Ein weiterer unserer Kritikpunkte ist es, die Mittel zielgerichtet für die sonstige kommunale Infrastruktur zu verwenden und hier Ausgaben zu tätigen, die später Einnahmen sichern und dazu führen,dass Ausgaben gesenkt werden – an diesem Punkt sind Sie uns nicht gefolgt.
Bei diesen Mitteln besteht die Gefahr der Beliebigkeit. Diese Gefahr ist nicht aus dem Weg geräumt. Es ist richtig, wenn Nötiges oder Wünschbares passiert.Aber was ist bei Projekten, bei denen die Folgekosten nicht durchgerechnet worden sind und den Folgenutzen überschreiten? Solche Investitionen sind nicht in Ordnung. Die sind aber durchaus möglich. Hier warten wir noch den Beweis ab, dass das nicht passiert.
Sie können sich also sicher sein: Wir werden die Umsetzung dieser Konjunkturprogramme Schritt für Schritt kritisch begleiten. Wir werden die positiven Beispiele und die Erfolge registrieren – natürlich wird es auch die geben. Aber wir werden auch Investitionsruinen und Misserfolge benennen – auch die werden nicht ausbleiben. Diese Umsetzung wird viel Stoff für den Rechnungshof bringen, und sie wird viele Beispiele für das nächste Schwarzbuch des Bundes für Steuerzahler liefern.
Bei der Aufgabe, die Umsetzung dieser Konjunkturprogramme kritisch zu begleiten, werden wir Landespolitikerinnen und -politiker auch in die Kommunalparlamente schauen. Ich bin mir sicher, quer durch alle Parteien wird die große Mehrheit der kommunalpolitisch Engagierten inzwischen auch das Thema Folgekosten ein bisschen ernster nehmen und genau hinschauen. Hier werden wir GRÜNE unseren Beitrag leisten.Denn wir alle haben Erfahrungen mit maroden Schulen oder zu groß dimensionierten Bürgerhäusern, mit Prestigeobjekten, die zu groß dimensioniert werden, oder auch mit Fehlplanungen anderer Art.
Meine Damen und Herren, denken Sie daran: Fiskalisch betrachtet sind Konjunkturprogramme unsichere Wetten. Konjunkturprogramme müssen nachhaltig wirken. Das sagte ich bereits.
Sie müssen sich durch Investitionen in Bildung und Nachhaltigkeit nicht nur für die Volkswirtschaft auszahlen,sondern letztlich auch für die Staatskasse. Bleibt aber dieser Nutzen für die Staatskasse aus, dann werden wir vollends handlungsunfähig, denn dann wird sich die Schere zwischen ausbleibenden Steuereinnahmen und dem Verschuldungsverbot vollends schließen, und wir werden manövrierunfähig. Meine Damen und Herren von der CDU und meine Herren von der FDP, vielleicht bleibt Ihnen dann der vorzeitige Jubel von heute noch im Halse stecken. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Erfurth, ich bin entsetzt über Ihre Ausführungen zum Konjunkturpaket
und über Ihr Misstrauen gegenüber Kommunen und Vereinen. Hier kam der Zwischenruf: Erzählen Sie das doch einmal vor Ort den Vereinen, die sich nun wirklich darum bemühen, das vor Ort wirklich bestens umzusetzen.
Ich will Ihnen auch sagen, dass wir – wie ich es vorhin erläutert habe – mit den Vergabekriterien, wie wir sie vorgegeben haben, gerade dafür gesorgt haben, dass vor Ort flexibel entschieden werden kann, wer den Auftrag bekommt. Glauben Sie denn, es gibt einen Magistrat, der entscheidet, wenn es einer vor Ort machen kann, dass es einer von weit her machen soll?
Ihr Misstrauen gegenüber den Kommunen übersteigt wirklich alles, was ich mir bisher vorstellen konnte.
Die Freigrenze bei Dienstleistungen wurde von 20.000 c auf 100.000 c erhöht. Die Grenze für die freihändige Vergabe von Bauleistungen wurde von 50.000 c auf 100.000 c erhöht. Die Grenze bei der beschränkten Ausschreibung von Bauleistungen wurde auf 1 Million c je Fachlos erhöht. Die beschränkte Ausschreibung von Liefer- und Dienstleistungen ist bis zu einer Grenze von 206.000 c je Auftrag zulässig. Damit ist doch sichergestellt und in der Ausgestaltung dieses Programms handwerklich professionell ausgeführt, dass die Mittel schnell und zielgerichtet dort ankommen, wo sie gebraucht werden, nämlich beim örtlichen Handwerk.
Ich will Ihnen auch sagen: Die Vereine, die ihre Maßnahmen schon seit Monaten und Jahren in den Schubladen hatten, kommen mit Anträgen vor Ort, die sie sofort umsetzen. Das Geld kommt bei den Kommunen sofort an.
Meine Damen und Herren, daher ist es wirklich eine Frechheit, zu behaupten, dass vor Ort irgendjemand dafür sorgen würde, dass die Mittel nicht schnell genug abfließen.Was die Kommunen da vor Ort machen, ist aller Ehren wert. In Zusammenarbeit mit diesem Programm wird es den Hessen helfen. Ihre Miesepetrigkeit wird den Hessen wirklich nicht helfen.
Sie müssen es ertragen, so ist das Spiel. – Herr Kollege Milde, Sie haben noch einmal die Zahlen aufgelistet für die Erleichterungen bei der Vergabe.Das stimmt,die können wir alle so nachlesen. Daran gibt es nichts zu deuteln. Aber es stellt sich doch die Frage, warum Hessen über die Erhöhung der Vergabegrenzen hinausgegangen ist, die auf Bundesebene möglich sind. Sie konnten uns diese Frage bisher nicht beantworten. Sie sind bei den beschränkten Ausschreibungen von Liefer- und Dienstleistungen noch über das hinausgegangen, was auf Bundesebene beschlossen ist, und Sie sind auch beim Zeitraum darüber hinausgegangen.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist ein Beitrag zur Wirtschaftsförderung – Zuruf von der CDU: Damit man vor Ort genau entscheiden kann!)
Ja, damit man vor Ort entscheiden kann. – Ich kann Ihnen aber sagen: Ich kenne vor Ort genau die Handwerksbetriebe, die genau wissen, dass sie bei diesen Vergabekriterien nie berücksichtigt werden. Das kann ich Ihnen anhand meiner praktischen Erfahrung sagen.
Herr Irmer, wenn Sie sich einmal etwas zurücknehmen, dann werden Sie zugeben müssen, wo die Betriebe Ihres Vertrauens immer sitzen, sodass auch eine gewisse Lebenspraxis dafür spricht, dass bestimmte Dinge immer nur bei bestimmten Firmen ankommen. Das ist eine Tatsache.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Schork (CDU): Sie haben keine Ahnung! Was heißt denn das? – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Meinen Sie damit Korruption?)
Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, das ist Lebenspraxis. Das werden wir alle nachlesen können, wenn nachher der Rechnungshofbericht und auch der Bund der Steuerzahler sein Schwarzbuch erstellt. Das ist reine Lebenspraxis.
Sie haben die Frage doch noch gar nicht beantwortet. Wenn die Ausschreibungsgrenzen erhöht werden und wenn jetzt in so kurzer Zeit so viel Geld ausgegeben werden muss, dann ist doch die Frage, woher denn Ihre Sicherheit kommt, dass alle Bauwerke, die da errichtet werden, mit der gleichen Qualität und Sorgfalt ausgeführt werden, wie wenn eben nicht so schnell so viel Geld ausgegeben werden muss.
Von daher meine Bitte: Nehmen Sie das Tremolo ein bisschen raus, und seien Sie auch mit sich selbst ein bisschen kritischer.
Danke schön, Frau Erfurth. – Herr Lenders, Sie haben sich als Nächster für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hessische Konjunkturpaket kommt an. Mit den Konjunkturprogrammen sichern wir Arbeitsplätze, unterstützen den heimischen Mittelstand, modernisieren Schulen und Hochschulen, verbessern die kommunale Infrastruktur und schaffen Zuversicht in einer schwierigen Zeit.Wir haben schnell gehandelt, und dadurch können wir Zukunft gestalten.
Meine Damen und Herren, Ausgangspunkt der ganzen Entwicklung war das Aufziehen einer globalen Wirtschafts- und Finanzkrise, deren Ausmaße wir auch heute noch nicht ganz erfassen. Nicht wenige Fachleute sagen uns voraus, dass der Scheitelpunkt erst noch kommen wird. Vor allem die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind noch nicht voll durchgeschlagen. Sie schlagen zeitversetzt, ca. sechs Monate später, durch. Durch Maßnahmen wie die Verlängerung und Ausweitung der Kurzarbeit konnten Produktionsrückgänge aufgefangen werden. Gleichwohl ist zu befürchten, dass auch die Zahl der Arbeitslosen steigen wird, wenn die Krise weiter anhält.
Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht ist nicht die Frage entscheidend, um wie viel Prozent die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr zurückgehen wird, ob es nun 5, 6 oder gar 7 % sind; da haben wir uns leider immer wieder an neue Horrorzahlen gewöhnen müssen. Entscheidend ist die Frage: Wie lange dauert die Krise an? Und vor allen Dingen: Wie sind wir in dem Moment, wenn wir aus der Krise herauskommen, positioniert?
Das sind die eigentlichen Fragen. Wie lange werden wir brauchen, um wieder ein nennenswertes Wirtschaftswachstum zu erreichen? Wenn es uns gelingt, den Motor der Wirtschaft und vor allem den des Mittelstands wieder in Gang zu bringen bzw. am Laufen zu halten, dann werden wir auch die entstehenden Herausforderungen, die auf uns zukommen werden, meistern. Dann werden wir wieder mehr Arbeitsplätze haben, mehr Steuereinnahmen, und damit werden sich dann auch die Staatsfinanzen konsolidieren lassen.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz klar: Es bringt überhaupt nichts mehr, über immer höhere und immer neue Steuern und Abgaben zu diskutieren. Entscheidend ist nicht, wie schnell der Staat den Bürgerinnen und Bürgern in die Tasche greifen kann,um seine finanziellen Probleme zu lösen, sondern entscheidend ist, wie wir wieder zu mehr Wachstum kommen.
Zu mehr Wachstum, zu mehr Investitionen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze kommen wir nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen entlastet werden. Mir ist kein Fall in der Geschichte bekannt, wo durch immer höhere Steuern wirtschaftliche Probleme gelöst werden konnten. Die OECD als neutrale Organisation hat erst vor einiger Zeit in einer Studie sehr deutlich gemacht,dass – mit Ausnahme Belgiens – in keinem anderen Industrieland die mittleren Einkommen so stark belastet werden wie in Deutschland.
Meine Damen und Herren, genau das ist der Punkt: Wir müssen die Menschen entlasten, den Staat entschlacken und Bürokratie abbauen.
In jedem Wirtschaftslehrbuch der Welt können Sie nachlesen, dass man mit Entlastungen Wachstum schafft und nicht mit Belastungen.