Denn wir wissen in allen Fraktionen – es bestehen auch keine großen Unterschiede, wenn ich die Debatte heute richtig verfolgt habe –, dass die Anforderungen an Schule beständig gestiegen sind. Mit der alleinigen Wahrnehmung des Erziehungsauftrags stoßen die Lehrerinnen und Lehrer an ihre Grenzen, und zwar sowohl was ihre Rolle im Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern anbelangt, die einmal bewertend und dann wieder von persönlichem Vertrauen geprägt sein soll, als auch was die zeitliche Möglichkeit zu individuellen Kontakten und Gesprächen mit Kindern und Eltern angeht.
Wenn wir ernst nehmen, dass Schule sich in mindestens fünf Punkten ändern muss, um den Anforderungen besser zu begegnen, wenn wir z. B. individuelle Bereitschaft zur Inklusion aufseiten der behinderten Kinder, aber auch der Kinder ohne Behinderung fördern wollen, wenn die Ganztagsschule ein Lebensort werden soll, in dem Schülerinnen und Schüler einen großen Teil des Tages gemeinsam verbringen und dort ihre vielfältigen Entwicklungsbedürfnisse zum Ausdruck bringen, wenn Schule auf Beruf und Studium vorbereiten und den Übergang begleiten soll, wenn Schule ein Ort sein soll, wo soziales Zusammenleben und demokratisches Aushandeln von Interessen gefördert werden, wenn wir in Schulen Amokläufen, Gewaltausbrüchen und Mobbing den Boden entziehen wollen, wenn Gewaltprävention nicht nur ein Wort bleiben soll, sondern mit vielfältigen Mediationsprogrammen umgesetzt wird und damit eine Feuerwehrfunktion der pädagogischen Kräfte in Schule nicht negiert, aber der präventiven Funktion untergeordnet wird, dann geht kein Weg daran vorbei, mehr Sozialarbeit in allen Schulformen, Schultypen und Stufen zu etablieren.
Ich meine, dann sollten Sie das Angebot von Herrn Wagner tatsächlich annehmen, mit ihm auf die Suche nach den 3 Millionen c zu gehen. Das kann ich nur unterstützen.
Aber noch etwas: In der Arbeit der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit wurde immer wieder deutlich,wie vielfältig Schulsozialarbeit von den unterschiedlichsten Trägern eingesetzt wird. Es wäre meines Erachtens nötig, angesichts der dargestellten Herausforderungen ein übergreifendes Konzept zur Schulsozialarbeit zu entwickeln. Wir meinen, auch dort könnte und sollte das Land den Hut aufhaben.Aber dies widerspricht wahrscheinlich wieder Ihren Vorstellungen von der Rolle des Landes bzw. des Kultusministeriums, das sich gegenüber der sich selbst überlassenen Schule mit Vorgaben zurückhält. – Armes Hessen, kann ich da nur sagen.
Wir bewerten als LINKE das Thema Schulsozialarbeit und seine Wichtigkeit ebenso wie SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, vor allem wenn es um die Drittelfinanzierung und die Ablehnung geht, das aus den 20 % Lehrerzuweisung zu finanzieren.Wir unterstützen den Antrag der SPD voll und ganz und im Prinzip auch den von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Allerdings halten wir die Formulierung:
Durch Schulsozialarbeit können sowohl Schülerinnen und Schüler individueller gefördert werden als auch Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Arbeit unterstützt und entlastet werden
für,vorsichtig gesagt,zumindest vieldeutig.Wie wir immer wieder betonen, will DIE LINKE nicht, dass Personen ohne Lehrerausbildung – wie in diesem Fall Sozialpädagogen – den Job der Lehrerinnen und Lehrer machen und damit sowohl der Lehrerberuf wie auch die Profession des Schulsozialarbeiters entwertet wird.
Schulsozialarbeit hat in der Regel einen Jugendhilfeauftrag. Das ist hier schon öfter und richtig gesagt worden. Sie kann natürlich individuell im Bereich des Sozialverhaltens und der Persönlichkeitsentwicklung fördern. Ebenso kann sie Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Arbeit, aber nicht in ihrer unterrichtlichen Arbeit, sondern soweit sie den Erziehungsauftrag betrifft, unterstützen und entlasten. Angesichts dieser Uneindeutigkeit im Antragstext würden wir bei einer heutigen Abstimmung den ersten Abschnitt gesondert abstimmen wollen.Den Rest des Antrags können wir mittragen.
Zum nachgelegten Dringlichen Antrag von CDU und FDP will ich nur anmerken,dass hierin in mehreren Punkten Formulierungen enthalten sind, über die wir noch ausführlicher sprechen sollten. Nur kurz dazu: Nr. 1 ist unseres Erachtens völlig unzureichend, weil lediglich eine Absichtserklärung. Nr. 2, 3 und 5 sind unstreitig. Bei Nr. 4 ist die Frage,wer über diesen Bedarf bestimmt,bei Nr.6,welche Projekte das sind. Nr. 7 geht natürlich gar nicht. Sie wissen, dass wir ganz stark dagegen votieren. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Rudolph, es freut mich, dass Sie schon nervös werden, wenn ich hier nur nach vorne gehe.
Aber es gibt einen Grund dafür. Wenn sich in dieser Debatte eines gezeigt hat, dann dass es Ihnen überhaupt nicht um das Thema Schulsozialarbeit geht, sondern darum, eine erfolgreiche Bildungspolitik dieser Koalition, dieser Regierung schlechtzureden. Sie haben das Thema Schulsozialarbeit vorgeschoben, was sich allein schon daran zeigt, dass Sie sich offensichtlich mit unserem Antrag, der alle Fragen aufwirft und richtig beantwortet, überhaupt nicht auseinandergesetzt haben. Sie haben überhaupt nicht versucht, den Inhalt auch nur aufzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Landesregierung und die sie tragende Koalition haben – davon wollen Sie ablenken,weil es Ihnen wehtut – schon jetzt für das laufende Schuljahr 1.000 neue Lehrerstellen geschaffen, haben 1.000 zusätzliche Lehrer an die Schule gebracht.
Diese Regierung wird im nächsten Jahre weitere 650 Lehrerstellen schaffen und wiederum besetzen. Wir werden bis zum Ende der Wahlperiode 2.500 Lehrerstellen zusätzlich geschaffen und besetzt haben. Das ist etwas, was es in diesem Land noch nie gegeben hat.
Wir haben mit diesem ersten Schritt dafür gesorgt, dass wir eine 100-prozentige Unterrichtsabdeckung haben – etwas, was es seit Jahrzehnten in Hessen nicht gegeben hat, insbesondere nicht zu Zeiten, als Sozialdemokraten Verantwortung für das Kultusressort getragen haben. Mit Verlaub, auch das wird einer der Gründe sein, dass die Bürger sich dagegen entschieden haben, eine Frau Priska Hinz oder sonst jemanden aus diesem Lager im Kultusministerium sehen zu wollen.
(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN):Warum nennen Sie sich eigentlich bürgerlich, wenn Sie hier so flegelhaft daherkommen? – Gegenruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU): Das sagt der Richtige!)
Herr Al-Wazir, ganz ruhig und an der Sache bleiben. Nutzen Sie die Zeit,um unseren Antrag zu lesen.Das wird zu besseren Erkenntnissen führen.
Wir werden den Schulen die Möglichkeit geben, künftig 20 % ihres Budgets selbst zu verwalten und zu entscheiden, was, wenn die Unterrichtsabdeckung gewährleistet ist,mit diesen Geldern geschieht.Wir werden den Schulen dann nicht zwangsweise vorschreiben,dass sie 105 % Lehrer beschäftigen müssen, sondern wir werden ihnen die Möglichkeit geben, eigenverantwortlich zu entscheiden, was an der jeweiligen Schule erforderlich ist, um dann die entsprechenden Maßnahmen zu treffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden hier – das ist aus dem deutlich geworden, was der Kollege Merz gesagt hat – in der Tat nicht über einfache Sozialarbeit. Die Sozialarbeit ist und bleibt Sache der Kreise. Daran werden wir nicht rütteln.
Es gibt aber zusätzliche Probleme an den Schulen, die mit Sozialarbeit im eigentlichen Sinne nicht in den Griff zu bekommen sind. Wir haben z. B. das Problem, dass die Lehrer – deshalb bleiben wir bei der 105-prozentigen Lehrerzuweisung und dem Ansatz, den Schulen entsprechende Freiräume zu schaffen, auf dem richtigen Weg – daran gehindert werden, ihren eigentlichen Aufgaben nachzukommen, nämlich mit all ihrer Kraft Unterricht zu geben, weil sie sich quasi als Sozialarbeiter betätigen müssen.An der Stelle die Kreise und die Schulträger mit in die Pflicht zu nehmen, ist in der Tat ein Weg, den man gehen kann. Allerdings sagen wir – das ist der grundlegende Unterschied –: Nicht wir im Hessischen Landtag, nicht Sie von der SPD-Fraktion, nicht Sie von der Fraktion der
Deswegen geben wir den Schulen die Freiheit, eigenverantwortlich zu entscheiden, was passieren soll. Wir geben den Schulen Eigenverantwortung. Wir befreien die Schulen von Bevormundung und geben ihnen die nötigen Geldmittel, um die Probleme zu lösen. Das gefällt Ihnen nicht.Ihnen passt es nicht,dass Sie vorgeführt bekommen, dass es auch erfolgreiche Schulpolitik gibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Zeiten wie diesen, in denen Eltern einer zunehmenden Komplexität unserer Gesellschaft gegenüberstehen, wird Erziehung immer mehr zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.
In Zeiten wie diesen, wo Gewalt bei Jugendlichen Ausmaße angenommen hat, die man sich früher nicht hätte vorstellen können, wo es keine Hemmschwellen mehr gibt, gewinnen Präventionsmaßnahmen, wie die Einführung von Streitschlichtern und Konfliktmediatoren an Schulen, immer mehr an Bedeutung.
Ich erinnere nur an den umfangreichen Berichtsantrag zu diesem Thema, der bewiesen hat, wie vielfältig die bereits vorhandenen Projekte in Hessen in diesem Bereich an unseren Schulen sind.
wenn ich es öfter sage, dann verstehen es auch alle richtig –, Schulpsychologen, Seelsorger, Krankenschwestern und viele Menschen mit anderen Berufen, die die Lehrer bei ihrer schwierigen und verantwortungsvollen Aufgabe unterstützen. Das ist unbestritten, und daran hat sich auch in der Haltung der Fraktionen in diesem Hause nichts geändert.
In Zeiten wie diesen mit einem Einbruch der Steuereinnahmen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, wie er noch nie da gewesen ist, bedarf es aber auch klarer, nachvollziehbarer Strukturen bei den Verantwortlichkeiten für diese Präventionsmaßnahmen.
Hier ist in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild entstanden. Es nützt allen Beteiligten auf allen staatlichen Ebenen – von der Landesebene über die Kreisebene bis hin zur Ebene der Städte und Gemeinden – wenig, wenn man sich politisch, vor allen Dingen parteipolitisch, in der Öffentlichkeit über Zuständigkeiten für den Einsatz von Sozialpädagogen an den Schulen streitet, über Zuständigkeiten, die gesetzlich klar geregelt sind. Diesen Streit kann in Zeiten knapper öffentlicher Kassen keiner der
Beteiligten gewinnen. Dieser Streit hilft vor allen Dingen denjenigen nicht, um die es geht, nämlich den Kindern und Jugendlichen in Hessen.
In der öffentlichen Debatte werden diese verschiedenen Verantwortungsebenen und damit finanziellen Zuständigkeiten derzeit ziemlich durcheinandergebracht. Das will ich mit meinen Ausführungen richtigstellen. Schulsozialarbeit ist ein Teilbereich der Jugendhilfe und liegt somit ausschließlich im Zuständigkeitsbereich der Kinderund Jugendhilfeträger, also der Kreise, der kreisfreien Städte und der Schulträger. Es ist schön, dass die SPDFraktion das jetzt auch hier bestätigt hat.
Betrachtet man landesweit die Angebote der Kreise und kreisfreien Städte für die Schulsozialarbeit, dann kann man feststellen, dass es nahezu in ganz Hessen Schulträger gibt, die sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst sind. Ich kann Ihnen gerade aus der letzten Woche berichten: Die Schulsozialarbeit im Rheingau-TaunusKreis ist auf fünf weitere Schulen ausgedehnt worden, wie Landrat Burkhard Albers berichtet. Damit seien im Kreis 14,5 Planstellen mit Sozialarbeitern und Sozialpädagogen besetzt worden. – Herr Wagner, die Schulträger geben also Geld für die Schulsozialarbeit aus und warten nicht auf uns.