Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

Betrachtet man landesweit die Angebote der Kreise und kreisfreien Städte für die Schulsozialarbeit, dann kann man feststellen, dass es nahezu in ganz Hessen Schulträger gibt, die sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst sind. Ich kann Ihnen gerade aus der letzten Woche berichten: Die Schulsozialarbeit im Rheingau-TaunusKreis ist auf fünf weitere Schulen ausgedehnt worden, wie Landrat Burkhard Albers berichtet. Damit seien im Kreis 14,5 Planstellen mit Sozialarbeitern und Sozialpädagogen besetzt worden. – Herr Wagner, die Schulträger geben also Geld für die Schulsozialarbeit aus und warten nicht auf uns.

(Zurufe von der SPD)

Es gibt gute Konzepte für die Schulsozialarbeit in Kooperation mit den Schulen, die überwiegend von den Kreisen und Kommunen in einer Mischfinanzierung gemeinsam getragen werden.Das ist eine große Unterstützung für die Schulen, für die ich sehr dankbar bin. Ich wünsche mir, dass diese Kooperation zwischen den Schulträgern und jeder einzelnen Schule noch enger wird, je selbstständiger die Schulen arbeiten.

Diese Maßnahmen der Schulträger sind nicht zu verwechseln mit den Maßnahmen des Landes. Das Hessische Kultusministerium finanziert zehn spezifische Projekte an stets denselben Schulen. Grundlage dafür sind vertragliche Vereinbarungen,die seit rund drei Jahrzehnten gelten. Dafür stehen 400.000 c im Haushalt. Daran haben wir nichts geändert.

(Günter Rudolph (SPD):Wie großzügig!)

Diese Förderung wird an die Magistrate der Städte Kassel, Offenbach und Wiesbaden, die Landkreise Kassel und Darmstadt-Dieburg sowie an die Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt gezahlt. Es gibt darüber hinaus viele Maßnahmen des Landes Hessen im Rahmen verschiedener anderer Projekte, etwa zur Gewaltprävention, zur individuellen Förderung und zur Berufsvorbereitung von Jugendlichen in den Bildungsgängen. Dafür haben wir im Kultushaushalt 63 Stellen zur Verfügung gestellt. Das sind immerhin 2,8 Millionen c. Auch mit den erst zu Beginn dieses Schuljahres deutlich erhöhten Mitteln für Ganztagsangebote ist es den Schulen ermöglicht worden, zusätzliche Sozialpädagogen einzustellen. Wir haben in diesem Bereich 176 neue Stellen geschaffen. Das entspricht einem Betrag von 8,2 Millionen c. Es gibt also an Hessens Schulen eine Vielzahl von Projekten sozialpädagogischer Arbeit, und sie bleiben im gleichen Umfang erhalten.

(Manfred Görig (SPD): Das ist das Mindeste! Sie haben aber geringe Ansprüche, Frau Ministerin!)

Ich möchte daran erinnern, dass das Land bereits große Anstrengungen unternimmt, um trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage die Schulen so gut auszustatten, wie es möglich ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dafür geben wir in diesem Jahr mehr als 3 Milliarden c aus. Den Haushalt jetzt noch stärker zu belasten wäre verantwortungslos. Wir können nicht immer mehr Schulden machen, die wir dann unseren Kindern hinterlassen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Im Rahmen der Ausweitung der Ganztagsangebote ist es wichtig, dass die Jugendhilfe des Kreises ihre Angebote nicht mehr nur bei freien Jugendtreffpunkten einrichtet, sondern zunehmend in die Schulen verlagert. Angebote für alle Jugendlichen, ob in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport, Musik, Sozialverhalten und Kommunikation, müssen da gemacht sein, wo sich die Zielgruppe aufhält. Das ist die Schule heute – an einem Teil des Tages –, und es wird die Schule von morgen an einem ganzen Tag sein. Die Verzahnung der Schulen mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe, mit den Vereinen und mit engagierten Bürgern nimmt daher bei allen Schulen eine zentrale Bedeutung ein. All das ist sozialpädagogische Arbeit zum Wohl der Schülerinnen und Schüler.

Natürlich meint man immer, es sei nie genug. Im letzten Jahr gab es den Vorschlag einer Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit durch die Schulträger, die Kommunen und das Land, der so von der letzten geschäftsführenden Landesregierung nie beschlossen wurde. Ich kann nachvollziehen, dass dieser Finanzierungsvorschlag bei den Schulträgern, Kommunen und Schulen große Erwartungen geweckt hat. Die heutige Landesregierung hat sich deshalb intensiv mit diesem Vorschlag befasst. Um landesweit sicherzustellen – das wäre unsere Aufgabe –, dass sich je drei Schulen eine Sozialarbeiterstelle teilen können, wären von der Landesregierung 12 Millionen c aufzubringen. Herr Wagner, ich weiß nicht, mit welchen Gehältern Sie bei Sozialpädagogen rechnen. Das ist finanziell aber einfach nicht vertretbar.

Ich möchte an dieser Stelle nochmals betonen: Das Hessische Kultusministerium hat die Mittel für die Schulsozialarbeit nicht gekürzt.Die vertragliche Gestaltung der Rahmenverträge in den Kreisen Waldeck-Frankenberg und Schwalm-Eder entbehrt einer rechtlichen Grundlage. Daher sind sie zum 1. Oktober 2010 bzw. zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden – also mit sehr langen Übergangszeiten. Ich erkläre es noch einmal: Die Schulsozialarbeit in diesen beiden Kreisen wird aus Mitteln der „verlässlichen Schule“ finanziert. Die sind ausschließlich für Unterrichtsvertretungen gedacht – und eben nicht für die Schulsozialarbeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Wagner, wenn Sie aus der „HNA“ zitieren, sollten Sie sie schon genauer lesen. Es gibt nämlich noch Schulsozialarbeitsverträge mit dem Staatlichen Schulamt in Bebra. Die sind allerdings anders angelegt als die mit dem Staatlichen Schulamt in Fritzlar. Sie basieren nicht auf Vertretungsmitteln. Wir prüfen sie zurzeit. Wir sind guter Dinge, dass diese Verträge weiterlaufen dürfen; denn sie haben eine andere rechtliche Grundlage als die in Fritzlar.

Der Einsatz von sozialpädagogischem Personal verschiedener Berufe – es müssen nicht nur Sozialpädagogen sein – an den Schulen ist wichtig und richtig.Wir wollen ihn im Zuge des Ausbaus der Selbstständigkeit von Schulen ermöglichen. Dafür werden wir die Schulen noch besser ausstatten, indem wir den Koalitionsvertrag schrittweise abarbeiten.

Jede Schule soll für ihre Bedürfnisse eine individuelle Lösung erarbeiten. Die Schulen in Hessen arbeiten bereits jetzt mit einer guten Ausstattung. Sie erhalten im Laufe der Legislaturperiode noch bessere Rahmenbedingungen mit mehr Eigenverantwortung und mehr Freiräumen.

Die Schulen in Hessen stehen mit der Einführung von Bildungsstandards, mit der Neuorientierung hin zu kompetenzorientiertem Unterricht, mit der Entwicklung von Schulcurricula und auf dem Weg zu mehr Eigenverantwortung vor großen Herausforderungen.Auf dem Weg in diese Zukunft wird die Landesregierung sie nicht überfordern, sondern sie wird sie in Ruhe finanziell und inhaltlich unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Staatsministerin Henzler. – Das Wort hat Herr Kollege Rudolph, SPD-Fraktion.

(Zurufe von der FDP)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Greilich, zu dem Thema „elitäre Arroganz“ liefern Sie, wenn Sie hier vorn ankommen, gelegentlich Beispiele.

Worum geht es? Frau Ministerin Henzler, Sie haben nicht begründet, warum das, was Herr Banzer gemacht hat, als er geschäftsführender Kultusminister war, inhaltlich falsch gewesen sein soll. Sie haben versucht, mit formalrechtlichen Argumenten etwas darzustellen. Schulsozialarbeit war,ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich alle Ebenen zu beteiligen haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie können sich doch nicht ernsthaft hierhin stellen und sagen – das war ein Trauerspiel –,das sei ausschließlich Sache der Schulträger.Natürlich,formalrechtlich ist das eine zentrale Aufgabe der Schulträger und der Landkreise, aber auch der kreisangehörigen Städte und Gemeinden; denn das muss logischerweise vernetzt werden. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden.

Die Schulsozialarbeit ist eine klassische Präventionspolitik und -arbeit. Jeder Euro, den wir in die Schulsozialarbeit investieren,bringt insofern eine vielfache Rendite,als wir später nicht nachsorgen müssen. Frau Henzler, an der Stelle müssen doch selbst Sie das erkennen.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Argument, das Land habe kein Geld. Wir könnten darüber reden, dass Sie mehrere Hundert Millionen Euro in SAP investiert haben – um ein großes Beispiel zu nennen. Sie haben nie gefragt, ob das sinnvoll ist. Jetzt stellen Sie sich ernsthaft hierhin und sagen, 2 oder 3 Millionen c seien das Problem.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das ist aber ein ganz schlechtes Beispiel!)

Wissen Sie, vor Ort sieht das ganz anders aus. Ich empfehle, dass wir gemeinsam in die Schulen gehen, die betroffen sind. Es gibt Protestaktionen der Schülervertretungen, der Elternvertretungen, der Lehrer und der Schulleiter. Sie alle sagen, sie könnten Ihre Position nicht nachvollziehen.

Zu Herrn Banzer. Nun können Sie sagen, er müsse ein bisschen mehr aushalten – was er vielleicht auch kann. Aber Sie haben Herrn Banzer heute mehrere Tritte in mehrere Körperteile verpasst.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Was für ein Blödsinn!)

Dazu sage ich Ihnen ausdrücklich: Das hat Herr Banzer an dieser Stelle nicht verdient.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Nein;denn er hat im Gegensatz zu der amtierenden Kultusministerin erkannt, dass sich die Gesellschaft und alles, was damit zusammenhängt – die Familie –, verändern und dass wir in der Schule neben dem pädagogischen Angebot Schulsozialarbeiter und mehr Schulpsychologen brauchen.

Was machen wir denn alle? Wenn so etwas wie in Winnenden oder in Ansbach wieder passiert, sagen wir, es müsse etwas geschehen. Frau Henzler, hier gibt es konkrete Handlungsmöglichkeiten, bei denen Sie versagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will gar nichts zu dem Umgang mit dem SchwalmEder-Kreis oder mit dem Kreis Waldeck-Frankenberg sagen. Erst heißt es, das sei nicht vertragstreu, und dann sagen Sie, es könne noch ein Jahr weitergehen. Sie haben offensichtlich nicht erkannt, was Schulsozialarbeit wirklich bedeutet, und das ist das Erschreckende an der heutigen Diskussion. Erschreckend ist auch, was Sie damit bei den Initiativen vor Ort kaputt machen.

Das, was CDU und FDP im Kreistag Schwalm-Eder geliefert haben,war peinlich.Im Kreistag Schwalm-Eder hat der Fraktionsvorsitzende der CDU, Mitglied der Landesregierung, den Antrag eingebracht, der Kreistag solle die Landesregierung auffordern, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Finanzierung der Schulsozialarbeit zu schaffen.Das ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten.

Wir haben das als Haushaltsgesetzgeber in der Hand; die Kollegin Habermann hat das zu Recht gesagt. Wir haben 2 Millionen c beantragt – 2 Millionen c für die allmähliche Umsetzung eines richtigen Konzepts, weil wir das dringend brauchen.

Sie haben zu erkennen gegeben, dass Sie das, was Ihr Vorgänger gemacht hat, inhaltlich für falsch halten, und Sie verschanzen sich hinter Haushaltszahlen. Wenn wir im gesamten Land Hessen keine zusätzlichen 2 Millionen c für Schulsozialarbeit haben, stimmt mit der Arithmetik und dem Einsetzen von finanziellen Ressourcen etwas nicht. Frau Ministerin, Ihr Beitrag war ein Beleg dafür, dass Sie das offensichtlich nicht einsehen und es offensichtlich nicht können.

(Minister Stefan Grüttner: Na, na, na!)

Das Schlimme ist, dass die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrer vor Ort es ausbaden müssen.Das ist das ei

gentlich Tragische. Sie sind jedenfalls mit Ihrer Konzeption gescheitert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Minister Stefan Grüttner: Na, na, na!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil es in der Debatte einiges Bemerkenswertes gab. Das soll noch einmal herausgearbeitet werden. Bemerkenswert ist, dass für die Fraktion der FDP gleich drei Redner ans Rednerpult gegangen sind: der bildungspolitische Sprecher, der Fraktionsvorsitzende und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Meine Herren von der FDP, dazu kann ich nur feststellen, dass es anscheinend viel zu erklären gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Greilich (FDP): Ihr versteht es trotzdem nicht!)

Wenn es so einfach wäre, dass Ihr Wort gilt, müssten Sie nicht so viel über das reden, was jetzt dort gemacht wird.