Anders ausgedrückt: Der Bund kann mehr als ein Viertel seiner Ausgaben nur mit neuen Krediten finanzieren. Das ist dramatisch mehr,als wir im Landeshaushalt ausweisen.
Auch die Haushalte der Bundesländer für das Jahr 2010 stehen im Zeichen dieser Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Hansestadt Hamburg – eines der wenigen Zahlerländer im Länderfinanzausgleich – muss wegen Steuerausfällen infolge der Wirtschaftskrise in den kommenden Jahren neue Schulden in Höhe von 6 Milliarden c aufnehmen; zusätzlich wird der Senat Rücklagen in Höhe von 1,7 Milliarden c einsetzen, um die schlimmsten Folgen zu begrenzen. Wohlgemerkt, das ist Hamburg mit seiner Haushaltsgröße.
Der baden-württembergische Finanzminister sagt, neue Schulden sind nötig – die haben übrigens per Gesetz festgelegt, dass sie keine neuen Schulden mehr machen dürfen. Er geht von einem strukturellen Defizit, zusammen mit Steuerausfällen, von rund 3 Milliarden c aus.
Das Land Nordrhein-Westfalen wird ausweislich des vorgestellten Haushalts im Jahr 2010 6,6 Milliarden c neue Schulden machen – dies ist übrigens bis 2013 in der mittelfristigen Finanzplanung festgeschrieben.
Meine Damen und Herren, das heißt, was wir im Moment erleben, ist kein singuläres Problem des Landes Hessen – obwohl wir wegen der Veranlagungssteuern in besonderer Weise davon betroffen sind –, sondern das ist die breite Realität der Haushalte der Bundesländer.
Damit auch das klar ist: Hessen steht nach wie vor – und in der Entfernung zu den anderen hat sich dabei eher etwas zu unseren Gunsten geändert – an vierter Stelle der Bundesländer, trotz der Zahlungen in den Länderfinanzausgleich, die wir zu leisten haben.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das aufaddieren, dann haben wir in der Zeit, in der ich die Verantwortung für den Landeshaushalt habe, fast 30 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich gezahlt und in der Größenordnung von 13 oder 14 Milliarden c neue Schulden gemacht.Wir haben also mehr als doppelt so viel in den Länderfinanzausgleich gezahlt als Schulden gemacht.
Auch ich sage das an dieser Stelle – andere haben das bereits getan –: Rheinland-Pfalz ist ein Nehmerland, und zwar in beachtlicher Weise. Es stellt seine Kindergärten jetzt von der Beitragspflicht der Eltern im dritten Jahr frei.
Meine Damen und Herren, in diesem System ist irgendetwas nicht in Ordnung. Ich sage das an dieser Stelle. Denn es kann nicht sein, dass ein Land wie Hessen als größter Zahler in den Länderfinanzausgleich, sowohl absolut als auch pro Kopf, wenigstens in den meisten Jahren,
sich hier abmüht, voranzukommen, während andere, die Nehmerland sind, großzügig mit den Geldern, die sie von anderen bekommen, Leistungen erbringen.
Meine Damen und Herren, damit dies nicht untergeht: Bayern gibt 10 Milliarden c an seine Landesbank,BadenWürttemberg 5 Milliarden c.
Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein zahlen ebenfalls beachtliche Milliardenbeträge in ihre Landesbank.
Hessen tut das nicht, weil seine Landesbank gut aufgestellt ist. Ich will einmal sagen, was hier los wäre, wenn wir in entsprechender Größenordnung Mittel an die Landesbank hätten geben müssen.
Meine Damen und Herren, wir können uns ein Konjunkturprogramm in Höhe von 1,7 Milliarden c leisten, während andere die Verluste ihrer Landesbank bezahlen. Darauf bin ich durchaus stolz.
Übrigens leisten wir mit dem Konjunkturprogramm in Höhe von 1,7 Milliarden c bei Weitem nicht so viel, wie andere Bundesländer an ihre Landesbanken bezahlen. Die im hessischen Haushaltsplanentwurf 2010 veranschlagte Nettokreditaufnahme in Höhe von rund 3,4 Milliarden c ist zweifelsohne dramatisch.Sie ist jedoch zu einem ganz erheblichen Teil auf die Auswirkungen der Konjunkturkrise zurückzuführen.
Dies belastet den Landeshaushalt vor allem bei den Steuereinnahmen und damit auf der Einnahmeseite. Aber auch Mehrausgaben für die konjunkturstützenden Maßnahmen und zusätzliche Zinsausgaben schlagen zu Buche. In der Summe führt die Krise allein im Jahr 2010 zu einer zusätzlichen Belastung des Landeshaushalts in Höhe rund 2,3 Milliarden c. Bis zum Jahre 2012 steigen diese Lasten auf über 2,8 Milliarden c an, wenn die mittelfristige Finanzplanung auch in den nächsten Jahren mit den Zahlen rechnen kann, die vom Arbeitskreis Steuerschätzungen im Mai 2009 angesetzt wurden.
Meine Damen und Herren, dies verdeutlicht, vor welch großen Herausforderungen die Finanzpolitik in den kommenden Jahren stehen wird. Damit das auch klar ist: Wir haben z. B. im ersten Halbjahr 2009 1,23 Milliarden c weniger Steuern eingenommen als im Jahr zuvor. Diese Größenordnungen sind außerhalb der Möglichkeiten einer direkten Einsparung. Es ist zu akzeptieren, dass diese geldlichen Mittel nicht eingehen. Das ist übrigens auch normal, wenn Sie sehen, wie die Situation der Firmen in diesem Land ist, wie wenig verdient wird.Wir haben uns z. B. bei dem Bürgschaftsprogramm darüber unterhalten.
Meine Damen und Herren, der Landeshaushalt 2010 weist vor diesem Hintergrund die folgenden Eckdaten aus. Die bereinigten Einnahmen des Landes belaufen sich auf 18,178 Milliarden c und bleiben damit nochmals um 650 Millionen c hinter den im Vergleich zum Jahre 2008 bereits deutlich nach unten korrigierten Ansätzen des Haushalts 2009 zurück. Der neuerliche Einbruch ist im Wesentlichen durch die Entwicklung der Steuereinnahmen begründet. Deren Ansatz liegt im Haushalt 2010 mit 14,565 Milliarden c um 940 Millionen c unter dem Soll des Jahres 2009. Wie gesagt: Im Jahre 2009 haben wir schon eine dramatische Absenkung der Steuereinnahmen zu verzeichnen gehabt.
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Jahre 2009 noch Einnahmen aus der Kfz-Steuer veranschlagt waren, die mit der Übertragung der Ertragshoheit auf den Bund künftig entfallen. Unter Einbeziehung der Zahlungen des Landes in den Länderfinanzausgleich in Höhe von 2,170 Milliarden c ergeben sich zum jetzigen Zeitpunkt Steuermindereinnahmen in Höhe von 825 Millionen c. Dies entspricht einem Minus von 6,2 %. Den stark rückläufi
gen bereinigten Einnahmen stehen ebenfalls sinkende bereinigte Gesamtausgaben gegenüber. Diese reduzieren sich im Vergleich zum Soll 2009 um knapp 280 Millionen c auf 21,458 Milliarden c. Das ist ein Minus von 1,3 %. Auch nach Abzug der LFA-Zahlungen bleibt das Wachstum der Ausgaben mit minus 0,8 % negativ. Dieser Rückgang ist im Wesentlichen auf eine geringere Höhe des Kommunalen Finanzausgleichs zurückzuführen. Aufgrund der wegbrechenden Steuereinnahmen des Landes sinkt auch die Höhe des Kommunalen Finanzausgleichs deutlich.
Meine Damen und Herren, zu dem Thema KFA möchte ich noch einmal sagen, dass wir die Position aufrechterhalten, dass ab 2011 eine Absenkung der Leistung an die Kommunen um 400 Millionen c vorzunehmen ist. In keinem anderen Bundesland gibt es eine solche Verteilung der in dem Land verbleibenden Steuereinnahmen wie in Hessen. Das Land erhält 50,5 %, und die Kommunen erhalten 49,5 %. Nach unseren Recherchen liegt das Verhältnis bei keinem Land unter 55 % für das Land zu 45 % für die Kommunen. Die meisten Länder haben ein Verhältnis von 60 zu 40.
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wie ist das bei der Kommunalisierung? Sie haben auch Mehrausgaben!)
Wir haben erneut die Zahlen für 2008 und die Prognose für 2009 berechnet. Danach zahlen wir durch die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen in den Länderfinanzausgleich ziemlich genau 405 Millionen c von Steuereinnahmen, von denen wir nichts haben. Nur um das ganz klar zu machen:Wir haben zwischenzeitlich mit den Kommunen vereinbart, dass wir in Gespräche eintreten. Die Einladungen gehen in den nächsten Tagen hinaus. Wir werden dieses Thema sehr intensiv mit den Kommunen diskutieren. Sie sehen also, es bewegt sich etwas hin zu Gesprächen in eine auch aus meiner Sicht vernünftige Richtung.
Meine Damen und Herren, die Personalausgaben als mit Abstand wichtigster Ausgabenblock im Landeshaushalt steigen als Folge des Tarifabschlusses 2009/2010, zwangsläufiger Mehrbelastungen bei der Versorgung und Beihilfen sowie zusätzlicher Lehrer- und Polizeistellen um 2,4 %. Nur damit das auch klar ist: Allein die Versorgungslasten und die Beihilfen steigen automatisch um fast 100 Millionen c.
Das wird sich beschleunigen. – Herr Abg. Rudolph, das ist keine neue Erkenntnis, sondern das ist nur ein Hinweis darauf, was bei jedem neuen Haushalt zu leisten ist, wenn man nur das Volumen halten will, dass Sie dies zusätzlich einsparen oder mehr Steuereinnahmen zur Verfügung haben müssen.
Meine Damen und Herren, deutlich überdurchschnittlich entwickeln sich die Bauausgaben. Hier steigern wir das bereits hohe Niveau des Jahres 2009 nochmals um 5,4 %. Dadurch gelingt es, die gesamten Investitionsausgaben des Landes 2010 auf dem Rekordniveau des Vorjahres zu halten. Mit Investitionen von insgesamt 2,4 Milliarden c – im Vergleich dazu: wir hatten in früheren Jahren zwischen 1,6 und 1,7 Milliarden c Investitionsausgaben – leistet das Land einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der heimischen Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang auch den Hinweis auf das Hessische Sonderinvestitionsprogramm. Die dort vorgesehenen Mittel in Höhe von 1,7 Milliarden c tragen zur Stützung der Konjunktur bei. Hier müsste ich auch sagen, dass ich glaube, dass gerade die zuständigen Ministerien und insbesondere auch die Mitarbeiter im Finanzministerium eine fantastische Arbeit gemacht haben. Denn innerhalb von wenigen Wochen haben sie 8.000 Anträge bearbeitet und genehmigt.In Hessen läuft das Konjunkturprogramm mit Massivität an.Wenn Sie sich landauf, landab die Presseartikel zu der Wirkung dieses Programms im Hinblick auf das angucken, was an Auftrieb innerhalb unserer Schulen, in den Regionen entsteht, dann werden Sie feststellen, wir können sehr stolz darauf sein.
Das ist allerdings nur ein Teil unserer konjunkturpolitischen Aktivitäten. Wir leisten hohe Investitionen, insbesondere in die Hochschulen – dazu werde ich nachher noch etwas sagen –, in Krankenhäuser, die soziale Infrastruktur, die Verkehrswege usw. All diese Investitionen haben ebenfalls eine konjunkturpolitische Komponente. Wir erreichen damit unstreitig das Ziel, dass Hessen gestärkt aus der Krise hervorgeht.
Meine Damen und Herren, die Konzentration der Mittel in diesem Haushalt,auch auf investivem Gebiet,auf Schulen und Hochschulen sowie auf die Verkehrsinfrastruktur, um das besonders herauszuheben, ist aus meiner Sicht eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass sich Hessen in den nächsten Jahren positiv weiterentwickeln wird. Es wird eine Beschleunigung eintreten. Deswegen ist es richtig, dass wir uns als strategisches Ziel besonders um diese Bereiche kümmern. Denn sie sind die Zukunftsbereiche für dieses Land. Für Zukunftsbereiche und für die Erledigung der Zukunftsaufgaben hat diese Landesregierung schon immer gestanden.
Auf Basis der skizzierten Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben schließt der Haushalt 2010 mit einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 3,376 Milliarden c ab. Die sich aus der Summe der eigenfinanzierten Investitionen ergebende Verfassungsgrenze für die Kreditaufnahme in Höhe von knapp 1,6 Milliarden c wird im Jahre 2010 verfehlt. Die geplante Überschreitung steht jedoch im Einklang mit den Bestimmungen des Art. 141 der Hessischen Verfassung. Danach ist in Ausnahmesituationen eine Abweichung von der Verfassungsgrenze zulässig.Angesichts der schwersten Wirtschaftskrise in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands liegt eine solche Ausnahmesituation unzweifelhaft vor. Ich glaube, es wird niemanden geben, der das derzeit bestreitet.
Mit dem Haushalt 2010 reagiert die Landesregierung sachgerecht auf die schwierigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die im Haushaltsplan ausgewiesene höhere Kreditaufnahme stärkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von Wachstum und Beschäftigung. Die Landesregierung befindet sich im Übrigen hierbei im Einklang mit den Ökonomen, dem Sachverständigenrat, den Wirtschaftsforschungsinstituten, der Bundesregierung und den Rechnungshöfen, die angesichts der Krise eine deutliche Ausweitung der Kreditaufnahme zur Stützung der Konjunktur für vertretbar halten.
Meine Damen und Herren, bei der Vorstellung des Haushalts 2010 habe ich bereits deutlich gemacht, mit welcher Wucht und Eigendynamik zwangsläufige Mehrausgaben im Landeshaushalt ihren Niederschlag finden.Vor diesem Hintergrund ist es einzuordnen, dass es im Rahmen der Aufstellung des Haushalts 2010 gelungen ist, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Grenze für das Wachstum der konsumtiven Ausgaben in Höhe von 0,5 % nicht nur einzuhalten, sondern mit einem Zusatz von lediglich 0,2 % sogar noch deutlich zu unterschreiten.
Meine Damen und Herren, damit die Größe dieser Leistung klar wird, möchte ich Ihnen sagen, dass sich allein im Bereich der konsumtiven Ausgaben Maßnahmen aus gesetzlichen Verpflichtungen, Verträgen, Verbindlichkeiten, die wir eingegangen sind, in Höhe von fast 100 Millionen c ergeben haben.Auch das ist ein Wachstum, das sich aus der Entwicklung der letzten Jahre ergibt, die in weiten Bereichen vom Hessischen Landtag und meistens sogar von allen Fraktionen mitgetragen wurde. Hier schlägt sich zum Teil auch das, was in den Jahren 2007 und 2008 gelaufen ist, nieder.
Zusammen mit einer nur teilweisen Ausfinanzierung der Auswirkungen der Tarif- und Besoldungserhöhung 2009 und 2010 spiegelt dies die Entschlossenheit der Landesregierung wider, auch in Krisenzeiten das Konsolidierungsziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich habe von den 100 Millionen c gesprochen, die im Bereich der konsumtiven Ausgaben schlicht obendrauf gekommen sind.Diese haben wir aufgefangen und die 0,5 % sogar unterschritten. Das heißt, die Ressorts hatten 120 Millionen c einzusparen und haben sie eingespart. Meine Damen und Herren, ich halte das für eine außerordentliche Leistung, für die ich den Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar bin.
Aber das ist nur die halbe Wahrheit dessen, was alle öffentlichen Haushalte haushaltspolitisch derzeit zu tragen haben. Wir haben einmal eine Bilanz der Mehrleistungen nicht nur im konsumtiven Bereich aufgestellt, sondern auch derjenigen, die sich aus Verträgen, Gesetzen und Sonstigem ergeben. Dabei kommen wir auf einen Betrag von 680 Millionen c. Eines der entscheidenden Probleme der nächsten Jahre ist, die derzeit laufenden Verpflichtungen, bei denen es immer einen Aufwachs gibt, bevor wir überhaupt anfangen, einen Haushalt aufzustellen, in den Griff zu bekommen.
Eine Größenordnung von 680 Millionen c in einem Landeshaushalt dieses Volumens aufzufangen – das wissen alle Kundigen hier im Haus –, ist eine außerordentlich schwierige, in Teilbereichen fast unmögliche Aufgabenstellung. Es wird sicherlich das Diskussionsthema in allen Landesparlamenten und im Bundesparlament sein, wie wir von den Automatismen wegkommen, die unsere Haushalte bei der Aufstellung belasten, bevor wir irgendein politisches Ziel umsetzen können.
Meine Damen und Herren, das Konsolidierungsziel war kursbestimmend und wird in den kommenden Jahren durch geeignete Maßnahmen Schritt für Schritt weiterverfolgt. Der Haushalt 2010 ist insoweit nur der Ausgangspunkt einer mittelfristig notwendigen Konsolidierungsstrategie des Landes zur Rückführung der krisenbedingten höheren Neuverschuldung.
Ich möchte an dieser Stelle auch mit wenigen Sätzen den Vorwurf entkräften, die Hessische Landesregierung hätte