Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Plenarsitzung, die zweite in dieser Legislaturperiode, und heiße Sie ganz herzlich willkommen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung teile ich Ihnen zunächst mit, dass Frau Abg. Nicola Beer mit Wirkung vom 5. Februar 2009 ihr Mandat als Abgeordnete niedergelegt hat.

(Beifall des Abg. Hugo Klein (Freigericht) (CDU) – Heiterkeit)

Ich will allen Gelegenheit geben, das zu tun, was Herr Klein getan hat, indem ich Frau Beer zur Ernennung zur Staatssekretärin herzlich gratuliere. Liebe Nicola, alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Gleichzeitig begrüße ich in unseren Reihen einen neuen Kollegen als Nachrücker, Herrn Abg. Paulus. Herzlich willkommen, Gratulation. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit und uns eine gute Zusammenarbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Nächster Punkt: Frau Abg. Petra Müller-Klepper hat ebenfalls mit Wirkung vom 5. Februar 2009 ihr Mandat als Abgeordnete niedergelegt. Ich gratuliere ihr zur Ernennung zur Staatssekretärin.– Ich habe das in einem Satz gesagt, damit Herr Klein nicht wieder an der falschen Stelle klatscht.

(Allgemeiner Beifall)

Ich begrüße herzlich in unserer Mitte Herrn Abg. HansPeter Seyffardt aus dem Rheingau – das muss in diesem Fall hinzugefügt werden. Herr Seyffardt, herzlich willkommen, alles Gute für Ihre Zeit hier.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Tagesordnung vom 11. Februar 2009 mit sechs Punkten liegt Ihnen vor.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Konjunkturprogramm des Bundes, Drucks. 18/45. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann nehmen wir ihn als Punkt 7 auf die Tagesordnung. Die Redezeit ist in unserem neuen Beiblatt geregelt. – Bitte schön, Herr Kollege Rudolph.

Aus arbeitsökonomischen Gründen können wir das mit der Debatte über das Konjunkturprogramm verbinden. Dann brauchen wir keine zusätzliche Redezeit und haben alle etwas davon. Das müsste Punkt 3 sein.

(Axel Wintermeyer (CDU): Gern, guter Vorschlag!)

Nein, das ist Punkt 4: Förderung von Infrastrukturinvestitionen. Also Punkt 4 gemeinsam mit Punkt 7 aufrufen – danke schön.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Verurteilung rechter Gewalt, Drucks. 18/46. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.Dann wird er Punkt 8.Redezeit gemäß unserer neuen Regelung.

Wir tagen heute bis zur Erledigung der Tagesordnung; das ist so vereinbart, logischerweise. Wir beginnen mit Punkt 1, der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten. Danach kommen wir zu Punkt 2, der Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der Landespersonalkommission.

Entschuldigt fehlen heute Frau Abg. Müller (Schwalm- stadt) und Frau Dr. Judith Pauly-Bender; beide sind erkrankt. Ich wünsche gute Genesung.

Heute Abend, im Anschluss an die Plenarsitzung, tagt der Hauptausschuss in Sitzungsraum 501 A, der Innenausschuss trifft sich in Sitzungsraum 204 M, und der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr tagen gemeinsam in Sitzungsraum 510 W. Direkt im Anschluss an diese gemeinsame Ausschusssitzung kommt der Haushaltsausschuss, ebenfalls in Sitzungsraum 510 W, zu seiner zweiten Sitzung zusammen.

Wir gratulieren nachträglich Herrn Kollegen Bellino zu seinem 50. Geburtstag. Lieber Holger Bellino, alles Gute und Gottes Segen für die nächsten Jahre.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich verweise auf Folgendes. Mit den parlamentarischen Geschäftsführern habe ich abgestimmt, dass der Termin der Wahl der nicht richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofs, der nach § 2 Abs. 2 des Staatsgerichtshofgesetzes möglichst in der zweiten Sitzung des Landtags von dessen Präsidentin oder Präsidenten zu bestimmen ist, auf Mittwoch, den 1. April 2009, vormittags, gelegt wird, sodass die entsprechenden Vereidigungen vor Eintritt in die Mittagspause dieser Plenarsitzung stattfinden können.

Ich begrüße auf der Tribüne die Schülerinnen und Schüler der Kellerskopfschule. Sind sie schon da? – Jawohl, herzlich willkommen. Da gibt es einen Modellversuch „Haupt- und Realschulen im Hessischen Landtag“, um mit Schülerinnen und Schülern der Haupt- und Realschule ein Stück politische Bildung zu üben.Vielen Dank, dass Sie da mitmachen.

Meine Damen und Herren, damit sind die amtlichen Bekanntmachungen erschöpft.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 1:

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten betreffend „Aufbruch in der Krise – Hessen startet in das nächste Jahrzehnt“

Vereinbart sind 60 Minuten Redezeit. Zur Abgabe der Regierungserklärung erteile ich Herrn Ministerpräsidenten Koch das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abgabe der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten nach der Wahl und nach der Amtsübernahme einer neuen Regierung gehört zu den zentralen und wichtigen parlamentarischen Ereignissen, weil sie logischerweise den Maßstab setzt für manche Debatte, die wir in den kommenden Jahren miteinander füh

ren werden. Sie ist deshalb eine besonders wichtige Erklärung.

Ich will hinzufügen: Sie ist für mich immer wieder auch eine besonders schwierige Erklärung – nicht deshalb, weil der Inhalt nicht hinreichend präzise vorher vorbereitet wäre,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das auch!)

sondern deshalb, weil ich sie vorlesen muss und natürlich Wert darauf gelegt wird, dass nicht nur die Fraktionen sie vorher haben, sondern sie auch ein abgestimmtes Regierungsprojekt ist.

Ich will diese Aufgabe wahrnehmen, indem ich Ihnen beschreibe, was sich die Regierungskoalition aus CDU und FDP an Prinzipien und an konkreten Projekten für die vor uns liegenden fünf Jahre vorgenommen hat.

Die vorgezogene Landtagswahl am 18. Januar hat ein eindeutiges Ergebnis erbracht. Das, was vorher auch in diesem Hause oft die „hessischen Verhältnisse“ genannt wurde, ist vorbei. Seit zwei Wochen hat Hessen wieder eine Landesregierung, die von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung und damit auch einer stabilen Mehrheit dieses Hauses getragen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Minus vier!)

Die Wiedererlangung der vollen politischen Handlungsfähigkeit kommt zu einer Zeit, in der uns die Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten und in der gesamten Wirtschaft vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen. Niemand kann am heutigen Tag das ganze Ausmaß dieser Krise überblicken. Umso wichtiger ist es für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, dass die politische Nachrichtenlage von nun an wieder durch ein nach vorne gerichtetes Handeln und greifbare Ergebnisse bestimmt wird.

„Vertrauen, Freiheit, Fortschritt“ – unter dieses Motto haben CDU und FDP ihren Koalitionsvertrag gestellt. Vertrauen, Freiheit und Fortschritt geben Impulse für den Aufbruch in der Krise; denn wir wollen Hessen in ein erfolgreiches Jahrzehnt führen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der 18. Januar war eine Richtungswahl. Die hessischen Bürgerinnen und Bürger haben über den politischen Kurs der kommenden fünf Jahre entschieden. Selten lagen die Alternativen vor einer Wahl so deutlich auf dem Tisch:

Von CDU und FDP, die jetzt diese Regierung tragen, gab es eine klare Koalitionsaussage für ein bürgerliches Bündnis auf der Basis einer breiten inhaltlichen Übereinstimmung in den meisten Sachfragen.

Die Parteien von SDP und GRÜNEN und die Linkspartei hatten mit ihrem Koalitionsvertrag und ihrem Tolerierungsabkommen schon ein fertiges Konzept vorgelegt. Jeder Wähler konnte sich deshalb im Vorfeld ein klares Bild davon machen, wohin die Fahrt jeweils gehen würde.

Die Wählerinnen und Wähler haben am 18. Januar ein deutliches Votum für eine Fortsetzung bürgerlicher Politik in diesem Land abgegeben. Sie haben sich klar gegen das rot-rot-grüne Experiment entschieden.

Bürgerliche Politik für Hessen bedeutet eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, seine individuellen Freiheiten respektiert und ihn als eigenverantwort

lichen Bürger stärkt. Bürgerliche Politik für Hessen bedeutet eine Politik, die auf eine Kultur des Miteinanders baut,die allen eine Chance zur gesellschaftlichen Teilhabe gibt. Bürgerliche Politik für Hessen bedeutet auch eine Politik, die zur Förderung des Wohlstands und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beiträgt, die willensstark und durchsetzungsfähig ist, um bedeutende Infrastrukturprojekte zu verwirklichen, und der man in Zeiten wie diesen am ehesten zutraut, die anstehenden Probleme zu lösen.

CDU und FDP stellen gemeinsam diese neue Regierung – wie bereits von 1999 bis 2003.An diese Zusammenarbeit in Zeiten großer Herausforderungen können und werden wir im Jahr 2009 anknüpfen, wenn es darum geht, die Krisen heutiger Zeit zu bewältigen und Hessen als Erfolgsland in ein neues Jahrzehnt zu führen. Anders als damals gibt es ein solides Fundament, auf das wir aufbauen können.

Die neue Koalitionsregierung verkörpert beides: die Fortsetzung einer Politik, die Hessen in den vergangenen Jahren auf einen erfolgreichen Kurs gebracht hat – mit klar formulierten Zielen und Verlässlichkeit in der Umsetzung. Zugleich steht diese Regierung auch für Veränderung – für das Lernen aus Fehlern und die Bereitschaft zum Aufbruch.

Mit uns gibt es keine Tabula rasa, keinen Neuanfang bei null, erst recht keine illusionären Versprechungen. Aber genauso wenig wird es ein einfaches „Weiter so!“ geben können.

Die globale Wirtschaft, die Themen, die dazu auf der Tagesordnung stehen, stehen über – manche würden auch „überschatten“ sagen – allem, was wir an politischen Aktivitäten, Plänen und Vereinbarungen im Augenblick miteinander diskutieren. Wir stehen nun einmal vor dem größten Wachstumseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Grundsoliden Unternehmen brechen in nie da gewesenem Ausmaß die Aufträge weg. Die Kreditmärkte sind nach wie vor verstopft. Viele Unternehmen erzielen Rekordverluste, melden Kurzarbeit an oder stehen gar vor der Insolvenz. Ganzen Branchen droht der Zusammenbruch.

Viele Menschen in unserem Land, viele, die wir kennen und mit denen wir täglich sprechen, haben deshalb Angst um ihren Arbeitsplatz, Angst um ihre Altersversorgung, Angst vor sozialem Abstieg. Sie fürchten sich vor einer ungewissen, für sie nicht mehr beschreibbaren Zukunft.

Ich denke, auch das gehört zur politischen Analyse der Ausgangsbedingungen unserer Arbeit: Zu all diesen Sorgen und Ängsten kommt auch Wut: auf das Versagen und die Gier einiger weniger, die unter Ausblendung der eingegangenen Risiken horrende Spekulationsgewinne erzielt haben, bis dann das Kartenhaus in sich zusammenfiel und letztlich die sogenannte Realwirtschaft in den Strudel mehr und mehr hineingezogen wird.