftrag vergeben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Axel Wintermeyer, Hans-Jürgen Irmer und Judith Lannert (CDU))
Es ist doch noch gar kein Auftrag vergeben. Gestern hat uns der Finanzminister – Sie wollen ihn doch nicht Lügen strafen – erklärt, jetzt würden die Bescheide übergeben, und jetzt könnten die Ausschreibungen für die Bauvorhaben beginnen.
Herr Irmer, im Interesse der Konjunktur erwarte ich auch, dass die Kommunen das zügig tun.Aber woher wissen Sie denn, wo diese Aufträge ankommen?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Judith Lannert (CDU))
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie sind nicht kommunal verankert!)
Der Antrag der SPD ist da ein bisschen weitsichtiger. Er sagt, wir wollen erst einmal schauen, wie es wirkt, und dann prüfen wir. Ich finde, das ist ein richtiges Vorgehen: Wir schauen erst einmal, wie es wirkt, und dann können wir verlässliche Aussagen machen – ehe wir uns hier in Jubelarien ergehen.
Der Hessische Landtag begrüßt im Rahmen der Umsetzung der beiden Konjunkturprogramme die schnelle und reibungslose Umsetzung vonseiten der Landesregierung.
Ja, aber platter geht es doch nun wirklich nicht. Das habe ich erwartet: Wenn dieser Landtag ein Konjunkturprogramm verabschiedet,das noch in diesem Jahr wirken soll, dann muss es schnell gehen. Dieses Lob kann man nur dann verstehen,wenn es Ihr Bild von der Regierung wäre: Das ist eine Schnecke, da tut sich nie etwas. – Hier ganz normales Handeln zu belobigen – ich finde, da hätten Sie sich etwas Besseres aussuchen sollen.
Dann noch zum letzten Punkt Ihres Antrags. Sie bejubeln „die enorme Nachfrage der Kommunen nach den finanziellen Angeboten aus den Konjunkturprogrammen“. Ja, mein Gott, was haben Sie denn erwartet? Sollen die Kommunen warten? Die Kommunen wissen doch, dass die konjunkturelle Lage bergab geht. Sie wissen, wenn sie jetzt nicht zugreifen, wird alles das, was wünschbar oder auch notwendig ist, in Zukunft nicht mehr zu finanzieren sein.
Außerdem wissen die Kommunen auch, dass sie die Zinsen bezahlen müssen. Denn die Zinsen werden über den Kommunalen Finanzausgleich finanziert. Jeder Bürgermeister und jedes Gemeindeparlament weiß: Wenn ich meinen Anteil nicht ausschöpfe, zahle ich für die Nachbarkommune mit.
Strich drunter: Ihr Antrag ist inhaltsleer und nimmt im Hinblick auf die Erhöhung der Vergabegrenzen Beurteilungen vorweg, die Sie noch gar nicht ziehen können.
Stattdessen wäre eine kritische Begleitung des Konjunkturprogramms sinnvoll. Die Grundanforderung an ein jedes Konjunkturprogramm muss es doch sein, die Folgen im Abschwung abzudämpfen.Der Staat greift hier ein,um die Delle in der Konjunktur abzumildern. Alle öffentlichen Investitionen, die die private Nachfrage ersetzen, müssen lang- und mittelfristig Perspektiven entwickeln, um dann, wenn die Rezession zu Ende ist, wieder am Aufschwung mitzuwirken, um dann für die Zukunftsfragen gerüstet zu sein.
Stichpunkt Klimawandel: Hier könnte man Ökonomie und Ökologie staatlich gefördert gut zusammenbringen, und dann wären wir für die Fragen der Zukunft gerüstet.
Für uns GRÜNE heißt das, Hessen muss auf dem Weg zur Wissensgesellschaft und auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften vorankommen.
Bei der Verabschiedung der Konjunkturprogramme haben wir GRÜNE es bereits deutlich ausgesprochen: Die Investitionen in die Schulen und Hochschulen können uns auf diesem Weg voranbringen. Sie sind richtige und gute Investitionen.
Das Sonderinvestitionsprogramm im Straßenbau ist es leider nicht. Herr Milde, das sehen wir völlig anders als Sie. Unser Versuch, das Programm an diesem Punkt ein bisschen zukunftsfähiger zu machen und es für den öffentlichen Personennahverkehr zu öffnen,ist an Ihnen gescheitert.
Ein weiterer unserer Kritikpunkte ist es, die Mittel zielgerichtet für die sonstige kommunale Infrastruktur zu verwenden und hier Ausgaben zu tätigen, die später Einnahmen sichern und dazu führen,dass Ausgaben gesenkt werden – an diesem Punkt sind Sie uns nicht gefolgt.