Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

(Beifall bei der SPD)

Die Wahrheit ist, Sie haben den Landeshaushalt in den Sand gesetzt, und jetzt sollen die Kommunen dafür bluten. Sie sollen die Leidtragenden einer unsoliden Finanzpolitik werden,die Sie seit zehn Jahren betreiben.Das war vorhersehbar. In der ersten Runde der „Operation düstere Zukunft“ waren es die Sozialinitiativen, die bluten mussten, es waren die Frauenhäuser, die Beschäftigten; und jetzt sind die Kommunen dran. Dazu sind Sie entschlossen.

(Zuruf von der CDU:Was für ein Unsinn!)

Dazu mögen Sie entschlossen sein, aber täuschen Sie sich nicht: Es braut sich auch ein böses Gewitter über Ihnen zusammen. Es gibt eine breite Front der Ablehnung. Einzelne Abgeordnete der FDP sind heute schon genannt worden. Dies ist verhältnismäßig breit auch in der CDU angelegt. Ich sage Ihnen: Sie werden damit scheitern; und wir werden als SPD aufseiten der Kommunen stehen.Wir lassen es nicht zu, dass die hessischen Kommunen ausgeblutet werden. Sie haben dazu keine Legitimation. Ich sage Ihnen: Die Stärkung der kommunalen Aufgaben wäre auch aus wirtschaftspolitischer Sicht für Hessen gut.

Herr Kollege Schmitt, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dass wir auch in der Frage des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung zurückgefallen sind, seit Sie regieren, zeigt, dass eine Verstärkung und Verstätigung der kommunalen Finanzen dringend notwendig und angebracht ist. Sie wollen das Gegenteil tun, und das ist falsch.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Das Wort hat Herr Kollege Al-Wazir, der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wehklagen des Finanzministers haben mich noch einmal an dieses Pult getrieben.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Herr Weimar, ich möchte Sie einmal daran erinnern, dass Sie jetzt seit zehn Jahren und zwei Monaten Finanzminister sind.

(Minister Karlheinz Weimar: Ja!)

Wenn Sie beklagen, dass es eine Schieflage gibt, zwischen den Kommunalfinanzen einerseits und den Landesfinanzen andererseits, dann stelle ich Ihnen die Frage: Wo ist denn Ihr Reformvorschlag in den letzten zehn Jahren und zwei Monaten geblieben?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Ministers Karlheinz Wei- mar)

Wo ist er? Herr Weimar, wissen Sie, diese Schnoddrigkeit, an dieser Stelle ständig dummes Zeug dazwischenzurufen, das hilft auch nicht weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Minister Karlheinz Weimar: Ja, ja!)

Herr Weimar, wenn Sie der Auffassung sind, dass es eine Schieflage gibt bei der Verteilung dessen, was am Ende beim Land und bei den Kommunen verbleibt, dann wollen wir als GRÜNE über eine Reform reden,die am Ende aber nicht dazu führt,dass die Schieflage im Kommunalen Finanzausgleich noch größer gemacht wird,indem einfach einmal 400 Millionen c von oben abgezogen werden. Wenn es so ist, wie Sie sagen, dann bedeutet dies doch, dass die Gewerbesteuern von Frankfurt und Eschborn, um es auf den Punkt zu bringen, dafür sorgen, dass das Land Hessen mehr Geld an andere Länder zahlen muss. Das heißt aber auch, dass Sie das Geld, das Frankfurt und Eschborn – das sage ich in Anführungszeichen – bekommen und wofür Hessen dann Geld zu zahlen hat, dann, wenn Sie es aus dem KFA herausnehmen, Kassel und Offenbach abnehmen.Das ist doch keine Politik,das ist doch Irrsinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU) – Lachen des Ministers Karlheinz Weimar)

Ja, da lachen Sie. – Sie haben doch vor vier Jahren schon einmal einen Vorschlag gemacht, wie man an den Kommunalen Finanzausgleich herangehen soll – Stichwort:abundante Kommunen und alles, was dazugehört.

(Minister Karlhein Weimar:Auch gemacht!)

Am Ende haben Sie sich nicht getraut,irgendetwas zu machen, und haben es einfach beim Status quo gelassen. Das ist genau das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind doch bereit, über Veränderungen zu reden. Wir sind bereit, über eine Verbesserung der Ausgleichswirkung des KFA zu reden. Wir sind bereit, über alles zu reden.Aber dazu müsste man einmal irgendwann etwas auf den Tisch legen und nicht immer nur jammern, Herr Finanzminister. Das genau ist Ihr Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wo wir gerade dabei sind, es anzusprechen: Das Gleiche gilt übrigens auch für den Länderfinanzausgleich.

(Minister Karlheinz Weimar:Alles Unsinn!)

Solange ich mich erinnern kann, gibt es hier das ewige Klagelied über den Länderfinanzausgleich. Wissen Sie, wir haben eine Regelung gehabt. Auf der Wiesbadener Ministerpräsidentenkonferenz wurde eine Neuregelung gemacht,die angeblich so toll war.Nun gut,am Ende kann sie so toll nicht gewesen sein, denn ein Jahr später fing das Jammern wieder an. Ich frage Sie aber:Wie ist es denn zu der Wiesbadener Einigung gekommen? – Weil eine rot

grüne Hessische Landesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt hat.Jetzt frage ich Sie:Was haben Sie eigentlich gemacht, außer zu jammern? Wo ist Ihr Vorschlag?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn das alles so unfair ist und wenn das alles so nicht geht, dann muss man irgendwann aktiv werden. Dann muss man Vorschläge auf den Tisch legen, und man muss in die Ministerpräsidentenkonferenz und in die Finanzministerkonferenz gehen. Wenn das alles nichts hilft, dann muss man zum Bundesverfassungsgericht gehen. Sich aber ständig hinzustellen, einmal im Monat zu jammern und ansonsten nichts zu tun, das geht nicht, sehr geehrter Herr Finanzminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Milde.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Al-Wazir, so kann man das nun auch nicht stehen lassen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer hat denn den Kommunalen Finanzausgleich in den Neunzigerjahren mit immer mehr Landesleistungen überfrachtet? – Das ist Rot-Grün gewesen, meine Damen und Herren. Diesen Kommunalen Finanzausgleich haben wir übernommen.

(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist doch abenteuerlich!)

Wer ist übrigens beim Hessentag vor drei Jahren der Erste gewesen, der den Mut gehabt hat, sich vor die kommunalen Vertreter hinzustellen und zu sagen, dass sich dort erheblich etwas ändern muss? Wer hat ausdrücklich Einsparvorschläge vorgelegt? Dieser Finanzminister hat den Kommunalen Spitzenverbänden 130 Einsparvorschläge vorgelegt, damit sie aussuchen können, wo Möglichkeiten bestehen, die eigenen Haushalte zu entlasten.

(Minister Karlheinz Weimar: So ist es!)

Herr Kollege Milde, Frau Kollegin Fuhrmann hätte Ihnen gerne eine Zwischenfrage gestellt.

Herr Präsident, das muss nun wirklich nicht sein. – Vielen Dank.

(Widerspruch bei der SPD)

Dieser Finanzminister hat strukturelle Änderungen für den Kommunalen Finanzausgleich vorgelegt. Wer hat denn früher den Mut aufgebracht, sich mit diesem Thema zu beschäftigen,meine Damen und Herren? Wer hat denn in den letzten Jahren eine Wirtschaftspolitik gemacht, die die Kommunen überhaupt erst so reich gemacht hat, dass

sie in Hessen so hohe Einnahmen haben? Also, ich würde einmal sagen: Man sollte bei diesem Thema ganz ruhig bleiben, das uns schließlich alle betrifft. Dass es uns alle betrifft, bedeutet: Die Finanzbeziehungen zwischen den Kommunen und dem Land müssen fair ausgerichtet sein.

Herr Kollege Schork und Herr Kollege Blum haben genauso wie der Finanzminister auf das Dilemma hingewiesen, das wir haben. Aufgrund der finanziellen Stärkung der Kommunen zahlen wir Jahr für Jahr effektiv mehr in den Länderfinanzausgleich ein. Das Verhältnis zwischen Land und Kommunen ist zulasten des Landes immer schlechter geworden.Von den Einnahmen, die Sie damals noch hatten, können wir heute träumen. Da lässt es sich leicht meckern.

Meine Damen und Herren, ich will noch eines zum Kommunalen Finanzausgleich sagen. Diese Landesregierung hat 1999 mit uns zusammen beschlossen,dass wir die Konnexität einführen. Das habe ich unter Rot-Grün auch vermisst, dass eine Konnexität vereinbart wurde. Alle Leistungen, die Sie damals den Kommunen aufgezwungen haben, wurden nicht durch Geld unterlegt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel und Dr. Thomas Spies (SPD):Wo sind die Vorschläge?)

Wir haben den Kommunalen Finanzausgleich seit 2004 – als es die „Operation sichere Zukunft“ gab, als 30 Millionen c im Sozialhaushalt eingespart wurden;darauf wurde vorhin hingewiesen – bis 2008 durch eine starke Wirtschaftspolitik,

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

aber auch durch die Strukturen, die Karlheinz Weimar vorgegeben hat, um 1 Milliarde c erhöht. Selbst wenn es richtig ist, dass die Kommunen, was sie nicht mussten, damals die 30 Millionen c übernommen haben,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eieiei!)

weil sie der Meinung waren, dass die Leistungen vor Ort unverzichtbar sind, dann haben sie im Gegenzug seitdem 1 Milliarde c mehr Geld bekommen. Zu einer fairen Debatte gehört auch das: die Einführung der Konnexität und 1 Milliarde c mehr Geld.